Der Gesellschafter

Amts und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donnerstag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlohn) 30 --i, in dem Bezirk l «I, außerhalb des Bezirks 1 20 Monats­

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Donnerstag den 19. Juni.

Jnsertionsgebühr jür die ispaltige Zeile aus ge­wöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung S <>, bei mehrmaliger je S -l. Die Inserate muffen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgcgeben sein.

1884

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Am tliches.

A l t e n st e i g.

Die Königliche« Pfarrämter

wollen die Notizen über die zu Alterszulagen berech­tigten Schullehrer (Amtsbl. 444 u. 2079) auf den 25. Juni einsenden.

Den 17. Juni 1884.

K. Bezirksschulinspektornt. _ Mezger. _

Seine Königliche Majestät haben vermöge Höchster

Entschlicsning vom 12. d. Mts. die erledigte Genchtsnotars- stelle in Calw dem Amtsnotcir Weismann von Ebcrsbach zu übertragen.

Dem Revicrförstcr Steinbronn in Freudenstadt wurde das erledigte Rcvieramt Reichenbach gnäd igst übertr agen.

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reim.

X Nagold, 18. Juni. Unser Seminar hat Ichon manchen Fremden hieher gelockt und auch grö­ßere Versammlungen haben seit seinem Bestehen schon hier stattgcfunden, so das Gustav-Adolfsfest 1881 , die Naturforscherversammlung 1882. Für diesen Sommer (Anfang August) ist wieder eine große Versammlung hieher geplant, nemlich die jähr­liche Plenarversammlung des Ivnrttemder- gische« Pollrsschnllehrervereins , der jedes Jahr wichtige Fragen der Erziehung und des Un­terrichts auf seine Tagesordnung setzt und in öffent­licher Debatte erörtert. Diese Versammlung von vielleicht 500600 Lehrern, die der Stadt Nagold als Seminarstadt gilt, ist ein Ereignis, das wir hier zum erstenmal erleben, das sich aber in späterer Zeit wiederholen kann. Es liegt deshalb wohl im In­teresse der Stadt und ist für sie eine Ehrensache, die Versammlung freundlich und würdig zu em­pfangen; auch ist wohl nicht zu zweifeln, daß für diejenigen Gäste, die in den hiesigen Gasthäusern kein Nachtquartier mehr finden können (es werden vielleicht 200 Teilnehmer hier übernachten), von hiesigen Privaten eine genügende Anzahl Betten zur Verfügung gestellt werden wird, eine Gastfreund- fchaftserweisung, die um so leichter gewährt werden wird, als sie außer der Sorge für Nachtherberge keine weiteren Verbindlichkeiten in sich schließt.

In Dorn Fetten ertrank am 12. ds. das 2^/sjährige Kind eines Gerbers in einem neben dem Hause befindlichen Wasserbehälter, der unvorsichtiger­weise nicht zugedeckt war.

Die Brieftäger Stuttgarts, welche ihre Touren erst in bedeutender Ferne vom Hauptpost­amt beginnen können, werden von jetzt ab bis zum ersten Hause, wo ihre Tour anfängt, gefahren, um dem Publikum in den ferneren Stadtteilen die Briefe früher zustellen zu können.

Nill's Thiergarten hat eine Bereicherung er­fahren, indem die Gemsin ein Junges geworfen hat. Die afrikanische Straußin hat in den letzten Tagen wieder mit Eierlegen begonnen.

Stuttgart, 15. Juni. Großes und bei den Beteiligten sehr unangenehmes Aufsehen erregt der Fall des durchgegangenen Möbelhändlers Maier in der Sonne, der mit Hinterlassung eines für mittlere Verhältnisse enormen Defizits (man spricht von mehr als 100000 cM.) das Weite gesucht hat. Der Mann galt für sehr »ermöglich und solid, jetzt stellen sich aber eine Menge Wechselfälschungen u. s. w. heraus, welche darauf hindeuten, daß er sein Geschäft nur durch Schwindelopcrationen aufrecht zu erhalten wußte.

Heidenheim, 16. Juni. Auch ein Stromer­stückchen kam auf einem unserer benachbarten Dörfer

vor. Kürzlich war dort der Polizeidiener, welcher zugleich Maurer ist, auf dem First eines Hauses mit Ausbesserung des Daches beschäftigt, als er von sei­nem erhöhten Standpunkt aus einen Handwerksbur­schen sieht, der von Haus zu Haus fechtend sich be­wegt. Dem Wächter des Gesetzes wurde die Sache schließlich zu bunt, und als der Handwerksbursche in seine Nähe kam, rief er hinab:So jetzt hat düs Fechta an End' oder i komm nunter und sperr en ei." Der Handwerksbursche aber, kurz besonnen, nimmt die Lener vom Hause weg und trägt sie fort, so daß der Polizeidiener erst, nachdem er durch län­geres Rufen Leute aufmerksam gemacht hatte, aus seiner luftigen Höhe befreit wurde. Der Handwerks­bursche war inzwischen natürlich verduftet.

In Gmünd stahl am Sonntag ein vermög- licher Bauer aus Oberbettringen einen 20-Mark- schein, den er kurz zuvor selbst hatte wechseln lassen, und entfernte sich. Als er jedoch zu Hause ankam, wurde er daselbst bereits von einem vorausgeeilten Landjäger erwartet und sestgenommcn; als er sich entdeckt sah, versuchte der Wackere den Schein zu verschlucken, woran er jedoch noch rechtzeitig ver­hindert wurde.

Ricdlingeu, 11. Juni. Die Vorbereitungen zu dem am 28.30. Juni dahier statifindenden Turn­fest sind in vollem Gange, auch die Anmeldungen laufen schon recht zahlreich ein. Privatquartiere mit Betten stehen etwa 500 zur Verfügung; Massenquar­tiere werden etwa 800 in gut verschlossenen Sälen eingerichtet. Zu letzterem Zwecke hat das K. Kriegs­ministerium bereitwilligst Matrazen und Teppiche verwilligt.

Ulm, 15. Juni. Das Feldart.-Reg. Nr. 13 und Fnßart.-Bataillon Nr. 13 ging heute in 3 Ex­trazügen zu den Schießübungen bei Darmstadt ab.

Biberach, 15. Juni. Gestern abend 7 Uhr wurde in Halden ein junger Zimmermann namens Kübler vom Blitze erschlagen. Der Getötete stand im Begriff, eine Kuh in den Stall zu bringen. Letz­tere wurde ebenfalls vom Blitze getroffen und ver­endete sofort. Das gleiche Gewitter hat in Schussen- ried gezündet und ein Haus vernichtet.

Weikersheim, 13. Juni. An den Blättern des Spinates, der Futter- und Zuckerüben zeigt sich dieses Jahr die Larve eines bisher hier noch unbekannten Insektes, welches von dem Landwirt­schaftsinspektor Rindt in Hall, der von der K. Zent­ralstelle für Landwirtschaft zur Untersuchung der Sache hieher gesandt wurde, als die der Runkelfliege (antllom)a oorckorinis) bezeichnet wurde. Fragliches Insekt vermehrt sich sehr schnell und stark. Die Lar­ven erreichen in kurzer Zeit eine Größe von 810 Millimeter und haben eine schmutzig gelblich-weiße Farbe. (Auch hier in Nagold wurde die gleiche Wahrnehmung am Spinale gemacht, der durch dieses Insekt völlig ungenießbar geworden. Red.)

In Lautenbach (Crailsheim) verletzte sich ein Bürstenbinder beim Reinigen von Borsten an der rostigen Hechel, achtete aber anfangs wenig dar­auf, bis ihm der Arm anschwoll und sich rasende Schmerzen einstellten. Aerztlicherseits wurde eine Blutvergiftung konstatiert und der Arm mußte abge­nommen werden. Doch ist es fraglich, ob der Un­glückliche noch gerettet werden kann; derselbe ist Fa­milienvater.

Friedrichshafen. 15. Juni. Der König ist heute nachmittag IVr Uhr nebst Gefolge mittels Extrazugs wohlbehalten zum Sommeraufenthalt hier eingetroffen.

Brandfälle: In Enzberg (Maulbronn) am 14. ds. das Anwesen z. Lamm; in Blaufelde n (Gerabronn) am 14. ds. 2 Wohnhäuser; in Engel­hardtshausen (Gerabronn) am 15. ds. ein An­wesen mit Vorräten.

Baden, 14. Juni. Heute abend zwischen 5 und 7 Uhr ist unsere Stadt von einem Gewitter heimgesucht worden, wie solche glücklicherweise hier selten Vorkommen. Der Blitz, der mehrere Male ver­heerend wirkte, hat namentlich seine Opfer gefordert auf der Iburg, wo er ein junges Leben von 28 Jah­ren (eine Dame aus Waldkirch) zerstörte und einige Personen betäubte. In die sog. Strohhütte (auf dem Wege zum alten Schloß) hatten sich einige Per­sonen geflüchtet. Leider hat auch hier, wenn auch nicht der Tod, so doch das Entsetzen schrecklich ge­haust. Durch den elektrischen Schlag wurde ein ver­dienstvolles Mitglied des Meiningen'schen Hofthea- iers, Herr. D., seiner Sprache beraubt und soll der­selbe noch die Sehkraft des linken Auges verliere». Ein Arzt aus Straßburg, Herr Dr. D., kam nach dem fürchterlichen Schlage alsbald wieder zur Besin­nung, ist jedoch momentan an dem einen Arme ge­lähmt. Auch ein Ehepaar aus Mannheim hatte unter der entsetzlichen Katastrophe zu leiden, jedoch, wie dem Badebl. mitgeteilt wird, ohne schwere Folgen.

Herzog Karl Theodor von Bayern, der be­kanntlich ein tüchtiger Augenarzt ist, errichtete in Tegernsee eine Augenheilanstalt, worin arme Augen­leidende unentgeltliche Aufnahme und Verpflegung finden.

München, 13. Juni. Dem Vernehmen nach empfing die heutige Deputation sämmtlicher bayeri­scher Handelskammern bei dem Minister des Innern, der Finanzen und des Aeußern den Eindruck, die Regierung werde trotz mancher Bedenken gegen die Stempelsteuervorlage, nicht für die von der Deputa­tion empfohlene Ablehnung stimmen.

Wiesbaden, 10. Juni. Allgemeines Auf­sehen erregt die heutige Straskammersitzung, in wel­cher nicht weniger als 18 hiesige Metzgermeister we­gen Vergehens gegen das Nahrungsmittelgesetz sich zu verantworten hatten. Dieselben waren beschuldigt und geständig, im Januar Kartoffelmehl als Binde­mittel zu Wurstwaren verwendet zu haben. Geladen waren 5 Sachverständige und 23 Zeugen, meistens Gesellen der angeklagten Meister. Der Staatsanwalt hielt die Schuld 17 Angeklagter für erwiesen und beantragte je eine Geldstrafe von 300 Die Verkündigung des Urteilsspruchs wurde auf Diens­tag den 17. ds. festgesetzt.

(Gefahr durch Katzen.) Einige aufregende Stun­den spielten sich am Donnerstag abend vor dem Kirchhtor in Mör s ab. Das Dienstmädchen des Hrn. E. spazierte mit den Kindern dem Fünderich zu. Unterwegs bleiben die Kinder an einem Korn­felde stehen und pflücken Blumen, als eine große Katze herausschleicht und auf das 3jährige Mädchen des Hrn. E. springt, dasselbe beißend und kratzend. Das Dienstmädchen will der Katze wehren, diese aber springt nunmehr auf die erwachsene Person beißend und kratzend ein, bis sie endlich verscheucht wird und Mädchen samt Kindern eiligst und aufgeregt nach Hause eilen, um sofort ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Gleich darauf wurde Jagd auf das ge­fährliche Tier gemacht und dasselbe glücklicherweise erlegt. Nachdem der Tierarzt wirklich verdächtige Symptome der Tollsucht konstatiert hatte, wurden sämtliche Katzen der Nachbarschaft vorsichtshalber getötet.