Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

M 29.

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1886 .

Tages-Neuigkeiterr.

Deutsches Reich.

> * Nagold, 9. März. Nicht sehr ermutigend

für die Thätigkeit des Vorstandes und Ausschusses des Nerschöneruugsvereins ist das Nichtzustandekom- men einer Plenarversammlung, wie dies am 11. Febr. der Fall war; kein Wunder daher, wenn der Ausschuß in einer zweiten Einladung zu einer sol­chen ant letzten Sonntag in der Post an den ge­meinnützigen Sinn der Mitglieder appellieren mußte. Diese energische Einladung hatte aber den gewünschten Erfolg, indem ungefähr ein Drittel der Mitglieder­zahl sich cinsand. Der Vorstand, Hr. Seminarobcr- lehrer Schwarzmayer, erstattete hiebei den Bericht über die Thätigkeit des Vereins im vorigen Jahr, die trotz der bescheidenen Mittel des Vereins doch sehr erfreuliche Resultate feststellte; besonders um die Bismarcklinde zum gedeihlichen Wachstum zu bringen, mußte für Beschaffung von Humus gesorgt werden, die viel, leider vergebliche Schreibereien mit der Eisenbahnverwaltnng in Calw notig machte. Der Gemcinsinn von Privaten trat bei diesen Bemühun­gen nicht sehr zu Tage, doch kann durch das Da­zwischentreten des Hrn. Fabrikanten Sannwald der Plan nunmehr realisiert werden. Der Kassenbestand mußte durch die verschiedenen Arbeiten vollständig aufgebracht werden, was die Mitglieder veranlassen wird, um die weitere Thätigkeit des Ausschusses nicht zu hemmen, ihre Opferwilligkeit hell glänzen zu las­sen. Bei Feststellung des Programms für das laufende Jahr machten sich verschiedene Wünsche geltend: So die Erwerbung des Bismarckplatzes an der Oberjcttinger Steige als Eigentum, da solcher der Eisenbahn-Verwaltung gehörig; die bessere Gang- barmachnng des Weges durch die Klebwiesen, eine bessere Herstellung des Männerbadplatzcs, welcher im jetzigen Zustande den fremden Kurgästen nicht ent­sprechen kann. Bei mehreren dieser Wünsche müßte eben der Gemcinderat unterstützend die Hand bieten. Die Wahl des Vorstandes und Ausschusses war ein Vertrauensvotum, indem durch Akklamation beide zur weiteren Fortführung ihrer Funktionen ersucht wur­den. Obgleich Hr. Oberlehrer Schwarzmayer die Zwecke des Vereins besser durch einen Nagolder als Vorstand gefördert erblickte, und daher von seiner Person abzustehen bat, so war die Versammlung doch anderer Meinung und gab ihm wiederholte Beweise ihres Vertrauens, wodurch er nicht umhin konnte, seine nicht sehr beneidenswerte Stelle auch fernerhin fortzubegleiten. Es kann natürlich nur im Interesse der Stadt selbst liegen, wenn recht viele Bürger zum Blühen und Gedeihen des Vereins beitragen.

EbHausen, 9. März. Das Geburlsfest Sr. Majestät des Königs ist auch hier in einfacher, jedoch würdiger Weise gefeiert worden. Nachmittags vereinigten sich die beiden hier bestehenden Vereine, Liederkranz und Kriegerverein, zu einer geselligen Unterhaltung im Bereinslokal im Gasthaus zum Waldhorn, woselbst bald die ungezwungenste Stim­mung Platz griff. Der Liedcrkranz brachte mehrere passende Lieder zum Vortrag, welche mit Beifall ausgenommen wurden. Im Auftrag des Vorstandes hielt der Gesängsdirektor, Hr. Schullehrer Beutel, eine zündende, von echtem Patriotismus durchwehte Ansprache mit einem Hoch auf den König, das begeister­ten Widerhall fand. Allzuschnell flössen die Stunden gemütlichen Zusammenseins dahin und in gehobener Stimmung trennte man sich.

G Alten steig, 9. März. Auf die seit Jah­

ren herkömmliche Weise wurde auch Heuer wieder das Geburtsfest Sr. Majestät des Königs gefeiert. In j aller Frühe verkündeten gewaltige Böllersalven den! festlichen Tag. Um 11 Uhr war feierlicher Festzug s in die Kirche, an welchem sich der Kriegerverein, die Schuljugend, sowie die königl. nnd städtischen Beam- ^ ten beteiligten. Festessen waren in derTraube" und imBaum", bei welcher Gelegenheit die übli­chen Toaste mit großer Begeisterung ausgenommen wurden. Abends hatte der Kriegerverein noch eine musikalische Unterhaltung im Baum, welche zahlreich besucht war. Seit mehreren Tagen sind wir wie­der mitten in den Winter versetzt. Auf demWalde" liegt der Schnee fast meterhoch, dabei herrscht eine empfindliche Kälte; heute früh zeigte das Thermo­meter 13° unter Null.

Herrenberg, 7. März. Heute mittag 11 Uhr wollte der 16jährige Metzgerlehrling Binder von Kuppingen, der bei einem hiesigen Metzger im Dienste ist, zur Feier der Kindestanfe seines Herrn schießen. Er manipulierte aber mit seiner Schußwaffe so un­glücklich, daß ihm der Schuß mit dem Ladstock in den Unterleib ging, infolgedessen er nach Verfluß einer halben Stunde starb.

Neuenbürg, 4. März. Zum Brandfall in Calmbach teilt der Enzthäler mit, daß die Ehefrau des Hausbesitzers der Haft entlassen, dagegen der Sägerlchrling gefänglich eingezogen worden ist.

Stillt pari, !>. März. In der heutigen Sitzung der Kammer der Standesherren nahm die Beratung des Gesetz­entwurfs betr. die Abänderung des H 132 der Berfassuugsur- kundc (Vermchrnng der vom Könige erblich und auf lebens­lang ernannten Mitglieder der ersten Kammer) längere Zeit iu Anspruch. Hervorgeruien ward die animierte Debatte von dem Berichterstatter Hvhenlohe-Langcnburg, welcher die Gelegenheit wahrnahm, dein Minister von Höldcr die Schuld an dem Schicksal des Entwurfs im anderen Hause beizumessen und zwar deshalb, weil der Minister in seiner ersten Rede gewisser­maßen schon das Gesetz für verloren gegeben hätte. Minister von Hölder blieb die Antwort hierauf nicht schuldig. Er sprach der Kritik des Fürsten Hohenlohe jede Berechtigung ab, ihn daran erinnernd, daß nach der parlamentarischen Erfahrung cs eben Vorlagen gebe, über deren Schicksal man sich vorn­herein klar sei und woran die Debatte gar nichts zu ändern vermöge. Als Fürst Hohenlohe darauf erwiderte, daß in die­sem Falle die Regierung unthunlich erschienen, eine Vorlage, die monatelang discuticrt war, einfach aufzugebcn, ergriff auch Ministerpräsident v. Mittnacht das Wort, um ganz energisch den Standpunkt der Regierung in der vorliegenden Frage und, als Fürst Hohenlohe, sekundiert von dem Staatsminister a. D. v. Linden, die staatsrechtliche Stellung des Adels im Allge­meinen iu seine Betrachtungen bincinzog, seine Meinung dahin auszusprcchen, daß in der Sache ihm jetzt Alles gesagt zu sein scheine, was überhaupt gesagt werden konnte. Das Haus an­erkannte die Richtigkeit der ministeriellen Aeußerung dadurch, daß man beschloß, der von der Kammer der Abgeordneten vorgcschlagcncit Adresse an den König beizutreten. -- Wie Mi- -msterpräsident v. Mittnacht mittcilte, soll der neue Berfassungs- Revisions-Entwurf dem Landtag in der Wintersession 1887/88 zugchen.

Stuttgart, 8. März. (Zweite Kammer.) Auf die Anfrage Leibbrands, ob die Regierung be­absichtige, dem Landtag eine Vorlage, betreffend eine Zweigbahn SchiltachSchramberg, zu machen, gibt Ministerpräsident Mittnacht eine Rentabilitäts-Be­rechnung der Bahn, die bei einem Minimalradius von 100 Meter nur 2,66°/o tragen werde. Eine Entschließung der Regierung, eine Vorlage wegen der Bahn einzubringen, werde davon abhängen, wie groß die disponibeln Restmittel sind, davon, wie sich die Interessenten zu der Frage stellen. ob mit einem Minimalradius von 100 oder 120 Meter gebaut wer­den solle, ferner um die formelle Regelung der Ga­rantieurkunde, um eine eventuelle Erhöhung des ein­maligen Baubetrags und um den mäßigenden Ein­fluß der Gemeinde Schramberg auf die Forderungen

der badischen Gemeinden, über deren Areal die Bahn führe. Wenn die Regierung sich entschließen könnte, die Vorlage einzubringen, werde sie dies beim näch­sten Etat thun. Leibbrand stellt das größte Entge­genkommen Schrambergs bezüglich des Baubeitrags in Aussicht, hält aber chie vom Minister gemachte Rentabilitäts-Berechnung für unrichtig. Nachdem Mohl noch zu Gunsten der Bahn gesprochen, wird der Gegenstand verlassen.

Stuttgart, 9. März. Heute wird der Land­tag geschlossen. Der zweite Landtag der laufenden Wahlperiode wird am Freitag mit einer Thronrede Sr. K. H. des Prinzen Wilhelm eröffnet.

Tübingen, 9. März. (Auszug aus der Geschworencn- liste des ersten Quartals 1886): Ehr. Adrion, jun., Müller in Hirsau; I. Braun, Stistungspfl. in Ebershardt; Fr. Buob, Gerber in Nagold; K. Flaxland, Kfm. in Neuenbürg; I. G. Gommel, Stistungspfl. in Stamm- Heim; Z. Häußler, Metzger in Nagold; I. G. Kempf, Bauer und Gemeinderat in Nothfelden; L. Lutz, Rot- gcrbcr in Altcnsteig-Stadt; I. Müller, Landwirt und Gemcinderat in Bondorf.

Ell Wangen, 9. März. Der seit längerer Zeit vermißte Landgerichtsrat Müller ist in der Nähe von Abtsgmünd mit Stichen in der Brust erhängt aufgefunden worden.

Erzwungene Heirat. Ein junger Mann in Frankfurt war bei Meldung einer Zahlung von 60000 verurteilt worden, einem hübschen Mäd­chen das gegebene Heiratsversprecheu einzulösen. Da ihm die Zahlung der hohen Summe unangenehmer schien, als die Erfüllung seines Versprechens, so wird er mit der Geliebten in einigen Tagen vor den Altar treten.

Kiel, 5. März. In Folge einer Depesche des Reichsanwalts zu Leipzig ist die in der Sache Sarauw-Prohl inhaftierte Ehefrau Böckel aus der Haft entlassen worden.

Seltsamer Wunsch einer Sterbenden. Der nachstehende Fall, der sich buchstäblich so zuge­tragen hat, wie wir ihn mitteilen, dürfte wohl einzig in seiner Art sein.Schorers Familienblatt" erhielt, wie mitgeteilt wird, dieser Tage von einer Dame einen Brief, der wie folgt lautet:Ich bin schwer krank und weiß, daß ich nicht mehr gesund werden kann. Nun möchte ich gar so gern noch den Su- dermann'scheu RomanDer Günstling der Präsiden­tin" bis zu Ende lesen, fürchte aber, daß ich den Schluß nicht mehr erleben werde und bitte Sie des­halb, als Ihre bisherige treue Abonnenkin, mir die Korrekturbogen des Romans zu schicken. Sie wür­den mir dadurch eine große Freude bereiten." Der Wunsch der Abonnentin ist erfüllt worden.

Berlin, 6. März. DieNordd.-Allg. Ztg." kehrt heute den Spieß gegen Richter um, indem sie seinen Ansspruch, lange könne und dürfe so nicht mehr in Deutschland regiert werden, paraphrasiert, von einer, die großen Ziele der Neichspolitik ver­eitelnden Obstruktion spricht und sagt, lange dürfe die heutige oder eine ähnliche Parlamentsmehrheit nicht mehr eine Macht ausüben, wenn nicht die ge­samten Verhältnisse geschädigt werden sollen, wie Richter treffend bemerkt habe. Es müßten Wege ge­sucht werden, um die steigenden Bedürfnisse des Rei­ches , der Einzelstaaten und der Gemeinden ohne den Reichstag zu befriedigen. Richters Sieg würde eine Niederlage des Reiches sein.

Berlin, 7. März. Der Berliner Hof ist durch die Nachrichten über die Verschlimmerung in dem Befinden des Erbgroßherzogs von Baden in die tiefste Betrübnis versetzt. Der Erbprinz von Baden