riissenhcins. Gaben mögen eingesendet werden an dieAllg. Rentenanstalt Stuttgart.

Bingen, 9. Dez. DemMainz. Anz." schreibt man: Mit dem Zug um 12 Uhr 19 Min. passierten gestern vormittag 3 Engländer auf der Reise nach Köln unsere Stadt. Heute vorm, traf nun eine Depesche ein, nach welcher die 3 Herren als diejenigen bezeichnet werden, welche den Juwelen­diebstahl bei der Firma Granichstädten in Wien ver­übt haben. Die 3 Herren waren im Besitz zweier Kvffer, welche angeblich die gestohlenen Juwelen ent­halten sollen. Auch die Mainzer Behörde erhielt erst in der verflossenen Nacht durch eine Depesche Kennt- ->nis von der Richtung, welche die Verbrecher einge­schlagen hatten.

Frankfurt a. M., 10. Dez. Ein höchst inte­ressanter aber auch höchst trauriger Fall wird am nächsten Montag im ärztlichen Vereine im Saale des Senckenbergischen Stiftes auf Antrag des Herrn Dr. Auerbach zur Sprache kommen. Der zur Sitzung cingcladene Unglückliche heißt Burkhard, ein gebore­ner Frankfurter, Sohn des Dienstmannes Burkhard. Derselbe diente im Jahre 1881 bei dem Fußartillerie- Regiment in Mainz. Er hatte sich die Ungnade sei­ner direkten Vorgesetzten, zwei Sergeanten und 1 Unteroffizier, zugezogen, welche ihn durch übermäßige Hebungen im Dienste derart chikanierten, daß er zum Krüppel wurde. Die drei Chargierten erhielten über diese» Fall, oer seinerzeit in den Blättern eingehend behandelt wurde, ihren wohlverdienten Lohn, indem die zwei Sergeanten vom Kriegsgerichte in Mainz zu 3 Jahren und der Unteroffizier zu l'/s Jahren Zuchthaus verurteilt wurden. Der Mißhandelte aber trug das schrecklichste Leiden davon. Seine rechte Hand ist zur Faust zusaminengeballt, der Arm gekrümmt und in steter regelmäßiger Bewegung, so daß die Faust wie der Perpendikel einer Uhr sich fortgesetzt hin- und herbewegt. Der vorliegende Fall, der einzig in seiner Art dastehen soll, wird nun im ärztlichen Verein zur Beratung gelangen. Burkhard bezog vvm Militärfiskus im ersten Jahre monatlich 18 auf mehrere Reklamationen hin im zweiten Jahre 36 c,^, im dritten Jahre 48 ^ und in diesem Jahre 57 Aber auch dies Letztere reicht für den zum Krüppel gemachten Unglücklichen, der vollständig arbeitsunfähig ist und sogar zu seiner Bedienung einer zweiten Person bedarf, nicht aus, und so war Burkhard gezwungen, in neuester Zeit den Militür- fiskus bei dem Landgerichte in Mainz zu verklagen.

Frankfurt, 11. Dez. Die Franks. Zeitung meldet aus Wien: In Sofia wird die Situation für friedlich angesehen. Man glaubt, Oesterreich werde Serbien von der Gerechtigkeit der bulgarischen Forde­rungen überzeugen und die Union ane'rkennen.

Köln, 9. Dez. Oberbürgermeister Becker ist heute nacht gestorben. Er nahm bekanntlich schrift­stellerisch und als Volksredner an den Bewegungen der Jahre 1848 und 1849 regen und einflußreichen Anteil.

Berlin, 10. Dez. Die Zucksrsteuervorlage hat bereits die Genehmigung des Kaisers erhalten und wird alsbald beim Bundesrat eingebracht werden.

Berlin, 10. Dez. Wiener Meldungen besa­gen, Fürst Alexander werde sich behufs Versöhnung mit dem Zaren nach Gatschina begeben. Dann werde die Union Ostrumcliens mit Bulgarien derart aus­gesprochen werden, daß der Fürst Gcneralgouverneur von Ostrumelien wird.

Berlin, 10. Dez. Der Artikel des Vieh- scuchengesetzes, welcher vorschreibt, der Seuche ver­dächtige Tiere sollen gekennzeichnet werden, wurde von der Kommission abgelehnt.

Berlin, 10. Dez. Die Enquete über die Sonn­tagsarbeit ist am 8. d. geschlossen worden. Die Kosten derselben sollen sich, wie derNal.-Ztg." geschrieben wird, aus 200 000 «16 belaufen.

Berlin, 11. Dez. Die Sozialdemokraten werden einen Antrag auf Anberaumung der Wahlen für den Reichstag auf Sonntag und Stimmabgabe in Kouverts einbringen.

Berlin, 11. Dez. Die Budgetkommission hat die Erbauung einer Cavallerie-Kaserne in Darmstadt einstimmig abgelehnt.

Der Vorsitzende eines Berliner Schöffen­gerichtes, vor welchem sich ein Angeklagter wegen einer in der Trunkenheit verübten Körperverletzung zu verantworten hatte, gab die Erklärung ab:Der Gerichtshof hat mich ausdrücklich beauftragt, der

einstimmigen Meinung dahin Ausdruck zu geben, daß die Trunkenheit in keiner Weise als ein Strafmilder- ungsgrund gelten kann. Im Gegenteil, es ist die Ansicht des Gerichtshofes, daß jemand, der da weiß, daß er nach dem Trinken wie ein Vieh wird, schär­fer zu ahnden ist, wenn er dann in der Trunken­heit eine Missethat begeht." Gewiß würde eine gleichmäßige Hebung dieser Praxis ein nicht zu ver­achtendes Mittel zur Verminderung der so häufig in trunkenem Zustande vorkommenden Körperverle­tzungen sein.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 10. Dez. Sollten die serbisch-bulgari­schen Verhandlungen keine Einigung ergeben, wie vorauszusehen ist, so dürsten die Beauftragten der Mächte berufen sein, den Streit um die Abgrenzun­gen an Ort und Stelle zum Austrag zu bringen. Darüber wie über einen gerechten Frieden schweben zwischen den Mächten gegenwärtig aussichtsvolle Ver­handlungen.

Großes Aufsehen erregt überall der amtliche Bericht der Wiener Handelskammer über den trost­losen Niedergang von Handel und Gewerbe in Wien. Auf fast allen Gebieten der gewerblichen Thätigkeit ist ein bedeutender Rückgang ersichtlich. Der Ver­brauch der wichtigsten Nahrungsmittel zeigt keine Steigerung, in einzelnen Füllen sogar eine Abnahme, Arbeit und Verkehr finden gerade in der Reichshaupt­stadt seitens der berufenen Faktoren nicht die nötige Fürsorge. Mit Neid und Bewunderung blicken wir auf Preußen. Dort wird alles aufgeboten, um die Metropole des deutschen Reichs groß und blühend zu machen, weil man dort von der richtigen An­schauung ausgeht, daß sich die Einheit, die Kraft und die Vlüthe eines Staates in seiner Hauptstadt widerspiegeln müsse." Wie ergeht cs dagegen Wien? Der erwähnte Bericht sieht sich genötigt, von der drohenden Liquidation der Hauptstadt Oesterreichs zu sprechen. Man kann in der Thal das Vorhanden­sein einer solchen Gefahr nicht bestreiten. Wien geht mit Riesenschritten zurück. Die Gründe liegen nahe. Da die herrschende politische Richtung dem einheit­lichen Reichsgedanken nicht günstig ist, so muß sie sich naturgemäß auch gegen die Verkörperung der­selben, die Reichshauptstadt, wenden. Die Födera­listen streben die Dekapitalisierung Wiens an. Wenn sich die Dinge in der bisherigen Weise weiter ent­wickeln , wird dieses Ziel unschwer erreicht werden. Der Wiener Getrcidehandel, welcher einst teils direkt, teils indirekt für weite Kreise der Bevölkerung reichen Gewinn abwarf, ist fort und fort im Rückschreiten begriffen und zwar in Folge einer verfehlten Ver­kehrs- und Tarifpolitik.

Frankreich.

Dieser Tage ist ein wunderliches Buch aus Frankreich gekommen, in welchem eine der stärksten und geheimnisvollsten Regungen der Menschenseele, die Liebe, chemisch untersucht wird. Das Buch ist von Augustin Galopin, einem Universitätsprofessor. Nach ihm gibt der jeder Person anhaftende Geruch den Ansschlag, also das, was Professor Jäger die menschliche Seele nennt. Wenn zwei Menschen ein­ander lieben, so heiße dies so viel, als daß sie ein­ander gerne riechen. Man sage ja auch im Falle ausgesprochener Abneigung gegen Jemanden, man könne ihn nicht riechen. Jeder Liebe gehe eine Er­regung der Geruchsnervcn voraus, deren man mehr oder weniger bewußt werde. Der Geruch sei der Vorläufer der Liebe. Kurz, Professor Galopin be­lehrt uns, daß jede wahre Liebe durch die Nase in die Menschenseelc zieht, daß man durch die Nase liebt, wie man bisweilen durch die Nase spricht, und nach seiner Theorie darf man also annehmen, daß sogen. Bernunftehen und Geldheiraten solche Ver­bindungen sind, bei welchen der Nase Gewalt ge­schieht oder bei denen sie sich wenigstens neutral ver­hält. Es heißt ja auch vom Geld: non olot, es riecht nicht. Veilchenduft wein auf treue Liebe hin, Moschusduft auf leidenschaftliche, aber kurzlebige ei, so kann es eines Tages kommen, daß eine ge­witzigte Jungfrau ihren Freier einfach fragt:Lieben Sie Veilchen?"Moschus ist mir lieber, mein Fräulein!"Dann Gott befohlen, lieber Herr; Galopin belehrt uns, daß bei Moschusschwärmern keine wahre Liebe zu finden ist."

Spanien.

Madrid, 3. Dez. Ein hiesiger Korrespon­dent berichtet: König Alfonso besaß eine Jagdhün­din, die ihm überall nachfolgte und sogar in die Si­

tzungen des Ministcrrates begleitete. Der König nannte sic 1a brutta« (Fea, die häßliche").

Fca" war im Zimmer anwesend, als der König de» letzten Atemzug that; die Königin brach in lau­tes Weinen aus, undFca" verließ laut heulend das Stcrbezimmcr und konnte nirgends mehr ge­funden werden. Die Königin ließ nach ihr forschen, aber vergebens. Erst am Tage als der Leichnam vom Sterbelager gehoben werden mußte, tratFea", die sich unter dem Bette versteckt hatte, hervor und stürzte sich auf den Majordomus, der die Leiche Al- fonsos berührte. Das treue Tier mußte gefesselt werden und erst dann konnte man es entfernen. Es folgte dem Leichcnzuge vom Pardo bis zu San An­tonio della Florida; ein Kammerdiener brachte es nach dem Pardo zurück, wo cs einen entlegenen Winkel anfsuchte und zu heulen begann.

England.

Das Neueste in der Papicrfabrikation sind Papierhausschuhc. Ein Fabrikant in London hat sich sein Verfahren, Hausschuhe aus Papiermasse her- zustcllen, patentieren lassen. Er nimmt für die Ober­teile Papiermachoe und macht die Sohlen auS Pappe, Lederkarton oder dergleichen. Ober- und Unterteil werden mit Leim fest verbunden; die Sohle erhält, je nach Wunsch, einen Absatz oder wird ohne einen solchen angefertigt. Ebenso hält man es mit dem Futter der Schuhe, das man entweder beifügt oder wegläßt.

Serbisch-bulgarischer Kriegsschauplatz.

Belgrad, 11. Dez. Serbien und Bulgarien riefen, da direkte Verhandlungen fruchtlos blieben, die Intervention der Großmächte an.

Philipp opel, 9. Dez. Reutermeldung: Die ans der Provinz eingetroffenen Deputationen ernann­ten ein Konnte zur Unterstützung der Regierung in Erreichung der vollständigen Union. Der Fürst wird telegraphisch unter Beglückwünschung zu seinen Sie­gen davon benachrichtigt und der Entschluß kundge­geben, die Union unter so tapferem Führer dauernd herzustellen.

Amerika.

N ew-I v r k, 9. Dez. Cornelius Vandcrbild einer der reichsten Leute in der Welt, ist gestorben. Er war derEiscnbahnkönig" der Vereinigten Staa­ten und sein Vermögen überstieg 250 Milt. Dollars. Die Börse wurde durch seinen Tod sehr in Mitlci- denschst gezogen.

Handel L Verkehr.

Nagold, 10. Dcz. 1885. (Marktbericht). Dcr beute hier abgehaltcne Jahrmarkt war wieder mit Vieh aller Gat­tungen stark befahren, und war der Handel bei den seither gedruckten Preisen ein durchaus lebhafter. Zugeführt wurden 135 Paar Ochsen, verkauft 76 Paar iin Preise von 30 51 Karol., Erlös 52000 .« Kühe 162 Stück, verkauft 60 St. im Preis von 80312 , Erlös 9117 .« Kölbeln 61 St., verkauft 47 St. im Preis von 85- 270 Erlös 8008 ^e. Schmal- vieh 66 St. verkauft 39 St. im Preis von 72144 .6, Erlös 3354 Auf dem Schweiuemarkt, welcher niit 224 St. Läu- fcrschweinen und 160 St. Milchschwcincn befahren war, wurde ebenfalls viel gehandelt und kosteten Lauferschweine 40 60.« das Paar, ein Paar Milchschwcinc 1825 .« Erlös 5145 ^!l Gesamtumsatz 77 567

Stuttgart, 7. Dez. (Hopfcnmarkt). Im Geschäft zeigt sich keine Aendcrung. Bei schwacher Zufuhr betrug der Umsatz 46 Ballen, die nach Bruchsal und Göppingen versandt wurden. Grüne und Primasortcn fehlten. Preise von 16 bis 30 eine Partie -« 10.

Nürnberg, 8.Dez. Die Stimmung ist flau. Es no­tieren: Markthopfcn 15-30 Gebirgshopfen 3050 Aischgründer 1540 ^.Hallertauer 20- 70 Elsässer 15 bis 50

Konkurseröffnungen. Christian Belser, Ochscu- wirt in Mühlacker. Georg Schipprak, Leimfabrikant in Bop- singcn. Schiink und Wucherer, Schuhwareufabrik, offene Han ­delsgesellschaft in Reutlingen. Albert Schlink, Schuhwarenfa­brikant in Reutlingen, Teilhaber dcr Firma Schlink und Wu­cherer. Eduard Wucherer. Schuhwareniabrikant in Reutlingen Teilhaber der Firma Schlink und Wucherer. Matthäus Schludi, Bauer in Heudorf.

Versicherungswesen. Vor einiger Zeit teilten meh­rere Zeitungen die Nachricht mit, das; dem beliebten Ravens- burgcr Arzte, Herr vr. Nesensohn , bei einer Wagenfahrt ein Unfall zugcstoßcn sei, in Folge dessen derselbe am 24. Au­gust verschied. Heute tragen wir nach, daß Herr vr .Nesensohn bei dcr VersicherungsgesellschaftThnrittgia" in Erfurt, deren Vertreter bekanntlich die HH. G. Frey in Altensteig, Chr. Sch weiter in Nagold, CH. Dietz in Schöubronn, und Stadtschultheiß Mutschler in Wildberg sind, mit 30,000 M» gegen Unfälle versichert wird und daß dieser Betrag auch be­reits am 4. Scpt. durch die Direktion dieser Gesellschaft zur Zahlung angewiesen worden ist.

Es sollte wahrlich Niemand die kleine Ausgabe für eine Unfallversicherung bei einer soliden Gesellschaft scheu en.

Berantwortlicher Redakteur Stein wandet in Nagold. Druck uud Bert«, der G. W. Zaifer'schen Buchhandlung in Nagold.