Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oderamts-Bezirk Nagold.

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Erscheint wöchentlich Smal: Dienstag, Donnerstag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlohn) 90 ^, in dem Bezirk I 20 4, außerhalb des Bezirks 1 40 4. Monats-

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Dienstag den 9. Moder.

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wohnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 «I, bei mehrmaliger je S 4. Die Inserate müssen spätestens Morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegeben sein.

1883 .

i

Verschiedene Urtheile «der die Korse.

(Schluß.) Nachdruck verboten.

Zwei praktische Vorschläge machen wir:

1) Jeder Staat sollte die fähigeren Kandidaten des Finanzfachs nicht bloß auf Universitäten, sondern an in- und ausländische Börsen genügend studiren lassen, damit die Finanzmänner des Staats den Bör­senmännern an praktischer Kenntniß des Geldmarktes mindestens ebenbürtig würden. Denn der Fall ist nicht vereinzelt, daß die Finanzbeamten des Staats von den Börseninännern überlistet unddrangekriegt" wurden.

2) An jedem Börsenplatz sollte ein fähiger jFinanz- mann des Staates ständig angestellt sein, um die Börse genau zu beobachten. Er sollte täglicher Be­sucher der Börse sein und müßte ein unabhängiges Börsenblatt herausgeben. Aus diesem Blatte würde der gcldbesitzende Bürger über alles Aufschluß finden, über den Werth oder Unwerth der Papiere, über die Börsenlügen u. dgl., so daß auch der Unerfahrene einen sicheren, redlichen und unparteischen Berather hätte, und jeder wüßte, wo er sein Geld am sicher­sten und besten anlegcn kann.

Den Geld- und Börsenverkehr zu verstehen ist an sich schon nicht leicht. Wenn nun aber vollends Lügen und falsche Nachrichten zu den gewöhnlichen Waffen in den Börsenkämpfen gehören, so muß ja derNichteingeweihtc" mit Nothwendigkeit allemal reinfallen."

Wir können daher das Wort Delbrücks: der Staat habe doch nicht dieDummen" vor Börsen­verlusten zu schützen, ganz und gar nicht gut heißen. Zu denDummen," d. h. im Börsen- und Geldver­kehr Unerfahrenen gehören viele, unendlich viele, sonst gescheidte Leute.

Wir wiederholen, in Börsen- und Finanzblät­tern gewöhnlichen Schlags kann sich der Unerfahrene keine Belehrung suchen, diese Blätter gehören den Börsenmännern. Und die gefährlichsten, welche den Unerfahrenen am sichersten irreführen, d. h. ins Netz bringen, sind diejenigen, denen es der Nichteinge­weihte gar nicht ansieht, daß sie die Geldinteressen der Börsen-Könige vertreten. In Frankreich stehen nicht weniger als 210 solcher Börsen- und Finanz­blätter, nationalökonomische Fachblätter u. dergl. zur Verfügung der Börsenmänner.

Wenn es nun gilt, Gewinn zu machen, Papiere im Course hinauf- oder herunterzudrücken, welches Mittel ist da gewöhnlicher, als jene Börsenlügen, jene falschen Telegramme, jeneverbürgten Mitthei­lungen" und wie diese erbärmlichen Mittel alle hei­ßen. Also ein von staatlichen Finanzbeamten heraus­gegebenes unabhängiges Blatt ist es, was unter jetzi- tzigen Umständen das allernothwendigste wäre.

Aber, nun kommt das große Aber, das mr..: immer gegen derartige Vorschläge einwendet. Auch der Börsensteuer gegenüber hat man das als letzten Grund ins Feld geführt:Würden wir nicht durch solche scbarfe Controle, oder wie die Börsen­presse es kräftiger nennen wird, durch solche vexato- rische Maßregeln, durch solcheKnebelung" der Börse das Kapital aus dem Land an die ausländischen Börsen treiben?" Antwort: Was schadets, wenn die unsoliden Papiere, die unsoliden Finanzleute aus unserem Land verschwinden? Die soliden werden ge­rade recht bleiben. Und auf die Börse, so wie sie jetzt ist, kann man sich ja doch in gefahrvoller Lage nie und nimmer verlassen. Sie geht der Gefahr durch. Hat nicht die Berliner Börse die preußische Kriegsanleihe im Jahr 1870 abgelehnt, so daß wir

mit englischem Geld Krieg führen mußten? Am Mil­liardensegen hat sich dafür dieselbe Berliner Börse um so lebhafter betheiligt!

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

A Berneck, 3. Okt. Als höchst anerken- nenswerth verdient der Beschluß des hiesigen Ge­meinderaths und Bürgerausschusses auch öffentlich bekannt zu werden, welche, um den Schulunterricht durchs Turnen nicht zu kürzen, gleichwohl aber den Werth des Turnens erkennend, genehmigten, daß der­selbe außer die Schulzeit (Samstag oder Mittwoch Mittag) verlegt werde, sowie dem Lehrer dafür eine jährliche Zulage von 50 ^ bewilligten. Mögen noch von einer Gemeinde des Bezirks ist dies auch geschehen auch die andern Gemeinden den hohen Werth des Turnens also zu würdigen wissen!

G Vom Walde. (Verspätet.) Ein beweg­tes Leben war am 8. Sepl. in der sonst stillen Ge­meinde Ettmannsweiler. Es galt die Weidablösung der berechtigten sog. Kirchspielsgemeinden in den Waldungen, soweit solche das Revier Enzklösterle, Forstamts Altenstaig, berühren, im Wege der Ueber- einkunft zum Abschluß zu bringen. Von sämmtlichen Gemeinden waren Vertreter erschienen, an deren Spitze der Gesamtvertreter, der in Abmachung derartiger Ablösungen längst erfahrene und geübte Landtags- abgeordnete Herr Schultheiß Beutter von Herren- alb. Die Königl. Forstverwaltung als Belastete war vertreten durch Hrn. Forstmeister Frank in Alten­staig und die HH- Revierförster Theurer von Sim­mersfeld und Eisenbach von Enzthal; den Vorsitz führte der Bezirksbeamte Hr. Oberamtmann Günt- ner von Nagold. Die Verhandlungen im Gasthof zum grünen Baum waren interessant und ließen einen Blick werfen in die frühere so oft gerühmte alte gute Zeit. Das Recht der Beweidung von Waldungen aus württembergischem Gebiet erstreckt sich auf das Forstamt Altenstaig mit dem Revier Enzklösterle und ein kleiner Theil fällt in das Forstamt Neuenbürg, der weit größere Theil liegt auf badischem Gebiet und soll dieses Recht schon seit Jahrhunderten, seit Herzog Eberhard's i. B. Zeit, bestehen. Die ganze mit dem Recht zur Beweidung von genannten Ge­meinden belastete Fläche beziffert sich über 5000 Mor­gen, in Württemberg ca. 2500 und speciell im Re­vier Enzklösterle ca. 1830 Morgen. Für diesesmal handelte es sich um die letztgenannte Fläche und wurde für diese im ganzen die Summe von 6500 vereinbart, hievon entfallen auf die Gemeinde Enz­thal 4000, auf die übrigen Gemeinden 2500 Ist auch diese Abfindungssumme im Vergleich zu dem einstigen Werthe bezeichneten Rechts eine geringe zu nennen, so ist diese Ablösung im Interesse der Land- und Forstwirthschaft sowohl, als auch im Interesse des lieben Friedens willen freudig zu begrüßen und es ist sehr zu wünschen, daß die Ablösung der noch belasteten Fläche bald folgen möge. Der gebührende Dank wurde dem wackern und umsichtigen Vertreter Hrn. Beutter von Seiten der betheiligten Gemeinde dargebracht und diesem Dank durch einen Toast auf denselben Ausdruck gegeben. Am gleichen Tage fand auch Nachmittags die Abschiedsfeier des Schullehrers Dietz von Beuren statt, zu welcher sich viele Lehrer ebenfalls in dem Gasthof z. grünen Baum eingefun­den hatten.

Vom Schwarzwald, 5. Okt. Der Kniebis, Roßbühl und Schliffkopf, gen.Stcinmäuerle", tra­gen eine Schneedecke.

Stuttgart, 3. Okt. DerBad. Lztg." wird von hier geschrieben: Die statistischen Erhebungen haben ergeben, daß in Württemberg auf 1000 Ortsanwesende 47,4 Geburten kommen, so daß es sich fast als das geburtenreichste Land Europas herausstellt, denn nur in der Provinz Posen ist die Zahl der Geburten eine höhere, auf 1000 Ortsan­wesende 48. Bei seinem Kinderreichthum hat Würt­temberg aber auch die größte Kindersterblichkeit unter allen europäischen Ländern aufzuweisen und zwar haben die kinderreichsten Obecämter, welches diejenigen in Oberschwaben sind, auch die meisten Sterbefälle von Kindern. Die Ursache der großen Kindersterb­lichkeit wird man in den Lebensgewohnheiten der Einwohner suchen müssen. Die Entziehung der Milch­nahrung fällt hier jedenfalls in die Wagschaale. Man wird kaum fehl gehen, wenn man die Kinder­sterblichkeit und die Verschlechterung der Ratze in Oberschwaben dem Umstande zuschreibt, daß die Be­völkerung sich dort alle Milchnahrung entzieht. Die Frage ist von solcher Wichtigkeit, daß sie die Beach­tung der Regierung wohl verdient.

Stuttgart, 4. Okt. Eines ungemein zahl­reichen Besuchs hatte sich die heute in der Liederhalle abgehaltene Jahresversammlung des Volksschullehrer­vereins, bei welcher Prälat v. Merz den Vorsitz führte, zu erfreuen. Der Hauptgegenstand der Verhandlun­gen war die Frage des Ausbaues der Seminarbil­dung, worüber Oberlehrer Schüttle (Stuttgart) refe- rirte und eine Reihe von Thesen vortrug. Die De­batten dauerten 5 Stunden und nicht weniger als 86 Redner ergriffen das Wort. Es sei noch erwähnt, daß von den 2060 Volksschullehrstellen in Württem­berg nur etwa 300 höher als mit 1100 Mark do- tirt sind.

Stuttgart, 5. Okt. Nach einer vorliegenden Statistik repräsentiren die 2060 Volksschullehrer­stellen in Württemberg ein Einkommen von 2 212000 cM Davon sind 7 Stellen mit einem Gehalt von 900 ^ dotirt, 748 Stellen beziehen bis 1000 751 bis 1100 212 bis 1200

118 bis 1300 121 bis 1400 49 bis 1500-/L,

43 bis 1600 6 bis 1700 <M, 1 bis 1800 -M,

2 bis 1900 1 bis 2000 ^ und 1 über 2000

Zu dem ordentlichen Einkommen kommen noch Alterszulagen im Betrage von 239,740 ^6, die vom 40. Jahre an in Beträgen von 100, 140 bis 200 vfL gewährt werden, so daß im Durchschnitt die Volks­schullehrerstellen in Württemberg mit 1190 ^ 19 ^ dotirt sind. Die bayerischen Volksschullehrer sind wesentlich besser gestellt und zwar in Folge der Alters­zulagen, die schon vom 35. Jahre an gewährt werden, und von 5 zu 5 Jahren um 90 steigen. Unter Umständen kann es also ein bayerischer Volksschul­lehrer, wenn er bis zum 70. Jahre im Dienst ist, allein durch Alterszulagen auf ein Einkommen von 720 bringen.

Nach dem neuesten Verordnungsblatt ist v. Neid Hardt, Königl. wiirttemb. Hauptmaun L I» snits des Generalstabes, von seinem Kommando zur Dienstleistung bei dem Großen Generalstabe entbunden und Münzenmaier, wiirtt. Prem.- Licut. vom Feld-Art.-Reg. Nr. 29, zur Dienstleistung bei dem Großen Generalstabe kommandirt.

Reutlingen, 5. Okt. DieSchw. Krztg." schreibt: In das mysteriöse Dunkel, welches anfäng­lich über dem am Mittwoch Morgen aufgefundenen todten Kinde schwebte, ist bereits Licht gekommen. Der Thätigkeit unserer Polizei gelang es noch am gleichen Tage, die Mutter des Kindes, ein hier die­nendes Mädchen, ausfindig zu machen; ebenso auch eine Frau, welche die Vermittlerin zwischen dem