Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

ZS S4.

Erscheint wöchentlich 3 mal: Dienstag, Donners­tag nnd Samstag, nnd kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlohn) 80 -ä, in dem Bezirk 1 außerhalb des Bezirks 1 20 Monats­

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Samstag den 14. August.

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1886 .

Nachklänge zur Gasteiner Entrevue.

Auch der heurige Kaisertag von Gastein gehört -nunmehr bereits der Bergangenheit au, aber noch beschäftigt er lebhaft die gesamte europäische Presse ein hinlänglicher Beweis, welche Bedeutung all­seitig der soeben stattgefuudcnen Begrüßung zwischen den Herrschern Deutschlands und Oesterreichs beige­legt wird. Selbstverständlich sind es in erster Reihe die deutschen und österreichischen Blätter, welche dem Kaisertage von Gastein warme Worte widmen und daß sie den Nachrichten aus Gastein hierbei vor allem übrigen Politischen Material den Vorrang einräumcn, ist ganz im Sinne der öffentlichen Meinung der bei­den so eng Verbündeten Reiche. Namentlich der Be­grüßungsartikel des WienerFremdenblattes" zur Gasteiner Entrevue muß als eine hochbedeutsame Kundgebung bezeichnet werden, in welcher nicht nur die Stimmung der Wiener Regierungskreise, sondern sicherlich auch diejenige weiterer Schichten der österrei­chischen Bevölkerung zum offenbaren Ausdruck ge­langt. Wir können uns daher nicht versagen, den Schluß dieses Artikels wiederzugeben.

Wie emsig man aber auch bestrebt ist" so schließt das Wiener Blattdie Gasteiner Entrevue zum Ausgangspunkte nichtiger und über­flüssiger Kombinationen zu machen, an der Haupt­sache selbst mäkelt Niemand. Diese Hauptsache aber bleibt für uns selbstverständlich das Bewußtsein von der Fortdauer der innigen Beziehungen zwischen Oesterreich-Ungarn und Deutschland, jener Beziehun­gen, welche seit Jahren den Grundpfeiler unserer Politik bilden und, wie die Erfahrung gezeigt hat, im Stande waren, durch so lange Jahre den Frieden des Weltteiles zu sichern. Die Ueberzeugung von dem hohen Werte und der segensreichen Bedeutung dieses Bundes erfüllt die Gesamtbevölkerung unserer Monarchie, in diesem Bunde sieht jede Partei im Reiche das Unterpfand des Friedens nach Außen, die feste Grundlage unserer auswärtigen Politik. Wie tief auch die ernsten politischen Kreise jenseits der Leitha von der wohlthütigen Bedeutung dieses Bündnisses durchdrungen sind, wie sehr dieser Bund auch dort getragen ist von der freudigen Zustimmung der Völker, davon zeugen die bemerkenswerten Worte desNemzet", die mit Wärme betonen, daß das mitteleuropäische Friedensbündnis nicht blos auf dem Einverständnis der Monarchen, Staatsmänner und Diplomaten beruht, sondern auf der aufrichtigen Sympathie und der starken öffentlichen Meinung der beteiligten Völker."

In ähnlicher bemerkenswerter Weise äußern sich auch die übrigen tonangebenden österreichischen Preßorgane zu der Begegnung der beiden Herrscher und hieraus erhellt, daß auch die Völker Oesterreich- Ungarns nur mit inniger Genugthuung auf den Kaisertag von Gastein und seine segensreichen Folgen blicken. Im Uebrigen hebt die europäische Presse soweit eben die auf die Gasteiner Entrevue bezügli­chen Aeußerungen vorliegcn übereinstimmend den Umstand als besonders bedeutungsvoll hervor, daß die Monarchen diesmal von ihren angesehensten Ratgebern begleitet waren und allseitig wird die Gegenwart des Fürsten Bismarck, des Grasen Kal- uoky u. s. w. in Gastein, dahin kommentiert, daß hierdurch der fernere feste Zusammenhalt Deutschlands und Oesterreich-Ungarns gegenüber allen etwaigen versuchten Friedensstörungen offen ausgesprochen werden sollte und wohl allseitig dürfte in Europa diese würdige Demonstration verstanden worden sein.

Die erste Begegnung und Begrüßung zwischen den beiden Kaisern vollzog sich auch diesmal in herz­lichster Weise und wiederholter Kuß und Umarmung legten genugsam von den die beiden erlauchten Alli- irten beseelenden gegenseitigen Gefühlen Zeugnis ab; auch Prinz Wilhelm und Fürst Bismarck wurden vom österreichischen Kaiser herzlichst begrüßt. Im Uebrigen verbrachten die kaiserlichen Freunde die Zeit ihres zweitägigen Zusammenseins in ungezwungenem, geselligem Verkehr abgesehen von dem Empfange der verschiedenen staatsmünnischen Persönlichkeiten somit darthuend, daß die innigen Bande, welche sie mit einander verbinden, ihren Zusammenkünften jeden festlichen Prunk, jedes schwere höfische^Ceremoniell nehmen, ohne daß doch ihre Begegnung hierdurch das Mindeste von ihrer weittragenden Friedensbedeu­tung einbüßte. Nach herzlichster Verabschiedung von Kaiser Wilhelm ist der österreichische Monarch am Dienstag vormittag nach Ischl zurückgereist und auch unser greiser Kaiser hat noch am Nachmittage dessel­ben Tages die Rückreise nach Berlin, bezw. Pots­dam angetreten. Auf ein Jahr sind nun die beiden Kaiser wiederum von einander geschieden, aber aus allen treuen deutschen und österreichischen Herzen steigt die heiße Bitte zum Himmel empor, daß ein gnädiges Geschick es dem greisen Schirmherrn des deutschen Reiches gestatten möge, sich auch im näch­sten Jahre abermals mit seinem fürstlichen Freunde auf dem habsburgischen Kaiserthrone persönlich zu begrüßen zum Heile der Völker Deutschlands und Oesterreichs, zum Heile ganz Europas.

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

Wildbad, 11. Aug. Die Zahl der Kurgäste beläuft sich nun auf mehr als 5000 und täglich kommen noch neue Gäste an.

Stuttgart, 10. Aug. Mit den Vorbereitun­gen zum Cannstatter Volksfest, das dieses Jahr wieder einen offiziellen Charakter tragen wird und auf welchem II. MM. der König und die Königin mit dem ganzen Hofe erscheinen werden, ist man unter der Hand bereits beschäftigt. Man will dem Fest diesesmal einen besonderen Glanz verleihen durch die Pracht der üblichen Dekorationen, welche zur An­wendung kommen sollen. Wir haben in diesem Jahre hier schon so viele großartige Festivitäten gehabt, daß man auch auf dem Wasen sich auf außerordent­liche dekorative Leistungen gefaßt machen darf. Was den Herbstaufenthalt des Hofes anbelangt, so wird, wie verlautet, dieses Jahr insofem eine Aenderung eintreten, als II. MM. der König und die Köni­gin nach dem Volksfeste nicht wieder nach Friedrichs­hafen zurückkehren werden, sondern das Hoflager hier in der Residenz resp. auf dem Schlosse Berg aufge­schlagen werden soll. Die Kunde ruft hier in allen Kreisen lebhafte Befriedigung hervor, noch mehr aber das Gerücht, daß das Königspaar diesen ganzen Winter über hier bleiben wird und von einer Reise nach dem Süden Abstand genommen werden dürfte. Wird dies doch der beste Beweis dafür, daß die Ge­sundheit S. M. des Königs vollständig gekräftigt ist. So werden wir denn voraussichtlich einer glän­zenden Saison entgegensetzen können, welche die Resi­denz schon seit mehreren Jahren wegen Abwesenheit des Hofes entbehren mußte.

Stutttgart. Wie wir hören, ist das Be­finden der bei der Benzin-Explosion in der Büchsen­straße Verletzten durchweg ein befriedigendes. Auch der am schwersten verwundete Hausknecht Brötel

befindet sich andauernd ordentlich, wenn auch bei ihm die Besserung nur langsame Fortschritte macht. Ueb- rigens sollen von Seiten der Behörden Verfügungen beabsichtigt sein, wonach Kaufleute Benzin und ähn­liche Stoffe nur noch in kleinen Quantitäten von einem oder wenigen Litern halten dürfen und größere Quantitäten in besonderen Lagerhäusern außerhalb der Stadt untergebracht werden sollen.

* Ludwigsburg, 9. Aug. Nach heutigem Beschluß des Komites bleibt die Gewerbe-Ausstellung infolge des starken Besuches, dessen sie sich erfreut, bis zum abend des 2. Sept. eröffnet.

H eilbroun, 11. Aug. In vergangener Nacht entwurzelte der Sturm im Garten des Hotels zur Eisenbahn hier einen Kastanienbaum. 65 Spatzen, welche auf dem Baum ihr Nachtquartier aufgeschla­gen hatten, sind von dem fallenden Baume erschla­gen worden.

Nürtingen, 11. Aug. Vorgestern wurde die 23jährige Ehefrau des Bauern Keuerleber in Wolf­schlugen beim Garbenbinden vom Blitz getroffen und sofort getötet.

Brandfälle: In Batzen (Kempten) durch Blitzschlag das Haus des Oekonomen Joh. Rau, wobei 3 Schweine, 1 Kalb, 1 großer Haushund, sämtliches Inventar und Futtervorrat, sowie 300 ^ in Bank­noten verbrannt sind.

Karlsruhe, 10. Aug. Bei wahrhaft afri­kanischer Hitze, 29 Grad im Schatten, machte ein Bataillon des 109. Regiments einen Ausmarsch, von dem es um 1 Uhr im ärgsten Sonnenbrand mit voller Ausrüstung zurückkehrte. In den Stra­ßen der Stadt stürzten 12 Mann zusammen, in der Güterhalle der Bahn lagen 6, ins Fürstenbergische Palais, nur noch wenige Schritte von der Kaserne, wurden noch 10 Mann total erschöpft verbracht, vor den Thoren lagen mindestens 30 Mann; ein Offizier und ein Einjähriger wurden bewußtlos ins Spital gebracht.

Karlsruhe, 11. Aug. Bei einer gestern stattgehabten Hebung des Garderegiments stürzten 60 Mann. Einer blieb tot. Mehrere erhielten schwere Verletzungen.

Daß Wirte wegen allzu großem Andrange von Seiten des Publikums ihre Wirtschaften abschließen, kommt selten vor. In Heidelberg war dies am Tage des Festzuges thaffächlich der Fall. Ein Wirt stellte sogar zwei Dienstmänner vor seinem Lokale auf, um dem Publikum mitzuteilen, daß alles aufge- gesfen und erst in einem Zeitraum von einer Stunde wieder etwas zu haben sei.

München, 8. Aug. Hiesige Blätter bringen folgende öffentliche Aufforderung, die höchst prosaisch einen Akt in der bayerischen Geschichte ab­schließt, der immer unvergessen bleiben wird:Von Seiner Excellenz dem K. Staatsminister der Justiz als allerhöchst bestelltem Verlassenschaftskommissär mit der Errichtung des Inventars über den Nachlaß weiland Seiner Majestät des höchstseligen Königs Ludwig II. von Bayern betraut, fordere ich hiemit alle, welche zum Nachlasse gehörige Gegenstände, ins­besondere Werke der Kunst und Litteratnr, in Händen haben, auf, diese Gegenstände sofort an das K. Hof- sckrctariat abzuliefern. Desgleichen ergeht an alle, welche an den Nachlaß etwas schulden, die Auffor­derung , die geschuldeten Beträge ungesäumt an das K. Hofsekretariat zu bezahlen. Forderungen an den Nachlaß sind bei Vermeidung der vnchtberücksichtigung bei der Inventarisierung bis zum 1. Sept. l. I. in meiner Kauzlei, Rindermarkt Haus-Nr. 20/1, schrift-