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Minder der Kgl. Familie, Prinz Wilhelm und Gemahlin, hier wohnten. Er rühmte die baulichen und gewerblichen Fortschritte der Stadt und hatte für jeden der Anwesenden ein freundliches, leutseliges, Person oder Stellung be­treffendes Wort. Um 12 Uhr war Tafel im Marmorsaal des Schlaffes zu 85 Gedecken, an dem außer den höchsten Herrschaften, Militär- und Hofchargen, die Stabsoffiziere der hiesigen Regimenter, je die zwei ältesten Hauptleute und Lieutenants und je ein Rittmeister derselben, der Vertreter der Regierung und der Stadt, sämtliche Geistliche und die Bezirksbeamten teilnahmen. Nach aufgehobener Tafel machte Se. Majestät noch einen Gang durch den Saal und zeichnete viele der Anwesenden durch freundliche Anreden aus. Allgemeine aufrichtige Freude herrschte über das gute Aussehen des Königs, über feine Frische und heitere Stimmung, und dankbare, herzliche Segenswünsche be­gleiteten ihn, als er um >^2 Uhr wieder zur Residenz zurückkehrte. (St.-Anz.)

Tübingen, 7. Juni. DieTüb. Chronik" berichtet:Eine inte­ressante Entdeckung machte gestern nachmittag die hiesige Landjägerschaft in einem nahe bei der Stadt gelegenen Gartenhäuschen. Sie traf dort zwei Burschen im Alter von ca. 16 Jahren, die anscheinend harmlos ihre jugend­lichen Rauchvsrsuche machten; eine genauere Untersuchung ergab jedoch, daß die sauberen Brüder die Blumenbeete der Gartens geplündert und sich eine Reihe von kleineren Blumensträußen gemacht hatten, welche sie dann abends an Theaterbesucher gegen teures Geld losschlagen wollten. Ueberdies hatten die Burschen in dem Gartenhaus, dessen Thüre von ihnen aufgebrochen worden .war, einen Schmaus gehalten, zu welchem der Salat des Gartens seine schönsten Häupter hatte liefern müssen. Die ertappten Felddiebe sollen merk­würdige, unsereSträußlesbuben" schwer kompromittierende Enthüllungen gemacht haben.

Meimsheim, 7. Juni. In der Nacht von Samstag auf Sonn­tag wurde laut Zaberb. in das hiesige Postbureau eingebrochen, indem der Dieb die eiserne Stange, womit der Laden verschlossen war, erbrach und so ins Zimmer eindrang. Doch fand derselbe nicht, was er suchte, näm­lich die Postkasse, da sie abends zuvor in Sicherheit gebracht worden war. Nun suchte der Eindringling den Laden ab, hier fand er aber nur die Laden- kaffe mit 1012 ^ Inhalt, welche er leerte. Ein Glück war es, daß er die kleine nebenanstehende Schublade nicht öffnete, in welcher sich 300 befanden; in der Postkafse sollen sich 1000 befunden haben.

Von Nord Hausen, 2. Juni, wird derNat.-Ztg." geschrieben: Seit Menschengedenken hat unsere Stadt und Umgegend nicht ein solches Un­wetter erlebt, als gestern Abend und die Nacht hindurch. Um 4 Uhr gestern Nachmittag ballten sich ringsum drohende Wolken zusammen und um 6 Uhr trat das Gewitter ein, anfangs mit leichtem Regen, von 8 Uhr aber bis heute früh 6 Uhr mit nie gesehener Gewalt. Die Blitze jagten sich unaufhörlich volle 12 Stunden lang, ein Donnerfchlag jagte und übertönte den andern, wolkenbruchartiger Regen, schwerer Hageischlag und Sturm peitschten daher und versetzten alles in Entsetzen und Schrecken. Die unteren Straßen standen hoch unter Wasser, der Verkehr war vollständig gehemmt. Fürwahr eine grausige, eine entsetzliche Nacht! Niemand wagte zu Bette zu gehen. In der Stadt und am Bahnhofe sind mehrere Blitzschläge zu verzeichnen, doch hat keiner gezündet. Aber wahre Hiobsposten trafen heute von außen ein. Der um 10>/z Uhr gestern Abend fällig gewesene Northeimer Zug traf gar nicht ein, denn zwischen den Stationen Osterhagen und Scharzfeld an der Grenze der Provinz Hannover und des Kreises Nordhausen war bei Barbis und Barthelsfelde ein Wolkenbruch niedergegangen, durch welchen der Bahndamm unter Wasser gesetzt und gefährdet worden war. Zugleich stürzten hühnerei- große Hagelkörner herab und der Blitz setzte Barbis an 4 Stellen in Brand. Lauterberg, Sachsa, der westliche und nordwestliche Teil des Landkreises sind gänzlich verhagelt! In Sachsa sollte nächsten'Sonmag Schützenfest sein, durch die Vernichtung der Ernte ist Trauer eingekehrt uns das Fest sofort aufge­hoben. Ein zweiter Wolkenbruch ging 1 Stunde westlich von Nordhausen Lei Kleinwechsungen nieder, hier stand das Wasser 4 Fuß hoch, vieles Vieh ist ertrunken, die Häuser sind beschädigt. Ebenso in Hesserode und in Groß- wechsungen. In Salza dicht bei Nordhausen wurde um 11 Uhr Lärm ge­macht, es galt zu retten, denn das Wasser stand in den unteren Stockwerken. Aus Wolkramshausen, Wollersleben u. s, w. kommen ebenfalls traurige Be­richte. Die Flüsse Helme und Wipper sind aus ihrem Bett getreten und haben die Niederungen überflutet. Und heute ist abermals Gewitterwetter. Weiter wird ein Wolkenbruch gemeldet aus Teistungen. Mehrere Gebäude sind eingestürzt. Ein weiterer Bericht von Halle a. S. 2. Juni lautet: Gestern Abend gegen 8 Uhr ist bei Herzberg a. Harz und Umgegend ein wahres Unwetter uiedergegangen, worüber mir von einem Freunde Nachstehendes berichtet wird: Ich hatte heute nachm, in Walkenried zu thun, alsdann fuhr ich nach Herz- berg zu um 8 Uhr 22 Min. Jedoch konnten wir mit aller Mühe nur bis Osterhagen kommen. Als wir dort angekommen, sahen wir das etwa 20 m gelegene Dorf Barlhelsfelde lichterloh brennen. Wir, mein

E^/gefährle und ich, begaben uns nach der Feuerstelle, konnten aber diese nicht erreichen, sondern mußten auf einem Hügel anhalten. Von hier sahen wir das Unglück: Rindvieh, Pferde, Schafe, wurden in die Kirche, in Stuben und auf die Böden der noch nicht brennenden Häuser geschafft, etwa 10 Hauser sah ich brennen, das Wasser stand etwa 46 Fuß hoch im gagzen Dorfe, mit Mühe habe ich selbst einen Mann aus dem Wasser gerettet. Von den Nächstliegenden Orten konnte keine Hilfe kommen, weil alle selbst betroffen Gegen 7 Uhr hat es eingeschlagen und brannte um 12 Uhr nachts noch. Von Osterhagen wurden wir bis etwa zur Hälfte nach Scharzfeld von emer Lokomotive befördert, natürlich unter heftigem Regenwetter, von da niußten wir etwa 6800 Fuß gehen, sanken aber immer ca. '/z Fuß tief "iS Eisenbahnschienen bloß lagen und das Wasser den Sand unter den Bordschwellen weggespült hatte. Das Eis von dem Hagelwetter lag B Fuß hoch zwischen Osterhagen und Barbis. Als wir endlich in Herzberg anlangten, war eben ein Zug von Scharzfeld gekommen, seine Passagiere mußten denselben Weg zu Fuß machen wie wir. In dem armen Dorfe Barbis sind viele Häuser eingestürzt. Telegraphenleitung rc. zerstört. 4 Bahn­

meister und 3 Arbeitszüge mit Sand beladen waren bereits nach den beschä­digten Bahnteilen abgegangen; die Bevölkerung war in fieberhafter Auf­regung. Der Schaden ist ungeheuer.

Hannover, 6. Juni. Ein Zusammenstoß von Eisenbahnzügen fand heute nach 12 Uhr nachts auf der Station S e e l z e bei Hannover statt. Der Stationsvorsteher ließ einen Zug auf ein anderes Geleise dirigieren, ohne zu beachten, daß die Durchfahrt, eines Extraviehtransportes auf diesem Geleise bereits signalisiert war. Der Transportzug fuhr mit großer Macht auf den Personenzug. An Material ist viel zertrümmert worden, auch 13 Schafe wurden getötet. Einem Mädchen aus Amerika, das mit anderen Landsleuten die alte Heimat besuchen wollte, wurde ein Bein zerschmettert, andere Mit­reisende aus Amerika erhielten Kontusionen und Verwundungen durch Holz- und Glassplitter. Ein Arzt legte Notverbände an. Den Stationsvorsteher hat bis 10 Uhr niemand wiedergesehen.

Aus dem Herzogtum Lauenburg schreibt man der Köln. Ztg.": Am 2. Juni machte das Ratzeburger Gymnasium einen Aus­flug nach dem Sachsenwalde. Man hoffte, dem Reichskanzler zu begegnen, der tagtäglich dort seine Spaziergänge macht. Als dies nicht der Fall war, begab man sich nach demLandhause" in Friedrichsruhe, um sich dort zu stärken. Als man im besten Schmausen und Trinken war, trat plötzlich unangemeldet der Kanzler in die Mitte der jubelnden Schar. Fürst Bismarck ließ sich das Lehrerkollegium vorstellen, mit jedem freundliche Worte wechselnd, und wandte sich dann zu den Schülern, die sich inzwischen klassen­weise gruppiert hatten. Einzelnen Kleinen schüttelte er die Hand, mit den größeren verkehrte er in ernsthaft-freundlicher Weise.Wenn Sie 50 Jahre älter geworden sind", so wandte er sich zu den Primanern,dann werden Sie ungefähr mein Alter erreicht haben. Vielleicht denken Sie dann noch an den heutigen Tag zurück und an diese Linde, die uns jetzt beschattet. Ich möchte wünschen, daß Sie dann sagen können, daß Sie Ihrem jetzigen Kaiser und den folgenden Kaisern ebenso freudig gedient haben, wie ich meinem Kaiser." Dann ließ er sich die Abiturienten vorstellen. Zu diesen sagte er: Reichskanzler können Sie nicht alle werden; aber wenn Sie einmal Reichs­tagsabgeordnete werden, so machen Sie Ihrem Reichskanzler das Leben nicht so sauer. Es ist leichter, zu kritisieren, als selbst zu regieren."

Catania, 8. Juni. Der Ausbruch des Aetna hat aufgehört; der Lavastrom ist zum Stehen gekommen, bevor er Nicoloii erreichte.

WevrniscHtes.

(Streiknachrichten.) Die Frankfurter Dachdecker­gesellen haben eine Eingabe an die Dachdeckergenossenschaft gerichtet, in welcher sie unter Darlegung der Lage des Handwerks und der drückenden Zeitvsrhältnisse eine Lohnerhöhung von 25°/ verlangen, wöchentlich 2430 bei einer Normalarbeitszeit von 10 Stunden täglich. Da ihnen diese For­derung nicht bewilligt wurde, so haben heute sämtliche Gesellen die Arbeit eingestellt. In Lübeck stehen seit 7. ds. etwa 300 Hafen­arbeiter in der Arbeit aus. wodurch gegen 50 Schiffe, die im Laden oder Löschen begriffen sind, in Verlegenheit gerieten.'

Ein Scheffel-Denkmal will auch die Schweiz haben. Es soll im Hochthal von St. Gallen auf dem Frendenberg errichtet werden. Ein einfacher Felsblock mit mächtiger GoldschriftScheffel", wie vorgeschlagen ist, würde von den Ufern des Bodensees und selbst vom Hohentwiel aus sichtbar sein.

Kenreinnühigss.

Schädlichkeit der Kartoffelkeime. Die Kartoffeln treiben gegen das Frühjahr hin in ihrem Winterlager in Kellern und Gewölben, Mieten u. s. w. lange Keime, denen das Obloiopbz'll (Stoffgrün) fehlt und die blaß aussehen. Sie enthalten ein nicht unbedenkliches Gift, das 8olanin. Giebt man diese Keime den Schweinen mit zu fressen, so erkranken dieselben meistens, krepieren auch oft davon, obgleich man die Ursache in der Regel anderswoher leitet. Oft werden auch die Keime zum Branntweinbrennen verwendet, wo sie die Schlempe geradezu vergiften. Das Vieh, welches solche Schlempe erhalten hat, bekommt geschwollene Glieder, Lähmung der Rückenmuskeln, welche sich oft auch noch mit Geschwüren bedecken und der Tod ist schließlich der Ausgang der Krankheit. Das Keimen der Kartoffeln ist soviel als möglich zurückzuhalten und wenn es doch vorgekommen ist, so sind die Keinie von den Kartoffeln vor der Verwendung sorgfältig zu eirtfernen.

Einfach ste Reinigung von Flaschen. > Flaschen, Ballons u. s. w., welche Oel oder fettige Stoffe enthielten, werden auf sehr einfache Weise durch Sägspähne gereinigt. Man nimmt hierzu reine Sägspähne init wenig Wasser und schüttelt sie fest in der Flasche herum. Nach mehrmaliger Behandlung in dieser Weise werden sogar Flaschen, welche starkriechende Flüssigkeiten enthielten, zu jedem Gebrauche wieder tauglich. (Fundgr.)

Lrtievcrril'cHes.

Die Kapital-, Renten-, Dienst- und Berufs-Einkommenssteuer in Würt­temberg. Eine Zusammenstellung der Gesetze, Verfügungen ec. zur Belehrung der Steuerzahler. Verlag von W. K ohl hammer, Stuttgart. Preis drosch. 80 Im Verlage der W. Kohlhammer'schen Buchhandlung in Stuttgart ist eine Sammlung der württembergischc» SkaatSsteuergeseye sowie der wichtigeren hierzu er­gangenen Vollzugsschristeu, nach dem Stand am 1. Juli 1883 im Auftrag des König!. Finanzministeriums bearbeitet, erschiene». An die Berlagshaudlung wurde nun von den verschiedensten Seiten die Aufforderung gerichtet, denjenigen Teil dieses Buches, der sich auf die Kapital-, Renten-, Dienst- und BerufS-Einkomniensfteuer bezieht, besonders hcranszugcben, damit jedermann, der Kapital- oder Einkommenssteuer zu zahlen hat, sich zu billigem Preise über die gesetzlichen Bestimmungen unterrichten könne. Die Ver- lagShandlnng ist in der vorliegenden Schrift diesen Wünschen nachgekommcn. Der Leser findet hier ans mehr als 70 Leiten großen Formats eine übersichtliche, durchaus zuver­lässige Zusammenstellung der Gesetze, Verfügungen, Erlasse rc. rc. nach dem Stand zur Zeit der Bearbeitung, nebst einem sehr genauen Sachregister. Wir glauben, daß vielen unserer Leser dieses Buch sehr willkommen sein wird. Der Preis ist ein ganz niedriger.