ben kann. Nach dem Schreiben des Reichskanzlers an re. Reiner ist letzterem Hoffnung gegeben, auch in dem kommenden Jahre diese Unterstützung zu genießen.
Schloß Friedrichshafen, 24. Sept. Ihre Majestäten der König und die Königin sind heute nachmittag um l^/i Uhr nebst Gefolge mittelst Extrazugs wieder hier eingetroffen.
Brandfälle: In Attenweiler am 23. Sept. das Wohn- und Oekonomiegebäude des Johs. Römer.
Der militärische Berichterstatter der K. Z. schreibt von den Manövern: Große Anerkennung verdienen die Bewohner sämtlicher Dörfer im Manövergebiete. Sowie das Signal zum Einstellen des Gefechts gegeben war, eilten Männer, Weiber und Kinder herbei, um in Fässern, Kübeln und Krügen, dieselben teils auf kleinen Wagen fahrend, teils auf dem Kopfe tragend, das Nationalgetränk, „Apfelwein", hier „Most" genannt, zur Erquickung der Soldaten herbeizuschleppen. In den Dorfstraßen standen vor allen Häusern ebenfalls Gefäsfe mit Most, um die Durstigen zu erquicken. Der Apfelwein besitzt neben vielen andern guten Eigenschaften die, daß, wo er regiert, der Schnaps nicht aufkommen kann. In den ländlichen Wirtschaften der Manövergcgend bekommt man überhaupt gar keinen Branntwein zu kaufen, aber für 10 Pfennig einen halben Liter Apfelwein. Diesem guten und heilsamen Getränke darf wohl nicht zum kleinsten Teil zugeschrieben werden, daß die Truppen trotz der großen Anstrengungen, trotz Hitze und Staub so gut aushielten. Es ist an beiden Tagen noch nicht ein einziger Marodeur bemerkt worden.
Prinz Wilhelm ist, wie aus Wien gemeldet wird, zum Oberst-Inhaber des 7. Husaren-Regiments (früher Prinz Friedrich Karl von Preußen) ernannt worden.
Berlin, 25. Sept. Das Staatsministerium hielt gestern nachmittag im Reichskanzler-Palais unter Borsitz des Fürsten Bismarck eine Sitzung ab, die mehrere Stunden währte.
Berlin, 25. Sept. Der hiesigen serbischen Gesandtschaft ist der Befehl zugegangen, alle in Deutschland befindlichen, der ständigen Armee und dem zweiten Aufgebot angehörenden Serben zur sofortigen Stellung bei ihren Kommandanten aufzufordern, widrigenfalls sie als Deserteure behandelt werden.
Berlin, 25. Sept. Sämtliche Botschafter der Großmächte sind vorgestern und gestern in Berlin cingetroffen, um die Gelegenheit, mit dem Fürsten Bismarck persönlich zu verhandeln, zu benützen. — Die Germania meldet positiv, daß gegen den Hofpre- diger Stöcker seitens des Oberkirchenrats Disziplinar- untersuchung eingeleitet werden soll. — Spanien setzt in ostensibler Weise seine Rüstungen zur See fort. — Bukarester Nachrichten zufolge hat schon ein Zusammenstoß zwischen Türken und Bulgaren stattgefunden, indem türkische Truppen an der Wiederherstellung der Eisenbahnbrücke über die Maritza verhindert wurden.
Berlin, 26. Sept. Der Papst hat die ihm angebotene Bermittelung zwischen Deutschland und Spanien angenommen, falls die zwischen beiden Regierungen schwebenden Verhandlungen zu einer Verständigung nicht führen sollten. Vorläufig werden diese Verhandlungen fortgesetzt und es ist durchaus nicht ausgeschlossen, daß die Regierungen durch direkte Beziehungen zu einer Einigung gelangen.
Berlin, 26. Sept. Gegen Ende dieses Monats soll die Entlassung der ausgedienten Mannschaften der Marine erfolgen, was auf die baldige Erledigung des spanisch-deutschen Konfliktes schließen läßt. — Die Anrufung des Papstes als Schiedsrichter in der Karolinenangelegenheit wird von allen Seiten bestätigt.
Die Karolinen-Angelegenheit steht augenscheinlich immer noch auf dem alten Fleck. Bon einem Verzichte Deutschlands auf Grund älterer Rechte Spaniens ist durchaus nicht die Rede, denn die öffiziöse deutsche Presse spricht fortwährend von der Notwendigkeit eines Schiedsgerichts, die nicht nur von England, sondern auch von den andern Großmächten der spanischen Regierung aufs dringendste uahegelegt worden ist.
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 21. Sept. Gestern wurde hier Karl Friedrich Kuhnert, Sparkassen- und Stadtkassierer von Kirchberg in Sachsen, der am 4. ds. nach Verun
treuung eines Betrags von 153 000 von dort durchgebrannt war, verhaftet. Auf seine Gefangennahme waren 1000 -4L Belohnung ausgesetzt. Küh- nert befand sich gestern in einem Pensinger Gasthause, als ein Detektiv auf ihn mit den Worten zutrat: „Grüß Gott, Herr Kühnert, wie geht es Ihnen?" — „Woher kennen Sie mich?" fragte Kühnert, der sich mit diesen Worten selbst entlarvt hatte.
Wien, 25. Sept. Prinz Wilhelm von Preußen ist um 1(0/- Uhr gestern abend aus München eingetroffen. Er wurde vom Kaiser, vom Kronprinzen, den Mitgliedern der deutschen Botschaft und den zugeteilten Offizieren empfangen und vom Kronprinzen in die Hofburg geleitet.
Wien, 25. Sept. Der Fürst von Bulgarien telegraphierte an den Zaren, daß, wenn die Abberufung der russischen Offiziere gegen ihn gerichtet sei, er für das Wohl der bulgarischen Nation bereit sei, die Krone zu opfern, wenn Rußland die Union schütze.
Wien, 26. Sept. Die Thronrede sagt: Unsere Beziehungen zu den auswärtigen Mächten sind durchaus befriedigende und besteht volle Einmütigkeit in dem Bestreben nach der Erhaltung des Friedens, dessen Bedürfnis wir Alle empfinden. Es wird die unwandelbare Aufgabe der Regierung bleiben, unter Wahrung der Einheit und der Machtstellung des Reiches, alle meinen Ländern und Völkern die gleiche Pflege ihrer geistigen und wirtschaftlichen Interessen Teil werden zu lassen.
Prag, 24. Sept. Der Ausbruch der Revolution in Ostrumelien ist nach den nun in einem czechischen Blatte mitgeteilten Einzelheiten doch nicht ganz unblutig verlaufen. In Ciprano wurden 6 Personen getötet und in Philippopel wurde der Vorsteher des Postamts, welcher den Major Rajko niederhieb, vom Volke in Stücke gerissen. Die Erhebung fand in der Nacht statt. Der General-Gouverneur Gavril Pascha wurde überrumpelt und auf einen Wagen gesetzt, wo ein 17jähriges Mädchen (!?) mit einem geschwungenen Säbel in der Hand ihn bewachte. (Schw. B.)
Schweiz.
Chur, 24. Sept. In Groß-Fettan (Unterengadin) wurden gestern abend nach der N. Z. Ztg. durch Feuersbrunst etwa 60 Gebäude zerstört.
Italien.
R o m, 23. Sept. Der König beharrt auf seiner Absicht, sich mit einigen Ministern nach Palermo, wo die Cholera schrecklich herrscht, zu begeben.
Frankreich.
Paris, 23. Sept. Gestern fand eine Wählerversammlung statt, in welcher Frauen kandidierten. Ein Redner geriet mit einer Kandidatin in Streit, ein anderer wollte diese verteidigen, sie schrie jedoch: „Wir brauchen Sie nicht, wir können uns selbst verteidigen!" In die Menge rief eine Gruppe nach dem Takt: „Küßt sie ab, küßt sie nicht!", doch zog der männliche .Redner den Kürzeren und mußte abbrechen. Während Fräulein Barberousse sprach, ahmten einige Uebermütige Tierstimmen, Wiehern rc. nach; erzürnt rief das Fräulein: Ihr wollt vielleicht wieder einen Revolverschuß wie an der Börse?" Ein junger Anarchist wurde mit den Rufen: „Eine Saugflasche für das Kind!" empfangen. Eine Engländerin, Madame Saxhorn, einen gut genährten Jungen als Argument benützend, kandidiert in folgender Weise: „Ich habe mein Kind selbst genährt, Is voilä!" (Schallendes Gelächter.)
Paris, 24. Sept. Eine Depesche des Bischofs des östlichen Cochinchinas meldet, daß bis zum heutigen Tage 24 000 Christen umgebracht worden seien.
Paris, 24. Sept. Der Prinz Jerome Napoleon hat heute durch den „Figaro" in Form eines Briefes an einen Freund sein Wahlmanifest veröffentlichen lassen, worin er seine „Anhänger", d. h. die wahren Bonapartisten auffordert, sich bei den bevorstehenden Deputiertenwahlen der Abstimmung zu enthalten. Der demokratische Prinz motiviert diese Aufforderung mit der Behauptung, daß die Konservativen sowohl als die Republikaner principienlose Leute seien, daß überhaupt bei diesen Wahlen nichts herauskommen werde und daß nur die Zusammenberufung einer konstituierenden Versammlung das Land retten könne. Das Manifest des Prinzen kann und wird höchstens belächelt werden. Man wird dabei
unwillkürlich an die Fabel von: Fuchs und den Weintrauben erinnert, da eben Niemand daran gedacht hat, dem Prinzen Napoleon oder seinen speziellen Anhängern die geringste Kandidatur anzubieten.
Paris, 25. Sept. Meldung der Agencc Ha- vas: Der Meinungsaustausch der Mächte über die bulgarische Frage dauert fort. Das Ziel der Mächte ist der baldige Zusammentritt einer Konferenz.
Sowohl in Madagaskar als in Tonkin verschlimmert sich die Lage der Franzosen mit jedem Tag und die Nachsendungen von Truppen dürften so bald kein Ende finden, wenn sie auch vielleicht erst nach den Wahlen vor sich gehen werden. Spanien.
Madrid, 24. Sept. Der Madrider Korrespondent des „Standard" hält seine kürzlich? Meldung : die spanische Regierung sei schon einige Monate, ehe Graf Solms am 2. August die erste deutsche Note überreichte, welche Spanien von der Absicht der deutschen Regierung, die Karolinen - Inseln unter ihren Schutz zu stellen, benachrichtigte, durch den spanischen Gesandten in Berlin von dieser Absicht Deutschlands in Kenntnis gesetzt worden, aufrecht. Beruht diese Nachricht auf Wahrheit, so würde damit das Verhalten Canovas in der Karolinenfrage als eitel Spiegelfechterei gekennzeichnet.
Madrid, 24. Sept. Die Blätter der Minister > sagen, Spanien sei einem Schiedsgericht abgeneigt, weil diese Regelung der Angelegenheit die unbedingte Annahme der Entscheidung des Schiedsrichters voraussetzt. Auf eine Vermittlung würde man aber eingehen, da Spanien dadurch nicht gebunden würde. Als Vermittler wäre der Papst genehm. — Der Gesandte Graf zu Solms kündigte eine Antwort des Berliner Kabinetts an, welche noch im Laufe dieser Woche in Berlin eintreffen werde. Die spanische Regierung hat auch mit England unterhandelt, wobei sie auf die Note Layards aus dem Jahre 1876 hinwies, welche die Souveränität Spaniens über die Karolinen bestreitet.
Madrid, 25. Sept. Wie die Agence Havas meldet, hat Spanien die von Deutschland vorgeschlagene Mediation des Papstes in der Karolinenfrage angenommen.
Madrid, 26. Sept. Deutschland hat sich durch die von der spanischen Regierung wegen der Angriffe des Pöbels auf die deutsche Gesandtschaft abgegebene Erklärung für befriedigt erklärt.
England.
London, 24. Sept. Die Kaiserin Eugenie wird demnächst die Särge ihres Gatten und ihres Sohnes von Chiselhurst nach ihrem jetzigen Wohnsitze in Farnborough bringen lassen, wo sie ihnen ein prächtiges Mausoleum hat errichten lassen.
London, 25. Sept. Der „Standard" meldet aus Athen, vom 24. d. M.: Die Regierung beschloß, die Kammern einzubcrufcn und die Reserve zu mobilisieren.
London, 26. Sept. Der Chef der Admiralität, Lord Hamilton, erklärte gestern in Glasgow, es sei anzunehmen, daß die bulgarische Bewegung durch eine gemeinsame Aktion der Mächte eingeschränkt, wenn nicht ganz unterdrückt werden würde. Schweden und Norwegen.
Stockholm, 24. Sept. Christine Nillson hatte gestern nach einem Konzert vom Balkon ihrer Wohnung aus im Grand-Hotel vor einer versammelten Menge von 30000 bis 40000 Menschen noch einige Lieder gesungen. Beim Auseinandergehen der Menge entstand nun ein großes Gedränge, wobei, soweit bis jetzt ermittelt wurde, 18 Menschen getötet und viele verletzt wurden.
Balkan-Halbinsel.
Die Bulgaren sind bis jetzt voll Enthusiasmus. Das Militär fraternisiert mit dem Volke, reißt von den Uniformen die ostrumelischen Sterne herab und näht die bulgarischen Abzeichen (weißen Löwen) an. Der Klerus geht mit dem Volke. Sofia befindet sich ebenso wie Philip popel in Aufregung. Die Bevölkerung jubelt und greift zu den Waffen. Bei seiner Abfahrt aus Varna sagte Fürst Alexander: „Die Stunde der Vereinigung hat geschlagen. Ich werde mich noch heute nach Philippopel begeben, wohin mich das Volk ruft. Die Vereinigung ist uns teurer als Leben und Gut."
Philippopel, 23. Sept. Alle russischen Offiziere in Bulgarien demissionierten und der Fürst bewilligte deren Entlassung. Die Armee ist ausschließlich unter bulgarische Offiziere gestellt. Ueber-