Aro. 67.
61. Jahrgang
Amis» unä Inteüigenzblatt für äen
Erscheint Dienstag, Donnerstag L Samstag.
Die Einrückungsgebühr beträgt 9 H p. Zeile!! im Bezirk, sonst 12 H. H
Donnerstag, äen IO. Juni 1886
Abonnementspreis halbjährlich 1 80 H, durch
die Post bezogen im Bezirk 2 «tL 30 H, sonst in ganz Württemberg 2 70 H.
AmMchs Wekanntrnachirngen.
Bekannlmachuug, betreffend die Aufnahme in die Gartenbau- schnlesu Hohenheim.
Auf den 1. Oktober d. I. können in die mit der hiesigen Anstalt verbundene Gartenbauschule wieder 6 Zöglinge eintreten.
Zweck dieser Anstalt ist, junge Männer mit der Theorie und Praxis des ländlichen Gartenbaues bekannt zu machen.
Die Aufnahme erfolgt auf 1 Jahr und zwar unter folgenden Bedingungen:
1) Die Auszunehmenden müssen das 17. Lebensjahr zurückgelegt haben und das württembergische Staatsbürgerrecht besitzen,
2) vollkommen gesund und körperlich erstarkt sein, um die bei dem Gärtnereibetrieb vorkommenden Arbeiten anhaltend ausführen zu können,
3) im Lesen, Schreiben und Rechnen gute, im Zeichnen wenigstens einige Fertigkeit, auch genügende Befähigung zu Auffassung von populären Lehrvorträgen haben.
Hierüber müssen sie sich bei der Aufnahmeprüfung ausweisen.
Solche Bewerber, welche eine Lehrzeit in einer Gärtnerei oder an einer Ackerbauschule erstanden, oder sich sonst mit Garten- oder Weinbau beschäftigt haben und hierüber die erforderlichen Ausweise vorlegen, werden vorzugsweise Berücksichtigung bei der Aufnahme finden.
Kost, Wohnung und Unterricht erhalten die Zöglinge frei. Dagegen haben sie alle in der Schule und-bekm praktischen Gartenbau vorkommenden Arbeiten zu verrichten und die Verpflichtung zu übernehmen, den einjährigen Kurs vollständig mitzumachen.
Weiter besteht die Einrichtung, daß je nach Umstünden zwei Gartenbauschüler, welche sich beim unmittelbar vorausgegangenen Jahreskurs durch Strebsamkeit und gutes Verhalten ausgezeichnet haben, ein weiteres Jahr mit entsprechendem Taggeld beim praktischen Obst- und Gartenbau beschäftigt werden, auch in der Gartenbauschule wohnen und an dem Unterricht Teil nehmen können.
Die Bewerber werden aufgefordert, unter Darlegung ihrer bisherigen Laufbahn, sowie unter Anschluß eines Taufscheins, Impfscheins, gemeinde- rötlicher Zeugnisse über Heimatrecht, Prädikat und Vermögen, einer Urkunde über Einwilligung des Vaters, beziehungsweise Vormunds, sowie, soweit sie im militärpflichtigen Alter stehen, unter Nachweisung ihres Militärverhältnisses, sich spätestens bis
Donnerstagdenl.Julid.Js. schriftlich bei der Unterzeichneten Stelle zu melden und sich sodann, wenn sie
nicht durch besonderen Erlaß zurückgewiesen werden sollten, zur Aufnahmeprüfung am
Montag den 12. Juli d. Js.,
Vormittags 7 Uhr,
hier eiuzufinden.
Hohenheim, den 1. Juni 1886.
K. Jnstitutsdirektion.
V o ß l e r.
Kstttische Wcrchvichten.
Deutsches Reich.
— Der Zusammentritt des Reichstags ist zwischen dem 25. und 28. Juni zu erwarten. Auf die Einbringung eines Nachtragsetats im Reichstag ist, laut „Frkf. Journ.", jetzt definitiv verzichtet, dagegen stehen noch einige dringliche Vorlagen für den Reichstag in Aussicht.
Berlin, 5. Juni. Nun hat sich auch das Abg. - Haus auf unbestimmte Zeit vertagt. Frühestens wird der Präsident die nächste Sitzung auf den 2t. d. M. anberaumen. Da der Reich stag bereits feiert, auch die einzige bisher noch thätige Kommission desselben, die für das Brannt- Weinsteuergesetz, ihre Beratungen gestern abgeschloffen hat, so würde vorläufig vollständige parlamentarische Windstille in der Hauptstadt herrschen, wenn nicht mit dem Beginn der nächsten Woche das Herrenhaus, das fi) lange gefeiert hat. seine Arbeiten wieder aufnähme. Dasselbe hat zu einer ganzen Reihe von Gesetzen, die in der 2. Kammer erledigt sind, Stellung zu nehmen und außerdem noch 2 kleinere Vorlagen zu erledigen, welche sodann erst in das Abg.-Haus gehen. Seine Hauptaufgaben find das Lehrer- a n st e l lung s g es etz für die östlichen Provinzen und die Kanalvor - läge. Was die erste betrifft, so ist nach Annahme der übrigen antipolnischen Gesetze an der Genehmigung auch dieses letzten nicht zu zweifeln. Wenn die erste Abstimmung, wie wahrscheinlich, am Dienstag oder Mittwoch statthat. so kann die zweite nach 21 Tagen, also am Schluß des Monats erfolgen, und damit dürfte zugleich das Ende der Landtagssession gegeben sein, wenn nicht noch neue Vorlagen der Regierung erscheinen sollten. Dagegen hört man bezüglich der Kanalvorlage merkwürdige und geradezu erstaunliche Dinge. Nachdem dies heilsame Gesetz endlich nach jahrelanger Verschleppung im Abg.- Hause eine große Mehrheit auf sich vereinigt hat, scheint ein großer Teil der Junker des Herrenhauses Lust zu verspüren, die Kanalvorlage abermals zu Fall zu bringen. und zwar aus Rache, weil der Reichstag den Spiritus brennenden Großgrundbesitzern des Ostens nicht die ungemeffenen agrarischen
Keu ill e t on. ' ^d-»-
Die Falschmünzer.
Kriminal-Roman von Gustav Lössel.
(Fortsetzung.)
Zuletzt raunte Dryden seinem Freunde zu: „Er ist fort. Er hat verstanden, was wir flüsterten, und es vorgezogen, uns hier dem Ende mit Schrecken zu überlassen, welches wir ihm bereiten wollten. Wir sind verloren."
„Nicht möglich, nein, nein, sag' Das nicht", überredete ihn Duprat. „Er macht sich sicher nur einen Scherz; er hat zu viel getrunken, und bei seiner rohen Natur findet er ein grausames Behagen daran, uns zu ängstigen."
„O, das ängstigt mich — nicht", sprach Dryden prahlerisch. Aber er verstummte, als plötzlich von allen Seiten zugleich ein erst leises und dann immer lauter werdendes Geräusch wie von laufenden Menschen um sich her ertönte.
Duprat packte krampfhaft zu, indem er angstvoll fragte: „Was ist Das?"
„Das ist Das", entgegnete Riston lachend aus nächster Nähe. Er enthüllte seine Laterne und ließ deren Schein auf die furchtgebleichten Gesichter seiner Begleiter fallen.
„Seht Ihr, so seid Ihr", sagte er dann emster, hinterlistig, tückisch und feige. Ich konnte vorhin nicht hören, was Ihr zusammen flüstertet, aber eine Ahnung sagte mir, daß es nichts gutes sei. Darum wandte ich diese Lift an. Ihr wollt mich aus irgend einem Grunde beseitigen. Nun, ich kann Euch nur sagen, es wird Euch nicht gelingen. Und der beste Beweis dafür ist der, daß ich Erich jetzt nicht Eurem Schicksal überließ. Ich lache jeder Drohung gegen mein Leben, die von Euch kommt; und Herrn Duprat brauchte ich nur ein Wort zu sagen, um ihn zu einer anderen Meinung zu zwingen. Aber ich hoffe. Euch noch mit Gründen der Vernunft zur Erkenntnis zu bringen, daß Euer Vorteil bei dem meinen liegt. Nun aber fort!"
Dryden und Duprat folgten kleinlaut und schweigend. Sie fühlten ihre civili- sierte Nichtigkeit gegen die erhabene Größe dieses Halbwilden. Sie sagten sich, daß sie im umgekehrten Falle entgegengesetzt gehandelt und Riston geopfert haben würden.
Dieser schlug indessen schon wieder seinen früheren heiteren Ton an.
„Hat Euch wohl sehr erschreckt, das Geräusch der laufenden Füße ", sagte er lachend. „Nun, es war auch nur das Echo meiner eigenen Bewegungen, das Euch äffte. Ich habe mich, seitdem ich die Laterne verhüllte, nicht von der Stelle gerührt."
Dryden und Duprat schauten einander verlegen an und schossen dann einen wüthenden Blick auf den voranschreitenden Riston. Sie fühlten, daß sie hier in seiner Gewalt waren und keinen Wiederspruch wagen durften.
Den Rest des Weges zu dieser seltsamen Geheimmünze legten sie schweigend zurück; erst mit dem Betreten der letzteren kam wieder etwas Leben in sie.
Es war das eine kleine Grabkammer, wie viele andere hier. Auffallend allein war das Zusammentürmen mehrerer Skelettteile zu kleinen Gebeinpyramiden. Der nichts ahnende Beschauer würde achtlos daran vorübergcgangen sein; aber die Begleiter Riston's ahnten schon, was unter diesen Knochen verborgen ruhte, der Münzfälschungsapparat oder vielmehr die dazu benötigten verschiedenen Apparate.
Riston legte diese jetzt bloß. Es waren mehrere Handdruckmaschinen, wie man sie zum Herstellen eines Buntdruckes benötigt.
„Das alles kennen wir," nahm jetzt Dryden wieder das Wort. „Aber die neu« Note —!"
„Geduld! sie befindet sich noch unter der Presse," sagte Riston mit verschmitztem Lächeln.
Mit großer Spannung der anderen nahm er mehrere Banknoten unter der Presse hervor, und jenen den Rücken wendend, fügte er hinzu : „ich lege zu diese,, eine echte Note und fordere Sie heraus, mir zu sagen, welches die falschen sind."
„Russische Hundertrubelnoten!" riefen Duprat und der Baron zugleich, der letztere mit einem leisen Klang von Enttäuschung. Sie mttersuchten lange und eingehend; keiner vermochte jedoch zu sagen, welches die echte Note sei.