Der Gesellschafter.

Amis- und Intelligenz-Blatt für den Oderamts-Bezirk Nagold.

^§79.

Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donnerstag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlokm) SO in dem Bezirk 1 ^ 4, außerhalb des Bezirks 1 20 4. Monats­

abonnement nach Verhältnis.

Donnerstag den 9. Juli.

Jnsertionsgebühr für die Ispaltige Zeile aus ge­wöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung S 4, bei mehrmaliger je 8 4. Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegeben sein.

1885 .

Bestellungen auf den Gesellschafterl für das laufende III. Quartal können immer noch gemacht werden bei der nächstgelegenen Poststelle oder d em betr. Postboten. _

Amtliches.

Nagold.

Ar» die Grtsvsrsteher.

Auftrete» der Blutlaus betreffend.

Nach erhaltener Anzeige ist auch Heuer wieder das Auftreten der Blutlaus in einigen Gemeinden des Bezirks beobachtet worden.

Unter Hinweis auf die Erlasse k. Ministerium des Innern vom 23. November 1874 (Minist.-Amts- blatt Seite 299) und vom 23. Mai 1882 (Ministerial- Amtsblatt Seite 226) werden die Ortspolizeibehör­den derjenigen Gemeinden, auf deren Markungen das Auftreten der Blutlaus wahrgenommen wird, aufge­fordert, die nötigen Abwehr-Maßregeln gegen dieses in hohem Grad schädliche Insekt zu treffen und über das Geschehene an die Unterzeichnete Stelle zu be­richten.

Den 6. Juli 1885.

_ K. Oberamt. G üntne r. _

Nagold.

Erledigte Oderamtsgeometerstelle.

Die Bewerber um die erledige Oberamtsgeo­meterstelle in Gehrirtge« haben sich innerhalb 3 Wochen beim K. Steuer-Kollegium zu melden.

Den 7. Juli 1885.

K. Oberamt Güntner.

Egypten und das Kabinet Salisbury.

Unter den verschiedenen politischen Erbschaften zweifelhafter Natur, welche das neue englische Tory- Ministerium von seinem liberalen Vorgänger zu übernehmen hatte, ist die egyptische Frage die zwiei- felhafteste und mißlichste. Sie präsentiert sich heute als eine nahezu unentwirrbares Chaos und fast hätte man wünschen mögen, das Ministerium Glad­stone wäre noch im Amte geblieben, nur damit man hätte sehen können, wie es denn eigentlich versuchen würde, wieder Ordnung in dieses von dem liberalen Ministerium selbst geschaffene Chaos zu bringen. Den Anfang hierzu hatte Mr. Gladstone nach sei­ner Meinung wenigstens allerdings gemacht, in­dem er den Rückzug der englischen Truppen aus dem Sudan anordnete; aber gleich diese Maßregel zog schon wieder eine solche Menge neuer Schwierigkei­ten nach sich, daß Mr. Gladstone wahrscheinlich selbst froh gewesen ist, durch seinen bald darauf erfolgten Sturz u. A. auch der Verantwortlichkeit für die fernere Entwickelung der egyptischen Affaire enchoben zu sein.

Dem Kabinet Salisbury ist nuu die höchst unangenehme und schwere Aufgabe zu Teil gewor­den, die egyptische Frage aus dem Zustande maß­loser Konfusion, in welchen sie durch die krämer­hafte und kurzsichtige Politik Mr. Gladstone's gera­ten ist, einigermaßen herauszuschülen und somit England vor den Augen Europas wieder zu rehabilitieren. Salis­bury geht denn auch nur zögernd und mit großer Vorsicht an diese Arbeit, aber daß er entschlossen ist, die egyptische Frage nicht länger in dem Stadium der Versumpfung zu lassen, in welches sie durch Gladstone geraten ist, geht schon aus seinen ersten Schritten hervor, die er zu diesem Behufe gethan hat. Zu ihnen gehört die beschlossene Entsendung Sir Drummond Wolff's nach Egypten; wie es heißt, wird Sir Drummond mit den umfassendsten Vollmachten versehen werden und da er eine reiche

staatsmännische Erfahrung hinter sich hat, und als ein gründlicher Kenner des Orients, speziell Egyptens, gilt, so darf man wohl annehmen, daß das Kabinet Salisbury mit seiner Wahl einen glücklichen Griff gethan hat. Als ein anderer nicht minder bedeutungs­voller Schritt zur Lösung der egyptischen Wirren muß die von der Tory-Regierung beabsichtigte Wie­derbesetzung Dongolas betrachtet werden. Freilich, sie hat dieselbe erstim Prinzip" besschlossen, aber schon dieser Beschluß bedeutet eine Umkehr von der kopflosen und geradezu feigen sudanesischen Politik Gladstone's; ebenso wird bestimmt versichert, daß Salisbury den Gladstone'schen Gedanken, die Be­setzung von Suakim einer dritten Macht zu überlas­sen, nicht weiter verfolgen werde, sondern daß er entschlossen sei, diesen wichtigen Platz unter allen Umständen durch englische Truppen halten zu lassen, ebenso wie auch Assuan, Korosko und Wadyhalfa.

Nun, dies Alles kündigt ein energisches, zielbe­wußteres Auftreten Englands am Nil an und scheint demnach das Kabinet Salisbury begriffen zu haben, daß es die höchste Zeit ist. den Sudanrebel­len wieder etwas die Zähne zu zeigen, wenn das militärische Ansehen der Briten in Egypten nicht vollständig in die Brüche gehen soll. Aber noch harren daselbst noch andere schwierige Fragen ihrer Lösung, so hauptsächlich die der verwickelten Finan­zen und die Neutralisierung des Suez-Kanals und Egyptens. Beide Fragen jedoch können nicht von England allein und nicht auf egyptischem Boden, sondern nur gemeinschaftlich von den Großmächten gelöst werden und bekanntlich wird auch die Ange­legenheit des Suez-Kanals von der in Paris zu diesem Zwecke zusammengetretenen internationalen Kommission schon seit Wochen erörtert, ohne daß letztere bis jetzt zu einem greifbaren Resultate ge­kommen wäre. Mr. Gladstone hat eben auch diese Frage und ganz dasselbe gilt von der egyptischen Finanzaffaire so gründlich verfahren, daß die Mächte in der That nicht wissen, an welcher Stelle sie zuerst ordnend und ausgleichend eingreifen sollen.

Wenn indessen Salisbury den guten Willen hat, auch nach dieser Richtung hin die Sünden Gladstone's wieder gut zu machen, so weit dies eben noch geht, so wird sich noch manches erreichen las­sen. Hierbei, wie überhaupt in der ganzen egypti­schen Frage ist es unerläßlich, daß England endlich die zweideutige Politik Deutschland und Oesterreich gegenüber, wie sie Gladstone beliebte, fallen läßt und sich den beiden Kaisermächten offen nähert und hat es bereits dieMorning-Post", das Organ Salis- bury's verkündet, daß das Tory-Ministerium ent­schlossen sei, das freundschaftliche Einvernehmen mit den Kabineten von Berlin und Wien zu hegen. Es würde dies zeigen, das Salisbury weit mehr Verständ­nis für die allgemeine politische Situation besitzt, als es seinem Vorgänger eigen war und ein freundschaftliches Einvernehmen mit den europäischen Zentralmächten kann den Plänen des Kabinets Salisbury in Bezug auf Egyp­ten nur förderlich sein. Diese Erkenntnis markiert schon einen bezeichnenden Unterschied zwischen der egypti­schen Politik Gladstone's und derjenigen Salisbury's und läßt hoffen, daß England von letzterer andere Früchte ernten werde, als von jener.

Tages-Neuigkeiten.

* Nagold, 7. Juli. Unsere Väter der Stadt haben heute sich zu einem von der Bürgerschaft schon lange erwünschten Beschluß ermannt, wonach das untere Thorhäuschen, ein alter Stein des Anstoßes

baulicher Aesthetik und für Fuhrwerke, nunmehr ab­gebrochen und an der Haiterbacher Straße, einge­richtet zu 8 Wohnungen für Ortsarme, neu erstellt werden soll. Durch diesen Abbruch wird die für die Calwerstraße schon lange projektierte Dohle ebenfalls zur Ausführung gebracht und die Berwohner dieser Straße endlich von den miasmatischen Dünsten des ^ Straßenkandels befreit werden.

KRohrdorf. Vergangenen Dienstag den 7. d. M. fand hier eine seltene Feier statt. Ein Ehe­paar (G. M. Nestle und seine Gattin Christ. Magd, geb. Rauser von Ebhausen) feierte seine goldene Hochzeit, die erste seit Menschengedenken, die hier gefeiert wurde. Beide Ehegatten sind noch ziemlich rüstig und gesund und zählen miteinander die schöne Summe von 147 Jahren. Sie waren umgeben von 4 verheirateten Kindern und haben 17 Enkel, von welchen die ältesten etwa 20 Jahre alt sind. Möge es dem Jubelpaare, das war der Wunsch, dem auch bei der Feier Ausdruck gegeben wurde, vergönnt sein, noch manches Jahr munter und rüstig mit einander und im Kreise der Ihrigen zu verleben.

/V Spielberg, 7. Juli. Am Abende des letzten Freitag kam der ledige Kaufmann Wilhelm Steeb, Sohn der Witwe Steeb zum Ochsen hier, zum Besuche seiner kranken Mutter zu Hause an, zu welchem Zwecke ihm als dermaligem Soldaten beim 1. Grenadier-Regiment Königin Olga in Stutt­gart auf einige Tage Urlaub verwilligt war. Zu großer Beängstigung der Angehörigen befiel ihn bald ein Unwohlsein, das in die Brechruhr überging, die denn auch heute früh das junge Leben des hoff- ^ nungsvollen Mannes rasch verzehrte. Allgemeine Teilnahme wendet sich der trauernden Familie zu.

-X Alten steig, 6. Juli. Heute wurde hier bei Metzger Friedrich Sailer ein etwa 4 Jahre alter Hirsch zum Preise von 45 L L Sk ausge­hauen, welchen der sichere und glückliche Schütze Hr. Forstwächter Krauß von Spielberg im Staats­walde Grassert erlegt hat. Das Gewicht des edlen Tieres betrug 275 K. Herr Oberförster Stock nahm von der Absendung des prächtigen Vierenders Umgang, worauf das Fleisch in Kürze abgesetzt war und mancher Liebhaber eines Hirschbratens einen Anteil nicht mehr bekommen konnte.

Am vergangen Sonntag feierte der Liederkranz in Horb sein Jahresfest unter Teilnahme vieler auswärtiger Vereine, auch dem von Sulz und Obern­dorf. Der Vorstand des Horber Liederkranzes, Apotheker Ott, hob in seiner kurzen Ansprache her­vor, daß durch Veranstaltung solcher Zusammenkünfte der Plan, später einen Gauverein zu gründen, am besten gefördert werde. Bei dem Wettgesang über­raschten besonders die Lieder des gemischten Chors aus Göttelfingen.

Wildbad, 4. Juli. Der am 2. und 3. Juli hier gehaltene Berbandtstag württ. Genossenschafts­banken hatte sich einer regen Beteiligung zu erfreuen. Vertreten waren 25 Genossenschaftsbanken durch 65 Herren. In den Verhandlungen, welche am Don­nerstag abend begannen und am Freitag vormittag fortgesetzt wurden, fanden sämtliche auf der Tages­ordnung stehenden Punkte ihre Erledigung. Darun­ter sind hervorzuheben: Besprechung über Versiche­rung der Vereinsbeamten gegen Invalidität und Todesfall; Verhältnis der Sparkasseneinlagen zum Postsparkassengesetz; Beschlußfassung über die Be­schickung des allgemeinen Vereinstages in Karls­ruhe rc.

Gestern nacht ist zwischen Tübingen und