Der Gesellschafter.

Amts- Mtd Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Dienstag den 16. Mar).

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1886 .

Amtliches.

Nagold.

Auf den von der Festgesellschaft aus Veranlassung des Allerhöchsten Gcburtsfestes Seiner Majestät des Königs telegraphisch dargebrachten Glückwunsch haben Hvchstderselbe gnädigsten Dank aussprechen lassen, welchen zur Kenntnis der Betheiligten zu bringen die Ehre hat

Oberamtmann Güntner.

Euer Wohlgeboren beehre ich mich höchstem Befehle gemäs ergebenst mitzuteilen, daß Seine Königliche Majestät die von der Festgescllschaft in Nagold zum Aller­höchsten Geburtsfest telegraphisch dargebrachten Glückwünsche wohlgefällig ausgenommen haben und für diesen Beweis von Anhänglichkeit und treuer Ergebenheit gnädigst danken lassen.

Indem ich Euer Wohlgeboren ersuchen darf, hievon auch den übrigen Beteiligten Mitteilung machen zu wollen, beharre ich mit hochachtungs- V ollen Gesinnungen.

Stuttgart, 12. März 1886.

Für den Cabinetschcf:

Legationsrat Hermann.

Dem Fvrsiiväcvur Sn 1 1c in Bös ingen, Forsts Alten-

stcici. wurde oic silb erne Civilverdicnstmedaille verlieben.

Tages Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

Stuttgart, 12. Mürz. Die Thronrede, mit welcher Prinz Wilhelm heute den Landtag er- öffnete, bezeichnet die Ergebnisse des jüngst geschlos­senen Landtags als befriedigend. Das Gleichgewicht des Etats sei hergestellt, eine Reihe nutzbringender Gesetze geschaffen. Der Ertrag einer gesegneten Ernte sei durch das Sinken der Preise zwar empfindlich ge­schmälert; die Lage von Handel und Gewerbe, ob­schon sich Wünsche nach einem besseren Geschäftsgang geltend machten, jedoch nicht unbefriedigend. Die Thronrede kündigt an: eine Vorlage des Hauptfinanz­etats , ein Gemeindesteuer-Gesetz, die Regelung der Verhältnisse der evangelischen und katholischen Kir­chengemeinden, sowie Entwürfe, betreffend die Zwangs- cnteignung und das Wasserrecht. Als besonders wichtigen Beratungsgegenstand hebt die Thronrede hervor: die Vorlage eines erneuten Versuches, zu einer Verständigung über die veränderte Zusammen­setzung beider Kammern zu gelangen. Am Schluß dankt die Thronrede wärmstens für die Beweise treuer Anhänglichkeit, welche dem König und dem Prinzen Wilhelm anläßlich der Verlobung des letzteren aus allen Landesteilen zugegangen sind.

Stuttgart, 12. März. Auf der Tagesord­nung einer heute abend hier abgehaltenen Versamm­lung der deutschen Partei stand die Frage des Brannt­weinmonopols. Die Erörterungen, denen eine Reihe von Landtags und Reichstagsabgeordneten anwohnte, cröffnete Dr. Götz mit einer Schutzrede für das Monopol, dabei besonders hervorhebend, daß Süd- Leutschland bei demselben finanziell jedenfalls sich günstig stellen werde. Weiter sprach der Reichstags­abgeordnete Frhr. v. Wöllwarth zu Gunsten des Monopols, für welches außerdem noch weitere Redner auftraten. Daß es übrigens auch im Schoße unserer deutschen Partei Monopolgegner gibt, bewies das Auftreten des Landtagsabgeordneten Weiß haar, welcher vom Standpunkt der Kleinbrenner das Mo­nopol bekämpfte. Man schloß mit Annahme einer Resolution, in welcher man die Geneigtheit aus­

sprach, dem Reiche die erforderlichen Mittel, sei es durch das Branntweinmonopol oder durch eine höhere Besteuerung des Branntweins zu gewähren, und in welcher man außerdem die Vortheile des Monopols vom sanitären Standpunkt aus hervorhob. ..

Stuttgart, 13. März. In der heutigen Sitzung der Kammer der Abgeordneten wurde v. Hohl mit 79 (von 80 abgegebenen) Stimmen zum Präsidenten wiedergewählt. Derselbe nimmt die auf ihn gefallene Wahl dankend an.

Oehringen, 10. März. Gestern abend starb auf dem Maskenball der Bürgergesellschaft der Vor­stand, Kaufm. Fr. Maier. Während er sich in sei­ner Maske bewegte, fühlte er sich aus einmal heftig beklommen. In einem Nebengemach sank der Kranke im Arm seiner Tochter tot zusammen. Man kann sich den fürchterlichen Schrecken denken, den diese ungeahnte Erscheinung des Todes unter einer zu frohem Treiben versammelten Menge hervorrief.

In Metzingen sollen in letzter Zeit Hopfen zu 6 per Ztr. verkauft worden sein, ein Preis, der nicht einmal die Erntekosten deckt.

Die große Kälte fängt an, die Schifffahrt auf dem Bodensee zu beeinträchtigen.

Brandfälle: In Thalheim im Lauterthal am 7./8. d. M. das Anwesen des dort. Löwenwirts; in Gomaringen am 9. ds. das Wohnhaus und Scheuer des Schuhmachers Johs. Astfalk.

Elberfeld, 12. März. DerElbers. Ztg." zufolge ist heute nacht das Waiscnknabenhaus Börde, Kreis Hagen, abgebrannt. Fünf Zöglinge sind ver­brannt, dreißig gerettet.

Bon einer Masscn-Auspfändung wird aus dem Maingrunde berichtet. In einem Dorfe des schönen und fruchtbaren Mainthales, dessen Bewoh­ner hanptsächlicb dem Hopfenbau obliegen, wurden jüngst 100 Personen wegen rückständiger Gcmeinde- abgaben ausgepfändet. Es ist dies eine Folge der gedrückten Hopfenpreise.

Leipzig, 6. März. Am 20. Oktober v. Js. kamen zwei vielfach bestrafte Subjekte, die Hand­arbeiter Knochenhauer und Pusselt, zu dem Trödler Jeremias in Magdeburg und verlangten alte Stiefel zu sehen. Als Jeremias eben im Begriff war, ein zweites Paar aus einem Fache zu nehmen. packte ihn Knochenhauer um den Hals. drückte ihm die Kehle zu und warf ihn auf den Fußboden. So hielt er ihn eine Weile fest. während Pusselt die Beine hielt. Letzterer sagte, Knochenhauer solle den Hals noch nicht freilassen, derselbe that es aber doch und nun rief Jeremias noch leise um Hilfe. Pusselt sagte darauf:der hat noch nicht genug, dem werde ich das nötige besorgen. Dann packte er den Jere­mias an der Kehle, setzte ihm die Kniee auf die Brust und dämpfte ihn so lange, bis er tot war. Jetzt fingen die Mörder zu rauben an; sie nahmen 40 die Uhr des Ermordeten und verschiedene Kleidungsstücke mit. Zwei Tage darauf machte Kno­chenhauer in einer Destillation in trunkenem Zustande Mitteilungen über das Verbrechen und infolge dessen wurden die beiden Thäter verhaftet. Am 21. Jan. wurden beide vom Schwurgerichte in Magdeburg zum Tode verurteilt. Knochenhauer war durchaus geständig und gab ausführlich an, daß er mit Pus­selt die That geplant und ausgeführt habe. Letz­terer dagegen leugnete und suchte einen Alibi-Beweis anzntreten, der ihm jedoch nicht gelang. Als das Urteil gefällt war, sagte Pusselt:Ich verlange Re­vision , ich bin unschuldig. Das Reichsgericht hat aber die Revision verworfen und so wird denn an

den beiden Angeklagten demnächst die Todesstrafe vollstreckt werden müssen, wenn nicht der Kaiser von seinem Begnadigungsrecht Gebrauch macht.

Berlin, 11. März. DieNordd. Mg. Ztg." veröffentlicht den Inhalt eines Artikels derKöln. Ztg." über das Wachsen des Deutschenhasses in Frankreich und erklärt es am Schluffe für berechtigt, daß auf diese Zustände, im Interesse der Sicherheit Deutschlands, nicht oft genug aufmerksam gemacht werden könne.

Berlin, 12. Mürz. Die Arbeiterschutz-Kom­mission hat alle weitergehenden Anträge in Bezug auf die Beschäftigung von Wöchnerinnen in Fabriken abgelehnt. Somit bleibt es bei der Bestimmung der Gewerbeordnung, wonach dieselben nicht eher als 3 Wochen nach der Entbindung beschäftigt werden dürfen.

Berlin, 12. März. Der Verlaus der heuti­gen Verhandlung der Branntwein-Monopol-Kommis- sion hat gezeigt, daß die gegenwärtige Majorität des Reichstags, bestehend aus Zentrum, Deutsch-Freisin­nigen und Sozialdemokraten, die Erreichung jedes positiven Resultats verhindert und auch auf die von nationalliberaler Seite befürwortete nähere Prüfung der Ertragsberechnung nicht eingehen will. Am Dienstag tritt die Kommission wieder zusammen und wird ohne Zweifel in rascher Folge sämtliche Para­graphen der Vorlage ablehnen, wie dies mit den beiden ersten geschehen ist.

Berlin, 12. März. Heute vormittag fand die erste Sitzung der Monopolkommission statt. Es wurde der Vormittag gewählt, um dem Reichskanzler das Erscheinen zu erleichtern.

Von offizieller Seite wird das Folgende bekannt gemacht: Die deutschen Behörden und nament­lich das Auswärtige Amt erhalten aus den verschie­densten Teilen des Reichs und auch aus dem Aus­lande fortgesetzt zahlreiche Gesuche um Anstellung, Verwendung und Ansiedelung in den unter deutschem Schutze stehenden überseeischen Gebieten, um kosten­freie Beförderung nach denselben, um Zulassung zum Militärdienst daselbst, sowie um Belehrung und Aus­kunftserteilung über die dortigen Verhältnisse. Es ist daher wiederholt darauf aufmerksam zu machen, daß das Reich Stellen in den Schutzgebieten nicht mehr zu vergeben hat und daß Unterstützungen an Auswanderer um so weniger gewährt werden können, als überhaupt nicht die Absicht besteht, eine Auswan­derung nach jenen Gebieten zu lenken. Auch steht in den Kolonien kein Militär und bietet sich daher auch keine Gelegenheit, daselbst der Militärpflicht zu genügen. Die Behörden befinden sich somit nicht in der Lage, den Gesuchen der erwähnten Art irgend­welche Folge zu geben, und können sich auch nicht auf eine Korrespondenz mit den zahlreichen Gesuch­stellern einlassen.

Der Reichstag war in voriger Woche wieder­um außerordentlich schwach besucht, doch erledigte er dessenungeachtet eine ganze Reihe von Beratungsge­genständen. Am Donnerstag nahm er den Reichen- sperger'schen Gesetzentwurf über die Wiedereinführung der Berufung in Strafsachen definitiv an; am Frei­tag wurde der Gesetzentwurf über die Heranziehung von Militärpersonen zu den Gemcindeabgaben nach kurzer Debatte an dieselbe Kommission verwiesen, wel­cher schon der Moltke'sche Antrag auf Abänderung des Militärpensionsgesetzes zugegangen ist. Geneh­migt wurde alsdann in zweiter Beratung der Nach­tragsetat zum Reichshaushaltsetat pro 1886/87 (58 000 Mark zur Bildung eines neuen Civilsenats beim Reichsgericht, 640 000 für Erwerbung eines Grund-