Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für de« Oberamts-Bezirk Nagold.

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Amtliches.

Fortbildungskurs

der unständigen Lehrer in Ebhansen Mittwoch den 25. August 1886 im Waldhorn.

Anfang nachm. 2 Uhr.

_ Konf.-Dir. F i n ck h.

Tages-NeuigkeiLen.

Deutsches Reich.

B ö s i n g e n. Der Neubau der Kirche in hiesiger Gemeinde ist nun endlich in der Ausführung begriffen, nachdem die Schwierigkeiten, welche sich von verschiedenen Seiten dagegen erhoben hatten, in jeder Hinsicht glücklich beseitigt worden sind. Be­sonders ist der Beginn des Baues in diesem Früh­jahr dadurch verzögert worden, daß das Gesuch der baupolizeilichen Genehmigung erfolglose Verhandlun­gen durch 4 Monate hindurch nach sich zog, bis das­selbe dem Wunsche der Gemeinde entsprechend im K. Ministerium des Innern seine Erledigung fand. Die neue Kirche kommt auf den Platz der alten zu stehen, nur wird sie breiter und länger. Sie ist durchaus stilvoll, in frühgothischem Stil. Die Ent­würfe und Kostenvoranschlägc hat Herr Architekt Theophil Frey in Stuttgart, ein bewährter Meister des Kirchenbaus, gefertigt; in seiner Hand liegt auch die Oberleitung. Die Bausührung an Ort und Stelle ist Herrn Werkmeister Niecker übertragen; letzterer ist ein im Kirchenbau erprobter Mann. Nach den Kirchen in Ohmenhauscn, Entendorf und Wimsheim, bei welchen er unter der Oberleitung des Herrn Oberbaurat von Leins und des Herrn Prof. Rein­hardt die Bauleitung hatte, ist die hiesige Kirche die vierte, die er ausführt. Die Bauarbeiten schreiten in erfreulicher Weise fort. Die Grab- und Beton- Arbeiten, jene durch hiesige Einwohner, diese durch die Herrn Kimmel und Fischer in Stuttgart, Cement- warengeschöft, sind seit 8 Tagen vollendet, so daß der Unternehmer der Maurer- und Steinhauerarbeit, Herr F. Knödel aus Gaisburg bei Stuttgart, un­gehindert in der Herstellung jdes Fundamentgemäuers weiter machen kann. Es arbeitet eine stattliche An­zahl Steinhauer und Maurer auf dem Bauplatz. Die Steine liefern die Steinbrüche in Pfalzgrafen­weiler (Heizmann), in Durweiler (Mast), Ober­schwandorf (Fohrer und Wohlleber), Egenhausen (Walz). In diesen Tagen hat die hohe Forsidirek- tion auch noch ihre in der Nähe im Waldachthale gelegenen Steinbrüche zur Verfügung gestellt. Wir hoffen der Steine wegen nicht in Verlegenheit zu kommen. Bei der Verakkordierung der übrigen Ar­beiten, welche zum Teil mit namhaftem Abgebot ge­schehen ist, sind dieselben nachstehend genannten Hand­werksmeistern übertragen worden. Gypserarbeit: Chr. Günther von Beihingen, Zimmerarbeit: Werk­meister Benz in Nagold; Schreinerarbeit: Karl Hehr in Freudenstadt; Schmiedearbeit: I. Großmann in Haiterbach; Schlosserarbeit und Blitzableitung: W. Bernhardt in Freudenstadt; Flaschnerarbeit: S. Kas­par in Dornstetten; Glaserarbeit: A. Salzer in Freu­denstadt und Schieferdeckerarbeit: I. Tochtermann in Jselshausen. Wir gedenken in etlichen Wochen die Feier der Grundsteinlegung halten zu können, u. dis Oktober 1887 sollte die neue Kirche in ihrer Vollendung dastehen. Gebe Gott, daß wir bei gün­stiger Witterung und ohne Störung weiter machen und den Bau zu Ende führen dürfen.

Herrenberg, 17. Aug. Gestern ereignete sich ein bedauernswerter Unglücksfall. Fruchthändler Barth von Gültstein, dessen Perde etwas unruhig waren, wollte, um ein

rasches Tempo derselben zu hindern, den Wagen sperren, wurde jedoch von demselben erfaßt nnd zu Boden geworfen, infolge dessen die Räder des schwerbeladencn Wagens demsel­ben über die Brust gingen. Bewußtlos wurde er hervorge- zogcn und in das Krankenhaus verbracht, wo er jedoch infolge der erhaltenen schweren Verletzungen nach wenigen Augenblicken den Geist aufgab.

Rohrau (Herrenberg), 17. Aug. Vorgestern abend wurde im hiesigen Gemeindewald ein Wild­schwein (Bache) geschossen, das erst vor kurzem Junge geworfen haben muß. Bon den Frischlingen konnte man keine Spur finden. In der Gegend soll sich zurzeit ein Rudel von ca. 10 Stück umhertreiben, auf welches jetzt mit aller Energie Jagd gemacht wird.

Einen nicht gewöhnlichen Durst bekundete kürz­lich in Mühlen bei Horb ein Bahnarbciter, wel­cher in der Wirtschaft zum Adler dort auf einer Stelle die nicht unbeträchtliche Zahl von 65 (?) halben Litern Bier vertilgte. Nach dieser Leistung begab sich der Trinkkünstler in die Wirtschaft zum grünen Baum, wo er mit weiteren 12 Glas Bier sein Tag­werk beschloß.

Stutttgart, 11. August. (Bericht über die heurige Ernte in Württemberg, erstattet von dem Vorstande der Stuttgarter Landesproduktcnbörse, Ockon.-Rat Ramm.) Das Jahr 1886 können die Württ. Landwirte nicht zu den her­vorragend günstigen Jahren zählen, Wcil2 Hauptfaktorcnunserer Produktion - Obst und Wein fast gänzlich fehlen, und auch die Getreideernte keineswegs eine reiche genannt werden kann. Zwar hatten wir eine gute Herbstsaat und einen milden Winter, welcher in längeren Perioden den Saaten eine schützende Schneedecke brachte; auch waren die Bedingungen für eine rechtzeitige und günstige Frühjahrsbestellung vorhanden, so daß man wohl im ersten Frühjahr auf einen reichen Jahr­gang hoffen konnte; allein bald nahm die Witterung einen extremen Charakter an, welcher auf die Pflanzenwelt nachtei­lig wirkte. Schon in der letzten Woche vom Monat März und in der ersten Hälfte des Monats April hatten wir eine abnorme Hitze) welche das Pflanzenwachstum in ungewöhn­licher Weise förderte, so daß die Spätfröste, welche derselben vom 2.5. Mai folgten, ihr Zcrstörungswerk um so gründ­licher verrichten konnten. In der zweiten Woche des Monats Juni stellte sich ein kaltes Regcnwetter ein, das bis zum Schluffe des Monats andauerte, nnd auf die Blüte der Wein­trauben und des Getreides den ungünstigsten Einfluß ausübte; auch viel Futter, das zum Trocknen gemähet war, beschädigte oder ganz entwertete. Die wenigen Traubenansätze, welche der Frost übrig gelassen hatte, sielen bei der Blüte zum gro­ßen Teile ab, und auch die Befruchtung des Getreides ging bei der naßkalten Witterung nicht regelmäßig vor sich. An Feuchtigkeit hat cs den ganzen. Sommer nicht gefehlt, wohl aber an Wärme, und die wenigen Sommertage, welche wir zu verzeichnen hatten, waren übermäßig heiß. Was die Qua­lität anbelangt, so wird dieselbe bei den Winterfrüchten meist mitgut" bezeichnet, jedoch klagen die meisten Berichterstatter über mehr oder weniger Brand (Ruß), der ohne Zweifel eine Folge der schlechten Blüte ist und das Ernteergebnis quanti­tativ und qualitativ hcrabmindcrn dürfte. Die Gerste ist im allgemeinen gut, doch wird weiße Ware bei dem häufigen Re­gen selten werden. Bei dieser Fruchtgattung muß es haupt­sächlich beklagt werden, daß bei unfern Landwirten so wenig Verständnis für den Wert eines richtigen Samenwechsels ge­funden wird. Während man in verschiedenen Produktions- gegenden besondere Vereine für die Erzeugung einer feinen Brancrgerste gegründet hat und niit Emsigkeit dem vorgesteck­ten Ziele nachstrebt, säen hier die meisten Landwirte immer die eigene Ware, die nach und nach immer rauher und aus dem Markte als Ware geringster Klasse angesehen und be­zahlt oder gar nicht beachtet wird. Die landwirtschaftl. Vereine könnten sich ein großes Verdienst um die vaterländische Kul­tur erwerben, wenn sie darauf hinwirken würden, daß all­jährlich aus Gegenden, in denen die feinste Gerste wächst, Saatfrucht in entsprechenden Mengen bezogen und hier aus- gesäet würde. Der Haber, der fast überall üppig steht, ist vielfach gelagert, was die Qualität etwas beeinträchtigen dürfte. An Futter wird Heuer kein Mangel entstehen, denn der vorherrschend feuchte Jahrgang hat uns viel Futter ge­bracht und wird noch weiteres bringen, und wenn auch bei dem nassen Juniwetter nicht unbedeutende Quantitäten Not gelitten haben, so ist dafür wieder um so mehr nachgewach­sen, so daß für unfern Viehstand reichlich gesorgt ist. Trotz des häufigen Regens haben sich die Kartoffeln bis jetzt gut gehalten, und wenn auch da und dort das Auftreten der

Krankheit, namentlich bei Frühkartoffeln, beobachtet werden will, so hat dieselbe bis heute doch keine Ausdehnung erlangt, die zu Befürchtungen Anlaß geben könnte. Der Stand der Hopfenpslanzungen ist sehr verschieden, manche sind voll Ruß und Ungeziefer, andere zwar gesund, aber versprechen keine volle Ernte, so daß wir von einer reichen Hopfenernte Heuer nicht reden können. Die alten Vorräte anBrotfrüch- tcn im Lande sind sehr gering, und cs kommen nur gering­fügige Quantitäten zum Verkauf, weswegen in den letzten Wochen wieder importierte Weizen in größeren Mengen um- gesctzt wurden. Unter den Oelgewächsen hat der Raps durchschnittlich keine volle Mittelernte gegeben, und doch ist sein Preis ein sehr niederer, weil das Rapsöl durch andere Fette jährlich mehr verdrängt wird. Hoffen wir ein besseres Resultat vom Mohn, der noch auf dem Felde steht. Der Heuer durch Hagel verursachte Schaden ist so gering, wie seit vielen Jahren nicht mehr, wozu wir unfern Landwirten gratulieren können. Das Jahr 1886, sowie seine beiden Vor­gänger, sind wohl geeignet, das schlimme Renommee, in wel­chem Württemberg als Land des Hagels bis jetzt stand, zu beseitigen.

Stuttgart, 18. Aug. Zu der Konkursprüfung für Aufnahme in das evangelisch-theologische Seminar in Schön­thal, dem allbekanntenLandexamen", haben sich heute 85 Kandidaten hier eingefunden. 88 derselben kommen aus 11 größeren Anstalten, 42 ans 16 Lateinschulen, darunter Alten­steig, Herrcnbcrg und Wildberg.

In Ulm sprang ein 16jähriges Dienstmädchen in die Donau, um sich zu ertränken. Angeblicher Beweggrund: Zahnweh!

Ärandfälle:Jn Neckartenzlingen(Nür- tingen) am 12. d. M. das Haus der Frau Gauß; in Dunuiugen am 16. d. M. ein größeres Wohn- uud Oekonomiegebäude.

Karlsruhe, 17. Aug. Morgen werden es 50 Jahre, daß Korpskommandeur, Se. Exzellenz Gene­ral der Infanterie v. Obernitz, dem Heere als Of­fizier angehört. Der noch geistig und körperlich frische und gesunde Jubilar wurde im Jahre 1819 am 16. April zu Bischofswerder in Westpreußen als Sohn einer echten Soldatenfamilie geboren und schon mit 17 Jahren am 18. August 1836 Offizier.

Karslruhe, 18. Aug. Der gestern nachmittag zusammengestürzte Neubau in der Uhlandstraße, wel­cher sämtliche daran beschäftigte Arbeiter begrub, war aus Haustein und vierstöckig gebaut. Er fiel in sich zusammenbrechend aus unbekannter Ursache so rasch ein, daß ein Entfliehen der Arbeiter nicht mehr mög­lich war. Rasche Hilfe von Militär und Behörden war sofort auf der Stelle und es gelang bis abends 6 Uhr, sämtliche Verschüttete bis auf einen auszu­graben. 16 Personen waren getötet, einer lag noch im Sterben. Der Anblick war furchtbar, das Ge­baren der Angehörigen herzzerreißend. Die Gerüste sind fast unverletzt, dagegen die Balken und Sparren unter den hohen Stein- und Schuttmassen zerquetscht.

Karlsruhe, 18. Aug. Der Bauunternehmer Kirchenbauer ist gestern nacht verhaftet worden.

München, 17. Aug. Heute morgen sind auf der Linie München-Augsburg am Bahnhof Pasing drei Frauen, die auf dem Bahnkörper beschäftigt wa­ren, als sie dem von Augsburg kommenden Schnell­zuge ausweichen wollten und auf das zweite Geleise sprangen, von der Maschine des von München nach Augsburg verkehrenden Schnellzugs überfahren und getötet worden. Eine der Unglücklichen war Mutter von 5 Kindern.

Koblenz, 15. Aug. An dem Gewinn von 300 000 Mark der preußischen Klaffen-Lotterie, der hierher kommt, nehmen 26 Musiker der Kapelle des 28. Infanterie-Regi­ments Teil.

(Unschuldig verurteilt.) In Hamburg wurde, wie derHann. Kurier" schreibt, vor einiger Zeit ein Dienst­mädchen von ihrer Herrschaft beschuldigt, einen goldenen Ring gestohlen zu haben. Die Magd lei'g -te, wurde aber ver­urteilt und das Urteil verschärft, eben weil sie so hartnäckig leugnete. Das Mädchen, welches aus Rottleb erode am Harz gebürtig, verbüßte seine Strafe und wanderte dann nach