Der GchllMter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für dev Oberamts-Bezirk Nagold.

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Erschein: wöchentlich 3 -nal: Dienstaz, Dunncrstag und SamStaq. und kostet vicrtcljädrüch lncr (ohne Trüflcrlobn) 80 ^, in dem Bezirk ! ^ «i, außerhalb dcS Bezirks 1 20 Monats-

abvnnenicnt nach Verhältnis.

Donnerstag den o. Februar.

JnicrtionSgebübr für die Ispaltige Zeile aus ge­

wöhnlicher Schrift bei etmnaliger Einrückung S -l, bei mehrmaliger je 8 Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des BlatteS der Druckerei ausgegeben lein.

1885 .

Für die Monate

Keöruar und März

kann bei allen Poststellen und durch die Postboten auf den

abonniert werden.

Cotsuist «nd Reichskanzler.

Wo warst Du, Deuischland, als die Welt geteilet?" Sv hat schon manches deutsche Herz mit Schiller'S Worten in seinerTeilung der Erde" beim Rückblick auf die früheren Zeiten unserer Vater- landSgeschichte gefragt und geklagt. Wo waren die Deutschen, als einst die neue Well Amerika geteilt und von Europa aus colonisiert wurde? Wa­rum schaute unser Volk, unsere Negierung, unser Kaiser müßig zu, als vor mehr als 2 Jahrhunder­ten Englands und anderer Länder Handel in dem damals entdeckten Erdteile neue Wurzeln schlug, aus denen verjüngender Saft und frische Blütenkraft strömte und die schönsten Früchte nationaler Wohl­habendst schuf?

Vor 200 Jahren war unser Vaterland zer­rissen und lag, aus tausend Wunden blutend, von den eigenen Kriegshorden in dem gräßlichen dreißig­jährigen Kriege zertreten, ohnmächtig am Boden und hat fast 8 Menschenalter gebraucht, um zu genesen und in neuer Kraft zu erstehen, zum nicht ge­ringen Staunen unserer neidischen Nachbarn. Und diesen geschichtlich denkwürdigen Zeit- und Wende- und patriotischen Werdepuukt erleben wir jetzt, wo Deutschland in demschwarzen Erdteil" Afrika sich mit Geschick, Tüchtigkeit und Capital festsctzt, Pioniere aussendet, um das Land zu erforschen, die kolo­nialen Bestrebungen der Großindustriellen unserer Hansestädte mit politischem Wohlwollen und mili­tärischem Nachdruck fördert, den deutschen Colo- nisten die Wege zwischen ihren Ansiedelungen und dem Mutterlande durch d>e finanzielleDampfer­subvention" sichert, dem Handel, der Industrie neue Absatzgebiete erschließt und der jährlich wachsenden Uebervölkerung Deutschlands reiche Arbeitsfelder an der West- und Ostküste Afrikas, wie in den nördlichen Teilen Neuguyneas öffnet, die so groß und größer sind wie unser ganzes deutsches Reich. Welche Zukunft öffnet sich da den kommenden Geschlechtern unseres Vaterlandes, wenn dieses selbst groß und und mächtig und einig bleibt!

Für die Ausfuhr unserer Jndustrieerzeugnisse sind die Colonien von der höchsten Bedeutung. Dem Kapital des Mutterlandes bietet sich Gelegenheit zu reicher und sicherer Anlage. Und wie wird das Nationalgefühl gehoben und getragen, wenn der Deutsche auf dem weiten Ozean der schwarz-weiß- roten Flagge begegnet, wenn er in fernen Gegenden sich in der Sprache der Heimat anreden u. freundlich be­grüßen hört! Nationalgefühl u. Nationalwohlstand: das sind die Ziele und Preise einer gesunden Colo­nialpolitik, wie die Geschichte der Völker des Alter­tums, wie der Neuzeit, so namentlich in England, Frankreich, Frankreich, Holland u. s. w. unwiderleg­lich beweist. Wer aber würde es heute noch glau­ben, wenn es nicht schwarz auf weiß in den Proto­kollen der Reichstagsverhandlung vom 30. Novbr. 1870 zu lesen stünde, daß man solche Colonial- alsnutzloses und kostspieliges Experimentieren, als Abenteurer-Ideen, als überwundenen Standpunkt" bezeichnet und weiter behauptet hat, daß England froh wäre, wenn es seine nordamerikanischen Colo­

nien ohne Schaden seiner nationalen Ehre, so kurzer und guter Hand los wäre, und daß cs dazu wohl auch noch sein Stücklein von Indien und Australien dran gäbe?!

Gottlob, daß der umsichtige Steuermann des neu erstandenen deutschen Reiches, unser großer Kanz­ler, von seinem erhabenen Standpunkt aus weiter ausschaut, als wir kurzsichtigen Landratten, und öf­ter selbst zum Mastkorb hinaufsteigt, um sicheren AugeS zu erspähen, wohin er des Reiches Schiffe lenken und wo er mit ihnen landen könne, um die deutsche Flagge aufhissen zu lassen oder um Deutsch­lands Söhne auf fremder Erde zu stützen und zu schützen und wo des Kanzlers eiserne Hand anfaßt, da hält sie fest, unbeküminert um deutsche oder englische Nadelstiche. Vertraue, o Vaterland, diesem weltkundigen Steuermann mit seinem weitausschauen­den Auge, seinem sichern Blick, seiner festen Hand und seinem großen weiten deutschen Herzen!

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

Ein gesendet. (Junkermann in Na­gold.) Sicherer Kunde nach ist es gelungen, Herrn Hofschauspieler Junker mann zur Abhaltung einer Reuter v orles u ng in hiesiger Stadt zu gewinnen. Es ist den Bewohnern von Nagold dadurch Gele­genheit zu einem Genuß eröffnet, wie er außer der Hauptstadt nur wenigen größeren Städten unseres Landes zu teil geworden ist. Allbekannt ist, mit welch hoher Meisterschaft Junkermann den an sich schon so lebensvollen und farbenfrischen Gestalten der Reuter'schen Muse, dieser vollendetsten Dichtung in Plattdeutscher Mundart, durch Stimme und Miene Fleisch und Blut zu geben versteht, und wer irgend einmal das Vergnügen gehabt hat, ihr zu setzen und zu hören, der kann sich nur von Herzen auf eine Wiederholung freuen. Zu einem solchen Genuß werden hiemit nicht nur die eingeladen, welche schon länger zu den Freunden der herrlichen Dichtungen Reuters gehören, sondern auch alle, die Reuter bis jetzt nicht kennen, aber an ächter, naturfrischer Dich­tung sich erfreuen möchten. Die Unkenntnis des Platt- deuschen darf niemand abschrecken. Junkermann ver­steht dasselbe uns soweit mundgerecht zu machen, daß jedermann in der Hauptsache alles verstehen muß. Es ist deßwegen zu hoffen, daß dieser Versuch eine hervorragende auswärtige Kraft zur Unterhaltung der Nagolder beizuziehen, durch zahlreiche Beteiligung von hier und auswärts belohnt werden. Nähere Mitteilung wird in Bälde erfolgen.

** Nagold. 4. Febr. Gestern früh starb im 93. Lebensjahre, das er am 27. d. M. vollendet hätte, einer unserer wackersten und begütertsten Mit­bürger, Oekonom Michael Grüninger. Er erfreute sich bis in sein hohes Alter stets einer guten Gesund­heit und blieb bis an sein Lebensende bei vollem, klarem Bewußtsein. An Lichtmeß 1865 hatte er seine goldene Hochzeit gefeiert; 2 Jahre nachher war seine Frau gestorben. Ec hinterlüßt 12 Enkel und 2 Urenkel.

/X Alten steig, 2. Febr. Der heutigen Gene­ralversammlung des Schwarzwaldbienenzüchtervereins, welche in derTraube" abgehalten wurde, wohnten etwa 60 Personen aus verschiedenen Bezirksgemein- den bei. Zur Tagesordnung waren drei Punkte vor­gemerkt: Der Rechenschaftsbericht pro 1884, Verlo­sung bienenwirtschaftlicher Geräte und Einzug von rückständigen Beiträgen. Herr Vereinsvorstand C. ' Seeger sen. erösinete die Versammlung mit einem

Rückblick auf das Bienen- und Honigjahr 1884, das ein sehr gesegnetes genannt zu werden verdiene. Die Prächtigen November- und noch einige sonnige De­zembertage zeigten der Einwinterung der Bienen sich sehr günstig. Der nachfolgende strenge Winter sperrte sie auf 6 Wochen völlig ein und setzte sie bei reichem Futtervorrat der Gefahr des Absterbens aus. Die Stockreinigungen, die bei reichen Ausleerungen infolge der aus Wald- oder Tannenhonig bestehenden Haupt­nahrung unmöglich geworden waren, erzeugten da und dort die Ruhrkrankheit, zu deren Bekämpfung Redner die geeigneten Mittel aufzählt. Dem von Hrn. Kassier Seeger jun. verlesenen Rechenschafts­berichte ist zu entnehmen: Einnahmen bis 31. Dez. 1884 206.16, welchen ^ 188.43 Ausgaben gegen­

überstehen, sonach Kassenvorrat 17.43; Ausstände 51, Wert der Verlosungsgegenstände 66.80. Reinvermögen 121.53. Der Jahresumsatz für Kunstwaben betrug 300. Zur Verlosung kamen 1 Schleudermaschine vkL 23, deren Gewinner Hr. Faißt in Ettmannsweiler jedoch der Vereinskassc 10 zu ersetzen hat. Weiter wurden verlost Weiselkäsige, Durchgangskäfige, Staubtropsenbläser, je eine Pfeife, ein Schwarmfangbeutel, eine Drohnenfalle, ein Schmocker, eine Zange, ein Wabenmesser und Kunst­waben. Die Lose wurden L Stück zu 25 L abge­setzt. Nach beendigtem Verlosungsgeschäste. das, in die Hände der Herren Mast-Ebhausen, Hirzel- Schönbronn und Widmaier-Wildberg gelegt war, empfahl Hr. Vorstand Seeger den Mitgliedern das Abonnement auf die Bienenzeitungen:Bienenpflege" undNördlinger Bienenzeitung". Aus letzterer brachte der H- Vorstand einen Artikel über den Wert der Bienennührpflanzen zur allgemeinen Kenntnis, der mit sichtbarem Interesse ausgenommen worden ist. Hr. Schlack vomDorf" zog hierauf in humori­stischer Weise einen Vergleich zwischen den Bienen­züchtern des Ost- und Westbezirks im diesseitigen Oberamt, wünscht den Eintritt in den deutsch-öster­reichischen Bienenzüchterverein, erhofft von dem deut­schen Reichstage ein Zollschutzgesetz für Honig und Wachs und ein allg. Bienenzuchtgesetz. Zum Schlüsse wurde der beiden im Vorjahre mit Tod abgegange­nen Imkern Ebel-Hoheneck und Epple-Rotten­burg durch Erheben von den Sitzen ehrend gedacht.

Altensteig, 2. Febr. Gestern hat sich hier ein Zweigverein des Württ. Schwarzwalv-Vereins als Bezirksverein Altensteig in der Stärke von ca. 80 Mitgliedern konstituiert und steht der Beitritt von einer weiteren Anzahl in sicherer Aussicht.

Dem Vernehmen nach hat sich die Handels­kammer in Reutlingen einstimmig für Erhöhung der Getreidezölle ausgesprochen.

Stuttgart, 31. Jan. Der Verein zur Förderung der Kunst in Stuttgart hat lautSt.-A." beschlossen, im Frühjahr dieses Jahres ein großes Musikfest in Stuttgart zn veranstalten. Man hofft, damit sowohl der Stadt selbst, als auch den weite­ren kunstsinnigen Kreisen Deutschlands zu zeigen, was Stuttgart auf dem musikalischen Gebiete zu leisten im Stande ist, wenn alle Kräfte zu einem großen Ganzen freudig zusammenstehen. Unter dem Ehren­präsidium Sr. H. des Prinzen Hermann zu Sachsen- Weimar ist heute im Palais Weimar ein konstitu­ierendes Komite zusammengetreten, welches die Lei­tung des Unternehmens in die Hände des Ober­staatsanwaltes Hr. Köstlin gelegt hat.

Stuttgart, 2. Febr. Gestern abend 9 Uhr wurde durch junge Leute ein grober Unfug dadurch ausgeführt, daß dieselben brennende Fenerwerkskörper