Der Gesellschafter.
Amts- und Intelligenz-Blatt für den Obrramts-Bezirk Nagold.
^§ 76 .
Erscheint wöchentlich Smal: Dienstag, Donnerstag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlobn) 90 ü, in dem Bezirk I 20 -u, außerhalb des Bezirks 1 40 ^ Monats
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Dienstag den 3. Juli.
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wöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung S -ch bei mehrmaliger je 6 <1. Die Inserate müssen spätestens Morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegeben sein.
1883 .
Tages Neuigkeiten
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Bestellungen ans den „Gesellschafter" für Las III. Quartal nehmen alle Postanstalten, sowie die betr. Postboten entgegen.
Amtliches.
Nagold.
Msheöungsgeschäft pro 1883.
Die' Militär-Aushebung Seitens der K. Ober- Ersatzkommission findet Heuer u. z.:
1) am Montag den 16. Juli 1883, Vorm. 7 Uhr, der als dauernd untauglich und der zur Ersatz- Reserv II. Klasse in Vorschlag gebrachten Mannschaft, und
2) am Dienstag den 17. Juli 1883, Vorm. 7 Uhr, der zur Ersatz-Reserv I. Klasse sowie der als tauglich und aushebungsfähig bezeichneten Mannschaft auf dem Rathhaus in Nagold statt,
wobei sich bei Vermeidung der in Z. 65 Ziff. 3 der Ersatz-Ordnung angedrohten Rechtsnachtheile und Strafen die betreffenden Militairpflichtigen der Altersklasse 1883, sowie der früheren Jahrgänge, soweit über solche noch nicht definitiv entschieden ist, einzu- finden haben.
Die HH. Orlsvorsteher wollen auf möglichste Reinlichkeil am Körper und Wäsche beim Erscheinen der Militärpflichtigen hinwirken, auch haben sie ihre Leute vor der Aushebung auf die Bestimmung des 8- 64 Z. 3 der Ersatz-Ordnung, wonach jeder Versuch zur Täuschung gerichtlich bestraft wird, und aus Z. 70 Ziff. 6 und tz. 71 Ziff. 2 der Ersatz-Ordnung aufmerksam zu machen, welche §8- bestimmen, daß die Entscheidungen der Ober-Ersatzkommission endgültig sind und daß jeder in den Grundlisten des Aushebnngsbezirks enthaltene Militairpflichtige berechtigt ist, im Aushebungstermin zu erscheinen lind der Ober-Ersatzkommission etwaige Anliegen vorzutragen.
Endlich werden die Ortsvorsteher dafür verantwortlich gemacht, daß ortskundige Fehler von Militärpflichtigen — geistige Beschränktheit, epileptische Anfälle u. s. w., — soweit solche nicht schon bei der Musterung zur Sprache gebracht worden, und dieß je in einem Falle unterlassen worden wäre, unbedingt bei der Aushebung nachzuholen ist.
Schließlich sieht sich der Unterzeichnete wiederholt veranlaßt, darauf aufmerksam zu machen, daß Militärpflichtige, welche ihren Aufenthalt auswärts haben, z. B. in einem andern Aushebungsbezirk in Diensten, in Arbeit stehen, auch dort gestellungspflichtig sind und dorthin zu überweisen sind.
Die Beiziehung der Hrn. Ortsvvrsteher zum Aushebungsgeschäft wird nicht für erforderlich gehalten. Den 29. Juni 1883.
Civil-Vorsitzender der Ersatz-Commission:
Güntner, Oberamtmann.
Ire Gerichtsvollzieher
werden erinnert, Hauptregister und Kassentagbuch umgehend einzusenden.
Nagold, den 30. Juni 1883.
K. Amtsgericht.
Daser, O.-A.-R.
Bei der kürzlich vorgenommenen ersten Prüfung für den höheren Jnstizdienst ist u a. für befähigt erklärt worden: Rcntschler, August, von Calw.
Dem Schultheißen Lörcher in Oberkollwangen wurde die silberne Civilvcrdienstmcdaille gnädigst verliehen.
Die Obcramtswundarztsstelle in Neckarsulm wurde dem Oberamtswundarzt Lieb in Freudenstadt gnädigst übertragen.
Deutsches Reich.
** Nagold, 2. Juli. Das Jahresfest des Bezirksvereins für Rettung von Kindern wurde am letzten Feiertag den 29. v. Mts., von Nachmittags i Vs Uhr an wieder hier gehalten, nachdem es in den vorangegangenen Jahren in Ebhausen u. Haiter- bach gefeiert worden war. Die Pflegkinder des Vereins hatten sich mit ihren Pflegeeltern dazu ein- gefunden. Nachdem den Kindern im Gasthof zum Hirsch eine kräftige Suppe gereicht worden war, wurden sie ins schöne Gotteshaus geleitet, wo nach dem einleitenden Chor- und Gemeindegesang Pfarrer Werner von Oberjettingen den ersten Vortrag hielt, dem er Psalm 110, 2. 3 zu Grunde legte. Er sprach von dem großen Werk der innern Mission, die er ein Werk der Gnade Gottes nannte. Ein Zweig derselben sei die Erziehung verwahrloster Kinder, welche theils in Anstalten, theils, wie es bei unserem Verein der Fall sei, in Familien untergebracht werden. Zu diesem Werke gebe es Veranlassung genug. Eine Aufmunterung zu demselben enthalte auch der vorliegende Text, den Redner sodann in ansprechender und erbaulicher Weise durchführte. Daran reihte sich ein kurzer Bericht über den Stand und die Thätigkeit des Vereins. Die Zahl der Pfleglinge betrug im letzten Jahre 41, uemlich 26 Knaben und 15 Mädchen. Vier derselben sind letztes Frühjahr koufirmirt worden, so daß der Verein noch 37 Kinder, 23 Knaben u. 14 Mädchen in seiner Pflege hat. Dieselben sind theils in 16 Orten des Bezirks (34 Kinder), theils in Anstalten (3 Kinder) uutergebracht. Die Einnahmen beliefen sich auf 2396 , die Ausgaben auf 1951
Mark, so daß sich ein Kassenvorrath von 445 vlL ergibt. Zum Schlüsse empfiehlt Redner den Verein aufs neue der Liebe und Theilnahme aller derer, denen das Werk der Erziehung am Herzen liegt. Pfarrer Rieb er von Hochdorf hielt sodann einen Vortrag über die Bibelsache. Der Text war Psalm 84, 1—8. Redner sprach von mancherlei Heimatlosen in unserer Zeit, denen so vieles fehle und for- dete die Anwesenden zum Dank dafür auf, daß sie eine Heimat und in derselben eine so köstliche Gabe (uemlich das Wort Gottes) haben, aus der tausend andere gute Gaben hervorgehen. Hieuieden sei keine bleibende Stätte. Den Weg zur wahren Heimat zeige die Bibel, das Buch der Bücher, .welche, wie bei unfern Voreltern, ein Hausbuch sein und bleiben soll. Helfer Finckh hielt zum Schluffe mit den Pflegkindern eine lebendige Katechese über Joh. 3, 16. Nach der kirchlichen Feier, die auch von hiesigen Einwohnern zahlreich besucht war, wurden die Kinder nochmals im „Hirsch" bewirthet. Mehrere Kin- derfreünde hatten für kleine Prämien gesorgt, welche die Kinder für richtige Beantwortung biblischer und anderer Rüthselfragen erhielten. — Zur Verschönerung des Schloßbergs hatte Kaufmann Knödel von hier die Güte, eine Aeolsharfe aus Böhmen kommen zu lassen, welche bei günstigem Winde liebliche Töne hören läßt. — Der hiesige Gemeinderath hat unlängst unter Zustimmung des Bürgerausschusses beschlossen, von allen die Arbeitsschule besuchenden Mädchen kein Schulgeld mehr zu erheben, sondern die Kosten der Schule auf die Stadtkasse zu übernehmen, damit die Unzufriedenheit von Seiten mancher Bürger aufhöre und die obligate Einführung dieses Instituts sicherer durch geführt werden könne.
ff Nagol d. (Resultat der hiesigen Bürger
ausschußwahl.) Stimmberechtigte: 466. Gewählt haben 83; ein Stimmzettel enthielt keinen Namen, sondern nur das Wort: Werthlos von 1—6. Es wurden somit gewählt: Schreinermeister Bertsch, sen., mit 54, Fritz Buob, Gerber, mit 53, Gottlob Giebenrath, Tuchm., mit 31, Immanuel Holzapfel, Kleiderhändler, mit 25, Wilhelm Günther, Schwcmenwirth, geb. 1838, mit 18, Ehr. Wagner, Kleiderhändler, geb. 1840, mit 18 Stimmen. Mit letzteren hatte gleiche Stimme: Aug. Müller, Seifensieder, geb. 1851.
Die Wanderversammlung der württem- bergischen Gewerbevereine findet dieses Jahr in Freudenstadt statt.
^ E a l w, 28. Juni. Ein hiesiger Handwerksmann sandte "gestern seinen 12jährigen Sohn nach Maisenbach (OA. Neuenbürg), etwa 2ftz Stunden von hier, und gab ihm einen Brief und 90 baar Geld mit, um es dort abzulicfern. Der Weg führt über Liebenzell, von wo eine steile Steige dem Orte zuführt. Auf dieser Steige gesellte sich ein Handwerksbursche zu dem Knaben, welcher ihn ausfragte, ob er kein Geld bei sich habe. Der Knabe zeigte ihm den Brief mit dem Bemerken, daß er denselben seinem Vater nach Maisenbach bringen müsse. Der Handwerksbursche nahm ihm den Brief, öffnete ihn, um ihn zu lesen, und diese Gelegenheit benützte der besonnene Knabe, um etwas znrückzubleiben und sein Portemonnaie mit den 90 in seinem Stiefel zu verstecken. Der Handwerksbursche wandte sich dann wieder an ihn mit der wiederholten Frage »ach Geld und nahm ihm 60 die er in der Westentasche hatte, ab. Der Knabe aber benützte die erste Gelegenheit, um wieder den Berg hinunterzuspringen und nach Hause zu kommen, wo sofort die polizeiliche Anzeige gemacht wurde; seine 90 .tä aber brachte er unversehrt wieder nach Hause^-^-"Kürzlich erdrosselte sich in Deckenpfronn ein löjährißer Knabe an einer Leiter in seines Vaters Hopfengarten in einer Art und Weise, daß er hinknieen mußte, um seinen Zweck zu erreichen. Derselbe soll öfters geistig gestört gewesen sein. (N. T.)
S tut tgart, 29. Juni. (Rohheit.) Gestern Abend geriet!) ein lljähriger Knabe mit einem gleichaltrigen Mädchen auf der Straße in Streit, in Folge dessen der Vater des Mädchens hinzukam und den Knaben derart am Halse packte und mit den Fäusten auf den Kopf schlug, daß derselbe eine Gehirnerschütterung erlitt u. heute noch der Sprache beraubt ist. Aerztlicherseits wird der dauernde Verlust derselben befürchtet. (Der Vater will den Knaben blos an den Ohren genommen haben.)
Das „Göppinger Wochenblatt" schreibt von dort: Gestern Mittag wurde von dem hiesigen dienstlhnenden Poli- zeiunteroffizier ein Stromer, welcher eben Umschau hielt, aufgegriffen. Bei Abverlangnng seines Reisepasses sah crsterer, daß der Mann noch mehrere solcher Pässe bei sich trug und bei genauerer Untersuchung fanden sich auch wirklich deren 8, wovon 7 auf den gleichen Namen, jedoch auf verschiedene Professionen ausgestellt waren, bei ihm vor. Außer diesen Papieren war er noch im Besitz von 2 Stempeln. Der Stromer wurde dem Kgl. Amtsgericht übergeben.
Oberndorf, 29. Juni. In der Nacht vom 23. auf den 24. Juni hat ein Arbeiter der hiesigen Waffenfabrik, ein Oestreicher, zwei junge Männer von hier aus ganz unbedeutendem Anlasse gestochen, den einen in den Arm, den andern in die Schläfe. Der letztere ist heute leider gestorben und wird der flüchtige Attentäter, Namens Johann Oberngruber, vom K. Amtsgerichte steckbrieflich verfolgt.
Brandfälle: In Böhringen (Sulz a/N.) am 27. Juni, Abends 5 Uhr, 2 mitten im Ort befindliche Bauernhäuser; inOetisheim (Maulbronn) am 27. Juni, Mittags 12 Uhr, 1 Wohnhaus und 4 kleinere Nebengebäude. Schaden 23 000 ^
Baden-Baden, 29. Juni. Vor mehreren Wochen sah man in einer hiesigen Buchhandlung den Plan zu einer stattlichen Billa ausgestellt, die an einem der schönsten Punkte unserer Stadt erbaut werden sollte. Ein reicher in Paris lebender Russe