erster Linie alle Diejenigen verantwortlich , welche jene falsche Weichherzigkeit nicht verbannen wollen, die das Uebel genährt und groß gezogen hat.

Der Cigarrenarbeiter Krupp, der sich am Mon­tag Abend von Ulm entfernt hatte, um nach Langen­au zu gehen, kam im Schneetreiben vom Wege ab, sank ermattet nieder und erfror. Sein Hündchen hielt Wache bei der Leiche, bis sie gefunden wurde.

München, 16. März. Die Handels- und Gewerbekammer von Mittelfranken hat sich gegen die Erhöhung der Holzzölle ausgesprochen. Nach Pfälzer Blättern wird seit einigen Tagen der Wein- Händler L. Dreyfuß aus Landau vermißt, der im Aufträge französischer Firmen größere Partieen Wein gekauft und die von ihm vereinnahmten Beträge den Verkäufern vorenthalten haben soll. Die auf diese Weise unterschlagenen Posten sollen sich auf 13000 Mark, nach Anderen auf 40000 ^ belaufen.

München, 17. März. In der vergangenen Nacht wurde die Tageskasse des Hofmarschallamts in der königlichen Residenz erbrochen und sind daraus mehrere Tausend Mark entwendet worden.

Die Züchtlinge auf der Plassenburg, die neu­lich rebellirten, weil ihnen die Suppe nicht schmeckte, wurden durck eine Fastenkur gebessert.

Berlin, 14. März. Am Krankenbette Gort- schakoff's scheinen absonderliche Szenen vorgefallen zu sein. Noch während seiner Leiden wurde Gort­schakoff persönlich vom Oberstaatsanwalt aus Karls­ruhe vernommen. Gortschakoff bat dabei um Nie­derschlagung der Untersuchung. Sodann wurde das ganze Personal der Madame Braun und der alte Kammerdiener Gortschakoff's vernommen. Nach der Vernehmung wurde eine Polizeiwache um die Villa stationirt. Im Verlaufe der Krankheit verlor Gort­schakoff anscheinend das klare Bewußtsein, vorher wollte er noch, demBörsenkurier" zufolge, 24 000 Mark Jahresrenten seinerFreundin" Braun ver­machen. Dieser Akt wurde indeß nicht notariell voll­zogen. In der letzten Nacht vor dem Tode verwies der junge Fürst Constantin dieFreundin" seines Vaters aus dem Krankenzimmer. Dieselbe ließ sich darauf einen Rechtsbeistand zu ihrempersönlichen Schutz" kommen, sah aber Gortschakoff nicht mehr lebend. Die Söhne Gortschakoff's hatten schon Tags zuvor einen Tragkorb in die Villa geschafft. So­bald der Greis todt war, wurde die noch warme Leiche in großem Unwetter nach dem Hotel geschafft. Hier beschlagnahmte die Polizei dieselbe sofort. Sonn­tag Nachmittags fand dann die bereits gemeldete ärztliche Obduktion im Beisein des ganzen Amtsge­richts und des Staatsanwalts statt. Das Gericht behielt Magen und Eingeweide; der Rest der Leiche wurde einbalsamirt. Tags darauf folgte nochmals Vernehmung des gesammten Personals, sowie des alten Kammerdieners Gortschakoffs und der Ma­dame Braun.

Berlin, 18. März. Im Centrum sollen sich, wie versichert wird, gegenwärtig Frictionen von ungewöhnlicher Heftigkeit bemerkbar machen. Man spricht, nach Mittheilungen der Eff. Ztg., von erheblichen Differenzen zwischen dem Abg. Windthorst und der Mehrheit Mer Parteigenossen, die mit der momentanen Führung der Centrumspolitik mehrfach eine immer entschiedenere Unzufriedenheit kundgegeben haben. Es wird für nicht ausgeschlossen gehalten, daß diese Reibungen in irgend einer Weise auch nach außen hin zu praktischen Consequenzen führen könnten. (Es wäre wohl kein Unglück, wenn das ganze Centrum sich aufreiben würde!)

Berlin, 16. März. Die Nationalzeitung er­fährt auf das Bestimmteste, daß General v. Stosch sein Abschiedsgesuch erneuert und dasselbe eingehen­der unter Anknüpfung an politische und persönliche Vorgänge motivirt habe.

Berlin, 16. März. Die morgen erfolgende Vertagung des Landtags durch königliche Ordre wurde auf Wunsch des Fürsten Bismarck beschlossen.

Berlin, 17. März. Ein Gerücht will wiffen, der Mörder des Briefträgers Cossäth sei verhaf­tet, sein Name soll Gr aff sein.

Lebhaft besprochen wird in Berlin der Be­such, welchen das Kronprinzenpaar gestern einer Fortbildungsschule abstattete. Der Kronprinz war so befriedigt, daß er sich bei seiner Verabschiedung folgendermaßen äußerte:Sagen Sie mir, meine Herren, was ich heute hier gesehen und gehört, das sollte doch überall möglich sein; ein stufenmäßiges,! geordnetes Fortbildungswesen muß zum Segen des j

Vaterlandes nach Möglichkeit durchgeführt werden!" Dann wendete er sich an den Leiter der Anstalt, Rektor Paulick, und sagte zu diesem:Ich habe mich orientirt, aber ich muß mich noch mehr orien- tiren, ich komme wieder. Ist es wahr, daß mein Besuch im Vorjahre der Anstalt so viel Nutzen ge­bracht hat?" Als der Rektor erwiderte, daß der Besuch des Vorjahres das Resultat gehabt, daß bei Beginn des neuen Semesters sich an einem Tage 590 neue Schüler gemeldet hätten, entgegnete der Kronprinz hocherfreut:Das ist schön, das ist schön! Nun komme ich erst recht wieder!" Auch die Kron­prinzessin interessirte sich sehr lebhaft für die Resul­tate des Unterrichts.

Gestern feierte der General der Infanterie Vogel v. Fa lcken stein, Chef des 7. westphäli- schen Infanterieregiments Nr. 56, auf seinem Gute Dölzig bei Sommerfeld sein 70jähriges Militärdienst- Jubiläum.

Ein gefühlvoller Dieb. Dem Chef eines Berli­ner Handelshauses wurde vor einigen Tagen beim Verlassen des Opernhauses in dem dichten Menschengewühl aus der Seitentasche seines Pelzes eine Brieftasche gestohlen, welche ca. 400 -L in baarem Gelde enthielt; was aber den Verlust der­selben für den Bestohlenen ungleich empfindlicher machte, wa­ren verschiedene in dem Portefeuille enthaltene wichtige Briese und Dokumente, welche für ihn im höchsten Grade werthvoll, ja unersetzlich waren. Als er am nächsten Morgen eben damit beschäftigt war, die Assichen und Annoncen auszusetzen, welche seinen Verlust bekannt machen und den Dieb auffordern sollten, das Geld zu behalten, die Papiere jedoch zurückzustellen, klingelte es, und ein Packet mit einem Bries wurde für ihn abgegeben. Das crstcre enthielt die gestohlene Brieftasche, von deren Inhalt Nichts fehlte, in dem Briese aber, dessen Schriftzüge dem Kaufmann bekannt vorkamen, standEinstmals hatte ich das Recht, Sie mit dem Freundesnamen anzureden, und das vertraulicheDu" waltete zwischen uns. Das war vor 18 Jahren. Damals waren wir Beide auf der Jagd nach dem, was Sie gefunden: das Glück. Sie benutzten und ver- wertheten treulich alle Gaben, welche die Natur Ihnen ver­liehen. Ich verfehlte alle meine Ziele und sank von Stuse zu Stufe, wie lies, das haben Sie jetzt erfahren, denn ich habe Sie bestohlen! Aber ich behalte den Raub nicht. In Ihrem elterlichen Hause habe ich unvergeßliche Stunden ver­lebt, namentlich ist es die Gestalt Ihrer liebevollen milden Mutter, die mich noch heute in der Erinnerung umschwebt, die meine halte ich nie gekannt. Lauge war ich der Heimat fern und so mußten wir uns wiederfinden! Hier ist nun Alles zurück, was der Elende, der sich selbst verlor, Ihnen ab­genommen. Forschen Sie nicht nach mir. Sie würden mich niemals finden!" Der Bestohlene selbst gab dem Bericht­erstatter desFremdcnbl." den eben citirten Brief zur Ver­öffentlichung, in der Hoffnung, daß diese Zeilen dem so tief Gesunkenen zu Gesichte kämen, dem er zu Helsen willens, da er der Ucberzeugung ist, es werde aus dem Bedauernswerthen noch ein nützliches Mitglied der Gesellschaft zu machen sein.

Aus Sonderburg wird Berliner Blättern gemeldet: In der Nacht vom Sonntag auf Montag ist im Höruphaff ein Boot mit 10 Personen, welche sich am Sonntag nach Kekenis hinüber zu einer Kindtaufe begeben hatten, auf der Rücktour Nachts von Kekenis in dem stürmischen Wetter gekentert u. hat seine sämmtlichen Insassen in den Wellen be­graben.

Der elsäßische Reichstagsabgeordnete Dollfuß hat 10000 Francs für ein Denkmal für Gambetta gespendet.

lieber den in Berlin vorgefallenen Raubmord an dem Briefträger Kossäth enthalten die Ber­liner Blätter eine Menge, zum Theil sich widerspre­chender Angaben, die außerdem wenig Anhaltspunkte bieten. Der Mörder scheint den Weg nach Amerika über Bremerhaven eingeschlagen zu haben. Der Sache erwächst dadurch eine besondere Schwierig­keit, daß Sander einen Mitschuldigen gehabt haben soll. Wie ist nun der Thäter zu erkennen? Kossäth hinterläßt eine Frau und 4 Kinder: 3 Töchter und 1 Sohn. Man begegnet mehrfach der Frage: Wie lassen sich dergleichen seit mehreren Jahren schon wiederholt vorgekommene Verbrechen verhüten? Es könnte dadurch geschehen, daß man alle durchaus fremden Geldadressatcn nach vorheriger Benachrichti­gung durch die Briefpost (gedrucktes Formular) ver- anlaßte, ihre Sendungen auf der Post abzuholen. Einige Umstände verursachte das schon, bei der Schnelligkeit des Briefdienstes könnte es aber nicht ins Gewicht fallen.

Frankreich.

Paris, 16. März. Der sozialistische Schrift­steller Karl Marx ist gestern in London ge­storben.

Die Regierung beschloß, daß dem Gesetz ent­sprechend bei Zusammenrottungen fortan getrom­melt werde und daß die Polizei alsdann alle die­jenigen, welche sich nicht zerstreuen, verhafte. Die so Verhafteten haben sich dann vor den Assisen zn ver­

antworten. Dieses Gesetz soll namentlich am nächsten Sonntag ausgeführt werden.

Die deutschen Möbelarbeiter in Paris kehren seit einiger Zeit massenhaft nach Deutschland zurück. Die Pariser Möbelfabrikanten sahen sich nämlich in Folge wiederholter Streiks gezwungen, vielfach Mö­bel vsm Ausland, besonders von Deutschland, kom­men zu lassen.

Die neueste Errungenschaft auf elektrischem Gebiete ist das elektrische Flanellhemd des Dr. Clau­del in Paris. Das Hemd enthält auf jedes Kilo­gramm Wolle 115 Gramm Zinn-, Kupfer-, Zink- und Eisenoxyde, die in einem Theil der Fasern ver­arbeitet sind und eine regelrechte elektrische Batterie bilden sollen. Nach natura" entwickelt in der That das Hemd nicht unbeträchtliche Mengen Elek­trizität, sobald es mit der Haut in Berührung kommt. Was meint Professor Jäger dazu?

Italien.

Rom, 14. März. Man meldet derF. Ztg.": Der Papst ist überaus beschäftigt: er arbeitet bis tief in die Nacht hinein. Er ist auch sparsam mit Audienzen, so daß Viele verletzt mit ihrem Peters­pfennig wieder abziehen. Der letztere ergab im vori­gen Monat aus derDiöcese Breslau 75000, Mün­chen 60 000, Aachen 30 000 und Trier 30 000 ^ Spanien.

Auch Spanien hat jetzt seine Nihilisten. Es ist in Andalusien ein großer Geheimbund,die Schwarze Hand" entdeckt worden, der 50 000 Mit­glieder aus allen Ständen zählen soll. In seinen Satzungen heißt es, daß Alles, was auf der Erde zum Wohlbefinden und Vortheil der Menschen dient, durch die Thätigkeit der Arbeiter geschaffen wird. Die sinnlose und verbrecherische Organisation der ge­genwärtigen Gesellschaft bewirke, daß die Arbeiter produciren und die reichen Müßiggänger den Lohn der Arbeit einstreichen. Zwischen allen politischen Parteien bestehe ein tiefer Haß, weil keine der andern den gesellschaftlichen Frieden zu bieten vermag. Je­des durch fremde Arbeit, durch Rente oder Zinser­trag erworbene Eigenthum sei ungesetzlich und nur durch persönliche, directe und nutzbringende Arbeit Erworbene dürfe unangetastet bleiben. Die spa­nische Regierung scheint ziemlich rathlos dem Bunde gegenüberzustehen.

Rußland.

Die neuesten Berichte aus dem Süden Ruß­lands melden aus den Kreisen Odessa und Tiraspol schreckliche Zustände, gegen welche alle Noch der Ueberschwemmten in Deutschland nur Kinderspiel sein muß. Um die Bevölkerung dort noch bis zum Frühjahr durchzubringen, bedarf es einer Unter­stützung von 13 Mill. Rubel, und Strecken von mehr als 100 000 Bewohnern sind bereits der ent­setzlichsten Hungersnoth verfallen, so daß die Un­glücklichen dutzendweise an den Landstraßen als Lei­chen aufgerafft werden. Der Mangel an Viehfutter ist so gewaltig, daß von den vorhandenen etwa 230000 Stück Vieh der 5. Theil, d. h. die besten Stücke, bis zum Frühjahr nur dann noch erhalten werden können, wenn die Staatskasse dafür 1 700000 Rubel beisteuert; im anderen Falle wird binnen Kur­zem der ganze Viehstand vernichtet und der Ackerbau unmöglich sein. Wenn auch der Staat jene riesige Beisteuer leisten sollte, so muß doch der ganze Geld- vorrath der Kreiskaffen noch hinzu genommen und die Steuer erlassen werden. So sind die Zustände im Süden. Natürlich fehlt dabei niemals der Re­frain, daß einige Bankdirektoren als Spitzbuben ent­larvt wurden, wie jetzt wieder die Herren Balabanoff und Murosoff von der Kommunalbank in Charkoff.

(Der Thron des Czaren.j Der Thron für die Krönung des Czaren ist bei dem deutschen Mö­belfabrikanten Wunderlich in Moskau bestellt worden und wird aus schwarzem Eichenholz gearbeitet, wel­ches zu diesem Zwecke von dem deutschen Domänen­besitzer Georgi in Rjäsan gespendet worden ist. Die­ses Holz rührt von dem Stamm einer tausendjähri­gen Rieseneiche her, welche viele Jahrhunderte lang in einem See auf dem Gute Georgi's gelegen ha­ben soll. Das Holz ist pechschwarz und eisenhart. England.

London, 16. März. Gestern Abend 9 Uhr ertönte in der Straße, wo sich das Parlamentsge­bäude befindet, eine furchtbare Dynamit-Explo­sion, durch welche im Bureau des Localgoverne- ments-Board mehrere Zimmer völlig zerstört» viele in der Nähe liegende Häuser mehr oder weniger be-