gegen die Gesellschaft. So lange der Staat ihm nicht entgegen kommt oder so lange er zu dem Entgegenkommen des Staats kein Vertrauen hat, so lange wird er immer wieder zu dem sozialistischen Wunderdoctor lausen und ohne großes Nachden­ken sich von ihm Dinge versprechen lassen, die nicht gehalten. Deshalb glaube ich, daß die Unfallversicherung, sobald sie na­mentlich ihre volle Ausdehnung auf die gesamte Landwirtschaft, auf die Baugewerbe u. s. w. bekommt, wie wir das anstreben, sic mildernd aus die Besorgnis und Verstimmung der arbeiten­den Klassen wirken wird. Ganz heilbar ist die Krankheit nicht, aber durch die Unterdrückung äußerer Symptome derselben, durch Zwangsgefetze halten wir sic nur auf und treiben sie nach innen.

DieKöln. Ztg." schreibt: Immer entschiedener wendet sich die gemäßigt liberale Bevölkerung gegen das Auftreten der neuen freisinnigen Partei. Mit Recht erkennt man im Norden wie im Süden un­seres Vaterlandes in den Freisinnigen nichts anderes als die verstärkte Fortschrittspartei, die wahrlich nicht maßvoller auftreten wird bei 100 Mitgliedern als bei 50 oder 60. Die Rechnung, welche die Sezessionisten vielleicht aus die Täuschung der Massen durch den neuen Namen anstellten, wird sich als eine verkehrte Herausstellen. Der freisinnige Name täuscht nicht über die Thatsache hinweg, daß wir es mit einer fortschrittlichen Oppositionspartei zu thun haben, einer Partei der Opposition gegen den Fürsten Bismarck um jeden Preis. Und die Schichten der Bevölkerung, welche von einer solchen Politik Heil erhoffen, sind denn doch sehr dünn.

Der katholisch gewordene Herzog Paul Fried­rich von Mecklenburg hat für sich und seine Nach­kommen auf alle Erbrechte verzichtet; seine uachge- borenen Brüder und deren Nachkommen sollen ihm vorangehen und nach deren Aussterben sein und sei­ner Nachkommen Erbrecht erst dann wieder in Kraft treten, wenn der zur Erbfolge Berechtigte zur pro­testantischen Kirche übergetreten ist.

In Schwerin wurde die Kasse der dortigen Artillerieabteilung, worin sich etwa 18 000 vlL be­fanden, aus dem Hause des Kommandeurs gestohlen. Drei verdächtige Personen sind eingezogen.

Der Seiltänzer Wilhelm Kolter, einst der waghalsigste Vertreter feines Faches, ist in Leipzig 93 Jahre alt gestorben. Während seines Auftre­tens hat er so ziemlich alle seine Glieder ein oder mehrere Male gebrochen mit Ausnahme des Halses und des Rückens.

Oesterreich-Ungarn.

Wien. Das Kriegsministerium hat der Stadt- vertretung Königgrätz die Bedingungen bekannt ge­geben, unter denen die dortigen Festungswerke demo- iirt werden können und die Stadtvertretung hat vor­gestern diese Bedingungen acceptirt.

Wien, 24. März. Für Karl Schenk wurde heute das Begnadigungsgesuch eingereicht. Hugo Schenk wird wegen steter Selbstmordplüne scharf be­wacht, Schlossarek ist wegen seiner Rasereiausbrüche kaum zu bändigen. Schweiz.

Die sozialdemokratische Partei Basels wird Hcrwegh ein Grabdenkmal setzen lassen. Dasselbe soll am 20. April entbüllt werden.

Frankreich.

Der PariserGaulois erzählt, Kaiser Wil­helm Hütte zu seinem Geburtstage auch eine Vase aus Sevres erhalten mit der InschriftAns Frank­reich" , deren Zusendung derGaulois" entweder dem Grafen Saint Vallier oder einer noch höheren regierenden Persönlichkeit zuschreibt. Kaiser Wilhelm sei über diese lleberraschung, die er einen Beweis der Freundschaft und des Friedens genannt haben soll, bis zu Thrünen gerührt gewesen. Auch die Kaiserin sei höchlichst erfreut gewesen, und Fürst Bismarck soll sich geäußert haben: Ich hoffe, der Tag sei nahe, wo ich den Franzosen die dem Kaiser bereitete Freude werde vergelten können.

Von der barbarischen Art der Kriegführung Frankreichs in Tonkin gibt der Brief eines Deutschen (Elsäßers), der bei den Franzosen in Tonkin steht, der seinem ganzen Jubalt nach den Eindruck der Wahrhaftigkeit macht, Zeugnis, den dasMotsheimer Kreisblatt" veröffentlicht. Derselbe schildert den Marsch auf und die Erstürmung von Song-Tay, wobei sich die Chinesen sehr tapfer geschlagen und den Fran­zosen große Verluste beigebracht haben und schließ­lich nur durch die geringe Leistungsfähigkeit ihrer Artillerie unterlagen. Wir entnehmen zum Beweis unseres an der Spitze stehenden Satzes dem Brief nur folgende Stellen:Um 4 Uhr machten wir den Sturm mit Bajonnett und schlugen den Feind zurück. Anfänglich wollten sie nicht weichen, als sie aber un­sere Lajouneite in den Rippen fühlten, dann flohen

sie nach allen Seiten hinaus. Das Geschrei war ent­setzlich, wir verfolgten sie bis 400 Meter vor dem Rempart der Stadt, hinter welchen sie sich geflüchtet hatten. Auch wir mußten zurück, denn über 100 Ka­nonen von der Zitadelle spieen auf uns. Wir mach­ten 600 Gefangene, welche am andern Tage alle er­schossen wurden. Am 15. Dezember war Ruhe, keinen Schuß hörte man, trotzdem wir nur 1 2 Kilometer von der Stadt und Zitadelle waren. Am 16. nah­men wir die Stadt mit Sturm abends 5 Uhr, mein Bataillon war das erste. Wir verloren über 135 Mann. Als wir in der Stadt waren, kam die Ordre, daß wir plündern dürfen während 36 Stunden und alles Lebende niedermachen. Nun, lieber Vater, davon sind meine Hände rein. Wie manches Kind und un­schuldige Frau und unschuldiger Vater, die ihre Hände rein vom Pulver hatten, sind niedergemacht worden. Geschossen wurde nicht mehr, nichts als erstochen oder mit dem Kolben totgeschlagen, cs war entsetz­lich, in jedem Hause lagen Haufen von Toten und Verwundeten ohne Hilfe."

Nach einer Statistik derGazette Piemoutese" haben sich in Monaco vom 1. Januar bis zum 18. d. nicht weniger als 21 Personen, welche am Spiel­tische verloren haben, entleibt.

England.

Glückwünsche aus London für unseren Kaiser. Wie der Vossischen Zeitung aus London gemeldet wird, haben dem Kaiser zu seinem Geburtstag auch der Lordmayor und die Sheriffs von London ihre Glückwünsche dargebracht. Gestern ist die Antwort ein getroffen, in welcher der Kaiser seinen Dank aus­spricht.

Bei einer Feuersbrunst in Dublin wurden Donnerstag Nacht zehn Feuerwehrmänner durch eine einstürzcnde Mauer in dem brennenden Gebäude ver­schüttet. Den heroischen Anstrengungen ihrer Kolle­gen, des Militärs und einiger Bürger gelang es, die Verschütteten aus ihrer entsetzlichen Lage zu be­freien. Ein Feuerwehrmann starb jedoch noch auf dem Platze und von den übrigen 9 Geretteten, die insgesammt ins Hospital geschafft werden mußten, befinden sich einige in einem äußerst kritischen Zu­stande.

Die irische extreme Partei läßt jetzt in Amerika eineDynamit-Monatsschrift" erscheinen, worin der wissenschaftliche Krieg", wie ihnder Schwächere gegen den Stärkeren führen muß", gegen den eng­lischen Erbfeind gepredigt wird.Wir glauben", sagt der Herausgeber,an den Dynamit; aber auch das Pulver, die Revolverkugel und der Dolch sind nicht zu verachten". Angeblich betrügt der Fond fürpa­triotische Zwecke" 27 000 Dollars; abermehr ist notwendig, denn es gibt noch viel zu thun." Das Blatt führt eineschwarze Liste" der aus dem Wege zu räumendenVerräter" an, über welche das Todes­urteil gesprochen wurde. Die Probenummer wurde an 22 000 Personen mit der Bitte um Beiträge zum patriotischen Dhnamitsond" versendet.

Italien.

Der Papst hat am 24. ds. ein geheimes Con- sistorium gehalten. Er ernannte den Kardinal Le- dochowski zum Kämmerling des heiligen Kollegiums. In einer Anrede wies er auf die Schwierigkeit hin, welche daraus entstehen, daß die durch den Vatikan und den Quirinal vertretenen Mächte gleichzeitig sich in Rom befinden.

R o m, 24. März. Der röm. Beobachter schreibt: Die Blätter, welche in den letzten Tagen von der Abreise des Papstes sprachen, sind im Allgemeinen nicht richtig verstanden worden. Sie sprachen von der Möglichkeit, daß der Papst eines Tages gezwun­gen sein könnte, abzureisen, aber nicht von einer be­vorstehenden Abreise. Der Zeitpunkt der letzteren hänge keineswegs vom Papste ab, sondern von der ital. Negierung. Au dem Tage, an welchem der Papst sich allzu sehr ausgejetzt und in seiner Frei­heit allzu beengt sehen werde, werde er den Kreis, der ihn beengt, durchbrechen und, wie so viele seiner Vorgänger, anderwärts ein freieres, sichereres Asyl suchen. Er werde es ebenso machen, wie kürzlich die Propaganda es gemacht habe, ileberall, wo er hingehe, werde er die Kirche mit sich nehmen. Der Ort, wo er sich nicderlassen werde, werde zum Mit­telpunkt der Welt werden. Während ein einfaches Dorf, welches dem Papste als Asyl dient, universelle Bedeutung erlangen würde, würde Rom durch die Abreise des Papstes seine ganze Größe einbüßen. Der röm. Beobachter zählt dann die Hauptbcschwerden

des Papsttums gegen die ital. Regierung auf und schließt:Wenn der Papst noch in Rom bleibt, so geschieht dies einzig und allein, um Rom und Ita­lien, die er sehr liebt, sehr ernste moralische und ma­terielle Schädigungen zu ersparen, denen sie ausge­setzt würden, wenn sie sich nicht mehr im wohlthu- enden Schatten des heiligen Stuhles befänden. Der Papst im Exil und umherirrend, würde den Enthu­siasmus selbst unempfindlicher Völker Hervorrufen und diese zu großherzigen Unternehmungen antreiben. Das Unglück käme dann über jene, die den Papst zum Verbannten, zu einem Herumirrenden gemacht hätten! Eben deshalb überschreitet der Papst nicht die Schwelle des Vatikans. (Offenbar handelt es sich bei dem vom Vatikan selbst ausgesprengten Ge­rüchte von einer bevorstehendenAbreife des Pap­stes" lediglich um einen auf die auswärt. Mächte auszuübenden Druck, die man dadurch bewegen möchte, in Angelegenheit der Propaganda und der Verwand­lung des Vermögens derselben in eine ital. Rente eine energische Einmischung eintreten zu lassen. Eine ernst­liche Bedeutung ist dem immer wieder von Zeit zu Zeit auftauchenden Gerüchte nicht beiznlcgen.) (S. M.) Amerika.

Washington, 26. März. Der Präsident Arthur ernannte Sargent zum Vertreter der Union in Petersburg.

In einem von der Minderheit des amerikani­schen Senatsausschusses für auswärtige Angelegen­heiten erstatteten Berichte heißt es: Deutschland sei durchaus im Recht, die Einfuhr amerikan. Schweine­fleisches zu untersagen, wenn eS ihm angemessen er­scheine. Amerika habe kein Recht, sich darüber zu beklagen, wenn auswärtige Regierungen angesichts des amerikanischen Zolltarifes zur Schutzpolitik über­gehen. Amerika müsse begreifen, daß es nicht so groß und unabhängig sei, um über die Gesetze der Staatswirtschaft sich hinwegsetzen zu können.

New-Jork, 26. Mücz. Nach Meldungen aus New-Orleans brachen mehrere Schutzdämme des Mississippiflusses. Das untere Flußthal ist voll­ständig unter Wasser und gleicht einem großen See. Die Zahl der Menschen, oie das überschwemmte Terrain bewohnten, wird auf 60 000 geschätzt. Es werden große Menschenverluste befürchtet.

Handel L Verkehr.

f;:j Wildverg, 26. Mürz. Der gestrige Frühjahrs- markt war mit Viel) und Schweinen stark befahren und wurden annehmbare Preise erzielt. Milchkühe wnrden von 250350 das Stück verkauft; Kalbeln, Rinder und Sliere waren von 120- 250 zu haben; Kleinvieh von 60- 100 Ochsen galten 3033 Carol. Auf dem Schweinemarkt ging der Ver­kauf sehr rasch vor sich; Milchschweine wurden zu 2030 »6. geringere Lauser zu 3 >40 ^ und sehr schöne zu 6080 abgesetzt. Der Krämcrmarkt war von Mittag au stark besucht, hatte aber von 3 Uhr an sehr unter der Ungunst der Witte­rung zu leiden.

(Konkurseröffnungen.) Johannes Ulrich, Kauf­mann von Honhardt. Heinrich Herrmann, Händler in Gönningen.

Verantwortlicher Redakteur Stetnwandel In Nagold. Druck und Verlag der G. W. Z aiser'schen Buchhandlung in Nagold.

Lnälioli Aefnioäen!

Llülbsim an der Ruhr. Herrn Llobard Brandt, -4xo- tbsster, 2 üriob in der 8 cbvsiri. diaolulsin iob bereit« ssit- an ckss stalirss 1873 mit rLsumatisoböm I-eidsn be­baktet, sovis an UläbnnAsn, Lla xen sänre, trägem 8 tublKS.uK und LlutsudrsuK litt, vnrds mir, väk- rend meinen IsuKjsbriKsu LsbsudlunKSu diessrkalb kein Usdieainsnt rwKSUKiK, vslobsm iob den Dank vsrsobulds als Ihren vsrtön 8 okv 6 i 2 örpiU 6 L,(srbsItIivb in den ^xotbsLsn), denn nachdem iob nnninsbr 4 8 obaebtsln derselben vsr- branobt, ssbs leb tsKliob einer unvsrlässiAsrsu 2ulruukt entASAsn, und eraobts iob es kür meine Ltliobt, einem jsK- Uoksn solvbsr leidenden dieselben 2 U smpksblsn, und vsrds ick dieselben noch stets rvsitsr aurvsndsu. Litte mir noob sine 8 obaobtsi derselben rnsendsn su vollen, ttoobsob- tuuKsvoll, Lräinsr, Lvnsionar.

(Lebensversicherung.) Die Allgemeine Versorgungs- Anstalt im Großherzogihnm Baben zu Karlsruhe eine der 4 große» Gegenseiligkeits-Anstalten veröffentlicht in heuti­ger Nummer die vorläufig sestgestelltcn Geschäfts-Ergebnisse dcS Jahres 1883. .Dieselben müssen in jeder Beziehung als sehr günstig bezeichnet werden. Der neue Zugang an Versi­cherungen war so reichlich, wie in keinem der vorhergehenden Jahre; nach den bis jetzt bekannten Veröffentlichungen anderer Gesellschaften darf angenommen werden, das; mit der Lebens- VersichernngSbank zu Gotha die VersvrgNNgs-Anstalt de» größten reinen Zngang an versichertem Kapital unter

allen D.nlschen Lebensversicherungs-Anstalten hatte.

Wir machen gerne auf die so außerordentlich günstigen Ergebnisse dieses in jeder Beziehung soliden und mit den neue­sten Einrichtungen ansgestaticten Instituts ausmcrksam. Das­selbe wurde in Folge dieser Eigenschaflen auch vielfach von Behörden ihren Beamten und von Korporationen ihren Mitglie­dern zur Benützung empfohlen.