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rats über das Heimatrecht und das Prädikat des Bewerbers, über den Stand und den etwaigen Grundbesitz des Vaters und das dem Bewerber etwa von seinen Eltern anfallende Vermögen, sowie eine schriftliche Einwilligung des Vaters, beziehungsweise Vormunds zum Besuche der Ackerbauschule beiliegen.

Die Bewerber, welche nicht durch besonderen Erlaß zurückaewiesen wer« den. haben sich am

Montag de» 12. Juli d. I. morgens 7 Uhr

zur Erstehung einer Vorprüfung in Hohenheim einzufinden.

Stuttgart, den t9. Mai 1886. Werner.

Wotttifche Wachrichten.

Deutsches Reich.

Berlin, 24 Mai. Reichstag. Erste Lssung der Brannt­weinsteuervorlage. Finanzminister v. Scholz führt aus, trotz der Ueberzeugung von ver Vorzüglichkeit des Monopolprojekts habe man zu jetziger Vorlage sich entschlossen, um dem Reichstage entgegenzukommen. Das Bessere solle man nicht Feind des Guten sein lassen. Die Vorlage sei das Ergebnis völlig neuer Prüfung. Durch Kombination der Verbrauchssteuer mit der vermehrten Maischraum-Materialsteuer, sowie durch die im Gesetz angedeutete Möglichkeit, das Projekt auch auf die süddeutschen Staaten auszudehnen, habe man allen Wünschen ohne Schädigung einzelner Zweige am besten dienen zu können geglaubt. Die Verbrauchsabgabe bleibe noch weit zurück hinter der Verbrauchssteuer anderer Staaten. Der Minister skizziert die Vorzüge des Entwurfs im Einzelnen und bittet, wenn schon derselbe in gesundheits- polizeilicher Beziehung hinter der Monopolvorlage zurückbleibe, die Vorlage noch in dieser Tagung zu einem positiven Ergebnis zu führen. Die verbün­deten Regierungen würden bis an die äußerste Grenze etwaigen Wünschen entgegenkommen. Richter ist gegen die Vorlage, welche gesundheitsbessernde Bestimmungen vermißen lasse und auf einegroßartige Plusmacherei" hinaus­laufe. Dem Versprechen, daß die Erträge den Kommunen zugute kommen sollen, glaube er nach den bisherigen Erfahrungen nicht mehr. v. Wedell- Malchow: Die konservative Partei erkenne das Bedürfnis der Schaffung neuer Reichseinnahmen an. Seine Partei sei mit Besteuerung des Branntweins im Sinne der Vorlage einverstanden, behalte aber ihre definitve Stellung­nahme bis zur zweiten Lesung vor, welcher eine gründliche Kommissionsbe­ratung vorhergehen müsse. Win dt hör st ist prinzipiell für eine höhere Heranziehung des Branntweins zur Besserung der Finanzlage der Einzelstaaten und der Kommunen; aber gegen eine Vorlage, die zum Monopol führe, be­halte er sich eine bestimmte Stellungnahme vor. Er empfiehlt auch Kom­missionsberatung. Oechelhäuser spricht die Geneigtheit der National­liberalen für die Vorlage aus, die Frage aber sei so schwierig, daß sie ohne Kommissionsberatnng zum Voraus sich nicht für deren Annahme binden könnten. Fortsetzung morgen 1 Uhr.

Berlin, 25. Mai. Der Reichstag setzte heute die erste Lesung der Branntweinsteuer-Vorlage fort und verwies die Brannt­weinsteuer-Vorlage schließlich an eine Kommission von 28 Mitgliedern. An der weitern Debatte hatten noch die Abgg. Zorn von Bulach, Rickert und Buhl teilgenommen.

Kiel, 24. Mai. Blutige Zusammenstöße haben zwischen der Besatzung des KreuzersAlbatroß" und den Eingeborenen auf den Inseln des Bismarck-Archipels stattgefunden. Am 11. April warAlbatroß" in Sidney eingetroffen. Das Schiff war von einer längeren Fahrt zurückgekehrt, um Eingeborene von Neu-Jrland und Neu-Britannien wegen der Ermordung deutscher Unterthanen zu züchtigen. Mehrere Kämpfe mit den Emgeborenen fanden statt, Dörfer wurden in Brand geschossen und zerstört. In Bulgai auf Neu-Jrland wurden zwei Farbige gefangen genommen, welche verdächtig waren, einen weißen Händler, Namens Carr, ermordet zu haben. Sie wurden nach Apia gesandt, um dort bestraft zu werden. Auf Neu-Britannien war ein Weißer, Namens Carlson, ermordet

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und, wie verlautet, verspeist worden. Die heute hier eingetroffene austra- lische Post enthält längere Zeitungsberichte über dis stattgehabten Vorgänge.

Spanien.

Madrid, 22. Mai. Die Taufe des Königs Alfons XUI. hat heute stattgefunden. Die Minister, der hohe Klerus, das diplomatische Corps und die obersten Staatsbehörden wohnten der Taufhandlung bei. In den Höfen und Galerien des Königspalais hatte sich eine zahlreiche Menschenmenge angesammelt. Die Ordnung wurde nirgends gestört.

Hages-Weirigkeiten.

Calw, 26. Mai. Nach einer soeben eingetroffenen definitiven Zusage macht der Stuttgarter Liederkranz mit ca. 120 Sängern am Himmelfahrtsfest einen Ausflug nach Teinach, Zavelstein und Calw, und wird Nachmittags in der Turnhalle ein Konzert mit Entree von 50 L zu gemein­nützigen Zwecken geben. Nach demselben werden die Sänger sich zu geselliger Vereinigung mit dem hiesigen Liederkranze in einem Biergarten einfinden. Ein Konzert von 120 Sängern von der hohen Ausbildung, wie sie der Stutt­garter Liederkcanz bekanntermaßen hat, ist für Calw ein Ereignis, auf welches das Publikum jetzt schon aufmerksam gemacht werden soll. Insbesondere werden die verschiedenen Liederkränze der Nachbarschaft wahrscheinlich nicht ermangeln, sich vollzählig einzusinden, um sich zu überzeugen, bis zu welch hoher Stufe künstlerischer Vollendung ein solcher Massenchor gebracht werden kann. Auch aus den Nachbarstädten ist ohne Zweifel Zuzug zu erwarten, da auch dort der Gesang eifrig gepflegt wird, und wahrscheinlich noch nicht alle dortigen Sänger Gelegenheit gehabt haben, einen Chor von solch hoher Be­deutung zu hören. Die Benützung der Turnhalle, des größten hiesigen Lokales, das gegenwärtig zu gottesdienstlichen Zwecken eingerichtet ist, ist durch das freundliche Entgegenkommen des Pfarrgemeinderats möglich geworden und wird mit ihren 700 Sitzplätzen voraussichtlich bis auf den letzten Platz voll werden. Näheres wird später bekannt gemacht werden.

ff Aichelberg (Bergorte), 24. Mai. Nachdem zum großen Leidwesen der ganzen Gemeinde der seitherige allgemein beliebte, noch in frischer Mannes­kraft stehende Schultheiß Bäuerle der Gemeinde durch den Tod entrissen wurde, fand heute die Wahl eines Schultheißen für die Gemeinde Bergorte hier statt. Von 53 wahlberechtigten Bürgern haben 48 abgestimmt. Es fielen auf Gemeinderat, Sonnenwirt Frey hier 45, Schultheißenamtsver­weser Volz 22, Schleeh von Hünerberg 8 Stimmen.

Ludwigsburg, 24. Mai. Unsere Stadt veranstaltet vom 15. Juli bis 15. August eine Gewerbe-Ausstellung, zu welcher die Vorbe­reitungen bereits kräftig in Angriff genommen sind. Ludwigsburg besitzt eine niannigfaltige Industrie und leistet, wie bekannt, auf einzelnen Gebieten Her­vorragendes. Neben den in großem Maßstab betriebenen Industriezweigen wird aber auch das Kleingewerbe sich lebhaft an der Ausstellung beteiligen. Im ganzen zählt man vorläufig etwa 140 Aussteller. Der Platz für die Ausstellung ist glücklich gewählt, cs sind die Gebäulichkeiten und der freie Raum mit schattigem Garten hinter dem Rathaus. Nach den festgestellten Plänen wird das Arrangement sehr gefällig sich gestalten und für einen be­haglichen Aufenthalt der Besucher mit allen wünschenswerten Erfrischungen gesorgt werden.

Leutkirch, 23. Mai. Dieser Tage suchte, dem Ob. Anz. zufolge, einer, der früher bessere Tage gesehen, nun aber im Dienste anderer im Schweiße seines Angesichtes sein Brot verdienen muß, sich auf eine seltsame Art das Leben zu nehmen. Ec spannte die Pferde seines Arbeitgebers aus, wickelte sich die Leitseile kunstgerecht um den Hals uns begann auf die Tiere zu peitschen. Sie zogen an, aber in demselben Augenblick kam der Herr des Fuhrwerks hinzu und schnitt das Lederwerk entzwei, wodurch der Lebensmüde von einem schauderhaften Tode errettet wurde. Ec war aber über diese Rettung sehr ungehalten und eilte alsbald dem in der Nähe befind­lichen See zu und stürzte sich hinein. Auch diesesmal waren schnell Hilfe-

Hier hinaus!" flüsterte Niston. Er schwang sich hinaus und die Anderen folgten.

Ein Hof von hohen Mauern umringt," sagte Duprat enttäuscht. Ta sind wir was gebessert."

Aber Riston, der die Führung übernommen hatte, war schon über den Hof nach einer dunklen Nische geeilt. Dort lehnte eine hohe Leiter an der Mauer, die er erklomm.

Herauf!" rief er; und die Anderen folgten.

Als sie alle oben waren, zogen sie die Leiter nach sich, um sie auf Rsston's Anweisung auf der anderen Seite wieder herabzulassen.

Es war ein Labyrinth von Höfen, in welches sie hier gelangten. Diese waren aber nur durch niedrige, leicht übersteigliche Mauern getrennt, und Rrston ermittelte immer gleich die hierzu bequemsten Stellen. Er war trotz seines Alters Allen voran und kletterte wie eine Katze.

Eher erreichten wir wohl das Ende aller Tage", spottete Duprat, als das Ziel dieses Hindernisrennens. Wenn es nur recht bald kommt meine Hand schmerzt mich, ich kann nicht mehr klettern."

Nur Geduld", sagte Riston.Wir sind gleich am Ziel."

Und so mar es auch.

Sie gelangten in einen Hausflur.

Ist ja verschlossen", sagte Dryden, an der Thür rüttelnd.

Kann ja auch", entgegnet« Rrston.Wozu hätte eine veraltete Bau­kunst den Fensterbogen da über der Thür gelassen und uns ein Zufall diese Waffen in die Hand gespielt? Es ist eine dunkle einsame Straße; ich kenne sie. Helft mir nur hier herauf, damit ich das Fenster einschlage. Die Thür ist nicht hoch, und wenn erst Einer da oben hockt, kann er die Anderen mit Hülfe der Klinke und der Riegel als Trittstufe leicht hinüber befördern."

Die» wurde ausgesührt und die Drei wanderten nun die stille schmale Straße entlang, um sich am Ende derselben zu trennen.

Das wurde aber vereitelt. Dort stand ein Polizeiposten.

Halt!" raunte Riston.Wir sitzen in einer Mausefalle."

Unsinn", sagte Duprat.Noch steht uns das andere Ende der Straße

offen." , .

Nein", entgegnete Jener.Da hinaus liegt derFuchsbau' der

sicher cernirt ist.

Was bleibt uns zu thun?" fragte Dryden.

Wir müssen den Kerl überwältigen oder in das Haus zurück.

Man entschloß sich zu Ersterem. Sie wollten versuchen, in einer ruhigen Weise vorbeizukommen. Aber der Polizist wendete sich rasch herum und donnerte ihnen einHalt" entgegen. ^ .

Ehe er noch etwas Weiteres sagen konnte, stürzten sich auf euren Wink Riston's alle Drei auf ihn. Ein schriller Pfiff durchtönte dre stille Straße und dann hallte diese wieder von dem Lärm der Kämpfenden, denn der Polizist hatte blank gezogen und wehrte sich mannhaft gegen die Uebermacht.

In dem Augenblick, wo er, von Dryden s geschleuderter Champagner­flasche getroffen, zu Boden sank, hörte man von beiden Enden der Gasse schrilles Pfeifen und eilende Schritte.

Das wurde das Zeichen für dre Falschmünzer, sich wieder nach der durchbrochenen Hausthür zu konzentrieren. die sie kaum überstiegen hatten, als ihre beiderseitigen Bedränger aufeinander stießen.' ^ ^ .

Indessen eilten sie schon die Treppe des Hauses hinan zu dem Dach. Man hatte keine Zeit mehr zum Beraten gehabt, und da Riston Men Weg wählte folgten die Anderen.

Die Polizisten glaubten natürlich an kein spurloses Verschwinden. Sie richteten aber zunächst ihr Augenmerk auf die Kellerfenster der angrenzenden Häuser, welche zum Teil zertrümmert und nur mit Brettern verschlossen waren. Als sie hier keinen Eingang fanden, entdeckten sie das zertrümmerte Flurfenster. (Fortsetzung folgt.)

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