Hienach wäre das Verhältniß des Klein- zum Groß­betrieb etwa wie 68,2 "/» zu 31,8 "/<>. Der Groß­betrieb überwiegt in Württemberg nur in den Ge­werbegruppen, welche den Bergbau, die Hütten, Sa­linen (99,67 °/<>), die polygraphischen Gewerbe (67 Proz.), Maschinenindustrie (54"/«), die mechanischen Spinnereien umfassen. Interessant sind die Zahlen über die Ausdehnung der Arbeitsteilung bei einzel­nen Gewerben. In Württemberg ist die Schuh­macherei das stärkste Gewerbe mit dem größten Kleinbetrieb. Man hat 14921 Klein- und 70 Groß­betriebe gezählt, dann kommt die Leineweberei mit 10898 Klein- und 23 Großbetrieben. Auf 10000 Einwohner kommen in Württemberg im Durchschnitt 118 Schuhmacher (inkl. Gesellen und Lehrlinge), 86 Leineweber, 65 Tischler, 61 Maurer, 60 Schneider, 50 Bäcker, 37 Metzger. (N. T.)

Auch der Gemeinderath in Balingen hat be­schlossen, eine Industrieschule zu errichten, die am 1. Okt. eröffnet werden soll. Der Beschluß erfuhr allseitige Befriedigung.

Bopfingen, 27. Mai. Wie man der Heilb. N.-Z." schreibt, belaufen sich die von dem flüch­tigen Postmeister Kettnack er bei der Postkasse (an Zeitungsgeldern) verübten Unterschlagungen auf ca. 6500 Die Höhe der von ihm begangenen Wech­selfälschungen ist bis jetzt auf 15000 -M festgesetzt. Dem Gerant desJps" sind allein für 9000 falsche Wechsel präsentirt.

(Eine Komödie der Irrungen.) Von der jüng­sten Anwesenheit des kommandirenden Generals von Schacht­meyer in Weingarten erzählt man demN. T." folgende lustige Geschichte: Am Morgen der Bataillonsvorstellung be­fahl derselbe der Ordonnanz, einem biederen Schwabenkinde, dem der preußische Dialekt des Herrn Generals wohl nicht ganz deutlich im Ohre klang, einen Barbier zu besorgen. Pfeilschnell verschwindet der dienstfertige Geist und bringt nach wenigen Augenblicken Papier. Der Befehl nach dem Barbier wird wiederholt und die Ordonnanz glaubt diesmal richtig verstanden zu haben, findet auch begreiflich, daß der General als achter Soldat schon Morgens um l>ijz Uhr Durst hat, daß er aber als alter Herr doch kein solch frisches Bier trinken kann, wie man cs in der Kantine gewohnt ist, stürzte schnell in die Bierstube derPost", wo Se. Exc. Quartier genommen hat, läßt einen Schoppen Bier in der Eile warm machen, bringt nun der ans den Barbier harrenden Exccllcnz Warmbier nnd stammelt die Entschuldigung, man habe in der Eile das Bier nicht so ganz warm machen können. In seiner liebenswürdi­gen Bonhommie, erheitert durch das Mißverständniß, machte nun der Herr General der Ordonnanz mehr durch Zeichen als durch Worte begreiflich, was und wen er eigentlich brauche, und nun war in wenigen Minuten der Verschönerungskommissär da, nämlich der richtige Barbier.

Mehrere Fälle schändlicher Ausnützung der Arbeitskraft von Kindern sind am 26. Mai in Mannheim vor der zweiten Strafkammer des Landgerichts verhandelt worden. Zwei Ju­den und ein Christ haken in ihren Tabakfabriken Kinder unter 14 Jahren täglich mehr wie ö und solche über 14 Jahre mehr wie 10 Stunden arbeiten lassen. Die Herren Marz in Heidel­berg z. B. zahlten für täglich 7stündige Arbeit au Kinder unter 14 Jahren einen Wochcnlohn von 50 4 bis 1 4L Neben sol­chen Cigarren und Tabakfabrikanten kann freilich die Straß­burger Manufaktur nicht aufkommen.

Dillen bürg, 29. Mai. Heute brannten in dem ca. fünfviertel Stunden entfernt gelegenen Nan­zenbach ca. 25 Gebäude nieder.

Das deutsche Bundesamt für das Heimatwe­sen hat in einem Spezialfalle aus Mainz erkannt, daß eine verheirathete Frau nie einen selbstständigen Unterstützungswohnsitz erlangen könne; dieser falle immer mit dem des Mannes zusammen.

Berlin, 29. Mai. Es kann versichert wer­den, schreibt dieK. Z.", daß weder von einer Reise des Königs von Italien nach Berlin, noch von einer Zusammenkunft der Herrscher desDreibunds" in höhern politischen Kreisen die Rede gewesen ist. Der Kaiser wünscht für den Sommer Ruhe und Er­holung.

Berlin, 29. Mai. Die Heranziehung länd­licher Arbeiter zum Krankenkafsengesetze führte im Bundesrathe zu lebhaften Erörterungen, schließlich erfolgte die Ablehnung des im Reichstag eingesügten Paragraphen 1 a. Namentlich hatte Württemberg in Anbetracht seiner Landarbeiterverhältnisse die Ableh­nung gewünscht.

Berlin, 29. Mai. Der Landtag wird Mitte Juni, der Reichstag Ende Juni geschlossen werden.

Berlin, 29. Mai. Man meldet derMg. Ztg.": es gilt als feststehend, daß zunächst weitere Verhandlungen zwischen der preußischen Regierung und der Kurie nicht stattfinden werden, ohne formel­len Abbruch der gegenseitigen Beziehungen. Herr v. Schlözer verbleibt nach wie vor auf seinem Posten.

Berlin, 30. Mai. Der Reichstag hat in

seiner gestrigen Abendsitzung den Rest des Kranken­kassengesetzes in dritter Lesung fast unverändert nach unerheblicher Debatte angenommen; nur wurde der Einführungstermin bezüglich der Vorarbeiten auf den 1. Dezbr. 1883 festgesetzt, während im Uebrigen das Gesetz am 1. Dezbr. 1884 in Kraft tritt. Die Gesammtabstimmung findet später statt.

Berlin, 30. Mai. Die Sprache des Jour­nal de Rome erregt im Reichstag Sensation. All­seitig ist man der Meinung, daß dieser Uebermuth die Folge der Haltung sei, welche von den Conser- vativen im Landtag eingenommen wird. Ich höre zuverlässig, daß alle Vorbereitung zu einem neuen kirchenpolitischen Gesetz getroffen sind und daß Preu­ßen selbstständig Vorgehen wird. Im Ministerrakh wird in Kürze die Frage erörtert werden, ob die Vorlage sofort an den Landtag zu bringen oder die­ser frühzeitig im Herbst einzuberufen sei.

Berlin, 30. Mai. Seit einigen Tagen schwirren wieder einmal die verschiedensten Gerüchte über das Befinden des Fürsten Bismarck durch die Luft, die nur in der einen Behauptung einig sind: Der Kanzler litt an neuralgischen Schmerzen und un­ter dem Einfluß eines heftigen Magenkatarrhs. Wie ich Ihnen aus allerbester Quelle mittheilen kann, ist der Magenkatarrh eine Erfindung übereifriger Re­porter. Leider darf ich Ihnen meinen Gewährs­mann nicht mit dem Namen nennen vielleicht ge­nügt es Ihnen, wenn ich Ihnen sage, daß er das volle Recht hat, den Fürsten jeden Tag nach seinem Befinden zu fragen. Der Fürst leidet unter dem Einflüsse der ungeheuren Arbeit, die auf ihm lastet voilL tont! Und wenn man bedenkt, daß des Kanzlers Arbeitszeit schon Morgens um 7 Uhr be­ginnt, wo er am Frühstückstisch die cingelaufene Post und die Akten durchsieht, um sich dann sofort in sein Arbeitskabinet zurückzuziehen und zu arbeiten bis um 5 Uhr Nachmittags, dann ist es eben kein Wunder, wenn selbst der Hüne Bismarck erkrankt. Von 5 bis 6 Uhr speist der Kanzler und dann, wenn mancher Andere sich Zeit zur Erholung nimmt, kehrt er wieder zurück zur Arbeit, und wenn beim Dämmerlicht des herannahenden Morgens der ge- nußfrvhe Berliner nach Hause schleicht, dann erst sucht auch Europas größter Staatsmann die Ruhe, die ihm aber in Folge des überreizten Nervensystems oftmals nicht zu Theil werden kann.

Aus der Rechtssprechung des Reichsge­richts. Das Reichsgericht hat neuestens eine ins württembergische Rechtsleben tief einschneidende Ent­scheidung getroffen. Es hat nämlich die Revisions­anträge, welche sich darüber beschwerten, daß im Konkurse des Ehemannes dessen Ehefrau ein Abson­derungsrecht für ihr Beibringen erst nach Zahlung der ehelichen Gesellschaftsschulden habe, verworfen. Bekanntlich beanspruchten auf Grund einer Sentenz unseres höchsten Landesgerichts bis jetzt die Ehe­frauen dieses Absonderungsrecht mit Erfolg, so daß sie ein noch vorzüglicheres Recht im Konkurse ihres Mannes zur Seite hatten, als ehedem, wo die Par­tikularprozeßrechte noch galten. Dem Kredit der Württemberger wird diese Entscheidung nur förder­lich sein.

Von den württembergischen Abgeordneten stimm­ten für den § 1 a des Krankenkassengesetzes, also für den Versicherungszwang bei land- und forstwirth- schaftlichen Arbeitern, die Abgg. Bühl er und Schott, dagegen die Abgg. Graf Adelmann und Graf Wald- burg-Zeil; alle übrigen 13 fehlten.

Metz, 29. Mai. Die Parade der hiesigen Garnison vor dem Statthalter ist glänzend verlau­fen, der Feldmarschall hat seine Zufriedenheit mit den Leistungen der Truppen ausgesprochen; nach der Pa­rade nahm S. Exz. am Platze noch die persönlichen Meldungen einer Anzahl beförderter Offiziere entge­gen. Tausende von Zuschauern und eine große Wagenburg waren auf dem Paradeplatz anwesend, das Publikum stand dicht hinter dem Feldmarschall- Statthalter, welcher zwischen dem 1. und 2. Vorbei­marsch an die Wagen heranritt und einzelne Fnsaßen derselben begrüßte. Im Publikum herrschte die leb­hafteste Stimmung.

Schweiz.

Zürich, 28. Mai. Auf seiner Durchreise be­suchte gestern der Feldmarschall Graf Moltke die Schweizerische Landesausstellung in Zürich. Heute früh brachte ihm die von der Ausstellung engagirte Musik des sächsischen Regiments Nr. 105 ein Stündchen.

Frankreich.

Paris, 29. Mai. Man meldet derMg. Z.": Die Par. Presse, namentlich die opportunistische, bringt sehr sympathische Artikel über die Krönung des Zaren und plaidirt gleichzeitig aufs Wärmste für eine^Allianz Frankreichs mit Rußland. Dagegen ist die Sprache der Pariser Blätter gegen die eng­lische Presse eine aufs Aeußerstc gereizte und scharfe. Italien.

Rom, 30. Mai. DasJournal de Rome" räth, die Verhandlungen mit Preußen abzubrechen, dessen Ziel die Lösung des Kirchenkonflikts auf dem Wege der Gesetzgebung gewesen sei; dieser machia- vellistische Plan sei aber eitel, jede auf legislativem Wege gewährte Erleichterung sei eine Negation des Rechts der Kirche, auch viel mildere Maigesetze wären immer noch ein gottloser Uebergriff des Staats ; eine solche unwürdige Behandlung der Kirche werde bei den deutschen Katholiken keine Sympathie finden.

Rußland.

Moskau, 30. Mai. Heute wurde eine Ver­ordnung des Kriegsministers publizirt, wonach die Strafen aller Militärverbrecher, sowohl der Mann­schaften als der Offiziere, gemildert werden, alle Offi- zierstcllvertreter, die wegen Mangels an Vakanzen nicht befördert wurden, zu Lieutenants ernannt wer­den , und der Kredit für die Waisen der im Kriege Gefallenen um 20 000 Rubel vermehrt wird. Heute fand ein großes Diner bei Schweinitz statt.

Petersburg, 30. Mai. Gestern wurden die Volksfeste plötzlich polizeilich unterbrochen; der Grund ist nach Angaben der Polizisten zunächst an­geblich die schwere Erkrankung des deutschen Kaisers. Die deutsche Botschaft hing eine Ankündigung aus, in welcher die Nachricht als falsch bezeichnet wird. Kaiser Wilhelm erfreut sich des besten Wohlbefindens. Bulgarien.

Wie man hört, verlautet in gut informirten Kreisen, Fürst Alexander von Bulgarien sei fest ent­schlossen, das Land zu verlassen, wenn ihm Rußland noch länger die russischen Minister aufzwinge. Der Fürst werde anläßlich seines jetzigen Aufenthaltes in Moskau kategorisch erklären, die Situation Bulga­riens sei unerträglich geworden, er könne nur regieren, ohne die Vormundschaft der bisherigen russischen Minister.

Amerika.

New York, 31. Mai. Als gestern Nachmittag eine große Menschenmenge auf der neuen Brücke zwischen Brooklyn und Newyork sich befand, entstand auf den Rufdie Brücke fallt" eine Panik, wobei 12 Personen umkamen, 26 niedergetreten und ver­letzt wurdem_

Äcrndel L Nerkelrv«

Reutlingen, 26. Mai. (Viktualienpreise.) 8 Pfd. weißes Brod 1 4c 412 4, 8 Pfd. schwarzes Brod 9296 <5,

1 Paar Wecken (90100 Gr.) 6 4, 1 Pfd. Ochscnflcisch 68 4, Rindfleisch 5060 4, Schweincfleich 50 4, Kalbfleisch 54 4,

2 Stück Eier 1012 4, 1 Pfd. Rindschmalz 1 4c 3436 4, Schweineschmalz 80 41 4c, 1 Pfd. Butter 1 4l 1525 4.

1 Ztr. Heu 2 4c 90 4 bis 3 41, 1 Ztr. Stroh 1 4L 70 bis 80 4, 4 Raummeter Buchenholz 3134 1 Ztr. Steinkoh­len 1 2430 4, 1 Zcr. Coaks 1 4060 4.

Nach alter Beobachtung treffen gute Kartoffelernten mit guten Heidelbeercrntcn fast immer zusammen. Die Hei­delbeeren blühen heute in reicher Fülle; es würde demnach auch eine gute Kartoffelernte in Aussicht stehen.

Briefkasten. K. in W. Hätten Sie den Gesellschaf­ter 58 so genau gelesen, wie das Blatt, aus welchem Sie jenesunverhoffte Glück" entnommen, so hätten Sic sich die Abschrift des Artikels ersparen können.

Att - r 1 - i.

In Detroit, Nordainerika, traf kürzlich ein Polizist Nachts auf seiner Runde eine in der Nähe der Thüre eines Hauses zusammengekauerte Frau. Er blieb stehen, die Frau aber rief ihm ärgerlich zu: Machen Sie, daß Sie fortkommen! Wohnen Sie hier? frug der Polizist. Ja wohl! Können Sie nicht in Ihre Wohnung? O ja! Worauf warten Sie denn hier? Die Frau, unter ihrem Regenman­tel einen kräftigen Sophaklopfer hervorziehend: Auf meinen Mann!

s::j Rechen-Exempcl aus der Schule. Lehrers: Wenn das Liter Bier 22 4 kostet, was kosten 4^g Liter? Schüler, schnell besonnen: 10 4. Lehrer: falsch, Du hast es ja gar nicht gerechnet, wie kommst Du zu diesem Resultat? Schüler: Mein Vater, der sich als guter Rechner rühmt, sagte erst gestern Abend, daß chig Liter 10 4 kosten. Lehrer: Dann hat eben Dein Vater 14s-, 4 bezw. 1 4 zu viel bezahlt. Viel­leicht hat der Wirth das Mehr als Sitzgeld drausgeschlagen.

Hiczn Nr. 36 des Deutschen Unterhaltungsblattes.