Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Samstag den 18. April.

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sein.

1885 .

Amtliches.

Nagold.

Bekanntmachung,

Vorschriften «der die Kenntznng öffent­licher Strotzen betreffend.

Aus Beranlassuiig eines Spezialfalles sieht sich die Unterzeichnete Stelle veranlaßt, die Vorschrift, wonach einem begegnenden oder vorfahrenden Fuhr­werke jeder Wagenführer rechtzeitig und genügend zur rechten Seite bei Strafe answeichen muß, zur Nachachlung einzuschärfen und haben die Ortsvor­steher diese Vorschrift in ihren Gemeinden auf orts­übliche Weise bekannt zu machen.

Den 16. April l885.

K. Oberamt. Güntner.

Der bedrohte Weltfriede.

Ter englisch-russische Konflikt wegen der af­ghanischen Grenze lastet wie ein Alp auf Europa rind drängt alle Fragen der inneren Politik weit zurück, denn man fühlt allgemein heraus, daß die entscheidenden Würfel, ob Krieg, ob Frieden, zwi­schen England und Rußland bald fallen müssen und ein Krieg zwischen diesen Großmächten kann nicht ohne verhängnisvolle Rückwirkung auf die gesamten politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse Europas, ja der gesamten Kultnrwclt bleiben.

Die Kriegsgefahr, welche anfänglich nur un­bedeutend schien, hat sich durch den chauvinistischen Lärm der englischen Presse bedeutend vermehrt. Man will in England in dem Streite um die west­lichen Grenzen Afghanistans eine Bedrohung Indiens durch Rußland sehen, man droht in London in der frivolsten Weise den Russen mit dem Schwerte, wenn sie sich nicht augenblicklich von der afghanischen Grenze zurückziehen, ja man fabelt in London schon von der Wichtigkeit der ersten natürlich von England zu gewinnenden Schlacht. Wenn das nicht alles übertriebener oder gar blinder Lärm ist, um den Russen Angst zu machen, muß man die sonst so kühl und nüchtern urteilenden Engländer für sehr verblendet und sehr anmaßend halten. Für jeden ernsthaften Politiker ist doch ein Krieg und zumal ein Krieg mit einer Militärmacht ersten Ranges, wie Rußland eine solche ist, eine sehr ernste Sache, die man viel ruhiger behandeln sollte. Sicher ist doch auch, daß Rußland den Engländern leicht mindestens 200000 Mann in Zentralasien entgegenstellen kann, während es England Mühe kosten wird, dort mit 50000 Mann aufzutreten. Zäh und tapfer sind die Russen auch immer gewesen und solche guten Generäle wie die Engländer, die sich in Egypten keineswegs mit Lorbeeren bedeckten, werden die Rus­sen wohl auch haben. Wie kann man da in Lon­don die Dreistigkeit haben und als selbstverständlich betrachten, daß Rußland von England geschlagen werden müsse. Glücklicherweise behandelt man in Rußland den Konflikt kühler als in England. Man giebt in Petersburg die Hoffnung auf Erhaltung des Friedens nicht auf und die angesehensten russi­schen Zeitungen betonen, daß beide Großmächte als ihre Aufgabe betrachten müßten, den Grenzstreit um Afghanistan gütlich beizulegen und ihre Kulturmission in Asien als friedliche Nachbarn fortzusetzen. Ruß­land denke nicht an den abenteuerlichen Plan, Indien zu erobern, es habe Ländergebiet genug und habe allein die Absicht, sich zu konsolidieren, seine innere Wohlfahrt auszubauen und die von halbbarbarischen Stämmen in Zentralasien unsicher gemachten Gren­zen zu sichern.

Die Einsicht der Regierungen in Petersburg und London sollten demnach bald eine Basis finden, auf welcher Rußland und England in Asien sich friedlich vertragen können. Läßt man sich aber von übertriebener Eifersucht, wie es zumal in England der Fall zu sein scheint, leiten und den gegenseitigen Argwohn so wachsen, .daß sowohl Engländer als Russen die streitigen Gebiete Afghanistans besetzen, so wird es auch sehr schwer zu verhüten sein, daß beide Großmächte nicht in Krieg geraten. Die letzte Hoffnung, die friedensbedürftige Welt vor der furchtbaren Kriegskalamität zu bewahren, läge dann nur noch bei einer Vermittlung durch Deutschland und Oesterreich und der Einberufung eines Schieds­gerichts im afghanischen Grenzstreite.

Tages Neuigkeiten.

DeutlÄkS ReiK.

. Pfrondorf. Leicht hätten mehrere hies. Waldbesitzcr in den Nachmittagsstunden des 16. April durch einen in dem WalddistriktBaumgarten" am Rande des Waldes entstandenen Brand in Schaden kommen können, wenn nicht einige in der Nähe be­schäftigte Bürger den Brand wahrgenommcn und demselben entgegengearbeitet hätten. Durch Hilferufe dieser waren bald ca. 30 Mindersbacher Personen, welche im gegenüberliegenden Wald frohnsweise ar­beiteten, mit Hacken und Schaufeln zur Stelle. Nach kurzer Zeit hatten sie dem schon stark wütenden Ele­ment Einhalt gerhan; selbst Emminger Männer eilten herzu, nachdem sie den Brand sahen. Von Pfron­dorf wäre Hilfe zu spät gekommen, denn die Nach­richt vom Brande kam dahin, als das Feuer bereits bemeistert war. Es brannten ca. 2 Morgen For- chcnwald aus, da der Wind auch viel zur Verbrei­tung des Feuers beigetragen hatte.

Stuttgart, 14. April. Die dem Staate Württemberg gehörigen Berg- und Hüttenwerke leiden begreiflicherweise auch unter dem Druck der allgemeinen mißlichen Verhältnisse, wie die gesammtc Eisenindustrie überhaupt. Den glänzenden Re­sultaten früherer Jahre sind seit 7 Jahren sehr magere Er­trägnisse gefolgt. In den Etatsjahren 1880184 hat eine Er- tragsabiicferung der Hüttenwerke an die Staatshauptkasse nur pro 1882/83 mit 75 000 stattgefundcn, pro 1885/87 ist ein Erträgnis von je -4L 100000 vorgesehen, während nur eine Verzinsung der Anlage und Betriebskapitals ein solches von 350 000 ergeben müßte. Schon seit mehreren Etatsbera­tungen ist die Frage, ob man unter diesen Umständen nicht lieber den Betrieb einstellen solle, aufgeworfen worden, wenn auch bisher nur in schüchterner Weise. Bei der heutigen Be­ratung des Gegenstandes in der zweiten Kammer ist man energischer an die Sache herangetreten. Die Abgg. Leibbrand, Hartenstein und 50 weitere Abgeordnete hatten den Antrag eingcbracht, die königliche Regierung möge unter Mitwirkung von unbeteiligten Sachverständigen und unter Zuziehung von Deligiertcn der Finanzkommission der zweiten Kammer eine Untersuchung darüber anstellen, ob und in welcher Weise Ein­richtungen getroffen werden können, um den Betrieb sämtlicher oder einzelner Hüttenwerke ohne anhaltenden Schaden zu er­möglichen nnd über das Ergebnis dieser Untersuchung der Kammer Mitteilung machen. Der Abg. Mohl bezeichnete nicht mit Unrecht diesen Antrag als die Einleitung des Gantver­fahrens gegen die staatlichen Hüttenwerke und die Regierungs- Kommissare suchten ihrerseits nachzuweisen, daß die Admini­stration der Hüttenwerke sich die größte Mühe gegeben habe, Verbesserungen in der Verwaltung herbeizuführen, und daß gegründete Aussicht vorhanden sei, daß die Verhältnisse einer Besserung entgegcngehen. Finanzminister v. Renner bezeichnete den Antrag, als ans eine parlamentarische Enquete hinzielend, schließlich als unannehmbar für die Regierung. Diese energisch ablehnende Haltung des Finanzministers hatte zur Folge, daß selbst Unterzeichner des Antrages sich den staatsrechtlichen Be­denken, die gegen denselben sprechen, nicht länger zu verschließen vermochten. Frhr. v. Gültlingen nahm die günstige Stimmung wahr, um vorzuschlagen, den Antrag Leibbrand-Hartenstein der Finanzkommission zu überweisen, ein Vorschlag, der von dem hohen Hanse denn auch mit großer Majorität angenom­men wurde. Aus der Kommission wird die Enqnetefrage wohl so bald nicht wieder zum Vorschein kommen. Man beriet

heute noch das Kapitel der Salinen, als deren Erträgnis jähr­lich 700000 in den Etat eingestellt wurden.

Stuttgart, 15. Apr. Die Soiree des Hof­künstlers Prof. Stengel im kleinen Saale des Königs­baus war gestern nicht so stark besucht, wie es die gebotenen Leistungen verdient hätten. Der moderne Kagliostro zeigte schier unbegreifliche Künste, die er ohne Beihilfe sichtbarer Apparate ausführte. Das Kartenmanöver, welches als Einleitung des abends galt, wurde mit Sicherheit und großer Eleganz aus- gesührt. Wie es Hr. Stengel fertig brachte, aus im Publikum eingesammelten Ringen eine fest inein­ander hängende Kette zu bilden, haben selbst dieje­nigen nicht begriffen, die das Experiment ganz genau beobachtet haben. Man ist versucht, doch an die Hilfe unsichtbarer Apparate zu glauben, wenn Herr Stengel nicht ganz bestimmt versicherte, seine Kunst bestände aus Fingerfertigkeit und optischer Täuschung. Der zweite Teil des genußreichen Abends bot Ex­perimente a la Cumberland. Man sieht, der be­rühmte Gedankenleser hat Nachahmer gefunden. Und Herr Stengel ist ein gar geschickter Nachahmer; mit derselben Feinfühligkeit wie Cumberland erriet er Zahlen, Inschriften auf Ringen, fand er im Saale versteckte Gegenstände rc. rc.

Stuttgart. Geda nkenleser wachsen jetzt bei­nahe wie die Pilze aus der Erde. So beabsichtigt ein Herr Oskar Lengenfeld demnächst eine Soiroe a 1a Cumberland hier zu geben. Die Leistungen Lengenfeld's sollen die Cumberlands noch übertreffen.

Stuttgart, 15. Apr. Für die Bismarckspende sind der nunmehr fertiggestellten Abrechnung zufolge im ganzen aus Württemberg eingegangen vlL 86005.39, von welchen etwa 1250 für Unkosten abgehen, so daß der Reinertrag rund 84 750 ^ beträgt. Ab geliefert sind bereits 84000 der Rest wird noch nach Berlin abgeschickt werden.

Rottenburg, 12. Apr. Schöner und reicher an Blütenansatz stunden unsere Obstbäume wohl noch selten da. Wandert man durch die Baumpflanzun­gen am obern wie am untern Neckar, so schwillt die Brust vor Freude an diesem Reichtum. Kernobst wie Steinobst versprechen den reichlichsten Ertrag. Wir können auch das beste hoffen; denn die Zeit der Blüte ist doch schon etwas hinausgerückt, so daß Fröste keinen Schaden mehr bringen. Auch über den Stand der Weinberge läßt sich nur Günstiges be­richten.

In der Hundeausstellung, welche vom 10. bis 12. in der Gartenbaugesellschast in Wien stattgefun­den, wurden Herrn C. Burgers Hunde von Leon­berg mit 6 Preisen prämiirt, worunter ein erster und ein Ehrenpreis sich befindet.

Ulm, 14. April. DasUlmerTagbl." schreibt: Der Quellenfinder Beraz ist seit einigen Tagen hier, um im Auftrag der Stadt die Wasserverhält­nisse im Weiherbach- und Lautertal zu untersuchen. Beraz, der Sohn eines Professors der Natur­wissenschaften in München, steht im 42. Lebensjahre und hat bereits über 600 interessante Quellen-Ent­deckungen zum Teil unter den schwierigsten Verhält­nissen gemacht. Er selbst äußert sich über seine Kunst: Er widme sich diesem seinem Spezialfach seit 1869; die Prinzipien seines Könnens beruhen auf Physik, Mathematik, Physiologie. Das Wesentliche bei seinem Verfahren sei Fühlung im Körper. Die­jenigen Personen, welche hiefür Anlage haben, seien die sogenannten sensitiven oder nervenreizbaren. Die Befähigung könne durch jahrelange tägliche Uebung zu einem solchen Grad von Feinfühligkeit gesteigert