großes Mitleid erregte. In seiner Hinterlassenschaft haben sich nun 30000 voraefunden.

Die Untersuchung betreffend die Ermordung des Polizeirat Rumpfs in Frankfurt a. M. hat nach den neuesten Berichten desFrkf. I." entgegen seitherigen Mitteilungen greifbare Thatsachen noch nicht festgestellt. Was den im Klapperfeldgefängnis sitzenden Schustergesellen Julius Lieske aus Zossen betrifft, so ist derselbe einer Beteiligung am Morde noch immer nicht überführt.

Ganz ähnlich, nur vielleicht noch etwas un­genierter als der ZüricherSozialdemokrat", der die Ermordung des Polizeirats Rumpfs als einen Akt wilder Gerechtigkeit bezeichnet, spricht sich auch das Kopenhagener Organ der Sozialdemokratie, der dä­nischeSozialdemokrat" darüber aus und versucht die Schandthat in Frankfurt nicht nur zu beschönigen, sondern geradezu zu rechtfertigen.War jemals", so sagt das Blatt, Lynchjustiz oder Volksjustiz ge­rechtfertigt, so war sie es diesem Menschen gegen­über."

Dresden, 2. Febr. (Ausweisung czechischer Arbeiter.) DieDresdener Nachrichten" schreiben: Die von derGermania" als ein Schlag gegen die Katholiken Dresdens geschilderte Massenausweisung czechischer Arbeiter reduziert sich darauf, daß eine ge­ringe Zahl österreichischer Staatsangehöriger ausge­wiesen worden ist. Es ist dabei aber nicht nach ihrer deutschen oder slavischen Abstammung gefragt worden, noch viel weniger nach ihrem Glauben. Die Aus­weisung hat vielmehr nur 3 Oesterreicher betroffen, die sämtlich der deutschen Nationalität angehören. Sie erfolgte aus Grund von Haussuchungen nach verbotenen anarchistischen Schriften; einer der Aus­gewiesenen war früher Vorstand des Fachvereins der Schneider. Ebenso sind bei einigen Russen Haus­suchungen vorgenommen und mehrere am K. Poly­technikum studierende Russen verhaftet worden. Sie werden in sehr strenger Haft gehalten. Endlich ha­ben mehrere Haussuchungen bei notorischen Führern der sozialdemokratischen Bewegung stattgefunden. Ob diese Haussuchungen, Verhaftungen und Ausweisun­gen von deutschen, österreichischen und russischen Sozialdemokraten resp. Anarchisten oder Nihilisten unter einander im Zusammenhänge stehen, entzieht sich unserer Kenntnis.

Berlin, 4. Febr. Der Kaiser besuchte gestern Abend mit dem Kronprinzen, der Kronprinzessin, dem Prinzen Wilhelm und der Prinzessin Wilhelm, dem Prinzen und der Prinzessin Friedrich Karl und den übrigen Prinzessinnen des königlichen Hauses den Subskriptionsball im Opernhause und eröffnete die Polonaise des Hofes mit der Kronprinzessin. Spä­ter begrüßte er die Botschafterinnen Oesterreichs und Frankreichs, sowie die anwesenden Fürstlichkeiten und verweilte längere Zeit in der Loge derselben. Um 11 Uhr verließ der Kaiser mit den übrigen Herrschaften den Ball.

In einem ärmlichen Stadtteile in Berlin wohnte seit langen Jahren eine Witwe mit ihrem «wohne, einem jungen Mediziner. Sie hatten in ärmlichen Verhältnissen gelebt und erst mit der Zeit, als sich der jugendliche Arzt durch Fleiß und Ge­schicklichkeit ausgezeichnet hatte, verbesserte sich ihre Lage. Da starb die Mutter. Am Abend des Be­gräbnisses erschien im Hause des trostlosen Sohnes ein Rechtsanwalt und bat um Erlaubnis, dem Hin­terbliebenen das Testament der Mutter vorlegen zu dürfen. Jener war erstaunt, von seiner armen Mut­ter eine letzte Verfügung vorzufinden; wie überrascht, aber zugleich innig gerührt war er, als er aus der­selben ersah, daß seine Mutter reich sehr reich gewesen, daß sie es aber für besser gehalten hatte, wenn ihr Sohn sich aus eigener Kraft und nicht unterstützt von schnödem Golde zu Einfluß und Be­deutung emporschwinge. Aus diesem Grunde hatte sie lieber selbst alle Entbehrungen getragen, war es doch zum Wohle ihres Sohnes.

Der Reichstag hatte gestern (3.) wieder einen ziemlich verlorenen Tag. Fast die ganze Sitzung wurde mit der alljährlich wiederfthrcnden Verhand­lung über die Sonntagsruhe der Postbeamten zu­gebracht, natürlich ohne irgend welches praktische Resultat. Der ständige Vorkämpfer für eine strengere Sonntagsheiligung im Staatsdienst, Abg, Lingens, hatte wiederum seinen altbekannten Antrag gestellt, wonach an Sonn- und Festtagen nur Briefe, Post­karten und Zeitungen im Postgebit bestellt, Waren­proben, Drucksachen, Packete, Geldsendungen aus-!

geschlossen sein sollen. Die Frage ist schon so oft besprochen worden, daß es sich kaum mehr verlohnt, auf die Einzelheiten der Verhandlung, die nichts neues zu Tage förderte, einzugehen. Der Staats­sekretär Stephan wies überzeugend nach, daß der Antrag ganz undurchführbar, die vorgeschlagene Schei­dung der verschiedenen Categorien von Postsendungen ganz willkürlich sei, daß die Post auch an Sonntagen leisten müsse, was der Verkehr und die Bedürfnisse unsers täglichen Lebens von ihr forderten, daß aber, so weit es thunlich sei, den Postbeamten jede Er­leichterung im Sonntagsdienst zu teil werde und daß eine größere Einschränkung des sonntäglichen Postdienstes notwendig die allgemeinsten Klagen Her­vorrufen müsse. Es ist ganz willkürlich und unge­rechtfertigt, allein eine Beschränkung des Sonntags­dienstes der Post zu verlangen; wollte man wirklich eine strengere Sonntagsheiligung durchführen, so müßte man alle unsere Feiertagsgewohnheiten, Eisen­bahnfahrten, Theaterbesuche und zahlloses Andere einschränken oder beseitigen und käme damit zu einem den deutschen Gewohnheiten ganz widersprechenden puritanischen Sabbath. Uebrigens legte der General- Postmeister eingehend dar, was in neuerer Zeit ge­schehen, um den Postbeamten eine wenn auch nicht vollständige Sonntagsfeier zu ermöglichen.

In unterrichteten Kreisen wird mit Bestimmt­heit versichert, daß es die Absicht des Reichskanzlers sei, die Session des Reichstages noch vor Ostern zu schließen. Außer dem Etat sollen nur die Dampfer­subvention und die Novelle zum Zolltarif fertigge­stellt werden; allenfalls noch die Ausdehnung der Unfallversicherung auf das Transportgewerbe. Alles andere gilt für aufgegeben.

Am 1. Dezember findet eine allgemeine Volks­zählung im Deutschen Reiche statt.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 3. Febr. (Rauvmordversuch.) Heute mittag hat hier ein Aufsehen erregender Raubmord­versuch stattgefunden. Um 11 Uhr überfielen 2 Män­ner in der Bernardgasse (Neubau) die Hausbesitzerin Chomiak in deren Wohnung behufs Beraubung, ver­setzten ihr 5 Dolchstiche und versuchten sie zu erdros­seln. Der Hausmeister, durch das elektrische Läute­werk herbeigerufen, verscheuchte die Raubmörder und verfolgte sie. Einer derselben wurde nach längerer Hetzjagd durch die Straßen verhaftet. Der zweite entkam. Der Verhaftete heißt Jakob Klein und ist ein gerichtsbekannter Einbrecher.

Journalisten hinaus! rief der eitle und vor­laute Abg. v. Schönerer im Abgeordnetenhause in Wien. Seitdem und es sind 8 Tage her läßt sich kein Zeitungsschreiber im Hause sehen und keiner berichtet über Redner und Reden. Was ist und hilft aber die schönste Rede, wenn sie nicht ge­lesen wird! Das ganze Haus hat daher die Herren dringend eingeladen, wieder zu kommen und hat ihnen mancherlei Genugthuung gegeben. (Der Streit ist durch eine Nase, die dem Abg. Schönerer von dem Präsidenten vor dem Hause erteilt wurde, beigelegt.) Frankreich.

In der französischen Kammer legte lautF. Ztg." gestern der Kriegsminister Lewal den neuen Entwurf eines Rekrutierungsgesetzes vor, wonach Höhergebildete nach einem Jahr nur nach einem mili­tärischen Examen frei kommen und die übrigen, wenn nötig, vier statt 3 Jahre dienen sollen.

Die Nachrichten über die militärischen Opera­tionen der Franzosen in Ostasien beginnen jetzt wie­der etwas rascher zu fließen. Aus Tonkin wird der Beginn des Vormarsches des Expeditionskorps unter General Briere de l'Jsle gegen die Festung Langson an der chinesischen Grenze gemeldet und von For­mosa liegt eine telegraphische Meldung über eine größere Aktion des Admirals Courbet vor. Derselbe ließ mit 1500 Mann und 4 Geschützen mehrere die französischen Positionen bedrohenden Außenwerke von Keelung angreifen, nach hartem Kampfe, in welchem die Angreifer 9 Tote und 53 Verwundete verloren, gelang die Wegnahme der Positionen, dem weiteren Vordringen der Franzosen gebot aber eine steile und stark befestigte Hochfläche einstweilen Halt. Admiral Courbet selbst erkennt an, daß das Feuer des Fein­des ganz vorzüglich war und so wird wohl, ehe

' die vollständige Einnahme von Keelung erfolgt sein wird, Admiral Courbet sich uoch auf empfindliche Verluste gefaßt machen müssen.

Italien.

! Die Italiener treiben auch Kolonialpolitik

und rüsten Flotte und Heer, um Tripolis zu besetzen. Der Sultan hat dagegen protestiert und gedroht, die Landung gewaltsam zu verhindern, wenn ihm nicht die Großmächte wie so oft in den Arm fallen.

Italiens neueste Politik wird in den Zeitungen aller Schattierungen einer recht strengen aber gerech­ten Kritik unterzogen. Das Hauptmotiv der Schwen­kung, welche die italienische Regierung von den Kaisermächten zu England hin vollzogen hat, wird übereinstimmend in der Unersättlichkeit der Italiener gesucht. Die Politik der Erhaltung des Friedens, für welche sich Italien durch seine Annäherung an die Kaisermächte engagiert hatte, trug nichts ein, es ergaben sich keine handgreiflichen Vorteile daraus, und der Umstand, daß Frankreich Tunis einstecken durfte, wirkte verstimmend in Italien; auch empfand man es sehr schmerzlich, daß dem Treiben der nach Triest und Trient schreiendenJrredenta" mit Rück­sicht auf die Freundschaft mit Oesterreich entgegen­getreten werden mußte. Es war deshalb in Italien dem Volk und der Regierung erwünscht, als in Ge­stalt Gladstones ein neuer Werber um Italiens Gunst herantrat, der versprach, Italien zu weiterem Besitz zu verhelfen, zunächst am roten Meer, später vielleicht in Tripolis, und noch später vielleicht an seiner Nordostgrenze, an der Adria und an der Etsch. Wenn Mancini, der im Namen Italiens in die Hand Gladstones einschlug, in seiner Rede meinte, es sei das Bündnis mit den Zentralmächten durchaus nicht getrübt, so kann doch von einer intimeren Beziehung zu Deutschland und Oestexreich wohl jetzt nicht mehr die Rede sein. Das ist vorbei, u. namentlich Oester­reich muß sich an den Gedanken gewöhnen, daß es nun dem Antagonismus Italiens wieder häufiger begegnen wird. Die Italiener spielen ein gewagtes Spiel, indem sie für die Freundschaft Deutschlands und Oesterreichs die Englands enttäuschen.

England.

London, 4. Febr. Gestern Abend wurde in Whitechapel ein Individuum verhaftet, das bei dem jüngsten Dynamitattentat beteiligt gewesen und auch zu dem Verhafteten Cunningham in Beziehungen stehen soll.

London, 5. Febr. Eine Depesche General Wolseleys meldet: Der Mahdi hat Khartum in Folge Verrats genommen. General Gordon ist wahr­scheinlich Gefangener.

Die Wahrheit schmeckt manchmal recht bitter, aber es ist doch gut, wenn sie gesagt wird. Den Eindruck bekommt man, wenn man die Worte liest, welche John Bright kürzlich in Birmingham in einer zahlreichen Versammlung hielt und worin er sich über die deutschen Besitzergreifungen und über den großenglischenVerbindungsgedanken aussprach. Erstere billigte er, letztem verdammte er ebenso entschieden. In England gebe es eine Menschenklasse, die am nimmersatten Landhunger leide. Daher jammerte sie, weil das Kolonialamt nicht eine Insel, die fast so groß wie ein Kontinent sei (Neuguinea), einverleiben wollte, sie jammerte noch mehr, weil eine Handvoll Deutsche einige Häfen dieser Insel besetzte. Diese Leute hätten keine Ahnung, daß unter den Einwan­derern in Nordamerika niemand so geschätzt sei, wie gerade die Deutschen, die sich dort niederließen. Den Verbindungsgedanken hielt Bright für lächerlich, kindisch und verrückt. England wolle jetzt aus seinen sämtlichen Besitzungen ein einheitliches Reich mit ungeteilten Interessen machen; und doch sei es nicht im stände gewesen, das naheliegende Irland im Laufe so vieler Jahrhunderte sich tbatsächlich einzuverleiben und gleichartig zu machen.

Amerika.

Petroleum entdeckt. In Washington County, Pa., herrscht die wildeste Aufregung über die Ent­deckung neuer Petroleumlagen, und Eigentümer von Land fordern die fabelhaftesten Preise für ihren Grundbesitz. Farmländereien, welche noch im letzten Monat nicht mehr als 50 bis 60 Dollar per Acre wert waren, kosten heute von 100 bis 5000 Doll. DieNiagara Oel-Compagnie" hat tausende Acres Land im County gepachtet, um nach Petroleum zu bohren.

New York, 31. Jan. Die Geschäftslage in den vereinigten Staaten ist, wie man derTimes" telegraphiert, eine so traurige, daß sich zahlreiche Emigranten zur Rückkehr nach Europa veranlaßt sehen, welche ihnen durch die Zwischeudecks-P.sisage- preise erleichtert wird. Insbesondere kehren Deutsche, Italiener, Polen und Ungarn nach Europa zurück,