Der Gesellschafter

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Erscheint wöchentlich 3 mal: Dienstag, Donnerstag nnd Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägcrlvhn) KO 4, in dem Bezirk 1 4,

außerhalb des Bezirks l 20 Monats­abonnement nach Verhältnis.

Dienstag den 9. Mir).

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1886 .

Amtliches.

Nagold.

An die Schulthechenämtcr.

Dieselben werden darauf aufmerksam gemacht, daß nach 8- 9 Abs. 2 der Vollzugs-Verfügung zu der Landesfeuerlösch-Ordnung vom 24. November 1885 in allen Gemeinden, welche keine als dem Be­dürfnis genügend von der Aufsichtsbehörde anerkannte freiwillige Feuerwehr besitzen, der Ortsvorstcher im Februar jeden Jahres ein Verzeichnis der für das nächstfolgende vom 1. April bis 31. März laufende Jahr als feuerwehrpflichtig in Anspruch genommenen Personen 3 Wochen lang zur allgemei­nen Einsicht anfzulegen und diese Auflegung öffentlich bekannt zu machen hat.

Wo dies für Heuer noch nicht geschehen sein sollte, ist das Erforderliche sofort einzuleiten.

Den 5. März 1886.

K. Oberamt. Güntuer.

Nagold.

An die DrLsvorfteher und Steuer-

Einbringer,

Steuer-Abrechnung betreffend.

Da mit dem 81. Mürz ds. Js. das Etats- nnd Rechnungsjahr 1885186 zu Ende geht, und ein Steuer-Rückstand gegenüber der Amtspflege, wenn solche ihren Verbindlichkeiten rechtzeitig Nachkommen soll, unter keinen Umsländen geduldet werden kann, so haben die Ortsvorsteher und Steuer-Einbringer dafür zu sorgen, daß längstens bis 20. März d. Js.

mit der Oberamtspflege Steuer-Abrechnung vorge­nommen wird.

Den 2. März 1886.

_ K. Oberamt. Gün t u e r.

^ Das Ritterkreuz I. Klasse des Friedrichsordens wurde

dem Oberanttinauu Bames iu Freudenstadt, und das Ritter­kreuz 2. Kl. dieses Ordens dem Gerichtsnolar Schmidt da­selbst verliehe».

Der zwang. Schullehrer Morlok in Cannstatt (früher in Einmingen und Rohrdors) ist in den Ruh e stand verseht worden.

Die Generaldiskussion über die Brannt­weinmonopol-Vorlage.

Die dreitägige Generaldiskussion des Reichs­tages über den Branntweinmonopolentwurf hat am Sonnabend mit der Ueberweisung desselben an eine Kommission geendet, welches vorläufige Resultat nur der hierüber allgemein gehegten Erwartung entspricht. Weniger sind indessen die Erwartungen auf hitzige und leidenschaftliche Debatten in Erfüllung gegangen, zu denen man in gewissem Grade wegen des vor­liegenden so überaus wichtigen Materials wohl be­rechtigt war, im Gegenteile, die Verhandlungen flös­sen im Allgemeinen in einem sehr ruhigen Tempo dahin und nur die überfüllten Tribünen und das stark besetzte Haus selbst deuteten darauf hin, daß sich eine nicht gewöhnliche parlamentarische Aktion vollzog. Der Hauptgrund, daß sich die erste Lesung der Branntweinmonopolvorlage in so verhältnismäßig glatten Bahnen bewegte, muß jedenfalls darin ge­sucht werden, daß Fürst Bismarck wegen Erkrankung leider verhindert war, gerade diesen seit Jahren wichtigsten Verhandlungen des Reichstages beizuwoh- uen. Er hatte allerdings den dringenden Wunsch zu erkennen gegeben, sich wenigstens an dem einen oder anderen Tage an der Diskussion zu beteiligen, aber ein heftiger Muskelrheumatismus, welcher den Kanz­ler in voriger Woche heimsuchte und noch anhält, machte es ihm unmöglich, seinen Vorsatz auszuführen, namentlich da sich auch die Aerzte entschieden dage­

gen erklärten und darf man überhaupt wohl jedes parlamentarische Auftreten des Reichskanzlers für die nächste Zeit als ausgeschlosieu betrachten.

Uebrigens hätte selbst auch Fürst Bismarck schwerlich durch sein Eingreifen in die Verhandlungen das Schicksal der Branntweinmonopolvorlage retten können. Nachdem bereits am Donnerstag, also gleich am Beginn der Generaldebatte, vom Zentrumsabge­ordneten Frhrn. v. Huene die Erklärung Namens seiner Partei abgegeben worden war, dieselbe sei ent» schieden gegen das Monopol und stimme nur aus formellen Gründen einer vorherigen kommissarischen Beratung zu, ist bei der ausschlaggebenden Stel­lung der Centrumspartei an eine Annahme der Monopolvorlage nicht mehr zu denken. Dieser Eindruck, den schon der erste Verhandlungstag machte, ist durch den weiteren Verlauf der De­batten über die Monopolvorlage nur bestätigt worden, namentlich erklärten hierbei auch die Natio­nalliberalen durch den Abgeordneten Dr. Buhl, daß sie dem Branntweinmonopol aus vorwiegend wirt­schaftlichen Gründen nicht zustimmen könnten, doch betonten sie ihre Bereitwilligkeit, eine anderweitige höhere Besteuerung des Branntweins im Interesse des Volkswohlstandes zu unterstützen und empfahlen durch Dr. Buhl die Einführung einer Consumsteuer. Selbstverständlich sprachen sich die Redner der frei­sinnigen Partei', in erster Reihe die Herren Richter tmd Rickcrt, in schärfster Weise gegen die Monopol­vorlage aus, ebenso die Redner der Socialdemokra­ten, Elsäßer und der Bolkspartei, selbst die Conscr- vativen hatten verschiedene Bedenken vorzubringen und überhaupt äußerten sich merkwürdigerweise nur die Polen durch den Abgeordneten v. Szaniecki ziemlich wohlwollend zum Monopolentwurf, doch empfahl auch Herr v. Szaniecki eine gründliche commissarische Vorbe­ratung desselben. Die Last der Vertheidigung der Vorlage lag seitens der Regierung ganz allein auf Hrn. v. Scholz, dem preußischen Finanzminister, und ließ derselbe allerdings nichts unversucht, um die Vorlage von ihren günstigsten Seiten zu präsentieren. Aber so oft und eindringlich Herr v. Scholz auch sprach, mit so viel Wärme und Ueberzeugungstreue er auch die Vorteile des Branntweinmonopols vom politischen, finanziellen und volkswirtschaftlichen Standpunkte aus beleuchtete und so unermüdlich er auch all' deu bekannten Ein­wänden gegen das Projekt entgegentrat er ver­mochte in der Stimmung des Hauses keinen Um­schwung zu erzielen und zuletzt klang aus den Aeuße- rungen des Ministers selbst die resignierte Ueberzeu- gung heraus, daß trotz all' seiner Bemühungen das Schicksal der Vorlage als besiegelt betrachtet werden müsse.

Daß an letzterem die Kommissionsberatungen noch etwas ändern werden, ist nach dem Gang, den die erste Lesung genommen, kaum mehr anzunehmen. Vielleicht wird man sich hie und da über einzelne Punkte verständigen, aber daß die Vorlage im Gan­zen für unannehmbar befunden worden ist, daran werden auch schließlich die eingehendsten Verhand­lungen der Kommission nichts ändern, nachdem das Plenum in so unzweifelhafter Weise seine ablehnende Stellung kundgegcbcn hat. Was nun aber den Für­sten Bismarck anbelangt, so wird ihm die voraussicht­liche Ablehnung seines neuesten großen fiuanz- und wirtschaftspolitischen Projektes, eben des Branntwein­monopols, seitens des Reichstages, schwerlich von abermaligen Versuchen, dem Reiche durch eine er­höhte Besteuerung des Branntweins neue große Ein­nahmequellen zu verfassen, abhalten. Fürst Bismarck

soll sich ja bezüglich einer anderweitigen Besteuerung des Branntweinverkaufes in Form einer Licenzsteuer schon geäußert haben, so daß er das vermutliche Mißgeschick des Monopolentwurfs wohl nicht allzu­tragisch nehmen dürfte.

Tages-Nenigkeiterr.

Nagold. Die Feier des Königlichen Gc- bnrtsfestes verlief hier in hergebrachter Weise: ge­meinschaftlichem Kirchgang von Beamten, Gemeindc- kollegien, Militär-Verein mit Fahne, Schuljugend mit ihren Lehrern. Böllerschüsse fielen diesmal aus, da­gegen wurde die Königshymne vom Thurme gebla­sen. Der Festgottesdienst wurde durch ein prächtig gesungenes Quartett (von 4 Seminarlehrern) ver­schönt. Die Festtafel auf der Post vereinigte nahe­zu 60 Teilnehmer aus allen Ständen und herrschte hiebei eine gehobene Stimmung, die bei dem vom Bezirksoberbeamten ausgebrachten Toast in einem brausenden Hoch auf Seine Majestät lauten Aus­druck fand. Ein Telegramm an den in Niza wei­lenden König, die besten Glücks- und Genesungs­wünsche enthaltend, ist allseitig zustimmend angenom­men und auch sogleich abgesandt worden. Große Begeisterung fand auch ein Toast in sinniger und launiger Weise ausgebracht auf unfern Thronfolger den Prinzen Wilhelm im Hinblick aus seine bevor­stehende Wiedervermählung, der mit einem vivat, 6o- roat ci-6866ut ein donnerndes Hoch hervorrief.

* Nagold, 8. März. Wenn die Abend-Unter­haltung des Militär- und Veteranen - Vereins im Gasthaus zum Ochsen zu Ehren des Geburtsfestes Sr. Mas. unseres Königs Karl auch weniger zahl­reich besucht war, so zeigte sich dieselbe doch sehr animiert; die Toaste auf Ihre Majestäten den König und die Königin, sowie auf Se. kgl. Hoheit den Prinzen Wilhelm fanden begeisterten Widerhall und wenngleich der Gesangverein des Vereins auffallender­weise durch seine Abwesenheit glänzte, so wurde dem Gesang doch in ernster und heiterer Weise volle Rechnung getragen, denn alle Anwesenden setzten ihre volle Kraft ein. um diesem obligaten Elemente der Unterhaltung sein Recht zu wahren. Die patriotische Stimmung war eine allgemeine und man trennte sich mit dem Gefühle einiger heiterer, froh verlebter Stunden.

* Nagold. Wir machen die Handwerks­meister unseres Bezirks an dieser Stelle darauf auf­merksam, daß im Mai wieder eine Lehrlingsprüfung hier stattfindet, an welcher uni so mehr eine zahl-

i reiche Beteiligung gewünscht wird, als dadurch der vielfachen Klage über unbefähigte Lehrlinge, Gesellen und Meister einige Abhilfe geschaffen würde, (s. In­seratenteil).

'/'Bösingen, 4. März. Nach dem Ver­waltungsbericht für das Jahr 1885 , für das fünfte Geschäftsjahr des hiesigen Darlehenskassen-Bereins, welcher in der heutigen Generalversammlung erstattet worden ist, erfreut sich dieser Verein eines stetigen Gedeihens. Seine wohlthätige Wirkung kann nicht verkannt werden. Abgesehen von einigen Unverbes­serlichen haben sich offenbar die meisten der Vereins­mitglieder von Wucherern und Handelsleuten losge­macht mit Hilfe der Kasse, welche ihnen so namhafte Vorteile und Erleichterungen gewährt, und wer nicht will, ist nicht mehr genötigt, Handelsleuten gehöriges Einstcllvieh zu füttern. Der Verein zählt derzeit 78 Mitglieder und genießt, und dies auf Grund seiner Statuten und bei seiner Organisation, mit Recht des besten Crcdits bei den Kapitalisten. Es wird ihm