hat ein Dekret erlassen, worin die Richter in Frankreich, welche eine Ehescheidung verordnen, und die Bürgermeister oder Beigeordneten, welche zu einer neuen Vermählung geschiedener Personen schreiten, erinnert werden, daß sie sich eine Handlung gegen das göttliche und das kirchliche Recht zu Schulden kommen lassen.
Paris, 20. Aug. Die Patriotenliga veröffentlicht in den Zeitungen folgende Erklärung: Die Nachricht verschiedener Blätter, daß Deroulede, gegenwärtig in Rußland, auf Befehl des Czaren mit Ausweisung bedroht wäre, sei erfunden. Der Empfang, welcher Deroulede zu teil wurde, rechtfertige solche Gerüchte nichts
Paris, 21. Aug. 900 Arbeiter haben in der Porzellanfabrik Mehun-sur-Ievre im Departement Cher bei Vierzon die Arbeit nicdergelegt.
Spanien-
Madrid, 18. Aug. Heuschrecken verheeren die Provinz Cuenca. Sic bilden am Boden eine Lage von einem Meter Dicke.
England.
London, 20. Aug. Waddington wurde zum Gesandten in Berlin ernannt.
London, 30. Aug. Die Regierung beschloß, den General Bullar nach dem Südwesten Irlands zu schicken, um die Unordnungen und Gewaltthätig- keiten zu unterdrücken.
Rußland.
St. Petersburg, 19. Aug. Kaiser Alexander Hot den bisherigen deutschen Militärbevollmächtigten General Werder aufgefordert, ihn, bevor er feine neue Stellung als Gouverneur von Berlin an- tritt, zu den großen Manövern in Polen zu begleiten. Da zu denselben andere fremdländische Offiziere selbst die Militärbevollmächtigten, nicht zugelassen werden, so wird General Werder der einzige Ausländer bei jenen interessanten Truppenübungen sein. Diese liebenswürdige Einladung ist ein neuer Beweis, wie sehr der Kaiser den scheidenden General schätzt und welch hohen Wert er auf freundschaftliche Beziehungen mit Deutschland legt. Man könnte in derselben sogar eine indirekte Antwort auf die Spio- nenriecherei einiger russischer Blätter sehen.
Petersburg, 21. Aug. Die Petersburger Zeitung meldet aus Soaratoff, daß auf der Wolga ein Dampfer verbrannt sei. 200 Personen sind dabei umgekommen.
Balkan-Halbinsel.
Auf der Balkan Halbinsel droht sich wieder einmal etwas zusammenzubrauen. Die Pforte soll — wie es heißt, auf Anregung Rußlands — bei den gegenwärtigen Verhandlungen mit Bulgarien über die Revision des ostrumelischcn Statuts Forderungen erhoben haben, deren Enthüllung die Wiederauflösung der bulgarisch-rumelischen Union bedeuten würde. Hiermit stimmt auch eine „Reuter-Meldung" überein, der zufolge die Beratungen der türkischen und bulgarischen Delegierten in Sofia einstweilen ausgesetzt worden sind, da in Betreff der Basis der Unterhandlungen eine gewisse Meinungsverschiedenheit herrsche. Die türkischen Delegierten hätten sich weitere Instruktionen von Konstantinopel erbeten und hierbei zugleich die Meinung ausgesprochen, daß auf beiden Seiten das Bestreben, zu einem friedlichen Einverständnis zu gelangen, vorhanden sei! — Vorläufig herrscht jedoch in der bulgarischen Bevölkerung große Erregung und letztere wird noch durch die Meldung verstärkt, daß Serbien insgeheim rüste. Da scheint sich für die europäische Diplomatie wieder ein lang- wieriges Vermittlungsgeschäft zu eröf fnen.
Handel H Verkehr.
Eßlingen, 19. Aug. Die Stadt hat bis jetzt aus 412 Simri Obst 1030 also per Simri 2 50^ erlöst.
Durchs Leben erzogen. oL?
Novelle von Th. Hcmpel.
(Fortsetzung.)
Sorgenvoll beobachtete die Mutter die erregte, wechselnde Stimmung ihrer Tochter. Das war nicht das Wesen einer befriedigten, glücklichen Braut, und doch wies Anna jede Aussprache entschieden zurück.
Auch der Kommerzienrat, dessen sehnlichster Wunsch durch diese Verbindung erfüllt, konnte sich des neuen Glückes nicht recht erfreuen.
Dunkler und immer dunkler umzog sich der Himmel seines Geschüftslebens, schwere Sorgen begannen das Herz des bisher so sorgenlosen Mannes niederzudrücken, mit Entsetzen malte er sich aus, was
schon die nächste Zukunft ihm bringen könne: Ruin Schande, Armut.
We Nachrichten aus England lauteten unklar und unsicher. Er durfte nicht länger zögern, einen entscheidenden Schritt zu thun. Sein Plan, selbst nach England zu gehen, scheiterte an seiner Unkenntnis der englischen Sprache und der dortigen Verhältnisse überhaupt.
Wieder hatte er eine lange Konferenz mit seinem Direktor, welcher in dieser schweren Zeit sein 'Berater und Vertrauter seiner Sorgen war. Sie endete damit, daß Wellmer sich erbot, nach England zu reisen, wo er durch seinen langen Aufenthalt genügende Kenntnisse des dortigen Geschäftsganges gesammelt hatte, um, wenn es noch im Bereich der Möglichkeit lag, die schwierige Angelegenheit zu einem befriedigenden Ende zu führen.
Mit der Versicherung seines vollsten Vertrauens und mit den herzlichsten Dankesworten verband der Kommerzienrat die Bitte an Wellmer, leine Abreise so viel als möglich zu beschleunigen, und dieser erklärte sich bereit, noch den Kurrierzug desselben Abends zur Abfahrt zu benutzen. Wie nötig ein rascher Entschluß gewesen war. bestätigten die immer bedenklicher klingenden Nachrichten, welche im Laufe des Tages eintrafen, nach denen man eine bevorstehende Zahlungseinstellung der befreundeten Firma für wahrscheinlich halten mußte.
In angestrengter Thätigkeit, rechnend und zählend, saß der Kommerzienrat den ganzen Tag über in seinem Zimmer, er konnte sich nicht länger verhehlen, daß der Fall der befreundeten Firma auch den seinigen nach sich ziehen würde.
Mit möglichster Schonung hatte er den Seinen einen Teil seiner drückenden Sorgenlast mitgeteilt. Niedergeschlagen von der Macht der Ereignisse saßen sie am Abend trübe und stumm beisammen, Jedes mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, als Wellmer, der seine Angelegenheiten rasch geordnet hatte, schon völlig zur Reise gerüstet eintrat, um der Familie seines Prinzipals Lebewohl zu sagen. Der Baron und seine Gattin entließen ihn mit den besten Wünschen und Versicherungen ihrer Dankbarkeit, Martha drückte ihm wehmütig die Hand, sie sah ihn mit schwerem Herzen scheiden, verlor sie doch mit ihm den einzigen Eingeweihten und den Vermittler ihres süßen Geheimnisses.
Auch Anna, die ihn seit jenem Ballabend nicht wieder gesehen hatte, wünschte dringend, ihm noch ein freundliches Wort zu sagen, ehe er von ihnen ging; sogar die Hand reichte sie ihm entgegen zum Abschied, allein er schien es nicht zu bemerken, mit einer förmlichen Verbeugung blickte er über sie hinweg und verließ das Zimmer ohne zu sehen, wie das stolze Mädchen sich erbleichend abwandte. Sie schämte sich vor dem Manne, der so klar sich der Beleidigung bewußt war, die sie ihm zugefügt hatte, und der trotzdem für ihren Vater, wie für die ganze Familie so große Opfer zu bringen bereit war.
Woche auf Woche verstrich, Wellmers Nachrichten lauteten wenig tröstlich. Schon begann man sich leise zuzuflüstern, dann laut und lauter von dem drohenden Sturz der Firma Steiner zu sprechen. Vorsichtig zog sich der Kreis der hochstehenden Bekannten unter verschiedenen Entschuldigungen zurück. Auch der Kammerherr von Norden zeigte seiner Braut schriftlich an, daß ärztliche Vorschrift ihn leider einen längeren Badeaufenthalt für seine angegriffene Gesundheit zur Pflicht mache, er bitte um Erlaubnis, nur schriftlich von ihr Abschied nehmen zu dürfen und hoffe genesen zurückzukehrcn und dann vereint mit ihr das schönste Glück zu genießen.
Mit verächtlichem Lächeln, aber mit erleichterndem Aufatmen übergab Anna seine Zeilen den Flammen.
„Die Ratten verlassen das sinkende Schiff und der Steuermann, der fest hoffte, es noch in den rettenden Hafen lenken zu können, ist ohnmächtig den Verhältnissen gegenüber."
Die Zeit verstrich, ohne daß Klarheit in Wellmers Lage gekommen wäre. In banger Erregung harrte er mit den Seinen auf eine Entscheidung über seine Zukunft, von der er nicht wußte, ob sie ihm neuen Glanz oder tiefe Erniedrigung bringen sollte.
Endlich nach langem Hoffen und Fürchten brachte ein Telegramm die erste günstigere Nachricht und kurze Zeit darauf zeigte ein ausführlicher Brief, Wellmers an, daß die erste Angelegenheit zu gutem^ Ende geführt und die Zahlung aller Außenstände gerichtlich gesichert sei, daß man von nun an Aufträge
ohne Sorge übernehmen könne, da die Firma sich nach schwerem Ringen behauptet habe und ihr Credit wieder vollständig gesichert sei.
So überaus glücklich der Kommerzienrat über diese günstige und ihn, nach dem Vorhergegangenen, überraschende Wendung seines Geschicks war, welche er seiner Familie sofort mitteilte, so schmerzlich berührte ihn eine Nachschrift in Wellmers Briefe folgenden Inhalts: „Nachdem die ernste Angelegenheit, Gott sei Dank, einen befriedigenden Abschluß gefunden hat, möchte ich mich noch mit einer Bitte an Sie wenden, welche mich persönlich betrifft. Schon vor meiner Abreise hatte ich die Absicht, Sie um Entlassung aus meiner Stellung zu bitten. Mit innigem Danke erkenne ich das Vertrauen, welches Sie mir unausgesetzt geschenkt haben, an; dasselbe ist mir sehr ehrenvoll gewesen und es war mir stets eine Freude, für Ihr Geschäft meine Kenntnisse zu verwerten. Wenn ich trotzdem mich mit schwerem Kampfe entschlossen habe, Ihr Haus zu verlassen und aus dem mir so lieben Wirkungskreise zu scheiden. so erlauben Sie mir über die Veranlassung zu diesem Schritt mit Stillschweigen hinwegzugehen. Es bietet sich mir die Aussicht zu einer günstigen Anstellung in Brasilien, natürlich aber werde ich in Ihrem Hause bleiben, bis ein geeigneter Vertreter für mich gefunden ist." Mit genauer Angabe von Tag und Stunde seiner Rückkehr schloß der Brief.
Wie ein Blitz durchlief die Nachricht die L-tadt, daß Steiners Zahlungseinstellung nur die Erfindung müßiger Köpfe gewesen sei und daß sich die Firma trotz der Ungunst der Zeit in ihrem alten Glanze behaupte.
An einem schönen, milden Frühlingstage fuhr Baron Steiner, sich stolz in seiner Equipage zurück- lehnends, nach dem Bahnhof, mit kühler Zurückhaltung die geflissentlichen Begrüßungen der ihm begegnenden erwidernd. Es galt, jenen Mann bei seiner Heimkehr zu empfangen, welcher ihm durch seine aufopfernde Thätigkeit und sein besonnenes Handeln immer teurer und unentbehrlicher geworden war und der ihn doch nun verlassen wollte, der sich seiner Dankbarkeit entzog, gerade iu dem Augenblick, da er sein Haus vom Untergang gerettet, ohne auch nur den Grund anzugeben, welcher ihn zu diesem Schritte vermochte.
Zum Erstaunen der Seinen kehrte der Baron nach kurzer Zeit allein und mit sehr ernstem Gesichte vom Bahnhofe zurück und machte ihnen, mit vor Aufregung bebender Stimme die Mitteilung, daß der Kourierzug entgleist sei und daß man ihm leider nicht gestattet habe, einen soeben nach der Unglücksstätte abgehenden Zug, der Aerzte und Hilfsmittel dahin zu bringen bestimmt war, benutzen zu dürfen. Auch habe er über die Größe des Unglücks nichts erfahren können, doch müsse es bedeutend sein, nach den Vorbereitungen zu schließen, welche man für den Empfang der Verunglückten gemacht habe.
Bleich und entsetzt hatten die Damen die traurige Nachricht gehört; schwankend zwischen Furcht und Hoffnung, welches Schicksal wohl Wellmer betroffen haben werde. Anna fand keine Thräne, wankenden Schrittes verließ sie die Ihrigen, um in der Einsamkeit ihres Zimmers unter tiefer Schmerzens- last zusammen zu brechen.
„Herr, mein Gott hilf, laß ihn nicht sterben!" Das waren die einzigen Worte, die sich ihrer gepreßten Brust entrangen.
Endlos dehnten sich die Viertelstunden, welche verinnen mußten, ehe eine Entscheidung kam. Anna hatte nur noch einen Wunsch, eine Sehnsucht, seine Verzeihung zu erlangen. Nicht länger konnte sie die Angst, die Unruhe allein tragen und als ihr Vater wieoer nach dem Bahnhose fuhr, um womöglich Näheres zu erfahren, bestürmte sie ihn mit Bitten, bis er ihr erlaubte, mit ihm zu fahren. _ (Fortsetzung folgt.) _
Allerlei.
— Aus der Schule. Lehrer: Weißt Tu'wohl, Hans, wer das gesagt hat: „Die schönen Tage von Aranjuez sind nun zu Ende?" - Hans: „Jawohl, das hat mein Vater g'sagt, Wik meine Mutter von der Badereise znriickgc- kehrt ist!"
Rumänisch« S pCt. fundierte Reute von 1881.
Die nächste Ziehung findet am 1. September statt. Gegen den Knrsvcrlnst von ca. 21g, PCt» bei der Auslosung übernimmt das Bankhaus Curl Neubürger, Berlin, Französische Straße IS«, die Versicherung für eine Prämie von 11 Ps.
pro IVO Mk. __
Berantwortlichrr Redakteur.S i -i nwandeI in. Nagold. — Druck und Verlag der G. W. Aaife r'schen Buchhandlung in Nagold.