des Gouverneurs auf Befehl des Czarcn verhaftet." Es ist dies jener Sohn des Großfürsten Konstantin Nikolajewitsch, der seiner Mutter Diamanten entwen­dete, dann für irrsinnig erklärt, später nach Samara verbannt wurde, von dort aber im Geheimen nach St. Petersburg kam, unmittelbar nach der Ermordung Alexanders II. und dadurch den Verdacht auf sich lenkte, Mitverschworener der Nihilisten zu sein. Er wurde abermals internirt, später jedoch wieder in Freiheit gesetzt, um ihm, da er sich für Eisenbahn- und Kanalbauten interessirt, die Oberaufsicht über eine Kanalanlage in Turkestan zu übertragen. In dieser Stellung ist er mit Tschernajeff zusammenge- rathen.

Der Flügeladjutant des Kaisers, Graf Lehn darf, hatte gegen den Eisenbahufiscus Klage angestrengt wegen einer Ex­propriation, wobei Lehndorf circa 3 Millionen Mark gefordert, aber nur 1 Million znerkannt erhalten hatte. Das Berliner Landgericht hat nun das Urtheil gefallt, dahin lautend, daß der Eiscnbahnfiskus ihm t 137 560 ^ nebst 5 Procent Zinsen vom 25. Juni 1878, dem Tage der Auflassung, zu vergüten und zwei Drittel der Kosten zu tragen habe.

Am 16. ds. ist das Kniestück des Germania- Denkmals auf dem Niederwald, der schwerste Guß- theil des Standbildes, 17 OVO Pfund wiegend, glück­lich an seine Stelle gebracht worden. Die Arbeit nahm 4 Stunden in Anspruch. Böllerschüsse ver­kündeten den glücklich vollendeten Aufzug.

Danzig, 18. Juli. Es wird auf drei Fremde, welche die Festung und das Fort Weichselmünde ausnahmen, gefahndet.

Oesterreich-Ungar».

Nyiregyhaza, 18. Juli. (Prozeß vvnTisza-Es- zlar.j Die heutige Sitzung förderte wieder traurige Thatsachen zu Tage. Johann Kasimir, vormals Pandur bei dem Sicher­heitskommissär Georg Baß in Lock, sagt aus, daß er auf Weisung Vays den Flößer Csepkanics mit Ruthen auf die Sohlen schlagen mußte, bis die Ruthen zerbrochen waren: auch die Daumenschraube ließ Baß anwenden. Sodann wird Baß vernommen. Derselbe benimmt sich trotzig, ungebührlich, dutzt die Angeklagten und leugnet die Folterungen. Der Staats­anwalt dcponirt Akten, laut welchen Vay wegen Folterung von Häftlingen wiederholt in Untersuchung stand und einmal mit 100 fl. bestraft wurde. Wegen Vays Benehmen gab cs eine scharfe Kontroverse zwischen dem Präsidenten und der Verthei- digung. - Staatsanwalt Szeisfert verlangt die Vorladung des bekannten Abgeordneten Onody, damit dieser darüber ver­nommen werden soll, ob er in Tisza Eszlar noch vor der Scctiou der Leiche das Gerücht gehört habe, daß cs die Leiche einer Prostituirten sei. In Folge dieses Antrages insultirte Onody den Staatsanwalt auf offener Straße und schickte ihm später seine Zeugen zu. Staatsanwalt Szeisfert lehnte mit Berufung aus die Ergebnisse der Verhandlung vorläufig die Herausfor­derung ab. Onody soll ihn hierauf mit dem Stock bedroht haben.

Der von Frohsdorf nach Paris zurückge­kehrte Professor Vnlpian äußerte sich dahin, daß wenn nicht der Schwächezustand des Grafen CH am­bord sich steigert, eine Wiedergenesung desselben in Aussicht stehe. Der Schwächezustand ist jedoch ein bedeutender.

Der Temperatur-Unterschied von ca. 20 Grad, der sich seit einigen Tagen allerorten einge­stellt hat, findet einigermaßen seine Erklärung in Berichten, wie sie aus den Alpenländern kommen. Danach prangen die Kramer Berge in frischem Schnee: ebenso wird aus dem Pusterthal, und zwar aus Jnnichen, berichtet:Hier fand ein starker Schneefaü statt. Die Gegend von Lienz bis gegen Franzensfeste hat fast den Charakter einer Winter­landschaft. Die Berge u. Wälder sind schneebedeckt. Die Temperatur sank bis auf 3 Grad." Endlich lesen wir in Innsbrucker Blätter vom 14. d.:Die Luft hat sich in den oberen Schichten so stark abge­kühlt, daß gestern das Hochgebirge bis tief herab mit einer starken Schichte frischen Schnees bedeckt war, welche während des ganzen theilweise sonnigen Tages nur zum Theile verging."

In Oesterreich werden Offiziers-Ehen nach dem neuen Heirathsnormale, welches das Kriegs­ministerium herausgeben will, sehr erschwert sein. Wie derPester Lloyd" meldet, beabsichtigt das Kriegsministerium, die Lieutenants, die Oberlieute­nants und Linienschiffsfähnriche im Preise ungemein zu steigern. Ein Lieutenant (oder dessen Braut) soll 30000 fl., ein Oberlieutenant oder Schiffsfähn­rich 24 000 fl., ein Hauptmann 15 000 fl., ein Ma­jor oder Oberstlieutenant 12 000 fl. als Heiraths- kaution zu erlegen haben; vom Obersten an kann jedoch die Eheschließung ohne Caution erfolgen.

Frankreich.

Paris, 18. Juli. Nach demEvenement" zu urtheilen, bereiten sich hier verhängnißvollc und grau- > same Dinge vor. Es scheint, daß die Deutschen nach I Errichtung der neuen Pariser Forts an der Mög-j

lichkeit einer neuen Einschließung von Paris verzwei­feln und daher dem Herzen der Welt auf andere Weise beizukommen trachten. Die 50 000 hier leben­den deutschen Arbeiter scheinen nämlich verkappte Soldaten zu sein, die nur darauf warten, daß ihnen Waffen und Uniformen aus Deutschland zugcsandt werden, um dann über die ahnungslosen Pariser herzufallen.Schlagt in Faubourg St. Antoine Allarm nach der Weise der preußischen Tambours, und ihr werdet eine Landwehr zusammenströmen sehen, die wir bisher in unserer Gutmüthigkeit mit einem Brot ernährt haben, das viel besser ist als ihre Erbswurst." So ist also einer der finstersten Pläne enthüllt, den der Marschall Moltke je gefaßt hat.Die Konsuln sindgewarnt" und dasEvene­ment" hat denn auch die Freude, mittheilen zu kön­nen, daß eine Kommission des Gemeinderaths beauf­tragt ist, die Frage zu studiren,wie die Zahl der fremden Arbeiter, die einem Arbeitgeber zu verwen­den gestattet sein darf, durch ein Reglement begrenzt werden kann." Wie dringend diese Angelegenheit ist, kann man daraus ersehen, daß dasDrapeau" Derou- ledes sich bereits gezwungen sah, sich in in die Ko­sten eines Holzschnittes zu stürzen, der einen leibhaf­tigen Ulanen vorstellt und die Unterschrift trügt: Portrait eines Tischlers aus dem Faubourg St. Antoine." Einigen Trost muß es den Deutschen ge­währen, daß mit ihnen auch die Italiener und Bel­gier ausgetrieben werden sollen.

Paris, 19. Juli. In legitimistischen Kreisen geht das Gerücht, Chambord's Krankheit rühre von einer Vergiftung her. Derselbe habe unlängst zwei Kisten vergifteter Cigarren aus Lyon erhalten, die allerdings irrthümmlich an ihn adressirt waren und Ivon diesen Cigarren habe er zwei geraucht, worauf seine Erkrankung erfolgtgte.

Wie das Berl. Tagbl. erfahren haben will, ist der Zwischenfall bezüglich der Einnahme von Tama- tave zwischen dem französischen und dem englischen Kabinet vollständig freundschaftlich beigelegt. Beide Theile erkannnten die gegenseitigenMißverständnisse" an, und die Episode wäre als beendigt anzusehen. Näheres hierüber weiß das genannte Blatt nicht zu melden.

General Thibaudin wurde seinerzeit nur mit der Absicht in das neugebildete französische Mi­nisterium ausgenommen, daß er das wenig respektir- liche Geschäft der Austreibung der orleanistischen Prinzen aus dem Heere besorgen und dann als der Mohr, der seine Schuldigkeit gethan, gehen solle. Nicht auf dem Programni des Herrn Ferry stand es, daß Thibaudin sich dauernd als Kriegsminister etabliren solle. Hierin hat er sich indessen, wie es scheint, gründlich verrechnet; Thibaudin ist nicht nur bis heute auf seinem Posten geblieben, sondern er steht sogar fester darauf, als irgend einer seiner Kollegen. Durch eine von ihm nicht erwartete Tüch­tigkeit im Amte, sowie durch kluge Nachgiebigkeit gegen die Empfindlichkeiten der republikanischen Ab­geordneten hat er sich eine große Beliebheit verschafft. Selbst bei Grevy steht er so in Gunst, daß dieser ihn nach der letzten Parade auf Longchamps zum Großoffizier der Ehrenlegion ernannte. Neuerdings hat der General auch auf parlamentarischem Felde wieder einen Erfolg errungen, indem es ihm gelang, seine im Senat stark angefochtene Vorlage über die Festungsartillerie mit 142 gegen 115 Stimmen durch­zubringen. Bei dieser Gelegenheit verdienen übrigens einige Worte aus der Rede erwähnt zu werden, mit welcher General Billot im Senate eine von ihm ein- gebrachte Gegenvorlage zur Annahme empfahl.Das Kricgsbudget", sagte er, lastet sehr schwer auf dem Lande, man sagt uns das in allen Tonarten. Man fügt bei, daß unsere Nachbaren mit einem geringeren Aufwande eine furchtbare Armee unterhalten. Ich gebe das zu. Aber man vergißt eine Sache, nämlich, daß die Deutschen weder ein Algier noch ein Tunis an den Füßen schleppen (eine Stimme: und Tongkiug!). Sie haben nicht wie wir 80 000 Mann jenseits des Mittei­meeres. Sie sind aus sich selbst gesammelt, und wenn ober­flächlichen Beobachtern unsere militärischen Ausgaben gewisse Grenzen zu überschreiten scheinen, so ist es die Lage des Lan­des, die uns dazu zwingt. Jcb bitte Sie, nicht zu vergessen, daß Algier und Tunis die Sendung verstärkter Bataillone nölhig machen; damit diese Bataillone ihren Aufgaben gewach­sen seien, muß, wenn mir das Wort gestattet wird, eine Drainage in den Bataillonen Frankreichs vorgenommcn wer­den, um die Effektivbestände der Truppen in Algier zu ver­stärken. Unsere Armee bedarf daher einer Verstärkung der Infanterie und der Kavallerie, die dafür im vorigen Jahre bewilligten 15 000 Mann sind ungenügend, es bedarf dazu 30- bis 40000 Mann. Diese Wahrheiten muß man dem Lande und den Kammern offen sagen, daniit sie sich nicht ge­wöhnen, ihre Opfer als abgeschlossen zu betrachten und vor

der ersten unumgänglichen Reform zurückschrecken. Ich schlage den nöthigen Betrag, der weiter auf das Budget genommen werden muß, aus 30 Millionen, und ich erinnere daran, daß noch 670700 Millionen von de» Kammern zur Vervollstän­digung unserer Verthcidigung auf das außerordentliche Budget übernommen sind."

Italien.

Bekanntlich ist das Privatvermögen des Kö­nigs von Italien ein verhältnißmäßig sehr geringes. Man wird sich ferner erinnern, daß Viktor Imma­nuel II-, bei seinem Tode recht beträchtliche Schulden hinterließ, deren Bezahlung König Hnmbert, um keinen Makel auf das Andenken seines Vaters fallen zu lassen, übernahm. Jedenfalls um für alle Fälle eine Deckung der eingegangenen Verpflichtungen zu beschaffen, beabsichtigte nun, wie dasB. T." auf Grund einer Meldung derGazette d'Jtalia" be­richtet, König Hnmbert sein Leben zu Gunsten seiner Familie mit 3 Millionen Lire zu versichern. Sein Antrag wurde indessen von der betreffenden Ver­sicherungs-Gesellschaft nicht angenommen, angeblich weil die Statuten derselben eine solche Versicherung nicht gestatten. Kaiser Napoleon III. war bei englischen Gesellschaften mit einer ungleich höheren Summe versichert, auch Prinz Adalbert von Preußen hatte mit englischen Gesellschaften seinerzeit eine sehr hohe Versicherungssumme kontrahirt.

Entstand.

In England streitet man schon länger über eine sehr seltsame Affaire. Das Kabine! Gladstone hat nämlich mit Herrn von Lesseps, dem Direktor der Suezkanalgesellschaft, eine Vereinbarung abge­schlossen, nach welcher gegen Zahlung einer Entschä­digung den englischen Schiffen eine Zollermäßigung im Suezkanal gewährt werden soll. Der größte Theil der englischen Politiker und Kaufleute hält nun dieses Arrangement für verfehlt, da England jetzt Herr Egyptens sei und sich selbst einen Suez­kanal bauen könne. Die englische Regierung vertritt aber den Standpunkt, daß England ohne eine Ver­letzung der Rechte des Herrn von Lesseps und des Vertrages, den dieser mit der Ägyptischen Regierung abschloß, an den Bau eines zweiten Suezkanals nicht denken könne. Jene Rechte müssen aber respektirt werden und deßhalb sei das getroffene Arrangement das Beste, was sich in der Suezkanalfrage für Eng­land thun lasse. Eine Entscheidung über diese Affaire hat im Parlament noch nicht stattgefunden.

Die nationale Presse Irlands ist äußerst ent­zückt über das Auftreten Admiral Pierre's in Tama- tave. DerJrishman" nennt es einköstliches Stückchen" und jubelt darüber, daß der gallische Admiral dem englischen Konsul die furchtsame Seele aus dem Leibe getrieben habe." DieNation" freut sich, daß der Niederträchtigste aller Tyrannen, das Gladstone'sche Kabinet, jetzt etwas anders zu thun haben werde, als an die Transportirung des irischen Volkes zu denken und Maschinen zur Unterdrückung des irischen Volkswillens zu erfinden.

Rußland.

St. Petersburg, 19. Juli. Die hiesige deutsche Kolonie beabsichtigt, das vierhundertjährige Geburtsfest Luthers feierlich in Kirchen und Schulen zu begehen, Stipendien für arme Kinder zu errichten und arme Lutheraner zu bewirthen.

Petersburg, 21. Juli. Freitag Morgen 9 Uhr fand in der hiesigen Pulverfabrik eine Explosion statt; es gab dabei 9 Todte und 2 Schwerverletzte. Die Abreibekammer wurde gänzlich zerstört.

Amerika.

Die Deutsch-Americaner wollen das 200- jährige Jubiläum der ersten deutschen Ansiedlung in Nordamerika gemeinsam feiern. Am 6. Oktober 1683 gründeten deutsche Auswanderer die Niederlassung, welchePhiladelphia" genannt, sich seitdem zu einem der erste» Großstädte entwickelt hat.

Die 1883er Ernte in den Vereinigten Staaten von Nordamerika ist nach den neuesten Ermittelun­gen eine Mittelernte. Nach der Aufstellung des Äckerbaudepartements wird die Ernte an Winterwai- zen 310 Mill. Bushels gegen 384 Mill. im I. 1882, die Ernte an Frühjahrswaizen 130 gegen 120 Mill. Bushels, die Gesammternte an Waizen also 440 ge­gen 504 Mill. Bushels betragen. Die stärkste Ab­nahme an Winterwaizen wird voraussichtlich in den Staaten Ohio, Indiana und Illinois eintreten, näm­lich von 141 auf 91 Mill. Bushels. In den Pa- cificstaaten wird eine Steigerung von 48 auf 65 Mill. Bushels erwartet.