sagte: „Seien Sie mir herzlich willkommen Henry Suffolk, am Hofe Heinrich VIII.," aber es klang eine gewisse vornehme Herablassung darin, die ihm die Herrin andeutete. Erst jetzt war ihm klar, daß er der Gattin des Königs von England nicht als Bruder und Jugendfreund gegenüberstehen durfte. Das war nicht mehr Katharina Parr, die Schwester, dennoch ging er ruhig und sorglos der Zukunft entgegen, dieser Frau gegenüber kam ihm ebenso wenig ein unlauterer Gedanke.
Sie war aber nicht so ruhig, wie sie es dem Hofe, wie sie es Heinrich VIII. zeigte. Sie wußte es sehr wohl, daß sie hart am Rande eines Abgrundes wandelte und sie vorsichtiger denn je handeln mußte, denn der König zeigte ihr nicht mehr die unwandelbare Huld und Liebe, wie in den ersten Monaten ihrer Ehe. Schon war er launisch und wetterwendisch auch ihr gegenüber, und wenn es ihr auch gelang, solche gereizte Stimmungen zu besiegen, so fragte sie sich doch bange, wie lange noch? da sie sich eben schon zeigten.
Da kam ihr ein Gedanke. In Harrowgate hatte noch eine Dritte neben ihr und Henry gestanden, Anna Dorset. Zwischen diesen Beiden konnte das alte Verhältnis wieder unverändert angeknüpft werden, vielleicht ward es ein so inniges, daß sie frei von Argwohn und Verleumdung dastand. Sie schickte nach Harrowgate, Anna Dorset an den Hof zu holen, die Eltern derselben willigten mit Freuden ein, glanbteu sie doch die Zukunft ihres Kindes gesichert, wenn die hohe Jugendfreundin sich ihrer erinnerte.
Anna Dorset, ein einfach schlichtes Mädchen, in einer kleinen Stadt ausgewachsen, kam an den Hof von England, zitternd und zagend, denn sie fürchtete sich vor Albions Tyrannen, in dessen Hand sogar das Leben der eigenen Gattin nicht sicher war, sie ahnte bereits, daß sie in Heinrich VIII. Gemahlin keine Jugengfreundin wiederfand, und sab sich in dieser Ahnung nicht getäuscht, als sie zum ersten Mal vor Mylady stand, die äußerlich und innerlich nicht mehr Katharina Parr war. Sic fühlte sich einsam am Hof und schmiegte sich desto inniger an den einzigen Freund und Vertrauten Henry Luffolk an, in dem sie bald den Jugendfreund wiederfand. Diese Seelenstimmung des unerfahrenen Kindes erkannte Lady Wriothesley mit richtigem weiblichen Scharfblick, und beschloß, sich Anna's als Werkzeug für die Pläne ihres Gatten, und dessen Freundes zu bedienen, in die sie eingeweiht war, da Beide geglaubt, ohne Hilfe von Frauenhand nicht zum Ziele gelangen zu können.
Mit scheinbar mütterlicher Liebe kam sie der Einsamen entgegen, die sich auch umgarnen ließ, und so wußte die Lady bald, daß alle, halbvergessene Jugendgefühle wieder erwacht waren, am Hofe von St. James, aber ni.,t in Katharinas Brust, wie der Kanzler es gewo'^ und berechnet, sondern in Suffolks und Anna Torsets Herzen, in denen sie seit den Togen der Kindheit geschlummert. So leicht wie der Kanzler gehofft, kam er demnach nicht zum Ziel, Katharina war zu Schuld und Fehl nicht zu trennen, -so mußten denn Jntriguen und Scheinbeweise helfen. Aber das Wriothesley'sche Ehepaar wußte recht wohl, daß keine noch so fein gesponnene Jntrigue etwas half, wenn es nicht gelang, Katharina von dem König zu trennen. Sie würde jedes, noch so verworrene Gewebe mit kühnem Griff zerreißen, so lange sie um den König war. Die
beiden Verschworenen rechneten wohl mit dem Faktor Frauentrcue, Frauenklugheit, sie kannten recht gut die zarte, kleine Gegnerin, die sie vernichten wollten. ahnten die Kraft, die in des Weibes Brust liegt, wenn es gilt , die höchsten Güter des Lebens zu verteidigen. Heinrich VIII. Eifersucht mußte geschürt , und in einem günstigen Augenblick benutzt werden, so daß er den Befehl gab, sie in den Tower zu führen, war sie erst dort, so war sie rettungslos verloren: das war die Aufgabe, die sie lösen mußten.
Noch aber wußten sie nicht, war Heinrich VIII. schon so weit, um zu glauben, wenn ihm Katharina verleumdet wurde, denn der Kanzler war in der Beziehung nicht des Königs Vertranter, und ehe sie hierüber nicht sicher waren, durfte auf's Ungewisse der Schlag nicht geführt werden, der, mißlingend, das ganze Unternehmen für immer zum Scheitern bringen mußte. Aber endlich wagte es Wriothesley doch, die Sonde anzulegen, als der Herbst in den Winter überging. Nachdem er eines Tages Amtsgeschäfte mit dem König erledigt, begann er also:
„Mäjestät, ich wollte mir noch die Frage erlauben, ob wir das etwas niedrige Gehalt des Ober- stallmeisters Mylady's nicht etwas erhöhen wollen, ein solches Journal der Reitkunst werden wir doch wohl mit klingenden Kelten hier fesseln müssen."
„Ist er wirklich ein so sicherer Reiter?" fragte der König, der ahnungslos auf das Gespräch entging.
„O gewiß, das hat er ja erst neulich auf der Jagd bewiesen."
„Wodurch denn, Wir wissen von nichts?"
„Ach, Vergebung, da habe ich mich, was man von dem schönen Geschlecht sagen würde, verplappert. Mylady verbot ja Majestät den Vorfall zu melden, um Majestät nicht unnütz zu erschrecken und zu ängstigen."
„Was ist, erzählen Sie."
„Majestät, ist das nicht Unrecht, dem direkten Verbot Mylady's entgegenzuhandeln?"
„Wir wollen es aber wissen, Herr Kanzler, rief der durch die Verzögerung gereizte König.
„Nun, der Unfall ist ja auch glücklich vorübergegangen, es kann ja auch durch meine Erzählung kein Schade mehr geschehen! Bei der letzten Jagd war Mylady's Pferd scheu geworden und ging durch, wir alle sahen in starrem Schrecken, dem enteilenden Renner nach, Mr. Suffolk war der Einzige, der die Geistesgegenwart hatte, sofort im Galopp nachzusetzen, so daß beide uns bald außer Sehweite kamen. Als wir sie endlich wieder einholtcn, ritten sie Seite an Seite nebeneinander, während Mr. Suffolk Mylady's Pferd am Zügel führte, der der schwachen Frauenhand bei dem wilden Ritt entglitten. Er hatte, ein sicherer Reiter, das Kunststück zu Wege gebracht, im rasenden Galopp dem durchgehenden Pferd in die Zügel zu fallen, und es zu bändigen, da es der schwachen Frauenhand nicht mehr gehorchte. Ist das nicht ein Reiterkunststück, das Belohnung verdient?"
„Unsere Gemahlin war mit Ihrem Obcrstall- meister allein, man fand beide im vertrauten Gespräch, und Katharina verbot uns die Sache mitzuteilen, was bedeutet das?"
„O Majestät werden doch einem harmlosen Vorfälle keine schlimme Deutung geben? Das sollte mir bitter leid thun, wenn ich das durch meine Erzählung veranlaßt hätte."
„Wurde das Pferd wirklich scheu und ging durch, oder wurde es zu solch tollen Jagen gespornt, um das Alleinsein herbeizuführen!"
„Majestät," rief der Kanzler in gut gespieltem Schrecken, Sie werden doch nicht an der fleckenlosen Tugend der schönsten Königin zweifeln!"
_ (Fortsetzung folgt). _
Stuttgart, 15. März. (Privat- Telegr. d. Gesellsch.) Sofia. Das türkischbulgarische Protokoll ist nicht unterzeichnet worden. Fürst Alexander erhob Einspruch gegen die Begrenzung des Generalgouverneurmandats auf nur 5 Jahre.
Illustrierte Geschichte von Württemberg. (40
Lieferungen ä 40 Pf.) In Emil Hänselmau ns Verlag in Slullgart ist soeben die erste Lieferung dieses hochpatriolischen Werkes erschienen, welches mit gediegener Darstellung doch zugleich einen volkstümlichen und für alle Stände passenden Charakter verbinden wird und ganz dazu angethan ist, unsere schwäbische Heimat in ihrer geschichtlichen Entwicklung bis ans die Gegenwart einem weiteren Leserkreise, insbesondere auch unfern Landsleuten senseits des Ozeans bekannt und lieb zu machen. Das Werk, welches in 40 Lieferungen L 40 Ps. (in Anbetracht der prachtvollen Ausstattung ein ungemein billiger Preis) erscheinen wird, ist von den ersten württembergiscben Geschichts- kcnnern geschrieben; es bedarf hier nur eines Hinweises auf die Namen der Mitarbeiter: Prvs. Dr. Dürr (Hellbronn) Bibliotheksckrctär Theodor Ebner (Stuttgart), Prof. Dr. Egel- Haas (Stuttgart), Universitätsbibliothekar Dr. Geiger (Tübingen), Diakonus A. Klemm (Geislingen), Diakonus Paul Lang (Lud- wigsburg), Diakonus A. Landenberger (Urach) , Diakonus Karl Weilbrecht (Schwaigern) und Pfarrer Dr. Wcitbrecht (Mähriugen). Die gediegene künstlerische Ausstattung steht unter der bewährten Leitung des Kunstmalers Max Bach und besteht größtenteils in der Reproduktion anerkannt gediegener authcnthischer Illustrationen. In gerechter Würdigung der weitgehenden Bedeutung dieser Schrift für ganz Schwaben hat S. Majestät der König die Widmung huldvollst entgegen- genommeu und dem Verleger mittels Kabinetschreibens seine alle, höchste Anerkennung aussprcchen lassen. Beginnend mit der Schilderung aus der Vorzeit, führt uns die „Jllustrie-tc Geschichte von Württemberg" die Glanzperiode der schwäviiTen Kaiser und die Zeit vor, in der sich unser Land durch Wirren u. Kümpfe hindurch unter mächtigen Grafen und Herzögcn seine Selbständigkeit gründete und sicherte, bis aus die jüngste Vergangenheit und Gegenwart. Das Werk soll allen etwas bieten und haben Herausgeber und Verleger weder Mühe noch Kosten gescheut, um dasselbe zu dem zu machen, was es werden möchte, zu einem Liebling bei Alt und Jung, Hoch und Nieder und wird die Illustrierte Geschichte von Württemberg überall, wo Schwaben wohnen, eine hochwillkommene Erscheinung sein.
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Verantwortlicher Redakteur Eteinwandel in Nagold. — Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung in Nagold.
Nag v l d. Wie in früheren Jahren schon, lassen wir aus dem nunmehr erschienenen amtlichen Berwaltungsbericht der Kgl. W^rttemb. Verkehrs-Anstalten einige Notizen über den Eisenbahn-Verkehr der hiesigen Station auch vom Rechnungs-Jahre 1884/85 folgen und fügen denjenigen der benachbarten Obcr- amtsstädte bei, ebenso den Gesamt-Post- und Telegraphen-Verkehr.
Gesamtzahl dec Eisenbahnstationen 302.
Stationen.
Stein-
Jn der Reihenfolge nach ihrer Bedeutung bei dem
kohlen-
Empfang.
Kilogramm.
Pcrsonen-Verkehr.
Nr.
Pcrsonen-
Verkehr.
Güter-Verkehr.
r Beförderte Kilogramm.
Gesamt-
Kassen-Verkchr.
Nr.
Mark.
Nach der Ordnungsziffcr sind in der Reihenfolge im Per- soncn-
Verkehr
Gkiter-
Gesamt-
Kassen-
Nr.
Nr.
Nr.
Die Postämter sind nach ihrer
Reihenfolge Einnahmen aus d.Brief- .. Paket- u.Te- Nr. legraphen- Dertehr.
Mark.
Post-Ein- und Auszahlungen. Mark.
In der Reihenfolge der Telcgrapheu- ämter sind
Nr Zahl der Telegramme.
Nagold
Calw
Neuenbürg
Freudenstadt
Horb
Herrenberg
1800000
56
77455
2420000
24
155 074
1830400
53
79 424
3 953 700
58
71874
560000
18
175 828
370000
70
64512
51
62
78
20
99
119
16244000 14 000000 11277 000 3 520000 8100000 6 510000
46
36
59
25
44
101
140300 172300 102900 207 700 143 500 ! 48 700
56
24
53
58
18
70
51
62
78
20
99
119
46
36
59
25
44
101
54
21789
1133000
23
44 571
1933 800
65
19 631 I
930 600
34
30 430 !
1486 000
51
23 744
130 700
76
14 500 !
749 300
46
24
75
49
36
66
2760
4514
1655
2670
3192
1920
In Folge der Neuerung, daß nunmehr nach allen inländischen Stationen Billete ausgegeben werden können, wird künftig der Personen Verkehr hiesi ger Station ein weit größerer sein.