Breslau, 1. Mai. Wie die Schles. Volksztg. wissen will, wäre vor einigen Tagen ein Auftrag des Papstes hierher gelangt, behuss Ersetzung der augenblicklich erledigten Pfarreien der Regierung die Namen der zu ernennenden Pfarrer zu bezeichnen.
Berlin. 1. Mai. ZufoLae eiüer Meldung des „Westphäl. Merkur" aus Ro» bemerkt der Papst den Pilgern, daß er nicht zweifle, binnen Jahresfrist mit der preußischen Regierung zu einem vollständigen Ausgleiche zu gelangen.
Berlin, 2. Mai. Das Pektorale, weiches Kaiser Wilhelm dem Papste übersandte, ist nach dem „Moniteur de Rome" aus massivem Golde verziert mit Rubinen und Diamanten. Es wird an einer wunderschöne» Kette getragen und ist ein hervorragendes Kunstwerk. In einem Begleitbrief drückt der deutsche Kaiser seine volle Genugthuung aus für den Ausgang der Vermittlung in der Karolinenfrage und erklärt, daß er zum Andenken an dieses glückliche Ereignis das Pektorale dem hl. Vater widme. Der Brief bewegt sich in Ausdrücken der größten Ehrerbietung gegen die Person des Papstes. Der „Moniteur" dementiert ausdrücklich, daß der Brief des Kaisers sich auf die Frage der Anzeigepflicht beziehe.
Berlin, 3. Mai. Fast sämtliche Fraktionen des Abg.-Hauses beraten heute über die kirchenpolitische Vorlage, deren Erledigung im Plenum ohne Kommissionsverweisung nach dem letztersolgten neuen Entgegenkommen des Papstes sehr wahrscheinlich geworden ist.
Berlin, 3. Mai. Die Bischöfe von Hildesheim , Limburg und Osnabrück zeigten im Aufträge des apostolischen Stuhls dem Oberpräsidenten die Absicht an, gewisse Pfarreien zu besetzen und teilten die hiefür in Aussicht genommenen Kandidaten mit.
Berlin, 3. Mai. Die Besserung in dem Befinden des Grafen Herbert Bismarck schreitet sehr langsam fort.
Berlin, 3. Mai. Eine Versammlung von 6000 Berliner Maurergesellen beschloß gestern einstimmig einen partiellen Maurerstreik.
Zu den diesjährigen großen Manövern, die in den Reichslanden stattfinden, werden keine fremdländischen Offiziere eirgeladen oder zugelassen werden. Warum, ist nicht gesagt, aber man wird wohl nicht fehlgehen, wenn man annimmt, daß bei den Hochverratsprozessen Hentsch, Kraszewski und Sarauw so mancherlei zu Tag gekommen ist, was die deutsche Heeresleitung stutzig machen mußte.
An den Bundesrat sind nunmehr die Branntweinsteuer-Vorlagen, die aus einem Prinzipal- und Eventualantrag bestehen, gelangt. Nach den neuen Gesetzentwürfen handelt es sich um eine Konsumsteuer, welche nach etwa 2 Jahren mit 1.20 für den Liter Alkohol erhoben werden soll. Die Steuer ist von allen Branntweinhändlern in dem norddeutschen Gebiet zu tragen. In dem Gesetze sollen Anordnungen getroffen sein, welche den Behörden ermöglichen, eine sehr genaue Aufficht zu führen. Dazu kommt eine Maischraumsteuer, welche von vtzi 1 bis 1.90 für einen Liter Maischraum sich steigern kann. Die Ertragsfähigkeit ist vom dritten Jahre an auf über 200 Millionen Mark veranschlagt. Es heißt ferner, daß in den Gründen noch einmal auf die Bedürfnisse des Reiches hingewiesen sei, welche eine Einnahme-Erhöhung unabweisbar inachten, und daß sich daran das Bedauern darüber knüpfe, daß dieser Zweck durch Ablehnung des Branntweinmonopols sich nicht habe erreichen lassen. Tie Bundesratsausschüsse dürften nunmehr unverweilt in die Beratung der Vorlage eintreten.
Geschenk des Kaisers. Die „Germania" mutz es genau wissen. Die erzählt ihren Lesern, daß das kunstvoll gearbeitete Deetorale, Brustkreuz, welches Kaiser Wilhelm dem Papst zu Ostern in Anerkennung seiner erfolgreichen Vermittlung in der Karolincnfrage, durch. Herrn v. Schlözcr hat überreichen lassen, in Berlin angefertigt worden sei und einem Werth von IliOOO entspreche.
Straßburg, 29. April. Wie seit Jahren um diese Zeit, so reisen auch Heuer wieder 11 englische Gencralstabsoffiziere unter der Führung eines Obersten nach Wörth, um unter Zugrundelegung der Operationspläne das dortige Schlachtfeld zu studieren.
Straßburg, 2. Mai. Bon guter Seite wird dem Psälz. Kur. mitgeteilt, daß die badische Regierung mit dem Koadjutor Dr. Stumpf dahier in Unterhandlung stehe behufs llcbernahme des Freiburger Erzstuhles. Stumpf ist bekannt durch die strenge Disziplin, die er über den Klerus führt, dein er die politische Agitation sozusagen gänzlich verboten hat. Er ist ein Oberelsässer.
Wien, 30. April. In Kruzienice bei Mos- ciska brannten gestern 30 Häuser ab, darunter die jüdische Schule und das Bethaus. Auch in Tis- mienicza bei Tlumacz wütete eine große Feuersbrunst. Baron Hirsch sandte aus Paris an den Statthalter von Gaüzien einen Check auf hunderttausend Franks fSr Stryj.
Wien, 1. Mai. Die „N. Fr. Pr." meldet aus Athen: 400 Italiener unter Serpieri's Führung, mit griechischen und italienischen Fahnen, zogen gestern vor die italienische Gesandtschaft, um gegen die antihellenische Politik Italiens zu protestieren.
Krakau, 2. Mai. In Lublin findet, wie der „Reform«" gemeldet wird, eine kriegsgerichtliche Untersuchung gegen Offiziere statt, welche beschuldigt werden, Situationsund Operationspläne für den Fall der Mobilisierung einem Nachbarstaate verkauft zu haben. — Derselben Quelle zufolge hätte General-Gouverneur Gurko während eines dem Warschauer Offizierskorps gegebenen Males geäußert: „Es ist möglich, daß wir bald mit unserm größten Feinde uns messen werden."
In Eisenburg wurde der 300ste Geburtstag (23. April) Martin Rinckart's, des Dichters des Liedes „Nun danket Alle Gott" kirchlich gefeiert, auch an dessen ehemaligem Wohnhaus eine Gedenktafel aus schwedischem Granit mit goldener Zuschrift angebracht.
Schweiz.
Bern, 3. Mai. Das neue Jmpfgesetz, welches den Impfzwang anordnet, wurde mit 28 606 gegen 26215 Stimmen abgelehnt.
Spanien.
Madrid, 30. April. Der Bischofsmörder Galeote hat aus dem Gefängnis an den päpstlichen Nuntius und an den Kapitelsdekan einen Brief geschrieben, in welchem er seiner Reue über seine Thal Ausdruck gibt, zu der sein Elend und seine Eitelkeit ihn getrieben habe; er bittet demütig um Verwendung beim Papste, damit dieser ihm Verzeihung und Absolution erteile.
Madrid, 1. Mai. Der Prozeß gegen die Anstifter des Angriffs auf das deutsche Gesandtschaftshotel im vorigen August beginnt am 5. Juni.
Die am Ostersonntag in Spanien vorgenommenen Senatswahlen haben einen vollständigen Sieg des Ministeriums Sagasta ergeben.
Lebendig begraben. In Barbastro (Spanien) wurde am 24. v. Mts. ein Fremder aufgefundcn, den einige vermummte Männer auf einem Ausfluge überfallen, all' seiner Wertsachen und Gewänder beraubt und an einem entlegenen Orte des Friedhofes lebendig begraben hatten. Der Fremde, der 12 Stunden in der Grube zngebracht, ist sowohl geistig als körperlich dem Erlöschen nahe und man glaubt nicht, daß er an: Leben erhalten bleiben wird. Die Entdeckung des Verbrechens geschah durch den Totengräber, der am Morgen zu seinem Erstaunen eine Grube, die er abends aufgeworfen, verschüttet fand.
England.
London, 3. April. Griechenland erließ heute die Ordre bezüglich der Abrüstung.
London, 1. Mai. Die Chicago Northwestern Bahn soll mit 1800 ihrer Arbeiter in der Güterhalle ein Kompromiß abgeschlossen haben, wonach den Arbeitern unter Beibehaltung ihres vollen Lohnes die Mündige Arbeitszeit zugestanden wird. Dieses Arrangement wird als Zeichen dafür angesehen, daß ähnliche Abmachungen auch anderweitig erzielt werden würden.
Balkan-Halbinsel.
Edhem Pascha, der Vertreter des Sultans in Livadia, hat sich daselbst einer höchst ehrenvollen Ausnahme seitens des Czaren zu erfreuen gehabt. Es wurde ihm die Ehre einer längeren Audienz bei Kaiser Alexander zu Teil und außerdem der Alexander-Newski-Orden verliehen; auch das Gefolge Edhem Paschas erhielt Ordensanszeichnungen. Fast um dieselbe Zeit, in welcher ^der türkische Spezialgc- sandte Livadia wieder verlassen hat, dürfte der rumänische Kriegsminister Angelescu daselbst eingetroffen sein; ob es sich hierbei um mehr als lediglich um eine Begrüßung des russischen Herrschers durch den König von Rumänien gehandelt hat, wird die Welt vielleicht bald erfahren.
Griechenland.
Athen, 2. Mai. Die 5 Gesandten der Großmächte — Frankreich thut bekanntlich nicht mit — haben beschlossen, daß die Erklärung Delyaunis' ungenügend sei und daß verlangt werden müsse 1) Festsetzung einer Frist für die vollständige Abrüstung, 2: Unterwerfung Griechenlands unter Europa und nicht unter Frankreich. Wären diese Bedingungen nicht bis morgen 5 Uhr erfüllt, so würden die Gesandten sich cinschisfen und die Blokade würde beginnen.
Athen, 4. Mai. Ich hatte gestern eine Unterredung mit dem Ministerpräsidenten Delyannis. Derselbe erklärte bestimmt, daß es nicht zum Krieg kommen werde. Die Entwaffnung sei im Prinzip beschlossen, indessen werde sie langsamer vor sich gehen, als die Großmächte es verlangen. (N. Taqbl.) Amerika.
New-Dork, 1. Mai. An verschiedenen Orten findet unter den Arbeitern eine Bewegung zu Gunsten der Beschränkung der Arbeitszeit auf 8 Stunden täglich statt. Einige Arbeitgeber haben die Forderung bewilligt, andere dieselbe abgelehnt. Die Arbeiter der letzteren drohen mit sofortiger Einstellung der Arbeit. Die Bewegung ist namentlich stark in Chicago, wo mehrere Tausend Streikende die Straßen durchziehen.
New-Aork, 2. Mai. An der gestrigen Arbeiter-Demonstration zu Gunsten der 8stündigen Arbeitszeit nahmen 15 000 Arbeiter teil. Mehrere Reden auch in deutscher Sprache wurden gehalten; rote Fahnen waren zahlreich im Zuge vertreten, dessen Musik die Marseillaise (!) spielte. Aus mehreren Städten des Nordens und des Westens, wo die Forderung der 8stündigen Arbeitszeit abgelehnt wurde, werden ebenfalls Meetings und Streiks gemeldet. Bei der gestrigen Arbeiterdemonstration in Chicago war das sozialistische Element besonders stark vertreten. Zahlreiche rote Fahnen wurden im Zuge geführt, mehrere Redner forderten dazu auf, die Holzlager anzuzünden, wenn die Arbeitgeber die gestellten Bedingungen ablehnten.
Was ist in Amerika nicht Alles möglich? Bekanntlich ist in der Union das Vereinswesen zu besonders hoher Blüthe gelangt. Jetzt soll sich dort, in Danbure im Staat Connecticut, sogar ein „Selbstmord-Klub" gebildet haben. Derselbe verfolgt den Zweck, diejenigen seiner Mitglieder, welche freiwillig das irdische Jammerthal verlassen wollen, mit allen dafür gewünschten Mitteln aus der Vereinskasse zu versorgen.
Eine echt amerikanische Gerichtsszcne spielte sich in New-Dork ab. Der Advokat Grace und ein Zeuge Namens Brew gerieten während der Verhandlung in Streit. Es wurden etwa 10 Revolverschüsse gewechselt. Grace blieb tot auf dem Platze, Brew wurde sterbend hinweggetragen.
China.
Aus China. Der jugendliche Kaiser von China geht, wie schon vor längerer Zeit gemeldet wurde, auf Freiersfüßen. Um den Beherrscher des Reiches der Mitte nun in den Besitz einer ihm genehmen Gemahlin zu setzen, ist der Befehl ergangen, daß sämtliche Mandschu-Beamte der höheren Rangstufen ihre Töchter, sofern sie nicht älter sind als der Kaiser, am Hofe von Peking vorstellen. Seit Jahresfrist sind nun bereits ans dem Innern des Reiches Väter mit ihren Töchtern auf dem Wege nach der Kaiserstadt. Sehr günstige Aussichten bieten sich, wie es heißt, der Tochter eines gewissen Too-Tai aus der Provinz Tehe-Kaing, welche eine hervorragende Schönheit und v '" ausgezeichneter Erziehung sein soll. _ _
Handel K Verkehr.
Stuttgart, 3. Mai. (Landesproduktenbörse). Wir notieren per 100 Kilogr.: Weizen, niederbayerischer 20 M fränkischer 19 25 19 80 <4, Kernen, fränkischer 18 >.lk.
75 4, Oberländer 19 20 -4, Dinkel 12 50 Hafer I»
12 60-l. — Durchschnitts-Mehlpreise Pr. 100 Kilogr. inkl.
Sack pro April 1886: Mehl Nr. 1 28-29 Nr. 2 26
bis 26 50 Nr. 3 24-25 Nr. 4 20 50 -1—21
50 Suppengries 30—31 Kleie mit Sack 8 50 4
per 100 Kilo je nach Qualität.
Konkurseröffnungen. Ernst Müller, Bahnhyf- rcstaurateur in Crailsheim. Leonhard Hcrrmann, Schlotzwirt und Bierbrauer in Archshofen (Mergentheim). H. Ebcrt zum Löwen in Ncuenstcin (Ochringcu).
(Mn lbeaobtensrvvrtes Xen^niM Orüninettstst- tsn (Oberamts llorb). Teils Ibusn mit, dass iob Lpotbe- lrer R. Drandt's Lolnvemsrpillsn srbaltsu babs. Dieselben baden mir vvsssntliobs Dienste geleistet. Dur LlübunZ null godbrsnusn sinü dieselben ansKsssiebnet; leb bin von genannten liebeln Kaim bettelt cvorilsn und bann dis Dillen somit dedsrmaun smpksblen. Dötliebst dankend aeb- tuuxsvoll dos. ölaier, Oskonoin. Apotbslcsr D. Drand s Lobvvstterpillen sind ä Lebaoktel 11. 1 in den -Vpotbsben srkältlivb.
Ilan aebts genau darank, dass jede Lobaobtsl als Dtignett sin rvsissss lvrerm in rotem Deld und den Xa- msusrmg 1t. Lrandt's trägt.
Deutsche Gruud-Crebit-Bank (Gotha) 1. PrL- mien-Psaudbriefe. Die nächste Ziehung findet am 1. Juni statt. Gegen den Kursvcrlust von ca. 3V Mark pro Stück bei dcr Ausloosung übernimmt das Bankhaus Carl Neuburger, Berlin, Französische Straße M, die Versicherung für eine Prämie von Mk. 1,20 pro Stück.
Hiezu eine Beilage.
Verantwortlicher Redakteur Steinwandel in Nagold. — Druck und Verlag der Ä. W. Z a i f e r'schen Buchhandlung in Nagold.