Der Gesellschafter.
Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
M 66.
Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donnerstag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägcrlobn) 99 4, in dem Bezirk I 20 4, außerhalb des Bezirks 1 40 4. Monats
abonnement nach Verhältniß.
Samstag den 9. Juni.
Jnsertionsgebühr für die lspaltige Zeile aus gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 4, bei mehrmaliger je 6 4. Die Inserate müssen spätestens Morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei ausgcgeben sein.
1883 .
Bei der im Mai d. I. an dem höheren Lehrerinnen- Scminar abgchalteucn Lehreriunen-Staatsprüfuug sind u, a. zum Unterricht au höheren weiblichen Lehranstalten sür befähigt erklärt worden: Bechter, Emilie, aus Calw, Bcrini, Bertha, aus Calw, Kuoll, Anna, aus Horb, Wald raff, Pauliuc, aus Baicrsbronn, _
Tages-Neuigkeiten
Deutsches Reich.
—1s. Oberjettiugen, 7. Juni. Die hiesige Gemeinde wurde heute durch ein unerwartet schnell eingetretenes Brandunglück hart heimgesucht. Mittags */s1 Uhr erscholl durch die Straßen des Dorfes der schreckliche Ruf: Feuer! Binnen 2 Stunden lagen 4 Wohnhäuser mit angebauten Scheunen, ein Fruchthaus und eine Doppelscheuer, die größte des Orts, in Asche. Menschenleben ist gottlob keines zu beklagen. Sämmtliches Vieh konnte ebenfalls noch gerettet werden. 2 Schweine, welche sich während des Brandes in ihrem mit Wasser gefüllten Troge kühlten, konnten erst nach Bewältigung des entfesselten Elements aus ihrer sehr beschädigten Behausung, mit sichtbaren Brandwunden bedeckt, hervorgehvlt werden. Dank der Windstille und den ausgezeichneten Bemühungen der Feuerwehren von hier und Uuterjettingen konnte das Feuer auf seinen eingenommenen Herd beschränkt werden. Eine Ablösung durch die nach und nach herbeigeeilten benachbarten Feuerwehren war den ermatteten Kräften sehr willkommen. Besonders zu bedauern sind diejenigen Hausbesitzer, welche den Nagolder Markt besuchten und bei ihrer Heimkunft Haus und Scheune in einen Aschenhaufen verwandelt antrafen. Entstehungsursache bis jetzt unbekannt.
Mö hingen, 6. Juni. Das am 30. Mai im obcrn Gäu nicdergcgangcne Gewitter hat mit seinem Hagclschlag nicht die Gemeinde Mötzingen betroffen, wie anderweitig berichtet wird. Wir sind seit 1888 von bedeutenderem Hagelschlag verschont geblieben, wolle uns auch ferner der Himmel gnädig sein!
In Herrenberg soll mit dem Bau der schon längst geplanten Turnhalle mit Steigerhans für die freiwill. Feuerwehr im nächsten Frühjahr begonnen werden.
. Teinach, 4. Juni. Der „Schwarzwälder Zweigverein für Vaterländ. Naturkunde" hielt gestern im hieß Badhotel unter dem Vorsitz des Prof. Dr. Eimer von Tübingen eine Versammlung ab. Eine vielseitige Erörterung ergab unter Anderem den praktischen, vom Verein gut geheißenen Beschluß, daß Dr. Wurm behufs wirksamen Vogelschutzes eine Petition ausarbeite, mit welcher die Vogelfreiheit im Feld herumstreifender Katzen oder eine allgemeine Katzensteuer, sei es im Verordnungswege, sei es mittelst des Reichsgesetzes über den Vogelschutz, angestrebt wird; Vereine ähnlicher Tendenz sollen zur Mitunterzeichnung eingeladen werden. Es ist um so eher ein Erfolg von diesen Bestrebungen zu hoffen, als der durch sie verursachte Schaden in der Vogel- Welt u. s. w., besonders seit sie durch die Bahnwärterwohnungen über das früher mehr verschonte platte Land verbreitet wurden, dem Beobachter immer erschreckender entgegentritt.
Freuden st adt, 4. Juni. Ein junger Zögling der abgebrannten Werner'schen Anstalt in Schernbach, wie es heißt ein Schweizer, ist nach dem „Heub. B." gefänglich hier eingebracht worden, da er im Verdacht steht, das Anwesen angezünder zu haben. Uehrigens beträgt der Brandschaden nur 50 000, nicht, wie es kürzlich hieß, 100 000 »-L
Stuttgart, 4. Juni. (Landtag.) In ihrer heutigen bis in den späten Nachmittag sich ausdehnenden Sitzung beschäftigte sich die Kammer mit zwei Wahlanfechtungen. Ueber den ersten Fall, welcher den OberamtSbczirk Brackenheim anbe
trifft und bet dem es sich um verschiedene ordnungswidrige Vorkommnisse in einem Wahllocale handelte — die Herren Wahl- kommissarc hatten geschmaust und gezecht und schließlich auch ein kleines Spielchen cntrirt und dabei die Wahlurne so wenig in Obacht behalten, daß von Unberufenen Wahlzettel in dieselbe hincinpraktizirt werden konnten — kam man rasch hinweg. Bon einer Verletzung wesentlicher Vorschriften sür das Wahlverfahren konnte im Grunde nicht gesprochen werden und so ging die hohe Kammer über die Angelegenheit zur Tagesordnung über, ohne sich in eine Debatte einzulassen. Nicht so rasch kam man über die Anfechtung der Wahl im Oberamtsbezirk Gaildorf hinweg. Hierbei handelte es sich um Beeinflussung von Wählern durch Communal- und Forstbeamte, doch auch nicht in dem Maße, daß von einer materiellen Beeinflussung des Wahlergebnisses gesprochen werden konnte. Der Fall wurde jedoch von der Demokratie benutzt, um mit verschiedenen Wünschen herauszu- rückcn. Die Abg. Becher, Eggmann und Stockmaher gedachten der praktischen Einrichtung der Wahlcouverts, welche die Kammer vor etwa einem Jahre abgeschafft. Stockmaher beantragt sogar, die Wahlcouverls möchten wieder eingeführt werden, zog diesen Antrag aber ans Opportunitätsgründen wieder zurück. Probst, die Ansicht äußernd, daß die von der Kammer beliebte milde Beurtheilung der Wahlbceinflussung eine natürliche Folge ihrer (der Kammer) Zusammensetzung sei, richtete an den Minister vonHölderdie Bitte, doch möglichst bald einen Gesetzentwurf einzubringen, der die Privilcgirten aus der zweiten Kammer weise. Der Minister hüllte sich dieser Apostrophe gegenüber in Schweigen, nicht so die direkt Angegriffenen, die Ritterschaftler und Prälaten, welche die Probst'- sche Insinuation, ais ob sie sich in Lcgitimationsfragen von ihren politischen Anschauungen leiten lassen würden, energisch zurückgewicsen. Schließlich, nach stundelangem Redekampf, ging man auch über die Anfechtung der Gaildorfer Wahl zur Tagesordnung über und lehnte einen Antrag von Lang, der diese Wahl cassiren wollte, ab. Morgen wird der Landtag geschlossen. Ein Zwischenfall in der heutigen Sitzung darf noch kurz erwähnt werden. Vor Eintritt in die Tagesordnung wies der Präsident darauf hin, daß durch Ruse und Lachen auf der Journalistentribüne in letzterer Zeit die Verhandlungen des hohen Hauses mehrfach gestört worden seien. Es ist diese Thatsache allerdings in einem Falle nicht abzuleugncu und die Mitglieder der Presse können im Grunde nichts gegen die Bemerkungen des Präsidenten, daß er bei Wiederholung solcher Vorkommnisse von dem Hausrecht Gebrauch machen müsse, einznwendcu haben. Uebrigcns wollen sie sich durch einen älteren College« an das Präsidium wenden, um sich die Freiheit der Bewegung aus der Journalisten-Galerie zu wahren.
Stuttgart, 5. Juni. (Landtag.) Die zweite Kammer der Abgeordneten beschäftigte sich heule, am letzten Tage ihres Beisammenseins, noch mir der Bcrathung von zwei Interpellationen, zu deren Beantwortung sich die Minister bereit erklärt hatten. Die erste Interpellation, gestellt von dem Abg. Leeman» und Genossen, hatte angesichts der in Aussicht stehenden neuen Landeskulturgesetze und der zu deren Durchführung sür die Landwirthschast erforderlichen erheblichen Capitalien, die Errichtung einer Landeskultur-Rentenkasse im Auge. Minister v. Hölder meinte, wenn die neuen Landcs- kulturgesetze erst eingebracht sind, werde die Regierung sich mit der Frage zu beschäftigen haben, welche Capitalie» zu deren Durchführung nothwendig und wie dieselben zu beschaffen seien. Was die Landeskulturrentenkassen aubelangt, so habe sich diese Einrichtung noch nicht erprobt, und deßhalb hätten auch Bayern und Baden Bedenken getragen, sie einzuführen. Die Regierung sei noch nicht in der Lage, sich über die Sache definitiv auszusprechen, sie werde übrigens den schon bestehenden Landeskultur-Rentenkassen volle Aufmerksamkeit schenken. Damit war diese Interpellation, wenn auch nicht ganz entsprechend den Wünschen der Interpellanten, erledigt. — Die zweite Interpellation war von Lenz und Genossen gestellt üud fragte an, ob sich Einleitung dahin treffen ließe, daß bei Beschaffung der bei den Civil- und Militärbehörden entstehenden Bedürfnissen an Leinen- und anderen Maaren, welche im Jnlande erzeugt werden können, eine Vermittlung der Centralstelle für Gewerbe und Handel im Sinne möglichster Berücksichtigung der einheimischen Gewerbetreibenden und Fabrikat!? ten eintreten würde. Minister v. Hölder erwartete, daß die Thätigkeit der Centralstelle in dem von den Interpellanten gewünschten Sinne schon in einzelnen Fällen eingetreten sei; sie in allen Fällen eintreten zu lassen, würde der Aufgabe dieser Behörde nicht entsprechen. Im klebrigen konstatirtc der Minister, daß den Angeboten der württembergischen Gewerbetreibenden seitens der verschiedenen Verwaltungen so viel wie möglich entgegengckommen werde. Wo dies nicht geschehe, handele es sich um Waaren, die entweder im Jnlande gar nicht oder nicht in vorschriftsmäßiger Weise angefertigt werden. Kricgsminister v. Wundt äußerte sich hinsichtlich der Lieferungen sür das Militär im gleichen Sinne, womit
die Angelegenheit ihre Erledigung fand. Die Kammer nahm sodann noch die Schlußabstimmnng über den Hauptfinanzetat pro 1883/85 vor, wobei derselbe einstimmig genehmigt wurde, worauf Präsident v. Hohl einige Abschicdsworte an das hohe Haus richtete und die Kammer sich bis zum Winter vertagte. Mit einer kurzen Ansprache seitens des Fürsten v. Waldburg- Zeil - Trauchburg wurden die Verhandlungen der Kammer der Standesherrn geschlossen.
Stuttgart, 5. Juni. In unserem Armeecorps stehen demnächst eine Reihe von Veränderungen, Pensionirungen und Beförderungen bevor, die jetzt schon viel von sich sprechen machen. Bemerkenswerth ist die dieser Tage erfolgte Ernennung des Oberst v. Haldenwang, Commandeur des in Straßburg i. E. garnisonirenden 8. Württ. Juf.-Regiments zum Generalmajor und die Abkommandirung desselben nach Preußen behufs Verwendung als Brigadekommandeur. Es ist dies der erste württember- gische Militär, welchem ein so hohes Commando in preußischen Diensten übertragen wird.
Stuttgart, 6. Juni. In dem gestern-im 84. Lebensjahre gestorbenen früheren langjährigen Chef des Bankhauses Stahl und Federer, Friedrich Feder er, hat unsere Stadt einen hervorragenden Mitbürger verloren, der allen edlen Bestrebungen im Vaterland und in der Heimathstadt ein warmes Herz entgegengebracht hat. Friedrich Federer war Abgeordneter zur deutschen Nationalversammlung in Frankfurt für Stuttgart 1848/49, zur württembergischen Abgeordnetenkammer für Stuttgart 1845/49, Mitglied und stellvertretender Vorstand der Stuttgarter Handelskammer 1855/69, des Gemeinderaths 1849/54, des Bürgerausschusses, Mitglied vieler Vereine. (D. Rchsp.)
Ein neuer Wetterprophet. Der bekannte Welterprofessor Klinkerfueß wird sich gegen eine gefährliche Konkurrenz richten müssen. Die Metzler'- sche Buchhandlung in Stuttgart versendet ein Büchlein des vr. Overzier, betitelt: Wetterprognosen für jeden Tag eines Monats. Vor uns liegt das neueste Heft, das uns zunächst für den Monat Juni das Wetter jedes einzelnen Tages delaillirter Stundeneintheilung voraussagt. Der Kulturfortschritt ist unverkennbar. Um einen Pfingst- oder Sonntagsausflug zu machen, genügte früher ein Taschenfahrplan; die moderne Wissenschaft zwingt uns zu einer weiteren kleinen Auslage, und um eine Mark kaufen wir nun auch die Sicherheit (?) vor den Unbilden des tückischen Störenfrieds, welcher uns früher so oft die schönstbegonnenen Sonntage verdarb und die prangendsten Festtoiletten Abends als elende Fetzen heimschickte. Bis jetzt sind seine Weissagungen in den wenigen Tagen des Juni im Allgemeinen eingetroffen.
sEine neue Millionen-Erbschaft.j Man schreibt aus Rottenburg, den 1. Juni: Ein gewisser Lord Tempron, der in Cannstatt seinerzeit als Badgast weilte, lernte eine von hier gebürtige Dame, die damals in einem Stuttgarter Haus Gouvernante war, kennen und vermählte sich mit derselben. Als er kinderlos starb, fand sich ein Testament vor, wonach sein großes Vermögen der Wittwe resp. deren Verwandten zufallen sollte, sobald von seiner Seite kein Erbe mehr da wäre. Der letzte Verwandte des Lords ist nun gestorben, das Vermögen selbst aber ist seit 1864 auf einer englischen Bank deponirt. In der letzten Zeit nun wurde zur Richtigstellung des Stammbaums eigens ein Gerichtsbevollmächtigter aus England nach Württemberg geschickt, um die Verwandten der Frau ausfindig zu machen. Die Angelegenheit war rasch erledigt und schon gestern konnte der Bevollmächtigte