Armeekorps und des bayerischen Heeres zu beschaffen. Der Agent van Esse teilte seine Kenntnis von den Umtrieben Janssens dem Berliner Polizeipräsidium mit. Als Janssens hinter den Verkehr van Esse's mit der Berliner Polizei kam, offerierte er Letzterem die Namen der von ihm Verführten, die falschen Schlüssel und andere Beweismittel zum festen Preise von 1200 Franks. Bezüglich des Angeklagten Knipper ist der Beweis nicht erbracht, daß er von der beabsich­tigten und der erfolgten Bestechung der Soldaten gewußt.

Ein interessanter Fall wurde vor dem Gerichte in Graudenz verhandelt. Im Dezember v. I. wollte der Schäfer Siewczinski aus Lipowitz ein Dienstmädchen heiraten. Am Hochzeitstage hatte die Braut viel zu thun. Als nun der Bräutigam sie aufforderte, mit ihm zum Standesamt zu gehen, sagte sie zu ihrer verheirateten Schwester:Geh Du nur mit meinem Bräutigam, ich muß den Hochzeits­schmaus zubereiten!" Die Schwester ging ohne Wei­teres mit, und der Standesbeamte vollzog die Trau­ung. Bei der darauf folgenden kirchlichen Trauung hatte der Bräutigam seine richtige Braut. Der Ge­richtshof verurteilte wegen intellektueller Urkunden­fälschung den Siewczinski zu 6 Wochen, die falsche Braut zu einem Monat, zwei Arbeiter, die als Zeu­gen fungiert hatten, zu 14 Tagen, resp. zu einer Woche Gefängnis.

Berlin, 9. März. Bei den nahen Bezieh­ungen, die zwischen deck hiesigen und dem englischen Hofe herrschen, hat das befriedigende Ergebnis der Reise des Grafen Herbert Bismarck am hiesigen Hofe eine sehr große Genugthuung hervorgerufen. Wie verlautet, hat der Kaiser den Fürsten Bismarck zu diesem diplomatischen Erfolge in besonders aus­zeichnender Weise beglückwünscht.

Berlin, 9. März. In hiesigen wissenschaft­lichen Kreisen erregt der Austritt des Prof. Kiepert aus der Geographischen Gesellschaft das größte Auf­sehen. Es war ihm in öffentlicher Sitzung ein Vor­wurf gemacht worden, weil er auf seiner neuesten Afrikakartc alle Namen französisch gegeben hatte.

Berlin, 9. März. Die Holzzollkommission hat in ihrer heutigen Sitzung die bereits bekannten Vorschläge der Subkommission, Rückvergütung für Abfälle bei der Holzbearbeitung, angenommen mit einem Zusatz, wonach bei Sägefournieren 50 pCt., bei Behobelung 15 pCt. des für Rohholz bezahlten Zolls vergütet werden. Der Holzzoll für Rohholz soll am I.Oktbr., alle anderen Holzzölle am 1. Juli 1885 in Kraft treten.

Fürst BiSmarck hatte in der Reichstagssitzung t5om 16. Febr. bei der Debatte über Kornzollerhöhung gewissen eifrigen Gegnern derselben insinuiert, sie würden es gern sehen, wenn in Folge der Erhöhung die Sackträger in Danzigeinen kleinen Lärm mach­ten." Die Danziger Sackträger haben daraus An­laß genommen, dem Reichskanzler die Ehrenmitglied­schaft ihier Vereinigung anzutragen, und Fürst Bis­marck hat dieselbe angenommen.

Die Berufung des großen Komites für die Ehrengabe an den Fürsten Bismarck wird in etwa vierzehn Tagen erfolgen, da sich bis dahin die Höhe der eingegangenen Beiträge übersehen lassen wird. Das Konnte hat den bei der Konstituierung ge­troffenen Bestimmungen gemäß über die Verwendung zu beschließen. Wie dieNab Ztg." vernimmt, liegt innerhalb des Kcmites die Absicht vor, eine Ver­wendungsart vorzuschlagen, welche an die Familien- Iraditionen des Bismarck-Schönhausen'schen Stam­mes anknüpft und mit der man einem Lieblingswunsch des Reichskanzlers entgegenzukommen gedenkt.

(Exemplarische Strafe.) Ein Bierpantscher, welcher die Praxis befolgte, die in den Biergläsern übrig gebliebenen Reste zusammcnzugießen und seinen Gästen wieder vorzusetzen, -nachdem dem Gebräu durch energisches Ausspritzen ein leidliches Aussehen gegeben worden war, ist von dem Schöffengericht des Amts­gerichts I. in.Berlin zu vier Wochen Gefängnis ver­urteilt worden.

(Der letzte Scheiterhaufen in Berlin.) Es ist, wie dasD. Tgbl." erzählt, noch gar nicht lange her, daß diese Hinrichtungsart zum letztenmal in Berlin zur Anwendung kam und zwar geschah es am 28. Mai auf dem Acker in der Gegend der heutigen Gerichts- und Hochstraße. Peter Horst und sxine Zuhälterin Christiane Delitz hatten mehr als 45 Brandstiftungen in Preußen, Sachsen und Oesterreich eg i t ge.i, in der Absicht, bei Gelegenheit des Feuers

zu stehlen. Dabei waren 6 Menschen ums Leben gekommen. Die Brandstifter sollten nun auch fühlen, wie däs thut, und so lautete das Urteil, daß sie zur Richtstätte zu schleifen und allda mit dem Feuer vom Leben zum Tode zu bringen seien." Sie wur­den auf offenem Wagen unter ungeheurer Volks­begleitung von der Stadtvogtei aus hingebracht, auf dem Platze Rücken an Rücken auf eine auf der Erde ausgrbreitete Kuhhaut gesetzt und so bis zum Holz­stoße geschleift; dann brachte man sie auf einer Lei­ter auf denselben, band sie an Pfähle, zog ihnen Kappen über das Gesicht, worauf sie verbrannt wurden.

Generalfeldmarschall Graf Moltke gedenkt dieser Tage einen längeren Urlaub zunächst nach Italien anzutreten.

In einem schlesischen Städtchen gefiel die Violin­spielerin Teresina Tua so gut, daß ihr die jungen Herren hei der Heimfahrt die Pferde ausspannten. Andern Mittags an der Wirtstafel fand Jeder auf seinem Teller ein Bündchen Heu und etwas Hafer.

Oesterreich-Ungarn.

Kaum glaublich und doch Thatsache ist es, daß zwei Söhne wider besseres Wissen ihren Vater, den Oberfeuerwerker Braun in Ingolstadt, der Untreue im Dienst anschuldigten. Die Untersuchung ergab die vollständige Unschuld des Vaters und die Bosheit der Söhne trug den letzteren je 1 Monat Gefängnis ein. (Fast zu gelind.)

Frankreich.

Paris, 6. März. Heute früh näherte sich auf dem Boulevard Hausmann ein etwa 45jähriger Mann einem andern und feuerte, nachdem er einige Worte an denselben gerichtet, 2 Revolverschüsse auf ihn ab, worauf er sich ohne Widerstand verhaften ließ, während der Getroffene sterbend nach dem Ho­spital getragen wurde. Der Thäter ist ein Arzt, Dr. Aimö Guinet aus Gilly (Belgien), der Getroffene ein belgischer Bureauangestellter Namens Bayotte, der vor 3 Monaten Guinets Frau entführt hatte. Guinet war erst gestern abend hier angekommen, in einem Hotel nahe dem Nordbahnhof abgestiegen und hatte Bayotte, um die Stunde, zu welcher dieser auf sein Bureau gehen mußte, am Boulevard er­wartet.

Paris, 6. März. Im Senat ist dieser Tage ein Gesetzentwurf über die Behandlung rückfälliger Verbrecher durchberaten worden, welcher im Wesent­lichen bestimmt, daß bei gewissen Verbrechen gegen Rückfällige die Deportation auf Lebenszeit nach einer überseeischen französischen Besitzung ausgesprochen weiden kann. Regierung und Senat sind der An­sicht, daß gewisse rückfällige Verbrecher unverbesserlich sind und für immer aus Frankreich verbannt werden müssen, um das Leben und den Ruf der Bürger vor ihnen zu sichern. Es genüge nicht die Sühnung des Unrechtes, sondern eS müsse auch die Wiederholung desselben unmöglich gemacht werden. Vielleicht daß manche rückfällige Verbrecher auf fremdem Boden noch moralische Triebkraft bekunden. Statistisch ließe sich leicht Nachweisen, daß die Angriffe auf Leben und Eigentum bei einer fortgesetzten Deportation der Rückfälligen fast verschwinden würden.

Paris, 9. März. DieTemps" meldet aus Hanoi vom 8. ds.: Die chinesischen Verschanzungen vorwärts Tuyeuquan wurden erst nach zweitägigem Kumpfe genommen. Die Chinesen, melche den hart­näckigsten Widerstand leisteten, wurden vollständig geschlagen und erlitten bedeutende Verluste.

Zwei Compagnien Marine Truppen sind von Tonking nach Cochin-China gesandt worden, da an der Grenze von Rombodscha eine bedenkliche Wäh­rung herrscht.

Fürst Bismarck und Victor Hugo. Der PariserFigaro" widmet seine letzte literarische Beilage ausschließlich dem Dichter Victor Hugo, dessen 83. Geburtstag Frankreich am 26. Februar gefeiert hat. Zwölf Spalten dieser Beilage füllt ein Victor-Hugo-Kalender, in welchem für jeden der 365 Tage des Jahres eine Eintragung aus dem Familien- und politischen Leben, sowie aus der literarischen Laufbahn des Dichters verzeichnet ist. Eine dieser Eintragungen hat gerade in diesen Tagen ein außerordentliches Interesse erweckt. Unter dem 19. Mai 1870 veröffentlicht der Kalender folgende Notiz: Die Zeitungen berichten über eine Rede, die er Tags zuvor bei einem Festmahle zur Erinnerung an die Abschaffung der Sklaverei gehalten hat. Da­rin hat er gesagt:Afrika neu zu gestalten, das alte

Afrika der Civilisation zugänglich zu machen, das ist die Aufgabe; Europa wird sie lösen." Diese Worte wurden in Paris an demselben Tage, 26. Februar, gedruckt, an welchem Fürst Bismarck in Berlin die Westafrikanische Konferenz schloß, deren Ergebnis identisch ist mit der Lösung der von Victor Hugo Europa vor 15 Jahren zu gewiesenen Aufgabe.

Ein gebildeter Maire wird gesucht, DiePat- rie" gibt folgendem Inserat eines französischen Pro­vinzialblattes weitere Verbreitung:Man verlangt einen Maire für die Stadt F . . ., welcher fließend lesen und schreiben kann und der keines Schreibers bedarf. Gute Empfehlungen erwünscht."Patrie" bemerkt hierzu, daß der frühere Maire von F. nicht in die Geheimnisse des ABC-Buchs eingedrungen sei.

Zucker aus Kartoffeln. DerSemaphone de Marseille" bringt folgende sensationelle Nachricht: Man macht uns die Mitteilung, daß in Lyon eine neue Methode der Zuckerfabrikation erfunden worden sei, welche eine völlige Umwälzung in dieser Industrie veranlassen würde. Es handelt sich um nichts Ge­ringeres, als die Zuckerrübe durch die Kartoffel zu entthronen. Bis jetzt gewann man aus der Kartoffel nichts als xluooss (Syrup). Durch die Anwendung der Elektricität will man dahin gelangt srin, nicht mehr Aluooss, sondernoaoolmross", crystallisierbaren Zucker, dem aus Rohr oder Rübe gewonnenen Zucker ganz gleich, zu gewinnen. Eine Anzahl Großindu­strieller aus Paris und besonders auch von England sind bereits in Lyon eingetroffen, um sich von der Richtigkeit der Erfindung zu überzeugen und die Mittel, sie in der Industrie zu verwerten, zu studie­ren. Die Versuche, welche in Gegenwart der Indu­striellen bereits gemacht worden sind, haben auf diese Herren einen großen Eindruck hervorgerufen." Italic«.

Rom, 9. März. Der deutsche Botschafter v. Keudell soll eine llebereinkuuft zwischen der Türkei, Italien und England wegen einer Aktion dieser Mächte in Egypten vermitteln.

England.

London, 9. März. DieTimes" sagt: Die auswärtigen Beziehungen Englands haben sich in den letzten Tagen merklich gebessert. Graf Herbert Bismarck verläßt heute London mit dem Bewußtsein, zur Herstellung des guten Einvernehmens zwischen^ England und Deutschland wesentlich beigetragen zu haben.

London, 10. März. DerDailyTelegraph" spricht die Erwartung aus, das zwischen England und Deutschland hergestellte gute Einvernehmen werde sich bald in ein festes Bündnis verwandeln. Er empfiehlt, Dilke als außerordentlichen Botschafter nach Berlin zu senden, damit das von Granville und Graf Herbert Bismarck begonnene Werk vervollkommnet werde.

In Irland will man bei dem bevorstehenden Besuche des Prinzen und der Prinzessin von Wales zeigen, daß es in der Bevölkerung noch andere Ele­mente gibt, als Fenier. Die ausgesprochene Absicht des von der Nationalpartei beeinflußten Lordmajors von Dublin, die Flagge herabzulassen, wenn der Prinz von Wales in Irland ankomme, hat eine ent­gegengesetzte Wirkung auf die Bevölkerung hervorge­bracht. Alles schickt sich an, die Häuser zu dekorieren. Ein großes Meeting ist bereits arrangiert, an dem die Vertreter der Justiz, der Geistlichkeit und des ärztlichen Standes nebst den Korporationen des Han­dels und der Gewerbe teilnehmen werden, um dem Prinzenpaare einen würdigen Empfang zu bereiten. Rußland.

InPetersburg ist der seither vielbeschäftigte Henker Froloff in Ketten gelegt und ins Gefängnis geworfen worden. Es ist herausgekvmmen, daß ec im Dienst der Nihilisten gestanden, monatlich 200 Rubel u. für besondere Gefälligkeiten, eine Befreiung von Gefangenen, Mitteilung wichtiger Dienstgeheim­nisse rc. außerordentliche Vergütungen erhalten hat. Er ist geständig.

Amerika.

In Amerika soll eine irische Legion gebildet werden, die dem Mahdi ihre Dienste anbieten würde.

Aus Amerika wird geschrieben, daß die Besserung in der Geschäftswelt mit langsamen, aber sicheren Schritten vor sich gehe.

Afrika.

Die Trauben in Tripolis dürften für dis Gelüste der Italiener ziemlich hoch gehängt sein, da nach einer Korrespondenz derN. A. Ztg." aus