Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den OSeramts-Bezirk Nagold.

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Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donnerstag and Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlohn) 80 ^, in dem Bezirk I ^ «>, außerhalb des Bezirks I 20 Monats­abonnement nach Verhältnis.

Donnerstag den 20. August.

Jnsertionsgebühr für die Ispaltige Zeile aus ge­wöhnlicher Schrift bet einmaliger Einrückung 9 4, bei mehrmaliger je 6 4. Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegeben sein.

1885 .

Tages-Neuigkeiten.

In Remmingsheim ist der Milzbrand unter Len Schweinen derart ansgebrochen, daß im ganzen Ort kaum lO lebende Schweine mehr gefunden wer­den können.

Stuttgart, 16. August. Der Ausschuß des württembergischen Kriegerbundes hielt heute vormittag in der Liederhalle eine Sitzung, um sich über das Programm bezüglich Mitwirkung der Kriegervereine ! bei der Kaiserparade am 19. Septbr. schlüssig zu ! machen. Man beschloß, alle Kriegervereine des Lan­des mittels Rundschreiben zur Beteiligung aufzufor­dern. Die Anmeldungen der einzelnen Vereine müs­sen bis zum 5. Septbr. geschehen. Es ist bestimmt, daß die Kriegervereine sich am 19. Septbr. bis 8 Uhr morgens in der Allee zwischen Kornwestheim und Ludwigsburg aufzustellen haben um von dort nach dem Paradeplatz abzumarschieren. Die Bereine werden ersucht, ihre Fahnen mitzubringen. Der Ab­marsch der Vereine vom Paradeplatz geschieht wieder geschlossen und sind in Lndwigsbnrg in einigen Brauereien gesellige Vereinigungen vorgesehen. We­gen gemeinsamer Benützung der von der Eisenbahn­verwaltung zu ermäßigten Preisen zur Verfügung gestellten Extrazüge sollen sich die Bereine ins Ein­vernehmen setzen. Zum Ueberuachten wird den Mit­gliedern entfernter Bereine in Ludwigsburg und Um­gegend Gelegenheit geboten sein. Die hiesigen Bnchbindergehilsen haben gestern abend beschlossen, einen Lohnzuschlag von 25 resp. 88 ^/ 30/0 für die Uebcrzeitarbeit zu verlangen und im Falle der Nicht- aenehmiqunq dieser Forderung seitens der Arbeitgeber die Arbeit einzustellen.

Stuttgart, 18. Aug. Im Gefolge Sr. Mas. des Kaisers werden sich befinden Generalfeld­marschall Graf Moltke, der Chef des Militürkabinets v. Albedyll, Kriegsminister Bronsart v. Schellcndorf und Fürst Dolgoruki.

Stuttgart, 18. Aug. Heute rücken bei den hiesigen Infanterieregimenten! ca. 400 Mann Ersatz­reservisten I. Klasse zur lOwöchentlichen Uebung ein.

Ein Stuttgarter Käsehändler verkaufte die­ser Tage in Münster, Mühlhausen rc. größere Quantitäten ganz verdorbenen Backsteinkäs an Wirte und Private. Die Käufer merkten erst später die schlechte Beschaffenheit des Käses und erstatteten An­zeige. Von der Landjägerschaft sind 7 Kisten mit Beschlag belegt und der Staatsanwaltschaft Anzeige gemacht worden.

Während der Anwesenheit des deutschen Kaisers in Stuttgart sollen bei dem kommandierenden Gene­ral von Schachtmeyer zwei Galadiners stattfinden, das eine für den obersten Kriegsherrn und die an­wesenden Fürstlichkeiten, das zweite für die fremd­ländischen Offiziere.

Für das Heilbr 0 nner Feuerwehrfest sind bis jetzt über 6000 Feuerwehrleute angemeldet. (Auch der Bezirk Nagold wird sich dabei vertreten zeigen.)

Reutlingen, 15. Aug. Ein Brand vom letzten Donnerstag bei Kohlenhändler Benz ist der Krs.-Ztg. zufolge durch den Leichtsinn seines eigenen IILsjährigen Töchterchens verursacht worden. Die­ses war mit einem jüngeren Schwesterchen in die Scheuer gegangen, hatte dort ein Streichhölzchen angezündet, welches ihm entfiel und die herumliegen­den leichtentzündlichen Stoffe in Brand setzte, worauf die beiden aus Schrecken und Furcht sich davon­machten. Das Feuer wurde übrigens bald gelöscht. Aus dem Schmiechathal, 16. Aug. In ^

der vergangenen Nacht wurde in Thailfiugen ein schweres Verbrechen verübt. Ein Korsettweber hatte im Wirtshaus mit zwei Nachbarn, Brüdern, einen kleinen Wortwechsel, war aber dann um Li auf 1 Uhr ruhig nach Hause gegangen. Jene warfen nun, als sie ebenfalls heimkamen, mit einem Stein ihm eine Fensterscheibe hinein, und als er daraufhin vor das Haus heraustrat, fielen sie über ihn her, miß­handelten ihn aufs furchtbarste und schlugen ihm mit einer Axt derart auf das Hinterhaupt, daß ein Teil des kleinen Gehirns ausspritzte. Der Unglückliche, Vater von 5 Kindern unter 9 Jahren, ist gänzlich bewußtlos und schwebt in größter Lebensgefahr. Die Thäter sind verhaftet.

Bietigheim, 15. Aug. Ein Gutsbesitzer auf dem Pulverdinger Hof hatte den Strohertrag von etwa 20 Morgen Gerste in drei großen Haufen ins Feld setzen lassen. Am Freitag Abend kurz nach 8 Uhr wurden diese von ruchloser Hand in Brand gesteckt.

Friedrichshafen, 15. Aug. Das bei Horn gestrandete DampfbootFriedrichshasen" wurde am 15. d. M., mit 4 Schleppkähnen verbunden, im Schlepp­tau des BootsEberhard" glücklich nach Friedrichs­hafen verbracht.

Brandfälle: In Winnenden am 16. Aug. das sog. Schafhaus, ein langer großer mit Futter und Früchten gefüllter Bau, in welchem eine hiesige Familie zur Miete wohnte; in Eltin gen (Leonberg) am 16. ds. eine größere, mit vielen Felderzeugnissen gefüllte Scheuer, die Nachbarscheuer und die in der Nähe stehenden Wohnhäuser wurden stark be­schädigt; in Gmünd am 17. ds eine Scheuer nebst Faßremise; in dem Weiler Unterohr n (Oehringen) die mit Garben gefüllte Scheuer des Oekonomen Hoffmann.

Konstanz, 15. August. Dieser Tage hat ein Fischer in der Nähe der Mainau iu einem einzigen Zug ungefähr 50 Ztr. Brachsmen gefangen. Ein glücklicher gewinnreicher Zug! Der Preis der Brachs­men beträgt 1220 vkL Per Ztr. (Schw. B.)

Der in letzterer Zeit im bayrischen Schwa­ben mit so großem Erfolge ausgetretene Kraftmensch Windson hat. eine schwere Niederlage erlitten. Er wurde in Ulm, wie derPs. P." gemeldet wird, von einem Schneider besiegt! Gelang es dem Helden von der Nadel auch nicht, den Kraftmenschen regelrecht" zu werfen, so war er doch augenscheinlich im Vorteile. Der Athlet lehnte die Aufforderung zu einem nochmaligen Ringen, diesmal ohne Gürtel, ab.

Darmstadt, 15. August. In Appenrod, im Kreis Alsfeld, ist heute ein großes Feuer ausge­brochen. Dasselbe legte binnen 3 Stunden die Hälfte des Ortes in Schutt und Asche.

Berlin, 17. Aug. Ein Gegenstand der Barzi- ner Verhandlungen bei der Zusammenkunft Bismarck's mit Kalnoky soll nach derNat.-Ztg." die Stellung Oesterreichs gegenüber den deutschen Getreidezöllen gewesen sein.

Berlin, 17. Aug. Das Denkmal des Kö­nigs Friedrich Wilhelm I. wird morgen in Potsdam in Anwesenheit Kaiser Wilhelm's enthüllt werden. Die Feierlichkeit ist rein militärisch.

Berlin, 17. Aug. Die Annahme der deut­schen Vorschläge wegen der Einführung einer Ein­heitstaxe im europäischen Telegraphenverkehr erscheint leider aussichtslos.

Berlin, 18. Aug. Das Ereignis des Tages ist der überaus herzliche Empfang des Wiener Män­nergesangvereins bei der Kaiserlichen Familie auf

Babelsberg. Der Kaiser hörte nahezu eine Stunde den Liedern zu und äußerte sich in längerem Gespräch mit den Mitgliedern ganz entzückt von den Leistun­gen. Der Abschied war rührend und herzlich. Die Dirigenten des Vereins sind auf heute nach Babels­berg zu Mittag geladen. Ein privates Feuerwerk­laboratorium im Weichbild Berlins ist gestern mit großen Vorräten in die Luft geflogen. Zwei Men­schen wurden sofort getötet, zwei furchtbar verstüm­melt. Der Knall wurde in ganz Berlin gehört.

In Berlin ist man entzückt von dem Besuch des Wiener Männergesangvereins. Man bereitete ihnen einen festlichen Empfang, bei welchem Stadt­syndikus Zelle die Begrüßungsrede hielt. Olschbaur sagte in seiner Antwort: Wir sind hieher gekommen, um Eroberungen zu machen; die schneidige Waffe, die wir führen, ist unser Lied, und was wir erobern wollen das sind ihre Herzen. Ein nicht enden wollendes Hurrah dankte den Worten des Wiener Redners.

In der Filiale des Zentralshotels in Berlin erschoß in der Nacht zum Mittwoch ein dort in Zivilkleidung abgestiegener Husaren-Offizier seine Begleiterin, ein junges, blühendes Mädchen, und dann sich selbst. In der Tasche des Herrn fand sich als ganze Baarschaft nur ein Zwanzigpfennig­stück vor.

Um eine Einigung bezüglich der Beantwortung derjenigeu Fragen zu erzielen, welche das Berliner Po­lizeipräsidium bezüglich der Erhebungen über die Sonntagsarbeit an die Bäcker gerichtet hatte, waren am 13. über 600 Bäckergesellen zusammenge­treten. In ihrer Versammlung herrschte über die Notwendigkeit der Aufhebung der Sonntagsarhjit nur eine Stimme. Es wurde dabei besonders' be­tont, daß es ein Leichtes sei. den SonntagssteÜarf an Backwaren am Sonnabend, beziehungsweise vor Anbruch des Sonntags fertig zu stellen! In der That wurden auch die Fragen in diesem Sinne be­antwortet. Die wirtschaftlichen Gründe der Sonn­tagsarbeit wurden verneint; die Möglichkeit pekuniä­rer Nachteile von der Aufhebung der Sonntagsar­beit fällt schon darum weg, weil die Gesellen gegen Wochenlohn arbeiten und die Sonntagsarbeit über­haupt nicht bezahlt wird. Die Versammlung sprach sich für unbedingte Beseitigung der Sonntagsar­beit aus.

Berlin. Aus Wien telegraphiert man der Frkf.Z." von dem Uebertritt des Grafen Edmund Szechenyi in Konstantinopel zum Islam. (Ist dieser Religionswechsel wohl Ueberzeugung oder Speku­lation?)

Von amtlicher Seite werden dieSchlesw. Nachr." ersucht, vor einer Auswanderung nach Queensland aufs Nachdrücklichste zu warnen. An­geblich im Aufträge der Kolonialregierung von Queensland in Australien versuchen augenblicklich Agenten, Deutsche zur Auswanderung nach dort zu bewegen unter dem Versprechen von freier Ueberfahrt und sofortigem Verdienste. Die Auswanderer müssen ihrerseits aber einen mehrjährigen, festen Arbeitskon­trakt eingehen, durch welchen dieselben in ein sklaven­ähnliches Abhängigkeitsverhältnis kommen würden. Ganz davon abgesehen ist die Arbeit, für welche die Anzuwerbenden bestimmt sind, und das dortige Klima für Europäer gänzlich ungeeignet. Die schwere Feld­arbeit in den Zuckerplantagen können selbst Chinesen, welche früher ins Land gezogen wurden, nicht leisten, und von 80 im vorigen Jahre neu angeworbenen Weißen waren nach sechs Monaten nur noch sechs