verlassen und bekundete die Absicht, die Leiche zu hü­ten, bis sie zu Grabe getragen wird. Sie wollte Wachskerzen neben dem Bett anzünden, stand aber davon ab, als die Freunde des Verstorbenen ihr be­greiflich machten, dies wäre ein katholischer Brauch, der in dem Zimmer eines Mannes, welcher als Frei­denker gestorben ist, nicht üblich wäre. Die übrigen Getreuen Gambetta's lösten sich von Viertelstunde zu Viertelstunde bei der Tvdtenwache, ab. In der Nacht traf auch noch die Schwester des Verstorbe­nen, Frau Loris, in Ville d'Avray ein. Sie hatte Madame Leon nur selten gesehen und aus leicht be­greiflichen Gründen immer vermieden. Vor dem Sterbelager sielen die beiden Frauen einander in die Arme und verwischten ihre Thränen. Wie man hört, sträubten sich die Aerzte gegen die Operation, weil der Verstorbene engbrüstig war und nicht hätte chloroformirt werden können, überhaupt Gefahr vor­lag, daß er der schmerzhaften Operation noch sicherer erlegen wäre, als dem Uebel selbst. Durch die am Dienstag vorgenommene Sektion der Leiche Gam­betta's wurde vollständig bestätigt, was wir gleich vorgestern als Vermuthung ausgesprochen hatten, daß derselbe nämlich an der Entzündung des Dick­darms und des Dünndarms und der Vereiterung der umgebenden Gewebe gestorben ist.

Paris, 5. Jan. General Chanzy ist in verflossener Nacht plötzlich gestorben.

Gegenüber den Artikeln deutscher Zeitungen sagt das Siocle: Diese Blätter täuschten sich, wenn sie glaubten, daß die gerechten Widervergeltungen Frankreichs mit Gambetta ins Grab gestiegen seien. (Gerechte Widervergeltungen! Wer hat denn 1870 angefangen? Und wie kam Straßburg im Jahre 1681 an Frankreich?) Damit solle nicht gesagt sein, daß Frankreich aus der Revanche das ausschließliche Ziel seiner Politik und Größe machen wolle. Die Patrioten könnten sterben, aber das Vaterland sterbe nicht. Frankreich sei heute dasselbe, was es gestern gewesen sei.

lieber Gambetta's Vermögen sind zwei Versionen verbreitet. Nach der einen hinterließe Gambetta ein immenses Vermögen, welches nach vie­len Millionen zähle. Die zweite Annahme dürfte richtiger sein, daß Gambetta niemals mehr als 6 bis 700,000 Francs besessen hätte. Von der gro­ßenRöpublique Frantzaise" bezog er 24,000 Francs, die kleineRöpublique" dagegen trug ihm viele Jahre hindurch 95,000 Francs jährlich. Als Depu- tirter bezog er 9000 Francs und als Kammer-Prä­sident einen Gehalt von 60,000 Francs. Während er Kammer Präsident war, gab er 400,000 Francs auf Diners, Pferde und Feste aus, so zwar, daß er nicht viel behalten haben kann.

Die Gambettistische Reform stimmt folgende für die Partei bezeichnende Todtenklage an:Zuvör­derst Skobeleff, Gestern Gambetta, heute Chanzy! Das Jahr 1882 ist gut für Deutschland. Dies sind die traurigen Neujahrsspenden, die über dem deut­schen Minister wohl gefallen. Frankreich ist außer sich! Es fragt, ob Bismarck einen Pakt mit dem Tode unterzeichnet habe."

Was vorauszusehen war, trifft ein. Die fran­zösische Rente ist infolge Ablebens Gambetta's ge­stiegen. Ueberhaupt hat dies Ereigniß auf die euro­päischen Creditverhältnisse einen wohlthätigen Ein­fluß ausgeübt.

DerKreuzztg." wird aus Paris telegra- phirt: Die morgigen Reden bei Gambetta's Lei- chenbegängniß bieten die größten Schwierigkeiten. Die Regierung will keine Rede erlauben, welche ihr nicht vorher unterbreitet worden ist. Dieser sicherlich gebotenen Anordnung wollen aber Diejenigen sich nicht unterwerfen, welche beabsichtigen, eine große deutschfeindliche Kundgebung in Szene zu setzen. Spanien.

In den spanischen Arbeiterkreisen herrscht be­kanntlich schon seit einiger Zeit eine starke Gährung. Wie wir einem uns im Auszug mitgetheilten Privat­

briefe eines Württembergers entnehmen, scheint es namentlich um die Zustände um und in Linares (Prov. Andalusien) sehr schlimm zu stehen. Viele Grubenarbeiter haben nämlich dor.t Stricke gemacht und sich angeblich verschworen, die Häuser der Rei­chen, namentlich der Fremden, in die Lust zu spren­gen, welcher Plan in der Nacht vom 24.Z25. Dezbr. ausgeführt werden sollte; aber glücklicherweise wurde die Verschwörung noch rechtzeitig entdeckt. Zwölf Häuser in Linarcs enthielten Mienen, darunter so­gar eine Kirche, in welcher zur verabredeten Stunde besonders viele Leute versammelt gewesen und in die Luft gesprengt worden wären. Die Bestürzung der Einwohner über die geplante Katastrophe wäre dann von den Banditen benützt worden, die Häuser der Stadt zu plündern. 30 Personen sollen verhaftet worden sein. (T. Ehr.)

Rußland.

Petersburg, 3. Jan. Sab urow soll in Berlin durch den Fürsten Orlow ersetzt werden, da crsterer freundlichere Beziehungen zu Deutschland nicht herbeigeführt habe. <Ar. I.)

Türkei.

Konstantinopel, 4. Jan. In Tripolis wurde ein türkischer Offizier von dem italienischen Konsul wegen Beleidigung auf offener Straße ge­schlagen, worüber große Aufregung herrschte. Die Mohammedaner fordern die Bestrafung des Kon­suls. Der Aufstand in Erzerum ist im Zu­nehmen; es wurden schon 500 Armenier verhaftet. Die russische Anzettelung des Aufstandes ist notorisch.

Kairo, 4. Jan. Der Khedive bewilligte sämmtlichen noch nicht abgurtheilten politischen Ge­fangenen eine General-Amnestie.

Amerika.

New-Aork, 5. Jan. Der Maire von New- york ordnete an, die Fahnen auf allen öffentlichen Gebäuden zu Ehren Gambetta's auf Halbmast zu hissen. (Fr. I.)

Hochwasser.

Hofheim (bei Bürstadt), 2. Jan. Einem derFr. Z." zur Verfügung gestellten Schreiben der Frau Pfarrer Weiche vomHofheim entnimmt dieselbe u. a. Folgendes: Der Jammer um uns her ist ganz entsetzlich. Welch' ein Sylvester! Man macht sich gar keinen Begriff davon. Mein Mann war während der Nacht in der Kirche, um dort Lebens­mittel zu vertheilen. Kopf an Kopf stehen Menschen und Vieh dort zusammen, sogar zwischen die Orgel drängen sich die Leute. Heute ist's leerer, da viele Leute fortgebracht sind. Eine Frau kam in der Kirche mit Zwillingen nieder. Häuser und Scheunen sind schon viele eingestürzt und auch schon viel Vieh ist umgekommen. Viele, die mit ihrem Vieh die Flucht ergriffen, kamen zurück, da sie plötzlich vom Wasser eingeschlossen waren. Viele Leute Hausen schon zwei Nächte im Freien mit ihrem Vieh. Auf Pritschen und Nachen fahren die Leute nach den Ställen, theils tragen die Männer die Frauen da­hin, um das Füttern und Melken zu ermöglichen. Die ganze Nacht herrschte bei uns Verkehr und zwar durch die Fenster.

Ludwigshafen, 3. Jan. Um den in der Nähe von Frankenthal gelegenen Roxheimer Damm hat ein förmlicher Kampf stattgefunden. Den Ar­beiten zur Verstärkung dieses Dammes haben sich, in der Absicht, dem Wasser möglichst einen Abfluß nach der pfälzischen Seite zu verschaffen, die Be­wohner des auf dem rechten Rheinufer liegenden hessischen Dorfes Lampertheim unglaublich aber wahr widersetzt, indem sie auf die an der gefähr­deten Stelle arbeitenden Roxheimer mit scharf gela­denen Böllern schossen und selbst fünf Mal einen Angriff auf den Roxheimer Damm versuchten, der aber jedesmal von den Dammwächtern selbst un­ter Anwendung von Schußwaffen abgewehrt wurde. Zuletzt haben besonders requirirte Soldaten den Damm bewacht.

In Friesenheim sind dreizehn Personen er­trunken. Unter den letzteren war eine Familie von Mann, Frau und mehreren Kindern, die sich vor den von Minute zu Minute wachsenden Wogen auf das Dach gerettet hatten, das Haus aber fiel zusam­men und Alles verschwand in den Wogen. Ein Bauer mit seiner ganzen Familie hatte beim Heran­nahen der Fluth seine Habe und seine Familie auf einen Wagen geborgen; als er abfuhr, hatte das Wasser bereits die Wege überschwemmt, so daß er mit dem Wagen in ein Loch gerieth und umschlug. Sümmtliche Insassen 5 Personen ertranken.

Den Mittheilungen eines Correspondenten, welcher das unglückliche Hofheim am 31. Dezbr. besuchte, entnehmen wir folgende Stelle: Das Por­tal der Kirche stand gedrängt voller Männer, wir machten uns Bahn und traten in das Innere. An dem Altäre waren die Kerzen angezündct wie bei feierlichem Abendgottesdienste und verbreiteten ein magisches Licht durch den weiten Raum, nur das Altarbild war hell erleuchtet. Vor dem Altäre rag­ten die dunklen Köpfe von Pferden, die auf der Estrade standen, über das unentwirrbare Chaos im Schiffe der Kirche empor. Der ganze untere Raum der Kirche stand voller Vieh, Rücken an Rücken an­einander gelehnt. Dazwischen drängten sich Männer. Wir stiegen die Treppe hinauf nach der Emporbühne. Da saßen auf den Bänken in langen Reihen die Weiber mit den kleinsten Kindern im Arm, die grö­ßeren Kinder vor ihnen auf der Erde, oft den mü­den Kopf im Schooß der Mutter. Alle saßen still und lautlos, kein Ausdruck des Schreckens oder der Verzweiflung, dumpf sahen sie ihrem Schicksale ent­gegen.

Aus Großgerau, 3. Januar, wird geschrie­ben : Die Lage unseres ganzen Kreises ist eine trau­rige. Hilfe, rasche Hilfe thut uns Noth, Alles bittet um Brod, um Gaben. Astheim, Wallenstädten, Lee- Heim, Trebur, Dornheim ic. rc., von 35 Gemeinden sind nur 4 5 ohne Wasser.

Das Hilfskomite in Ludwigshafen erläßt einen Aufruf, wonach für nahezu 2500 Obdachlose, welche meistens dem Arbeiterstande angehören und in Ludwigshafen sowie auf dem Hemshofe untergebracht sind, gesorgt werden und Hilfe noth thue.

In Leeheim, eine a Dorfe von 1100 Einwoh­nern gegenüber Oppenheim, steht in Folge eines Dammbruches das Wasser bis zum zweiten Stockwerk.

Die Lage der Dinge am Rhein hat sich in den letzten Tagen durch weitere Dammbrüche noch verschlimmert, doch wird endlich ein langsames Zu­rückgehen des Wassers gemeldet.

Aus Worms wird gemeldet, daß eine Güter­halle zusammengestürzt ist und mehrere Tausend Säcke Getreide ins Hochwasser gerathen seien.

Handel H Uerkehr.

Uebersicht über den Verkehr auf der Frucht-Schranne in Nagold im Jahr 1882.

Getreide-

8

Z

-

L

-EL

Gattungen.

L

2-

N-

N

N-

s:

N-

S

4L

4

4L

4

4L

4L

Dinkel . . .

10466

10

8

11

6

87994

Kernen . . .

315

12

80

10

85

10

3425

62

Haber . . .

5714

9

50

7

2

4

70

40112

8

Gerste . . .

1760

10

20

9

15

7

16109

25

Mühlfrucht. .

58

11

9

88

8

581

39

Bohnen . . .

271

10

60

8

83

7

2388

Weizen . . .

1059

13

50

11

62

9

12307

72

Roggen . . .

529

11

20

10

8

20

5290

75

Wicken . . .

66

10

30

9

11

7

50

601

63

Erbsen . . .

15

13

50

11

84

10

177

89

Linsen . . .

22

12

11

2

10

243

9

Linsen-Gerste .

137

9

20

8

6

7

1101

35

Roggen-Weizen

105

12

50

10

78

9

50

1131

20517

171463

77

Stadtgemeinde Uagald.

Der Hopsenstangen- Verkaus

vom Donnerstag den 4. d. M. ist ge­nehmigt.

Gemeinderath.

ArnMche und ^rinut-Mekunntnruchungen.

Stadtgemeinde Uagald.

Verkauf von Gerüst­staugen und Hopfen­stangen

am Dienstag den 16. Januar aus

Distrikt Mittlerbergle, Abth. Heerstraß- Ebene, und aus Distrikt Bühl, Abth. Wäsle:

500 Gerüststangen (zu schwächerem Bauholz, namentlich zu Draht- Anlagen für Hopfengärten taug­lich), theils einzeln, theils in Loosen;

400 rothtannene Hopfenstangen 7 bis 10 m lang,

100 Zaunstecken 3 bis 5 in lang. Zusammenkunft Morgens 9 Uhr auf der Herrenberger Straße beim Weg­zeiger nach Mötzingen.

Gemeinderath.