b ärmliche. Unsere politischen und sozialen Zustände sind so faul, daß es unmöglich länger in der Weise fortgehen kann. Regiert wird in Wirklichkeit bei uns nur von heute auf morgen, denn kein Ministerium ist in der Lage vorauszusehen, ob nicht der nächste Tag sein letzter sei. Sind das Zustände, würdig eines Landes wie Frankreich? Frankreich ist mora­lisch und physisch so herabgekommen, das; nur eine eiserne Faust, wie Napoleon I.. es wieder zur Sclbst- erkenntniß, zu Größe und Ruhm bringen könnte. Ich schwärme wahrlich nicht für ein autokrates Re­giment, aber angesichts der täglich mehr um sich fressenden Fäulniß, dem rapiden Niedergang der Industrie, des Handels und Gewerbes würde ich es für das größte Glück halten, wenn diesem Lande ein Mann entstünde, der schonungslos mit gewalti­ger Faust die Zügel der Regierung ergriffe und alle die Maulhelden von der Bildfläche entfernte. Chau­vinisten träumen von einem ruhmreichen Feldzuge, der uns unsere Gloire und damit die uns gebührende Stellung in Europa zurückgeben werde. Arme Träu­mer! Man braucht nur das Material, aus dem un­sere Armee besteht, anzuschauen, und alle Lust zu einem Kriege muß sich verflüchtigen.

Paris, 28. März.Soleil" theilt einen Artikel des in Nancy erscheinendenEcho" mit, in welchem die Kandidatur des Herzogs von Au male für die nächste Senatorwahl angezeigt wird. Die Regierung wird, wie es heißt, außerordentliche Maß­regeln ergreifen, wenn der Herzog seine Kandidatur aufrecht halten sollte.

Italien.

Rom, 29. März. Der Moniteur de Rome meldet: Die preußische Antwort auf die Note Jacobini's vom 19. Januar forderte die Curie auf, ihre Wünsche betreffs der freien Ausübungen des kirchlichen Hirtenamtes und der Erziehung des Cle- rus näher zu formuliren. Die preußische Regierung werde die Wünsche einer sorgfältigen Prüfung unter­ziehen. (Fr. I.)

Ein tragischer Selbstmord wird aus Rom gemeldet: Dort erhängte sich in einer Sakristei ein Geistlicher, nachdem er schon die Messe celebrirt hatte. Bevor er den Selbstmord beging, notirte er im Kir­chenbuch gewissenhaft seinen Tod. Die Kirche wurde als unrein sofort geschloffen und erst nach wieder­holter Weihung wieder geöffnet. Eine unheilbare Krankheit hatte ihn in den Tod getrieben.

Rußland.

Bei der Krönung des Czaren sollen 7000 Hektoliter Bier und Meth', sowie 800 000 Pasteten, jede zu ^ Pfund, dem Volk gespendet werden.

Wie aus Odessa gemeldet wird, circulirt eine socialistische Proklamation im ganzen südlichen Ruß­land, worin die Bevölkerung aufgefordet wird, die Gelegenheit der in Rußland bevorstehenden Festlich­keiten wahrzunehmen, um die Edelleute, Wucherer und Juden zu plündern. Eine aus Edelleuten be­stehende Deputation hat sich nach Petersburg bege­ben, um den Minister des Innern um Schutzmaß­regeln anzuqehen.

England.

Londoner Blätter machen auf die wachsende Zunahme der deutschen Einwanderung nach England

aufmerksam, und zwar in einer für unsere Lands­leute durchaus schmeichelhaften Weise. Es stimmt dies zu deni im englischen Publikum herrschenden Urtheil, welches von der deutschen Einwanderung im Allgemeinen eine hohe Meinung hegt, wobei cs sich ans das Faktum stützt, daß in allen englischen Welt­handelsplätzen das deutsche Element stark vertreten ist und zahlreiche der angesehensten Firmen sich in deutschen Händen befinden. Nächst den Engländern kommen die Deutschen in der Fremde unstreitig am besten fort, was sie, nach dem Dafürhalten deS eng­lischen Kritikers, ihrer überlegenen Erziehung, ibrer Arbeitsamkeit und größeren Genügsamkeit verdanken. Letztere Eigenschaft insbesondere bringe es zuwege, daß Deutsche in Großbritannien relativ leicht Stel­lungen finden, indes; die Söhne des eigenen Landes leer ausgehen und ihr Heil in irgend einer der über den ganzen Erdball zerstreuten englischen Colonien versuchen. Damit soll indes; keineswegs gesagt sein, daß in England den Deutschen die gebratenen Tau­ben in den Mund fliegen. Die oftmals wiederholten Warnungen der heimischen und der deutschen Presse in England vor unüberlegter Auswanderung nach dort behalten nach wie vor ihre volle Geltung.

Bei dem letzten Sturm in der Nordsee sind 23 Fischerboote auS Hüll mit 135 Mann Be­satzung untergegangcn.

Amerika.

Ein schreckliches Ereignis; hat die amerikanische Stadt New-Orleans in Trauer versetzt. In der Stadt hat ein fahrender Circus sein Zelt aufge­schlagen. Eben produzirte sich in einem großen Kä­fig ein Löwenbändiger und ließ die wilden Bestien durch brennende Reife springen. Bei dem Heraus­tragen eines solchen Reifes aus der Reitbahn fing ein Vorhang Feuer, und die hell aufflackernde Flamme rief unter dem Publikum solches Entsetzen hervor, daß unter Rufen der Angst und Verzweiflung die Menschen nach den Ausgängen eilten. Das Feuer war bald gelöscht, und obwohl ein Clown rasch auf die Schultern seiner Genossen sprang und dem Pub­likum den herabgerisfenen, halbverkohlten Theil des Vorhanges zeigte, war es nicht mehr möglich, Ord­nung zu schaffen. Das Gedränge war unbeschreib­lich und an den Ausgängen bildeten sich Barrieren von Ohnmächtigen, welche unter der Gewalt der Nachdrängenden gefallen waren, sodaß eine Menge von regungslosen Menschenleibern die Thüren ver­rammelte. Damit war das Unglück noch nicht zu Ende. Viele, die nicht mehr zum Ausgang gelangen konnten, schnitten in die Segelleinwand große Löcher und warfen Frauen und Kinder durch dieselben auf die Straße. Die Zahl der Todten ist noch nicht festgestellt, mehr als 100 Personen sind schwer verletzt.

Handel K Uerkehr.

Heilbronn, 30. März. (Ledermarkt am L3. März.) Durch das gleichzeitige Zusammentreffen unseres Marktes mit der Frankfurter Lcdermesse war es mit Sicherheit vorauszu- sehcn, datz die Zufuhren kleiner ausfallen würden, als dieses bei dem ohnedies stets mäßig frequentirten Märzmarkte in langer Zeit der Fall war, und es hat sich diese Voraussetzung auch vollkommen bestätigt. Verkauft wurden 52 903 8t mit einem Gesammt-Umsatze von ca. 93 000 Schmal- u. Wild­leder bleiben immer noch sehr gefragt, Zeugleder und Sohl­leder behaupteten sich auf den alten Preisen, während Kalb­

leder eher etwas angczogen hat. Schaslcdcr fehlte dieses Mal fast gänzlich.

Frankfurt a. M., 3". März. (Ledcrmessc.) Das diesmalige Meßgcschäst - welches sich für den Großhandel bereils im Laufe der vorigen Woche entwickelte zeigt einen recht lebbaften Charakter, der einerseits dem allgemeinen Be­darf, anderseits den knappen Zufuhren zuzuschreiden sein dürfte. Soweit Sohlleder in Betracht kommt, waren es namentlich gute Ochsen-, welche rar. sehr lebhaft gefragt und zu Preisen gehandelt wurden, die durchschnittlich 6 -10 hoher waren als seither. Dem Bedarf konnte speziell in diesem Artikel weitaus nicht genügt werden. Feine schwere Kuhleder waren ebenfalls recht beliebt und brachten voll die seitherigen Preise. Die relativ kleinen Zufuhren können sämmtlich als geräumt betrachtet werden. In Vacheleder war ein conlantes Geschäft zu verzeichnen: auch Oberlever war in allen Sorten mäßig zu­gefahren und wurde bei guter Nachfrage rasch geräumt.

Allerlei.

Die Blindheit der Pferde. Bei keinem anderen Hauslhiere finden wir soviel Angenkrank­heiten wie beim Pferde; diese Erscheinung hat ver­schiedene Ursachen. Zunächst sind cs die hohen Rau­fen, wodurch Grannen mit Widerhäkchen dem Pferde ins Auge gerathen und sich festsetzen. Dadurch tritt Entzündung ein, in Folge dessen das Auge häufig verloren geht. Dann ist der scharfe, beißende Dunst in den Ställen dem Auge des Pferdes sehr nach­theilig; das scharfe Ammoniakgas, welches das menschliche Auge zn Thronen reizt, ist auch dem Pferdeauge schädlich. Die Zuführung des Lichtes ist sodann sehr wichtig; gibt man das Licht von der Seite her, so kehrt das Pferd demselben immer nur dasselbe Auge zu, wodurch die Augen sehr geschwächt werden. Steht das Pferd vom Licht abgekehrt, so sieht es immer ins Dunkel, was durch den grellen Wechsel beim Hinansführen nachtheilig ist. Gegen das Licht gestellt, wirkt dieses blendend. Ein wei­terer Grund des Ucbels sind die Scheuleder oder Augenklappen. Die Augen des Pferdes sehen in einer geraden Stellung seitwärts; das Pferdeauge ist also beim Scheuleder in einer steten Zwangslage. Die Qual und der Reiz, der dadurch entsteht, daß das Pferd jeden Tag ein Brett dicht vor den Au­gen hat, machen dieses trübe und krank. Auch die Peitsche fährt nur zu häufig in das Auge u. bringt das Bersten eines Blutgefässes oder eine Entzün­dung hervor, geschieht dieses auch manchmal wider Willen, so sind doch auch die Fälle nicht selten, wo der rohe Fuhrmann mit Vorsatz auf Hals u. Kopf schlägt und dabei die Sehkraft direkt zerstört.

Ein Prophezeihung für den diesjährigen Frühling. Der bekannte französische Astrolog Notredame (Nostrodamus), der im siebzehnten Jahrhundert lebte und die Geschicke Frank­reichs auf Jahrhunderte im vorhinein in schönen Versen ver­kündet hatte, hat für den heurigen Frühling folgende Prophe­zeihung Hinterlagen:

Im Jahre tausendachthundertachtzigunddrci,

Wenn von den Bäumen werden die Knospen springen,

Allen Hindernissen zum Trotz

Wird ein Hinkender Frankreich Rettung bringen.

Diese Prophezeihung wird nun aus den Grafen Chambord, welcher ein wenig hinkt, bezogen. Nostradamus hat bekannt­lich auch von Napoleon III. verkündet, daß erachtzehn Jahre, weniger ein Viertel, nicht einen Tag mehr, nicht einen Tag weniger regieren werde" und so ist es auch cingetroffen.

' Als Kuriosum sei mitgetheilt, daß in

Crefeld ein Barbier existirt, bei dem man rasirt wird und außerdem ein Stück gekochte Leder, sowie einen Schnaps erhält. Alles für 10 Pf.!

Konkursverfahren.

Ueber das Vermögen des Christian Heller, Schönfärbers in Nagold, wird heute am 31. März 1883, Vor­mittags 9 Uhr, das Konkursverfahren eröffnet und der

Gerichtsnotar Mayer in Nagold zum Konkursverwalter ernannt.

Konkursforderungen sind bis zum 19. Mai 1883 bei dem Gerichte anzu­melden.

Es wird zur Beschlußfassung über die Wahl eines anderen Verwalters, sowie über die Bestellung eines Gläu­biger-Ausschusses und eintretenden Falls über die in Z 120 der Konkursordnung bezeichnten Gegenstände auf Freitag den 27. April 1883, Nachmittags 3 Uhr, und zur Prüfung der angemeldeten Forderungen auf

m

Amtliche und privat

Freitag den 1 . Juni 1883, Nachmittags 3 Uhr,

Nagold im Amtsgerichtsgebäude Zimmer Nr. 5 vor dem unterzeichnten Gerichte Termin anberaumt.

Allen Personen, welche eine zur Konkursmasse gehörige Sache in Be­sitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird ausgegeben, nichts an den Gemeinschuldner zu verabfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung auferlegt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, für welche sie aus der Sache abgesonderte Befrie­digung in Anspruch nehmen, dem Kon­kursverwalter bis zum 30. April 1883 Anzeige zu machen.

Königl. Amtsgericht zu Nagold.

Zur Beglaubigung:

Gerichtsschreiber

Lipps.

-Bekanntmachungen. SLammHolz- Werkäufe

am Montag den 9. April, Vormittags 11 Uhr,

im Waldhorn zu Enzklösterle:

1) vom Revier Simmersfeld aus Enz- wald, Abth. 41 Schabersloch 452 St. Nadelh.-Lang- und Sägholz (meist Rothforchen) mit 568 Fm.;

2 ) vom Revier Enzklösterle aus VI Langehardt 10 Zwickgabel, VH Kälber­wald, Abth. 8 Mastteich, 17 Hahnen­moos und 21 Kohlgründle 10 Buchen mit 5 Fm. und 3805 St. Nadelholz- Lang- und Sägholz (darunter */z Roth- forchen) mit 2861 Fm.,, sowie wieder­holt Scheidholz der Hüten Wanne und Kälberwald 8 Buchen mit 13 und 289 Stück Nadelh.-Sägholz mit 250 Fm.

Oberschwandorf.

Lang- und Klotzholz-Verkauf.

Die Gemeinde verkauft am Freitag den 6 . April d. I., Vormittags 10 Uhr,

auf dem Rathhaus 980 Stück Lang-

und Klotzholz,

worunter V 4 Forchen,

140 Stück stärkere Stangen zu Drath- Anlagen geeignet.

Auszüge wollen baldigst bestellt wer­den beim Waldmeisteramt.

Den 29. März 1883.

__Gemeinderath.

Dötes- (Pathen-) Briese

bei

6. Kaiser.