Ferner wird darauf hingewiesen, daß durch Art. 1 des Gesetzes vom 30. März 1872 die Steuerfreiheit der Renten und Dividenden aus — der Württemberg. Gewerbesteuer unterliegenden Aktien-Unternehmun gen (Art. 1 II. Schlußsatz des Gesetzes vom 19. Septbr. 1852) und ebenso die gänzliche oder teilweise Steuerfreiheit des aus dem Ausland fließenden und im auswärtigen Staate bereits einer Steuer unterliegenden Kapital- und Renten-Einkom mens (Art. 3 ^ 1 des Gesetzes vom 19. Septbr. 1852) aufgehoben worden ist.
Schließlich wird noch ausdrücklich beigefügt, daß die Verpfändung von verzinslichen Forderungen von der Fatierung und Versteuerung des ver- tragsmäßigen Zinses nicht befreit und daß verzinsliche und unver - insliche Zielforderungen der Kapitalsteuer unterliegen und zu atieren sind. Zur Fassion verpflichtet das Recht zum Bezug, es ist z. B. eine von Martini 1885 an verzinsliche, an Martini 1886 zahlbare Zielforderung auf den 1. April 1886 zu fatieren.
Die Steuerpflichtigen haben die Fassionen selbst zu unterzeichnen. Die Bevollmächtigten der im Ausland sich aufhaltenden Steuerpflichtigen und die Privatvermögensverwalter haben den Fassionen Vollmachten in Original oder beglaubigter Abschrift unter Angabe der Gültigkeitsdauer beizuschließen. Die gesetzlichen Stellvertreter bedürfen einer Vollmacht nicht.
Den 6. April 1886. Die K. Kameraliimter
Hirsau, Altenstaig und Neuthin.
KoMische WachvichLen.
Deutsches Reich.
— Bei der Endabstimmung über das Sozialistengesetz stimmten mit I a: Graf Adelmann, v. Fischer, Leemann, v. Lenz, Erbgraf zu Neipperg, Freiherr v. Ow, Staelin, Veiel, Graf Waldburg-Zeil, Freiherr v. Wöllwarth, zusammen 10. — Mit Nein: Härle, Payer, Schwarz, Utz, zusammen 4. Beurlaubt waren: Mayer, Freiherr v. Neurath. Ohne Entschuldigung fehlte Schott. Von den württ. Zentrumsabgeordneten haben also 3 mit Ja, 1 mit Nein gestimmt.
Berlin, 5. April. Der Reichstag wird am 10. ds. vertag t. Zufolge der im Senioren-Convente erzielten Verständigung sollen noch vorgenommen werden: die dritte Lesung des Gesetzes über die Rechtspflege in den Schutzgebieten, die zweite und dritte Lesung des landwirtschaftlichen Unfallgesctzes, die zweite und dritte Lesung des Militärpensiongesetzes, die dritte Lesung des Handelsvertrags mit Sansibar, sämtliche drei Lesungen der Vorlage wegen der Pensionsverhältnisse des Statthalters von Elsaß- Lothringen, die erste Lesung der Novelle zum Preßgesetz, außerdem Wahlprüfungen und Petitionen. So reichhaltig das Pensum sich auf den ersten Blick ausnimmt, so ist doch die Hoffnung nicht ausgeschlossen, es noch in dieser Woche zu bewältigen. Die Wahlprüfungen, welche unter Umständen zu ausgedehnten Debatten führen könnten, sollen nach dem Willen der Sozialdemokraten nur bei zweifellos beschlußfähigem Hause zur Verhandlung kommen. Da diese Bedingung vor Ostern schwerlich noch erfüllt werden wird, so wird dieser Gegenstand allem Anscheine nach thatsächlich ausscheiden. Die Diskussion über das Unfallgesetz hofft man durch Verständigung unter den Parteien sehr abkürzen zu können. Das Militärpensionsgesetz hängt von der Einbringung der Vorlage wegen Kommunalbesteuerung der Offiziere im preußischen Landtage ab. Man hofft, daß dieselbe in dieser Woche noch so frühzeitig erfolgt, daß die Durchberatung des Militärpensiongesetzes alsbald möglich ist. Mit der Erledigung der oben angegebenen Gegenstände würden die bisher vorliegenden Aufgaben des Reichstags bis zu einem Grade zu Ende geführt sein, daß dem förmlichen Schluffe der Session kaum etwas im Wege stehen würde.
Karlsruhe, 3. April. Heute ist über das Befinden des Erb- groß Herzogs nachfolgendes Bulletin erschienen: Auch gestern dieselben geringen Temperaturschwankungen der letzten Tage. Nacht gleichfalls gut und schlafreich. Am Morgen kein Fieber, fast keine Gelenksschmerzen. Allgemeinbefinden befriedigend. Atmung andauernd freier. Dr. Tenner.
Belgien.
— In Belgien ist die Lage deshalb noch immer bedenklich, weil sich eine gefährliche Fluktuation der beschäftigungslosen Arbeiter kundgibt. Die Streikenden, welche durch die Zerstörung der Fabriken nunmehr die Hoffnung auf Arbeit verloren haben, wenden sich den großen Städten zu, wo sie eher einen Erwerb zu erlangen hoffen, als in Dörfern und Flecken. Namentlich bildet Brüssel den Zielpunkt aller dieser bedenklichen Einwanderungen aus der Provinz, und es wird hier ein in Plünderungen und Brandlegungen geübtes Proletariat angehäuft, welches, von gewissen Agitatoren gehörig bearbeitet, ein vollkommenes revolutionäres Element abgibt. Die Straßen Brüssels sind gegenwärtig voll von Arbeitern, welche ihren Unterhalt erbetteln, und der Zuzug nimmt bedenkliche Dimensionen an. Da stets Anarchisten- Meetings stattfinden, so ist es begreiflich, daß die hiesige Bürgerschaft der Anhäufung dieser Leute in Brüssel mit einer Besorgnis entgegensieht.
Gages-Weuigkeiten.
(Amtliches.) Den im Samstagsblatt veröffentlichten Schülern, welche die Vorprüfung zur Vorbildung für den Volksschullehrerberuf mit Aussicht auf Staatsunterstützung bestanden haben, haben wir aus derselben Bekanntmachung nachzutragen: Schulaspirant Gottlob Paulus in Decken- p f r o n n.
Vaihingen a. E., 4. April. Nachdem der Amtsversammlungs« ausschuß im Februar namens des Bezirks Vaihingen aus Anlaß der Verlobung S. K. H. des Prinzen Wilhelm eine Gratulationsadresse zu diesem hocherfreulichen Ereignis abgeschickt hat, so hat die Amtsversammlung durch einstimmigen Beschluß vom 2. d. M. zur Bethätigung der Anhänglichkeit an das angestammte Fürstenhaus zu einer Hochzeitsgabe die Summe von 1000 ausgesetzt und mit Besorgung des Weiteren den Ausschuß betraut. — Heute Nachmittag gab die hiesige Gesangsgesellschaft Harmonia zum Besten armer hiesiger Konfirmanden ein Konzert mit sehr reichhaltigem gewähltem Programm im Saale zur Post. Da der Besuch ein sehr lebhafter war, so dürfte zu dem wohlthätigen Zweck eine namhafte Summe gefallen sein.
Eßlingen, 5. April. Die Gabe der hiesigen Stadt zur Hochzeit Sr. K. H. des Prinzen Wilhelm besteht in einem silberplattierten Galapferdegeschirr für ein Zwiegsspann. Das Beschläg wird in der Fabrik von I. Duderstadt hier gefertigt und das Leder von I. H. Roser geliefert, während die Anordnung nach künstlerischen Zeichnungen, sowie die Zusammensetzung durch die Nägel effche Wagenfabrik in Stuttgart erfolgt. Die von der Amtsversammlung verwilligten 500 ^ werden zur Anschaffung eines zu Obigem passenden Sattels und Zaumzeuges verwendet.
Großbottwar, 5. April. Heute Vormittag um 9 Uhr, also am lichten Tage, stieg ein erst 24jähriger, kürzlich aus dem Zuchthause entlassener Mensch von hier in unverbesserlicher Frechheit vermittelst einer Leiter in ein mitten im Städtchen, doch etwas abseits liegendes Wohnhaus einer gerade auf dem Felde beschäftigten vermöglichen Bauernfamilie ein. Der Einbrecher nahm das Geld und die Wertsachen (Uhren u. s. w.), die er vorfand, an sich, ebenso suchte er sich paffende Kleidungsstücke (Nock und Hemden) aus. Eine Nachbarin sah jedoch seinem Treiben zu und machte Lärm. Auf das hin versteckte der Dieb das GejHhlene auf der Bühne des Hauses, sich selbst aber schon mit den gestohlenen Kleidern teilweise bekleidet unter die Bettlade, wo er nach längerem Suchen vom hiesigen Landjäger gefunden wurde. Nach Feststellung des Thatbestandes wurde er geschlossen ans Amtsgericht Marbach abgeführt, um ihn wieder in sein früheres Heim zurückgelangen zu lassen.
Duprats Züge belebten sich, in den kalt blickenden Augen flammte es auf, und wieder streifte ein tückffcher Blick das in diesem Augenblick recht kummervolle Antlitz des Kommerzienrats.
„Ich redete nur zum Guten", sagte er demütig.
„Ich weiß es, sprach der Chef, indem er sein gebeugtes Haupt erhob. „Und meine Abweisung Ihres Vorschlages soll keinen Tadel für Sie enthalten. Lassen wir den Gegenstand aber einstweilen ruhen. Es bleibt noch genug Unerquickliches zwischen uns zu erledigen. Sie sprachen vorhin von schweren Zeiten, welche Ihrer Meinung nach über mein Haus hereinzubrechen drohen. Jedenfalls bezogen Sie das auf jenes schändliche Verbrechen, in welches zu meinem großen Verdruß auch mein Name verwickelt wurde. Sie kennen den Fall?"
„Nur ganz oberflächlich aus dem, was ich hier und da aus den Zeitungen erhaschte, wozu ich mir natürlich nicht viel Zeit ließ. Ich hatte so wie so alle Hände voll zu thun, da ich ja nicht zum Vergnügen nach M. gereist war."
„Tüchtiger junger Mann", sagte Etwold belobend. „Und welche Meinung haben Sie sich aus dem, was Sie gelesen, gebildet?"
„Daß die Sache für uns gar keine Bedeutung weiter hat. Daß der Mithelfer am Morde zufällig in Ihrem Dienste stand, kann Ihren guten Ruf nicht in Frage stellen. Wenn er gesunden sein wird, vorausgesetzt, daß ihn nicht Fische gefressen, wird Alles an den Tag kommen, auch wer das Weib gewesen, welches die blutige That vollbrachte."
Etwold spielte nervös mit dem Bijoux seiner Uhrkette.
„So — meinen Sie, daß er jemals wieder zum Vorschein kommt, der rote Mathies?" fragte er.
„Der Schlupfwinkel des Verbrechens hat die Weltstadt viele", entgeg- nete Duprat. „Wenn er sich dort längere Zeit verborgen hält, kann es ihm vielleicht gelingen, zu entkommen. Er läuft aber jeden Tag Gefahr, gefaßt zu werden."
Etwold wandte wandte sein verstörtes Antlitz ab.
„Gewiß, gewiß", sagte er halb für sich, „die Gefahr ist immer vorhanden, wenn — er nicht eben einen vorzeitigen Tod gefunden."
„Und beidem können wir mit Ruhe entgegenblicken", entschied Duprat.
Der Kommerzienrat schwieg.
„Das war es auch nicht, was mich zu jener Aeußerung von den drohenden, schweren Zeiten veranlaßte."
„Also nur die Affaire mit meinem Sohn?" fragte Etwold erleichtert.
Der Prokurist schüttelte den Kopf.
„Entsinnen Sie sich vielleicht noch, Herr Kommerzienrat", begann er mit vollem Bedacht und jetzt zum ersten Mal das Auge fest auf den Chef gerichtet, „des alten Förster, unseres ehemaligen Bureaudieners und Kaffenboten?"
Etwold hatte ihm schon früher den Rücken zugekehrt, sonst würde Duprat jetzt erstaunt gewesen sein über diese Veränderung, welche die Nennung des Namens auf seinen Chef hervorbrachte. Etwold war erdfahl geworden und die Hand, welche die Feder hielt, begann heftig zu zittern, so daß er nicht schreiben konnte. Er wollte Etwas erwidern, aber er vermochte es nicht.
Duprat faßte dieses Schweigen als Gedächtnisschwäche aus und fuhr fort:
„Der Mann verschwand eines Tages spurlos und mit ihm eine Summe Geldes, deren Höhe ihn kaum zur Flucht bewogen haben könnte. Außerdem war er ein langgedienter, treuer Mensch, dem man überall strengste Neelttät nachsagte. Es unterlag keinem Zweifel, daß er das Opfer eines schändlichen Verbrechens geworden, welches jedoch nicht enthüllt wurde."
„Ich weiß es", erwiderte der Kommerzienrat dumpf und ohne sich umzublicken. „Ich weiß aber nicht, weshalb Sie mich an diese längst abgethane, mir höchst peinliche Sache erinnern. Ich habe alle» zur Aufklärung des mysteriösen Falles gethan, die Polizei damit betraut und sogar eine Beloh- nung für die Wiederaufsindung des alten Mannes oder die Entdeckung seiner Mörder ausgesetzt."
(Fortsetzung folgt.)