Es war imZvhre 1871, nach Abschluß des Frankfurter Friedens, als Fürsft Bismarck den Besuch des jungen Für­sten Michael Gartschakoff empfing. Auf die Bemerkung hin, daß er nächster Tage nach Petersburg reisen werde, warf Bismarck scherzhaft hinzu: dann fragen Sie Ihren Papa, wie er mit seinem Schüler zufrieden sei. Als der junge Fürst sich seines Auftrags «itledigte, sagte der Alte: Ja, der deutsche Reichskanzler ist allerdings mein Schüler, aber so wie Raphael der Schüler Pnmginos war.

In Königsberg hat dieser Tage Professor Schönborn eine interessante Magenresektion ansgeführt. In dem Magen des operirten Mäd­chens wurde nämlich ein vollständiges Haarchignon vorgefunden und durch die gemachte Magenöffnung herausgeholt. Das junge Mädchen hatte seit Jahren die Spitzen chrer Zöpfe abgebissen, in der Meinung, daß die Haare dadurch besser wachsen werden, und hatte die kurzen Härchen, zu Klümpchen gekaut, hin­untergeschluckt. Diese Klümpchen hatten sich im Ma­gen zusammengeballt und allmälig eine Art Chignon gebildet, um welches sich im Magen eine Art Kruste herumgesetzt hatte. Das junge Mädchen erkrankte, konnte die Speisen nicht vertragen und Niemand ahnte, was die Ursache der Krankheit sei. Schließ­lich wurde zu der gefährlichen Operation der Oeff- nung des Magens geschritten, da von außen wahr­genommen wurde, daß ein harter Gegenstand unter der Magenwand festlag. Das Erstaunen der Aerzte, als das Haarbündel zum Vorschein kam, soll außer­ordentlich gewesen sein.

Der Himmel wirft auch mit Steinen, wenn auch etwas seltener als die lieben Menschen. Die Naturforscher nennen diese Steine Meteorsteine und sammeln sie sorgfältig. Die Universität Göttingen bezahlte einen solchen Stein, der neulich bei Iserlohn aus den Wolken gefallen war, mit baarcn 150 Kaum hörten das die frommen Kauflcute in Barmen und Elber­feld, die mit Erd und Himmel gern ein gutes Geschäft machen, so boten sie einem vr. K. aus Bonn zahlreiche Me- teorstcine an und er kaufte sie, die kleinen um 15, die großen um 100 bis 120 Später stellte sich heraus, daß die Steine nicht aus dem Himmel, sondern aus einem Bergwerk stamm­ten und harmlose Knollen von thonipem Sphacrosidcrit und mit Schwefelkies durchsetzt waren. Aber verkauft war verkauft.

Oefterreich-Ungcirn.

Wien, 22. März. Im Sozialistenprozeß wurde das Urtheil verkündet. Engel und Pfleger wurden wegen Raubs zu löjährigem, mit Fasten verschärftem schwerem Kerker, Bern dt wegen der Mitschuld am Raub zu 2jährigem schweren Kerker verurtheilt. Die übrigen 21 Angeklagten wurden freigesprochen. Die Schuldfragen auf Hochverrats event. Ruhestörung, wurde verneint.

Eine entsetzliche Blutthat wurde in dem Orte Lipot in der kleinen Schütt bei Preßburg von un­bekannten Thätern vorletzten Sonntag Abend knapp nach 8 Uhr verübt. Der dortige Insasse Erasie ging zu seinem im Orte befindlichen Freunde, um mit ihm Karten zu spielen; sein siebenjähriger Sohn ging mit ihm. Als Vater und Sohn wieder nach Hause kamen, bot sich ihnen ein entsetzlicher Anblick dar; die Frau und drei Kinder lagen theils in den Bet­ten, theils auf dem Zimmcrboden mit zermalmten Köpfen umher. Ganze Stücke des Gehirns, der Schädel lagen auf dem Fußboden, die Wände waren mit Blut bespritzt. Der Bezirksarzt Dr. Hannyi, welcher die vier Leichen sezirte, erzählt, daß die Köpfe der Opfer unzählige Hiebe erhalten haben müssen, da sie bis zur Unkenntlichkeit wie Brei ganz flach zerschlagen sind. Im Zimmer wurde die Hacke des Fsnyes gefunden. Die Behörden haben Alles auf- geboten. um des Mörders habhaft zu werden. Bis zur Stunde aber hat man noch keine Spur von ihm. Er hat ca. 150 Gulden geraubt.

Der siebenjährige Rechenkünstler Roth aus Waag-Neustadt in Ungarn erregt nicht blos durch seine fabelhafte Kunst, sondern. auch durch seine Schlagfertigkeit Aussehen. Bei einem Besuch auf der Frankfurter Börse neckte ihn ein bekannter Spaßma­cher mit der Frage, wie viel 7><7 sei; 490 war die Antwort und auf die weitere Frage, woher denn die Null komme, erwiderte der Kleine:Die Null sind Sie!"

Italien.

Eine Näherin Giuscppina Dona in Mailand war durch Krankheit in so große Noth gerathen, daß sie allmälig ihre ganze Habe versetzt hatte, um ihr Leben zu fristen. Am letzten Faschingstage ent­schloß sie sich blutenden Herzens zum Verkauf des letzten Gegenstandes, über den sie zu verfügen hatte, eines verräucherten, kaum erkennbaren Heiligenbil­des, das sie als Andenken an ihre Eltern und als eine Art Talismanu hoch in Ehren hielt. Nach

manchen vergeblichen Versuchen fand sie in einem Trödler, der ihr einen Franken zahlte, einen Käufer. Am Aschermittwoch aber kam der Trödler wieder zu ihr und sagte, erschrecken Sie nicht, ich bringe Gutes. Ein Kenner hat mir das scheinbar werthlose Bild, die Versuchung des heiligen Antonius von dem be­rühmten Künstler Caracci darstellend, für 40000 Franks abgekauft. Hier ist das Geld, das Ihnen gehört, geben Sie mir etwas davon für meine Be­mühung. Die Näherin gab dem uneigennützigen und edlen Mann sofort die Hälfte der Summe. (Wirklich edel von beiden Seiten, wenn wahr.) Schweiz.

Biel, 20. März. Die Negierung von Genf erkennt den vom Papste zum Bischof von Genf und Lausanne erwählten, aus dem Gebiete der Schweiz verwiesenen Mermillod nicht an.

Frankreich.

Ein Lyoner Blatt berichtet: Am 18. März v. I. starb stier ein reicher Junggeselle und hintcrließ seine« Erben ein Vermögen von vier Millionen Francs. Der Erblasser hatte aber, wie es scheint, das Bedürfnis;, die Freude seiner Ange­hörigen, die all mit großen Summen bedacht waren, durch eine kleine Tcstameutsklausel abzukühlen; denn am Schlüsse des be­deutsamen Schriftstückes befand sich folgender eigenhändig ge­schriebener Zusatz:Alle diese Legate dürfen nur dann ausbe- zastlt werden, wenn meine Verwandten sich eidlich folgenden Bedingungen unterwerfen: 1. Die Gruft, in welcher ich beer­digt bin, muß die Größe meines gegenwärtigen Spcisesaalcs haben und alljährlich während der Winterszeit sowie an kalten Sommertagen geheizt werden. Die Wahl des Hcizungssystcms überlasse ich meinem Neffen, der die Technik absolvirt hat.

2. Am Jahrestage meines Todes haben sich alle meine Ver­wandten in der Gruft zu versammeln, welche mit 66 Lampen zu erleuchten ist. An einer elliptisch geformten Tasel, welche meinen Sarg umgibst soll eine reichliche Mahlzeit bereitet wer­den, an welcher alle Erben und zwar in provinzalischer Bauern- tracht theilzunehmcn haben. Nach dem Mahle hat ein Ball stattzufinden, welcher mindestens vier Stunden dauern muß.

3. Meine Erben sollen in offenen Kaleschen zur Gruft und wieder nach Hause fahren, damit ihre Aufsahrt einem costu- mirten Festzug gleiche." Der Jahrestag des Todes steht nun unmittelbar bevor. Die Gruft wurde den ganzen Winter durch geheizt und wird am 18. März der Schauplatz eines fröhlichen Festes sein. (NL. Wenn die Polizei nichts drcinredet.)

Rußland.

Auf dem Maskenball beim Großfürsten Wladimir in Petersburg, welchem auch der Czar mit Gemahlin beiwohnte, erregte die junge schöne Fürstin L. im Costüm einerRoussatti" (sagenhaf­ten Wassernymphe) großes Aufsehen. Ein enganlie­gendes rosafarbiges Tricot, einige Meter wasserblauer Gaze mit kleinen Wasserpflanzen ließen die schöne Ge­stalt der Dame fast unverhüllt sehen. Als sie mit den andern Damen kam, um der Czarin ihre Hul­digungen darzubringen, warf diese einen entrüsteten Blick auf sie, wendete ihr den Rücken und flüsterte ihrem Gemahl einige Worte zu. Wenige Minuten später erschien Großfürst Wladimir, bot der Fürstin seinen Arm und führte sie zu ihrem Wagen.

England.

London, 19. März. Die Aufregung im gan­zen Lande über das Dynamit-Attentat ist fast inten­siver, als nach den Morden im Phönixpark. Ueber- all werden Meetings abgehalten, und die Stimmung gegen Irland ist selbst dort erbittert, wo früher große Sympathie vorhanden war. DieTimes" erklärt, die Zeit für eineheilende Gesetzgebung", die Zeit der Konzessionen an Irland sei vorüber; den Atten­taten der Fenier müsse man mit unversöhnlichem Widerstande begegnen und die Urheber wie die Ver- theidiger dieser Schandthaten niederschmettern.

Den englischen Blättern zufolge bereitet sich für England im fernen Asien ein neues Irland vor, und dieses sonnenbeschienene Irland wird gefährlicher sein, als das grüne regnerische an Englands Seite. Dort handelt es sich nicht um ein paar Millionen, sondern um deren sechzig und zu ihrer Bekämpfung ist nur ein wiGziges Söldnerheer vorhanden, dessen Hauptmasse sich aus den Eingeborenen selbst rekru- tirt. England wird hier wie dort ernten, was es gesäet hat. Man höre nur die Sprache der einhei­mischen Organe; sie tönen die Lehre der Landliga wieder. Eines derselben, das den NamenFortschritt" führt, schreibt in einer Anrede an die Engländer: Ihr habt eine Umwälzung in Indien herbeigeführt, indem ihr uns in englischer Weise erzöget. Ihr habt unsere heimischen Einrichtungen abgeschafft; ihr sprecht stolz von eurer Verwaltung, Erziehung, Herrschaft und euren Eisenbahnen. Wir schätzen dieselben haupt­sächlich als Mittel zur Erlangung von Dingen, von denen ihr weder träumt und die ihr noch weniger wünscht. Sie dienen uns zur Vereinigung der Na­

tionen unseres Kontinents. Wir wissen, was wir wollen und wir werden niemals rasten, dis wir es erlangt haben. Wir wünschen ein freies, geeignetes und von Eingeborenen beherrschtes Indien. Insofern ihr uns zu diesem Ziele verhelft, werdet ihr unfern Dank verdienen. Uns schwebt als Bild der Zukunft vor, daß vom Himalaya bis zum Kap Comorin ein freies, unterrichtetes und geeinigtes Reich aufhören wird, die Raubstätte von Fremdlingen zu sein." Wie man sieht, sind die Indier gute Zöglinge Par- nell's und Davitt's.

Eine singende Fracht. Der DampferTintern Abbe,," hat soeben die Themse verlassen und auf seiner Fahrt nach Ncu-Sceland eine Ladung von 1203 Vögeln ausgenom­men. Darunter befinden sich: 100 Meisen, 100 Rothkchlchcn, 100 Spatzen, 140 Hänflinge, ISO Finken, 170 Goldammern, 100 Stieglitze und 110 Rebhühner. Es geschah dies über Ansuchen der Landwirthe in Neu-Sccland, deren Ernten fast alljährlich in Ermangelung von schützenden, insektenfressenden Vögeln zerstört werden.

Spanien.

Eine kaiserl. Verordnung, betr. zu ergreifender Zollmaßregeln gegen Spanien ist an den Bun­desrath gelangt. Derselben ist ein Begleitschreiben des Reichskanzlers beigegeben, in welchem ansgeführt wird, daß, nachdem Spanien einen neuen Konven­tionaltarif eingeführt hat, es die deutschen Interessen erfordern, Gegenmaßregeln zu ergreifen. In der Verordnung wird beantragt, daß auf spanische Maa­ren der nach dem Zolltarif zulässige höchste Kampf­zoll von 50 pCt. gelegt wurde. Unter diesen Maa­ren befinden sich u. A. Wein, Weintrauben, Kork- waaren, frische Südfrüchte (Apfelsinen ic.), Oel, Tabak. Die betreffende kaiserliche Verordnung wird ungesäumt publizirt werden, wenn der Bundesrath dieselbe genehmigt haben wird.

In der spanischen Kammer erklärte der Fi­nanzminister, er werde gegenüber den von Deutsch­land beabsichtigten 50proz. Zuschlagszöllen keine Repressalien, sondern für deutsche Produkte nur Tarife für Länder anwenden, die keine Konvention mit Spanien hätten. Dizromero kündigte an, er werde die Anwendung von Repressalien beantragen, wenn Deutschland Zuschlagszölle anwende.

Mexiko.

(Auswanderung nach Mexiko.) Ein Korre­spondent derNordd. Allg. Ztg." in Mexiko schreibt: Meine Meinung über deutsche Auswanderung nach Mexiko ist, daß, wenn auch das heutige Mexiko dem unterrichteten und gutberathenen Kapitalisten ein rei­ches und mannigfaltiges Operationsfeld bieten mag, doch die dortigen Verhältnisse für den deutschen Ackerbauer und Arbeiter völlig aussichtslos sind." Egypten.

Die egyptische Regierung verhandelt über eine Anleihe von vier Millionen Pfund Sterling, behufs Zahlung der Entschädigungen an die Europäer. Es bleiben 6000 Mann englische Truppen in Egypten stehen.

Handel K Verkehr.

Mittlere Frachtpreise per Centner

vom 9. bis 14. März 1883.

K-rncn. Ro«zen. Gerste. Haber.

Bopfingen . .

. . 9. 35.

7. 20.

6. 50.

6.

10.

Ebingen . . .

. . 9. 63.

8. 20.

6. 95.

5.

84.

Geislingen . .

. . 9. 44.

-.

-.-.

-.

-.

Nagold . . .

. . 9. 70.

8. 73.

7. 99.

6.

40.

Reutlingen . .

10. 1.

8. 50.

7. 23.

5.

36.

Kirchhcim . .

. . 9. 71.

-. -.

7. 24.

6.

72.

Lcutkirch . . .

. . 10. 35.

9. 70.

6. 47.

6.

25.

Ricklingen . .

. . 9. 39.

7. 41.

6. 11.

5.

29.

Tuttlingen . .

. . 9. 60.

7. 55.

7. 12.

6.

23.

Waldscc . . .

. . 10. 4.

-. -.

6..

5.

90.

Backnang. . .

(Mk«s»ersicheru«z.) Die Allgemeine Versorgungs-An­stalt im Großherzogthum Baden zu Karlsruhe eine der 4 großen Gegenseitigkeits-Anstalten veröffentlicht in heutiger Nummer die vorläufig festgcstellten Geschäfts-Ergebnisse des Jahres 1882. Dieselben müssen in jeder Beziehung als sehr günstig bezeichnet werden. Der neue Zugang an Versicherungen war so reichlich, wie in keinem der vorhergehenden Jahre; nach den bis jetzt bekannten Veröffentlichungen anderer Gesell­schaften darf angenommen werden, daß mit Ausnahme der Le- bens-Bersichernngsbank zu Gotha die Nerserglinzs-Anlialt de« größten reinen Anzing au versichertem Kapital unter allen Deut­schen Lebensversicherungs-Anstalten hatte.

Wir machen gerne auf die so außerordentlich günstigen Ergebnisse dieses in jeder Beziehung soliden und mit den neuesten Einrichtungen ausgestatteten Instituts aufmerksam. Dasselbe wurde in Folge dieser Eigenschaften auch vielfach von höchsten Staatsbehörden ihren Beamten und von Korporatio­nen ihren Mitgliedern zur Benützung empfohlen.

Hiezu Nr. 26 des Deutschen Unterhaltungsblattes.