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einzige gemeldete neue Streik ist der von 700 Zuschneidern in Philadelphia, die das Verlangen nach Mündiger Arbeit bei lOstündiger Bezahlung stellten, was abgelehnt wurde.
— Die große diesjährige Fahrt amerikanischer Sänger nach Deutschland wird am 10. Juni von New-Dork aus mit dem Dampfer „Westfalia" vor sich gehen und es werden sich an ihr viele amerikanische Gesangvereine, insbesondere auch von New-Dork, beteiligen.
. ^ sd Gcrges-Weuigkeiterr.
Nagold, 11. Mai. Am letzten Sonntag wurden in ßbhaus en zwei 13jährige Knaben von ihrem Lehrer ertappt, als sie eben die Opferbüchse plündern wollten.
Wildbad, 12. Mai. Heute vormittag nach 11 Uhr-versammelten sich auf dem hiesigen Bahnhof die bürgerlichen Kollegien mit Herrn Stadtschultheiß Bätzner an der Spitze zum Empfang unseres neuen Herrn Stadt- vfarrers H ä r l e, bisher Oberhelfer in Cannstatt. Nachdem derselbe mit seiner Familie den Wagen verlassen, wurde er von unserem Stadtvorstande namens der Stadt Wildbad herzlich willkommen geheißen, worauf Herr Härle seinen Dank für den freundlichen Empfang aussprach. Alsdann wurde derselbe von den bürgerlichen Kollegien nach dem Stadtpfarrhause geleitet, wo die Schulkinder mit ihren Lehrern Aufstellung genommen hatten. Das Absingen eines Chorals durch diese beendete die auf besonderen Wunsch des Herrn Stadtpfarrers so einfach gehaltene Empfangsfeier. — Dem bisherigen Stadtpfarrverweser Herrn Mayer wurde gestern abend eine schöne, zahlreich besuchte Abschiedsfeier im untern Saal des Badhotels bereitet.
Stuttgart, 12. Mai. Wie wir vernehmen, hat Seine Majestät derKönig in Würdigung der großen Bedeutung, welche dem vonPasteur in Paris entdeckten Verfahren der Behandlung von tollen Hunden Gebissener in wissenschaftlicher wie in humanitärer Beziehung zukommt, die Absendung eines württembergischen Arztes nach Paris angeordnet, um an Ort und Stelle jenes Verfahren zu studieren. Mit gnädigster Genhmigung Seiner Majestät hat sich zu diesem Behufs das Mitglied des Medizinalkollegiums Medizinalrat Dr. Rembold nach Paris begeben, nachdem sich Pasteur auf Anfrage bereit erklärt hat, ihn aufzunehmen und in seine Methode einzuführen. Außer mit dem Studium des Pasteur'schen Verfahrens zu Behandlung der Tollwut ist Rembold auch mit näherer Erlernung und Erforschung der Methoden beauftragt, welche der berühmte französische Gelehrte zu Bekämpfung des bei den Haustieren vorkommenden Milzbrandes und der in Württemberg in großem Umfange herrschenden, der Landwirtschaft sehr bedeutende Verluste verursachenden Rotlaufseuche der Schweine ausgebildet hat.
C a n n st a t t, 13. Mai. In einer zahlreich besuchten Versammlung im Saale zum Hotel „zu den 4 Jahreszeiten" erstattete gestern Abend unser Reichstagsabgeordneter Landrichter Veiel Bericht über die Verhandlungen des letzten Reichstags. Es wurden dieselben Fragen behandelt, wie dies im „Schw. M." von anderen Orten bereits gemeldet wurde. Der Vortrag befriedigte allgemein. — Der Kieslieferant I. Näher von hier förderte gestern unterhalb des neuen Stegs nach Münster mit seiner Baggermaschine eine Anzahl Goldstücke zu Tage in der Größe von einem Kronenthaler bis zu 1 Markstück herab. Dieselben sollen aus der Römerzeit stammen, doch kann das Gepräge und die Jahreszahl erst nach gründlicher Reinigung angegeben werden.
Ludwigsburg, 10. Mai. Das Hochzeitsgeschenk der AmtskorporationLudwigsburg, bestehend aus 3 Kühen Allgäuer Schlags, welche auf dem Nippenburgerhof gekauft wurden, sammt den nötigen Stallrequisiten, wurden heute Sr. K. H. dem Prinzen Wilhelm auf Marienwahl durch eine Deputation der Amtsversammlung, bestehend aus Oberamtmann Klaiber, Oberbürgermeister Abel, Stadtschultheiß Sprinkhardt von Asperg und Gottschick von Markgröningen, Schultheiß Völm von Schwieberdingen und dem funktionierenden Oberamtstierarzt Dochtermann, übergeben.
Die Kühe sind schöne Tiere und die Amtsversammlung scheint insofern mit ihrem Geschenk eine glückliche Wahl getroffen zu haben, als der Wunsch I. K. Hoheiten bekannt war. aus eigenem Stalle die Milch zu bekommen. Die Deputation wurde aufs huldvollste empfangen. (L. Z.)
Eßlingen, 11. Mai. Heute Vormittag uud Nachmittag gingen heftige Regen nieder bei 15" C. Bei einem Gang über unsere Berge letzten Sonntag zeigte sich an Reben und Bäumen deutlich, daß nur da, wo die Sonne gleich am Morgen die erfrorenen Teile traf, dieselben verbrüht worden sind. — Vorige Woche wurde auf der Spinnerei und Weberei auf dem Brühl von einem Teil der Arbeiter eine Arbeitsein st ellung versucht, wegen Wegfalls besonderer Belohnung; allein am andern Tage nahmen alle die Arbeit wieder auf.
Ebingen, 12. Mai. Gestern wurde in dem benachbarten Pfeffingen ein braver achtzehnjähriger junger Mann zur Erde bestattet, der aus Anlaß einer Hochzeitsfeierlichkeit am Ostermontag aus Versehen durch den Mund geschossen worden war, wobei insbesondere die Zunge die fchwerste Verletzung erhielt, die den Tod zur Folge hatte. Der junge Mann wird allgemein bedauert.
Geislingen, 12. Mai. In der Nähe des hiesigen Bahnhofs ereignete sich heute abend ein schrecklicher Unglücksfall. Ein mit Abnehmen eines Gerüstes beschäftigter Gipser, Familienvater aus Mühlhausen, glitt aus und stürzte 3 Stock hoch herunter, wobei sofort der Tod eintrat.
WernrifchLes.
— Scheffel-Archiv. Behufs der Errichtung eines Scheffel- Archives läßt die Familie des verstorbenen Dichters auf diesem Wege an alle, welche im Besitze von Aufsätzen, Anekdoten, Gedichten rc. (älteren und neueren Datums) über I. V. v. Scheffel sind, die freundliche Bitte ergehen, solche gütigst der Frau Doktor v. Scheffel in- Karlsruhe (Baden), Stefanienstr. 16 zur Verfügung zu stellen.
— Das erste Scheffel-Denkmal. Dieses wird in Thüringen und zwar in Ilmenau errichtet. Hier hat Scheffel öfters Sommeraufenthalt genommen. Er gehörte mit seinem Freunde, Oberamtsrichter Schwanitz daselbst, zur Gabelbach-Gesellschaft, „die Gemeinde Gabelbach" genannt. Von dieser wird am Gabelberg auf einem reizend gelegenen Waldplatz, „Scheffel-Platz" genannt, alsbald eine fünf Meter hohe Pyramide errichtet, die aus aufeinander geschichteten Gebirgsblöcken gebildet wird, und in deren oberstem Granitblock das aus Bronzeguß herzustellende Reliefbild Scheffels angebracht wird.
— Kilometer-Malerei. Ein Statistiker des Pariser Blattes „Voltaire" gibt die Zahl der in Frankreich thätigen Maler auf die Summe von 22,357 Köpfen an. Diese bedecken jährlich 15 Quadratkilometer Leinwand mit Farben, was kein Wunder ist, da jeder heutzutage bei seinem Gemälde glaubt, je größer, desto besser!
Kgl. Standesamt Kalw.
Vom 5. bis 13. Mai 1886.
Gebo rene:
5. Mai. Karl Wilhelm, S. des Wilhelm Stickel, Uhrmachers hier.
9. „ Karl Adolf Heinrich, S. des Friedrich Oestcrl e n, Kaufmanns hier.
9. , Otto, S. des Konrad Müller, Lindenwirts hier.
Getraute:
13. Mai. Wilhelm Kolb, Webmeistersgchilse hier, mit Louise Friedrike Grißler von hier.
13. » Wilhelm Buck, Bäcker hier, mit Louise Mathilde Rüffle von hier.
Gestorbene:
7. Mai. Katharina geb. Magen au, Ehefrau des Christian Scheck) ingcr, Tuch-
scheerers hier, 59 Jahre alt.
8. . Georg Julius Eberhardt, Sohn de« Adolf Eberhard, Maschinenstrickers
hier, 6 Monate alt.
12. . Georg Eitel, gewes. Bauer von Eberdi ngen O.-A. Vaihingen, 75 Jahre alt .
Wegen Nachahmungen verlangen Sie den achten Magenbehagen von Aug. Widtfeldt in Aachen.
der Stirn des Kommerzienrats angesammelt; seine herabhängenden Hände zuckten, als wenn sie einem unsichtbaren Gegner an die Gurgel wollten.
„Den Namen!" keuchte er.
„Führe mich in den Keller."
Nein "
„Warum nicht?"
„Weil — ich es unter meiner Würde halte, mich vor meinem Kinde von einem Verdacht zu reinigen, der für uns Beide gleich beschimpfend ist."
„Und darum eben," beharrte Klara, „solltest, müßtest Du es thun. Ja, dieser Verdacht, er ist beschimpfend, entehrend. Wende ihn ab, Vater, von Dir, von mir — ich bitte, ich beschwöre Dich darum!"
„Nein!"
„Auf meinen Knieen flehe ich Dich an."
«Steh auf! Steig' nicht noch tiefer, als Du mit diesem Verdacht schon thust. Befrage mich nicht weiter."
Der Kommerzienrat wendete sich zur Thür.
„Vater!" sprang Klara auf.
Er hielt seinen Schritt an.
„Was noch?" fragte er gereizt, ohne sich umzublicken.
„Du willst diesen Verdacht nicht entkräften?"
„Nein."
„Du wagst es nicht!"
„Mädchen!"
In wilder Wut fuhr der schwer gekränkte Mann auf seine Tochter los; diese trat erschrocken einen Schritt zurück.
„Wie anders denkst und handelst Du jetzt," sagte er mit schneidendem Hohn, „als da Martin Förster Dir so gegenüber stand! Noch vorhin sprachst Du von der mitempsundenen Schmach, Deinen braven alten Vater so schwer und ungerecht verdächtigt zu sehen."
„Und was verlange ich denn anders," entgegnete Klara, „als daß Du jene Schmach auslöschst für immer."
„Das ist schon geschehen durch meine Erklärung, daß Alles Lüge und Verleumdung ist."
„In meinen Augen ja, aber nicht in den Augen der Welt; und ehe Du mich nicht in den Stand setzest, auch dieser zu beweisen, daß man uns Unrecht thut, sehe ich mich nicht in der Lage, Deinen Wunsch wegen Nennung des wirklichen Mörders zu erfüllen."
Der Kommerzienrat nagte wütend an seiner Unterlippe.
„Das heißt," zischte er, „wegen Nennung des angeblichen Mörders ; denn wenn Du, wie Du sagst, Martin Förster nicht auf die Straße folgtest, und nicht sähest, wie er zu seinem Ende kam und durch wen, kannst Du auch nicht mit Bestimmtheit sagen, daß Der und Jener der Mör-
„Allerdings", entgegnete Klara. „Aber ich hoffe doch, daß mein Ver- dacht mich nicht trügt. Denn wenn dieser Brief des alten Förster in Unrechte Hände gefallen wäre — es wäre entsetzlich!"
Der Kommerzienrat atmete tief und schwer. An diese Möglichkeit hatte er noch gar nicht gedacht. Der Mörder hatte dem jungen Förster Alles ge- nommen, also auch seine Papiere; und da Klara den Brief mit eigenen Augen gesehen hatte, war kein Zweifel darüber, daß er sich zur Zeit der Ermordung im Besitz Försters befunden hatte. Die Angst trieb ihn aber, em solches Zugeständnis nicht zu machen.
„Es wird wohl mit dem Briefe wie mit der Verdächtigung des Herrn sein," sagte er spöttisch. „Weshalb sonst ließ er ihn Dich nicht sehen?"
„Und weshalb lässest ä)u mich den Keller nicht sehen, da doch darin nichts Verdächtiges verborgen ist?"
Der Kommerzienrat fand keine Antwort auf diese eigentümliche Gegenfrage, oder vielleicht hielt er es wirklich unter seiner Würde, seiner Tochter den Willen zu thun. (Fortsetzung folgt.)