Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Donnerstag den 26. Juni.

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1884.

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Die Wedcrktiorr «L Expedition.

Tages-Neirigkeiten.

Deutsches Reich.

lsta gold, 24. Juni. Obwohl dasEingesen- det" in Nir. 70 d. Bl. die hiesigen Fleischpreise zu rechtfertigen sucht, so haben gestern doch sämtliche Metzger dieser Rechtfertigung dadurch ein entsprechen­des Dementi gegeben, das; sie das Rindfleisch von 60 auf 56 ^ . Schweinefleisch von 60 auf 52 herabsetzten. Bravo, daß die mit so viel Unrecht (!) an gefeindeten und beneideten Herren Metzger ihre Kunden gleich mit einem solchen Abschlag erfreu­ten, statt wie sonst blos um diekaum nennens­werten" 2 Uud nun, ihr Bäcker, seid munter

und wach und folget diesem Beispiel nach!

> * Nagold, 25. Juni. Durch die Munificenz

des Herrn Partikulier Pf. und die unentgeltlichen technischen Bemühungen des Herrn Oberamtsbau- mcisters Sch. ist es dem hiesigen Verschönerungs- Verein möglich gemacht worden, auf dem runden murine des Schlossberges eine weithin sichtbare, in den deut­schen Farben erglänzende Fahne aufzurichten, nach welcher in Zukunft auch die Wetterkundigen forschend ihre Blicke richten werden.

Herrettberg, 23. Juni. (Erklärung.'! In Folge allerlei Unfugs, der durch Leute aus benach­barten Orten in den hiesigen Waldungen verübt wor­den istz^ habe ich im Auftrag des Gemeinderats ein allgemeines Verbot gegen das Betreten des Waldes durch Fremde und gegen das Sammeln von Beeren und Kräutern rc. imGäuboten" erlassen. Hievon greift ein Einsender in der letzten Nummer d. Bl. einen einzelnen Satz heraus, macht ihn zum Gegen­stand eines öffentlichen Tadels, bestreitet die Rechts­beständigkeit des Verbots und sucht einen Unterschied zwischen Hiesigen und hier wohnenden Fremden auf- zustellcn. Dieser Einsender ist nach seiner eigenen Aussage Herr Gerichtsschreiber Müller hier, zu des­sen Beruhigung ich auf diesem Wege erkläre, daß cs hier niemand auch nur einfallen wird, ihn, als Königlichen Staatsdiener, der hierSteuer zahlt", für einen Fremden anzusehen und ihm das Betreten der hiesigen Waldungen zu verwehren. Die gesunde Waldluft soll ihm hier nicht versagt sein, aber die von ihm erteilten Belehrungen können nicht anerkannt werden, weil man auf dem Rathaus andere Begriffe über die Rechte eines Wald-Eigentümers hat, als er sie zu haben scheint, seine Hinweisung auf das Forst­polizei-Gesetz ist nicht zutreffend. Die weiteren An­züglichkeiten des Artikels richten sich von selbst.

Stadtschultheiß Sauter.

Herrenberg, 23. Juni. Der von den bür­gerlichen Kollegien schon längst beschlossene Bau einer Turnhalle, verbunden mit Steigerturm für die frei- weilige Feuerwehr, wird diesen Sommer noch in Angriff genommen werden. Die Kosten belaufen sich nach dem Voranschlag auf 20 000 Mark, Die Ein­weihung wird mit dem im nächsten Frühjahr statt­

findenden 25jährigen Jubiläum der freiwilligen Feuer­wehr verbunden werden. Noch ein weiteres Jubi­läum steht uns im nächsten Jahr bevor, nämlich das 25jähriqe Dienstjubiläum unseres verehrten Stadt­vorstandes, Herrn Stadtschultheiß Sauter.

In Bondorf trank eine Frau mit Schweiß triefendem Körper Wasser; dieselbe sank um und war eine Leiche. Sic hinterläßt einen trauernden Gatten mit 4 Kindern.

Stuttgart, lieber das Befinden des Prä­sidenten der königl. Gcneraldirektion der Eisenbahnen v. Böhm lauten die Nachrichten sehr besorgniserregend, v. Böhm leidet an Herzwassersucht.

Stuttgart, 23. Juni. Der Herr Minister des Innern v. Hölder gibt im Inseratenteil des N. Tagbl. eine Erklärung dahin ab, daß er eine Kandi­datur zum Landtagsabgeordnetcn ablehne.

Rottweil, 20. Juni. In den letzten Tagen gelaugte hier und in der Umgegend eine größere An­zahl gesälschter Fünfzigmarkscheine (Reichskaffenscheine mit dem Buchstaben 6) zur Ausgabe, so bei der Postagentur Deißlingen 6 Stück auf einmal, zusam­men, soweit bis setzt ermitttelt, ca. 30 Stück. Die Falsifikate sind lautD. V." auf lithographischem Wege hergestellt und teils an der ganz undeutlichen, die Strafbestimmungen gegen Falschmünzerei enthal­tenden Schrift, teils daran kenntlich, daß auf der Rückseite (statt der im Papiere enthaltenen Fasern) Haare aufgeklebt sind, sonst sind sie gut gemacht. Als der Anfertigung dieser falschen Scheine dringend verdächtig wurde gestern nacht noch der Lithograph Sattler in Villingenstadt verhaftet, der in einem durch- gebrannten, wegen betrügerischen Bankerotts in Ham­burg verhafteten Schildmaler A. Bechtold in Deiß­lingen höchst wahrscheinlich einen Komplizen hatte. Durch dieses Verbrechen sind namentlich hier meh­rere Privatleute geschädigt worden. Es scheint da­her geboten, bei Einnahme von Banknoten dieselben einer genauen Prüfung zu unterwerfen und sich den Bormann zu notieren.

Ulm, 20. Juni. Dem Bauern K. von Ursen­wang (Göppingen), welcher auf dem hiesigen Woll- inarkt heute abend 2300 vkL für Wolle eingenommen hatte, wurde auf dem hiesigen Bahnhofe im Gedränge dieser ganze Betrag samt Brieftasche aus der innern Tasche seines Rockes gestohlen, ohne daß der Bestoh­lene irgend welchen Verdacht auszusprechen vermag.

Pfullingen, 22. Juni. Ein unabsehbarer Leichenzug, an welchem sich nicht nur hiesige Ein­wohner, sondern auch Personen aus der ganzen Um­gegend beteiligten, bewegte sich heute dem Friedhofe zu. Es galt der Beerdigung des Papierfabrikanten A. Laiblin, der völlig unerwartet an einem Schlag­fluß gestorben war. Einer der hervorragendsten In­dustriellen Württembergs und zugleich ein wohlwol­lender, allgemein beliebter Mann wurde in ihm zu Grabe getragen.

Schlierbach, 19. Juni. Beinahe hätte man heute mittag hier einen guten Fang gemacht. In der Krone saß ein Fremdling; zu ihm gesellte sich der Hirfchwirt von Binzwangen und erzählte, wie ihm heute nacht 30 ^ gestohlen worden seien, und als gerade der Landjäger ans der Straße vorüber­ging, rief er denselben herauf. Dem Fremdling aber wurde es schwül ums Herz bei solcher Unterhaltung und beim Nahen des Landjägers; er eilte hinaus durch eine Hinterthär durch Gärten und Kornfelder, der Landjäger vergeblich ihm nach. Doch das Ver­hängnis wollte es, daß er wenigstens Spuren seiner Thätigkeit hinterließ; in einem Handkoffer, den der­

selbe in der Eile stehen ließ, fanden sich neben Ande­rem württembergische Papiere im Wert von 7000-M. Die weitere Untersuchung wird den Besitzer derselben wohl bald finden.

Bamberg, 19. Juni. Am 13. Juni hörte ein Ulan des hiesigen Regiments den Hilferuf einetz in den Fluß gestürzten Knaben, stürzte sich in die Fluten, rettete denselben und begab sich, ohne einen Dank abzuwarten, in seine Kaserne, wohin sich da­durch seine Heimkunft um 17 Min. verspätete. We­gen dieser Verspätung erhielt der Mann 8 Tage Kasernenarrest. (?) Der Vater des geretteten Knaben hat beim Stadtmagistrate eine Belohnung beantragt.

Wiesbaden, 21. Juni. Wie derMünch. Allgem. Ztg." von zuverlässiger Seite aus Bad Ems, wo bekanntlich Kaiser Wilhelm augenblicklich zur Kur weilt, mitgeteilt wird, ist daselbst gestern eine Persönlichkeit verhaftet worden, die im Verdachte steht, sich mit einem Mordauschlage gegen das Leben Sr. Majestät des Kaisers getragen zu haben. In­wieweit wir es hier mit einem thatsächlich geplanten Attentat zu thun haben, muß erst der weitere Gang der Untersuchung lehren, deren Resultat man mit Spannung entgegensieht.

(Merkwürdige Leistung eines Hundes.) Man schreibt aus Barmen, 16. ds.: Eine ganz außeror­dentliche und abenteuerliche Wanderung hat dieser Tage ein Hund gemacht, welcher am 2. ds. per Eisenbahn von Hamburg hier eintraf, aber bereits am folgenden Tage wieder ausrückte und spurlos verschwand. Nach drei Tagen (am Freitag den 6. ds. morgens) fand der frühere Besitzer in Hamburg das arme Tier ganz abgemagert und halbtot wieder auf seinem Hofe vor. Der treue Phylax hatte den Weg von Barmen nach Hamburg ohne Kompaß und Karte in drei Tagen und drei Nächten zurückgelegt. Wie hat nun das Tier den Rückweg nach Hamburg überhaupt gefunden? Das ist eine Frage, die ebenso interessant, aber vielleicht noch schwieriger zu beant­worten ist, als das bisher noch ungelöste Problem, wie die Brieftauben aus riesigen Entfernungen ihren Rückweg nach dem heimatlichen Schlage finden.

Eisenach, 17. Juni. Die evangelische Kir­chenkonferenz beschäftigte sich gestern und heute mit der wichtigen Frage: Welche Maßregeln sind von den deutschen evangelischen Landeskirchen zur Wah­rung ihrer Ordnung gegen die in neuerer Zeit sich in bedenklicher Weise bemerkbar machenden separati­stischen und sectiererischen Umtriebe zu ergreifen? Nach ausführlicher, durch sehr gründliche und um­fassende Referate eingeleiteter Debatte) in welcher die in den verschiedenen Landeskirchen bestehenden recht­lichen und thatfächlichen Verhältnissen nach allen Seiten erörtert wurden, einigte sich die Konferenz, indem sie von der lutherischen, bezw. reformierten Separation ganz absah, zu einer Erklärung, deren wesentlichste Punkte lauten: 1) Die in neuerer Zeit wahrnehmbaren Fortschritte des Sektenwesens erhei­schen eine erhöhte Wachsamkeit seitens der Landes­kirchen zum Schutze ihrer Ordnungen. Es sind da­her die Geistlichen anzuweisen, ein etwaiges Eindrin­gen der Sekten, sowie die Fortschritte derselben ge­nau im Auge zu behalten, auch die kirchliche Organe aufzuforderu, etwaige bezügliche Wahrnehmungen so­fort zur Kenntnis des Ortsgeistlichen zu bringen. 2) Die Sekten sind, unter thunlichster Vermeidung äußerer Maßregeln polizeilicher Art vornehmlich durch innere Mittel zu bekämpfen uud zwar ist da­bei das Hauptaugenmerk darauf zu richten, das We­sen der Sekten innerlich zu überwinden und deren