Gesicht verletzte. Den Umstehenden gelang es, den Rasenden zu packen und von weiterem Unheil abzuhalten. Der Attentäter wurde dem Gericht übergeben.
Rottenburg, 5. Mai. Heute abend 6 Uhr verschied Herr Domcapitular Andreas Freytag hier, nachdem er nur 5 Monate letztere Stelle bekleidet hatte. Seine Gesundheit war schon bei Antritt seines hiesigen Amts etwas angegriffen; dessenungeachtet arbeitete er sich in seinem neuen Beruf mit besonderem Geschick ein und war einige Monate ununterbrochen thätig, bis er seinem Leiden, der Schwindsucht, im 44. Lebensjahre erlag. Der Klerus verliert an ihm einen edeln Priester, das Domkapitel einen sehr brauchbaren Mitarbeiter und alle, die sich seines Umganges erfreuen durften, werden seinen Verlust schmerzlich fühlen. SeinHingang wird aufrichtig bedauert.
Heidelberg, 4. Mai. Das Konnte, welches sich hier zur Errichtung eines S ch ef feld e n km a l s gebildet Hai, übersendet uns einen Aufruf, dem wir Folgendes entnehmen: Fast unmittelbar nach Scheffels Tode ist in Heidelberg der Gedanke erwacht, ihm an den Ufern des Neckars, die seine Lieder verherrlicht, ein Denkmal zu setzen. Für ein solches dürfen wir vor allem das Recht geltend machen, das des Dichters Liebe zu unserem Thale, zu unserer Stadt u s gibt, die er selbst nannte „mein geliebtes Alt-Heidelberg". Hier weilte er, schon zum Tode krank, Erleichterung seines Leidens hoffend, noch einmal vor seinem Ende; hier feierte er den letzten Geburtstag. Das Konnte, in welchem sich der Prorektor der Universität Dr. I. Vekker und der Oberbürgermeister Tr. Wilckens befinden, wendet sich an alle, die den durch Scheffels Poesie verklärten Zauber von Heidelbergs Naturschönheit empfunden, die an des Dichters heitern und ernsten Gesängen sich erquickt haben, mit der Bitte um Beiträge.
Frankfurt a. M., 4, Mai. Ein Schuhmacher C. Frommer aus Stuttgart hat sich in der vergangenen Nacht an der Obermainbrücke erschaffen und fiel ins Wasser. Die mit der Bergung der Leiche beschäftigten Polizisten entdeckten dicht neben der Leiche eine Reihe von mit Pergamentpapier umhüllten Sprengstoffhülsen, welche mit der Zeichnung „Rheinische Dynamitfabrik" versehen waren. Man konstatierte, daß die Patronen wohl einige Zeit im Wasser gelegen haben mußten. Was es damit für eine Bewandtnis habe, ist noch nicht herausgedracht. — Es finden die umfassendsten Untersuchungen statt. Heute f-üh wurden die Namen sämtlicher am Wasser oder in der Nähe des Ufers den Tag über beschäftigten Leute notiert. Ob Frommer mit jenem Funde etwas zu thun hat, ist sehr fraglich. Der Verdacht lag nahe, weil er am Tage seinen Freunden eine Patrone gezeigt hatte. Es ist indes bereits festgestelll, daß jene Patrone zu der Pistole gehörte, womit sich Frommer ln die Stirne schoß, während die gefundenen Dynamit- Patronen eine Länge von 12 Cm., eine Breite von 10 Cm., eine Dicke von '/2 Cm. hatten.
Her fort, 2. Mai. Die „Rhein. Wests. Ztg." schreibt: Der in der hiesigen Gefangenenanstalt untergebrachte Husar Kuphal diente im Feldzuge gegen 1870,71 im 8. Husaren-Regimente. Bei Gelegenheit eines Nekognos- zierungsriltes außerhalb der Festung Metz widersetzte er sich in berauschtem Zustande mit der Waffe in der Hand gegen einen Offizier und wurde deshalb durch das Kriegsgericht zum Tode mittelst Erschießens verurteilt. Im Gnadenwege wurde Kuphal zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe verurteilt. Seit Jahren verbüßt derselbe m hiesiger Gefangenenanstalt die Strafe. Durch Allerh. Kabi- netsordre vom 27. April, die vorgestern hier eintraf, ist Kuphal von dem Kaiser begnadigt und gestern aus d r Anstalt entlasten worden. Kuphal hat sich während der ganzen Dauer seiner Strafzeit musterhaft geführt und keinerlei Veranlassung zu Beschwerden gegeben. Die unverhoffte Freude rührte den inzwischen zum Manne herangerelfteu Begnadigten tief; seinen Gefühlen gab er durch Weinen und Lachen Ausdruck.
Berlin, 4. Mai. Der deutsche Fis ch erv ere in hat in seiner letzten Hauptverlammlung beschlossen, an das Neichsamt des Innern das Ersuchen um Erhöhung des dem Verein aus Reichsmitteln gewährten jährlichen Zuschusses von 20,000 auf 30,000 zu richten. Aus dem Jahresbericht ist folgendes zu entnehmen: Dem Professor Band in Washington verdankt der Verein mehr als zwei Millionen edler Salmoniden-Eier, von denen eine Million in den Booensee, die andere in die bayerischen Gewässer ausgesetzt ist. Der Verein vergalt dieses durch Uebeisendung von 200,000 Eier der von hier aus auch in Frankreich eingebürgerten kleinen Maräne und der
düng zum Maskenball kommen wolle, so könne eine Unterredung im Wintergarten statt finden."
„Im Wintergarten?" Etwold rang nach Atem. „Weiler!"
»Ich sagte ferner, daß es bei uns nicht üblich sei, den Zutritt von Gästen durch Einladungskarten zu kontroliren. Wir nehmen einfach an, daß nur die Geladenen kämen, da ja nur diese Kenntnis von dem Feste haben könnten. So mußte natürlich auch Martin ungefragt passiren."
„Natürlich!" warf Etwold ungeduldig ein. Und welche Maske führte er?"
„Schwarzer Domino mit rotseidener Maske. Das sollte für mich zugleich ein Erkennungszeichen sein. Es waren noch viele schwarze Dominos da; doch nur dieser eine trug eine rotseidene Maske."
„Und die Begegnung? —"
„Sie fand statt."
„Und Martin Förster? — er sprach Dir von der Million, die er gewonnen —"
„Er that es und zeigte mir eine mit Banknoten gefüllte Brieftasche; aber er rüat es in einer höhnischen beleidigenden Weise, wie man Jemand etwas hinhält, mit dem man seine Begierde reizen, das man ihm aber nicht geben will Diese Anmaßung empörte mich; ich sagte, daß ich keine M llion von ihm begehrt habe und von ihm auch nichts annehmen würde. Ob er nur deshalb von Amerika gekommen, um mich zu beleidigen."
Ec entichulvigte sich aus Gründen seiner inneren Erregtheit.
„Fräulein Etwold", sagte er, „ich will ganz offen gegen Sie sein und erwarte von Ihnen die gleiche Aufrichtigkeit. Ja, ich bin reich geworden in
Forelle. Aus Galizien trafen 7000 Zander ein, welche in ganz Süddeutschland verteilt wurden. Neue Verbindungen sind mit Kroatien und Rußland angeknüpft. In beiden Ländern handelt es sich um Erwerb des kostbaren Sterletts für unsere Ströme. Im Vorarlgebirg sind auf Kosten des Vereins im letzten Winter 100,000 Forellen ausgebrütet worden; ähnlich will man im Fürstentum Liechtenstein wirken.
— In Berlin war der Hagel und Schneefall am Sonntag strich, weise so bedeutend, daß die Landschaft binnen wenigen Minuten eine richtige Winter-Physiognomie trug. Auf der Strecke Friedrichshagen-Köpenick lag am Montag Morgen der Schnee noch fest, so daß man im Mai durch eine vollständige Winterlandschaft fuhr. Der Frost hat in der Umgegend Berlins nicht unerheblichen Schaden angerichtet, überall her kommt Kunde über erfrorene Blumen, Sträucher und Baumblüten. In der Nacht zum 1. Mai sank das Thermometer auf 2>/z, in der Nacht vom 1. auf den 2. Mai auf 4 Grad unter Null, ebenso am folgenden Tage.
Aus Elsaß-Lothringen 2. Mai. Während man sonst gewöhnt war, daß französische Weine in großer Menge hieher verschickt wurden, werden seit einigen Monaten massenhaft elf äs fische Weine aus allen Lagen aufgekauft und nach Frankreich ausgeführt, nachdem vorher der Alkoholgehalt derselben aus 15 Grad gebracht worden ist. Die Ursache dieser Erscheinung hängt damit zusammen, daß demnächst in Frankreich die Alkoholsteuer nicht unerheblich erhöht werden wird. In Verbindung damit steht nun die weitere Bestimmung des geplanten Gesezes, daß der zulässige Alkoholgehalt der eingeführten Weine von 15 Grad auf 12 Grad erniedrigt wird. Aus diesem Grund füllen die französischen Weinhändler gegenwärtig ihre Keller mit der lezten billigen Ernte des elsässischen Weinbaues. Natürlich kommen diese Weine nach entsprechender Behandlung unter allen möglichen stolzen Namen wieder nach Deutschland zurück, wo sie mit dem zehnfachen des ursprünglichen Preises als echt französisches Rebenblut getrunken werden. Nach Erlaß des Erwähnten französischen Zollgesezes wird übri« gends die Einfuhr von elsässischen, überhaupt geringeren deutschen Weinen nach Frankreich mit einem Schlage aufhören, da die Konkurrenz mit den spanischen und italienischen Weinen dann nicht mehr möglich ist.
Zürich, 4. Mai. Das Zentralkomite des schweiz. Schützenfestes hat mit 7 gegen 3 Stimmen, die für Glarus waren, Genf zum nächsten Fesiort bestimmt und zu seinem Vizepräsidenten Vautier, zum Kassier Steiner von Zürich und zum Aktuar Trittan von Bern gewählt. In Genf wurde diese Nachricht mit ungeheurem Jubel ausgenommen; Kanonen feuerten Freudeschüsse ab und als die zum Komite abgeordneten Bürger auf dem Bahnhofe erschienen, wurden sie von Tausenden begrüßt, die Militärmusik spielte das: „Rufst du mein Vaterland" und der Staatsratspräsident hielt eine patriotische Rede, den lieben Eidgenoffen die Wahl Genfs verdankend.
Wien, 3. Mai. Heute ist ein vollständig winterlicher Rückschlag mit Frost und Schnee eingelreten. Das Schneegestöber erstreckte sich bis in die Straßen Wiens. Auf dem Lande soll Frost eingetreten sein und den Blüten der Obstbäume, den Saaten und den Weinstöcken sehr geschadet haben. Die herrschende Kälte wird durch den schneidigen Nordwind noch verschärft.
New-Uork, 3. Mai. Die New-Aorker „Sun" widmet heute an hervorragender Stelle zwei und einhalb Spalten ihres Blattes der Schilderung der Laufbahn Johann Most' s in Amerika, den von ihm gelehrten Doctrinen, und dem Gebühren seiner Anhänger, wie solches in der verdächtigen Anzahl und der Natur von Brand st iftungen zu Tage tritt, die sich dort ereignen, wo immer sie wohnen. Moslls wöchentliches Journal die „Freiheit" enthält Artikel, aus denen die „Sun" die nachstehende Probe liefert: „Wir rufen Allen zu, die ohne Erwerb sind und Mangel leiden: „Brennt, raubt, lyncht!" Die „Sun" fügt Auszüge aus der „Revolutionären Kriegswissenschaft" hinzu, die beiläufig die beste Art und Weise zu Brandstiftungen lehrt. Das Blatt zählt dabei die Daten und die einander auf- fallend ähnlichen einzelnen Umstände der Brände auf, die in Behausungen stattgesunden haben, welche von Anarchisten bewohnt wurden. Dergleichen Räumlichkeiten waren jederzeit hoch versichert; gewöhnlich brach das Feuer bald nach dem Umzuge der Anarchisten in eine neue Wohnung aus. Oft war die Versicherungs-Police kaum einen Monat alt, als schon der Versicherungsbetrag beansprucht wurde. Die dadurch erzielten Profite sind kein persönlicher Gewinn des Versicherten, sondern sind für die „Propaganda durch
kurzer Zeit; glückliche Spekulationen eröffneten mir jetzt die Aussicht, nach Jahr und Tag zurückzukehren und meinen einmal abgewiesenen Antrag zu erneuern. Hiervon kann jetzt nicht die Rede sein, und mein verfrühtes Erscheinen hier hat einen Grund, welchen ich nicht öffentlich nennen darf, ohne Ihren Vater in die Gefahr zu bringen, sofort verhaftet zu werden."
„Was? Was?" fuhr Etwold auf. „Verhaftet? Ich?"
Klara schlug die Hände vor's Gesicht. „Ja, ja", stöhnte sie, „das waren seine Worte. Entsetzliche Worte, nicht wahr? Und ich wollte, daß ich sie nie gehört hätte."
Eine kurze Pause trat ein. Beide Personen bedurften eines Augenblicks der Ruhe, um sich zu sammeln. Etwold gewann zuerst seine Fassung wieder.
„Weiter!" sprach er mit versagender Stimme. „Weiter!"
„Ich verlor im ersten Ansturm meiner Gefühle die Fassung", fuhr Klara fort, „und fand keine Worte, um einer so niederschmetternden Anklage zu begegnen. Martin Förster aber faßte mein Verstummen und meine tödt- liche Verlegenheit als Schuldbewußtsein auf. „Ha!" rief er. „steht es so? Befindet sich die Tochter in der gleichen Schuld mit ihrem Vater? Und daher Ihre Verlegenheit — und darum dieser eisige Empfang? Gestehen Sie es nur, Sie wußten gleich, als Sie meinen Brief bekamen, warum ich diese Unterredung forderte, und schoben sie nur auf, um Zeit zu gewinnen und sich mit Ihrem Vater zu besprechen. Vielleicht soll ich auch, wie mein unglücklicher Vater verschwinden, spurlos, was bei mir, der ich kaum zurückgekehrt und hier ganz fremd geworden bin, noch weniger auffallen würde als bei i h m. Und dazu wäre die Nacht allerdings bester geeignet als der Tag."