Glattfelden erwürgt hatte, zu lebenslänglichem Zuchthaus verurtheilt. Dieselbe hat gestanden, sie habe drei Stunden, nachdem sie von der Frau beim Diebstahl überrascht worden, dieselbe nächtlich nach halbstündigem Ringen getödtet und ist bei diesem Geständnis; geblieben, obgleich mau ihr L-trafmilderung garantirte, falls sie, wie allgemein angenommen wird, beim ertappten Diebstahl den Mord begangen habe. So ist durch diesen Prozeß ein psychologisches Rülh- sel geschaffen worden.
Frankreich-
Paris, 23. Dezbr. Krapotkin stellt allen Anklagen, die gegen ihn erhoben wurden, vollständige Ableugnung entgegen. Der Prozeß gegen ihn und die übrigen 45 Anarchisten wird am 8. Januar beginnen. — Angeblich wurde ein Briefwechsel zwischen Krapotkin, Großfürst Konstantin und Fürst Orloff entdeckt.
Nach den Mittheilungcn der Journale ist der Zustand Gambctta's so befriedigend wie möglich. — Die Rüstungen in dem Kriegshasen werden auf Anordnung des Ministeriums fortgesetzt, zum Transport von etwa tausend Mann Truppen nach Tonking werden gegenwärtig die Dampfer „Corroze" und „Schamrock" armirt. _ _
Handel K Verkehr.
* Stuttgart. (Von der Lcdcrmesse 22. Dezember.) Die Messe war von 210 Verkäufern mit 1200 Zlr. Leder beschickt. Der Meßverkebr war auch dießmal ein reger, der Besuch der Käuser war der Oktobermessc gegenüber zahlreicher. Witdobcrleder, vermehrte Zufuhr, erzielte vielfach den gehoffte» Preis nicht, im ffcbrigen bot der Geschäftsgang gegenüber der vorigen Messe keine wesentliche Veränderung. Verkauft wurde: Sohlleder 134 Ztr. 70 N, Vacheleder 49 Ztr. 6 N, Wildoberlcdcr 564 Ztr., Schmalleder 123 Ztr. 79 K, Kalble- dcr 112 Ztr. 78 T, Zaum- Zeug- und Roßlcder 29 Ztr. 66 N, zusammen 1003 Ztr. 99 i» mit einem Gesammtumsatz von etwa 190 000 Mark. Was die Stuttgarter Miesse im Allgemeinen aubelangt, so ist zu koustatircu, daß solche einer sie- tigeu Befestigung entgegengeht. Nächste Messe 6. Februar 1883.
Viele Geschäftsleute klagen über die große Flauheit im Wcihuachtsverkchrc; allenthalben macht sich die Zurückhaltung der Landbevötkerung bemerkbar, welche unter dem Drucke des mangelhaften Absatzes und der geringen Preise besonders des Getreides leidet.
Kon der Kieke Gnade«.
(Fortsetzung.)
„Mit welchem Rechte können Sie, eine Untergebene, es wagen, in solchem Tone zu mir, der Gattin Ihres Herrn zu sprechen und sich ränkevoll zwischen die Herzen meines Kindes und seiner nächsten Anverwandten zu drängen?"
„Mit dem unantastbaren Rechte einer treuen langjährigen Dienerin" antwortete ihr die Gräfin mit kalter, harter Stimme, „mit demjenigen einer erprob ten Vertrauten, die durch ihren frommen, gottesfürch- tigen Wandel mich gelehrt hat, den vergänglichen Freuden der Welt zu entsagen und im Gebete Trost für den entarteten, verlorenen Sohn zu suchen —"
„Und die so lange sie lebt," fügte Marianne mit salbungsvollem Tone hinzu, „es nie dulden wird, daß der letzte Rest des durch maßlose Verschwendung schon beinahe ruinirten Vermögens der Landcck'schen Familie mit leichtfertigem Komödiantenvolk noch vollends ganz vergeudet wird."
„Die aber trotz ihres heuchlerischen, scheinheiligen Wesens," ries zornfunkelnd der Graf, „sich nicht scheut, das Verbrechen der Erbschleicherei, des systematischen Seelenmordes zu begeben und mit teuflischer List das Mutterherz dem einzigen Sohne für immer zu entfremden."
Den Grafen höhnisch anblickend, entgegnete Marianne mit vor Wuth bebender Stimme:
„Diese Worte sollen Ihnen vor Gericht theuer zu stehen kommen, junger, vorwitziger Milchbart, der noch keine Ahnung hat, daß er laut des in der Residenz notariell beglaubigten, freiwillig niedergelegten Testaments der gnädigen Frau Gräfin schon seit Monaten — völlig enterbt — ein Bettler ist."
Todtenblaß taumelte der Graf einige Schritte zurück, dann, sich gewaltsam sammelnd, näherte er sich der Gräfin, sie ernst und durchdringend ansehend.
„Was sollen jene Worte bedeuten, Mutter, enthalten sie die Wahrheit, oder hat mich mein Ohr nur getäuscht —- Du Haft mich zeitlebens aus Deinem Herzen verstoßen, mir das Vaterhaus für immer verschlossen?"
„Wer seine Standesehre so unerhört mit Füßen getreten, die kindlichen Pflichten so tief verletzt hat und in wahnsinniger Verblendung sein Seelenheil zu Grunde richtet, hat das Recht, mein Sohn zu heißen, für immer verscherzt."
„Mutter," rief der Graf mit inniger, zu Herzen dringender Stimme, indem er zu ihren Füßen niederglitt, um aller Barmherzigkeit willen nimm Dein hartes Wort zurück, wende Dich ab von jenem bösen Dämon dort, laß ihn mit dem erschlichenen Mammon in die Ferne ziehen, aber schenke mir wieder Dein Vertrauen, Deine Liebe."
Kein Zug im Gesichte der Greisin veränderte sich, als sie mit harter, klangloser Stimme erwiderte:
„Umsonst — es ist zu spät — eine Gräfin von Landeck bricht nie ihr Wort. Marianne, laß den Wagen der Herrschaften Vorfahren."
„So ist auch das letzte Band zwischen uns zerrissen, das Vaterherz schläft schon seit zehn Jahren in kühler Erde, ich habe von heule ab auch keine Mutter mehr, da jeder Weg zur Versöhnung durch Dich gescheitert ist," sagte ernst und feierlich der Graf.
Da tönte eine süße, melodische Slimme an sein Ohr und ein weicher, zärtlicher Arm legte sich auf seine Schulter.
„Wohl gäbe es noch ein Mittel, Egon, das harte Mutterherz zu rühren, noch einen Weg zu einer friedlichen Verständigung —"
„Oh, Verebrteste, bitte, neunen Sie doch recht schnell diesen Trefftrumpf," unterbrach sie mit kaltem Spott die Gräfin.
„Ein Vermächtnis; meines theucren, kürzlich verstorbenen Vaters, mir auf seinem Todtenbelte anvertraut, würde, in Ihre Hände niedergelegt, Frau Gräfin, mir Ihre Arme öffnen, aber ich vernichte es für ewige Zeiten, weil ich eine Liebe, die mir grundsätzlich verweigert wird, mir nicht erzwingen will," fuhr mit edlem Stolze die junge Frau fort.
Und mit einer raschen Bewegung griff sie in die Falten des am Boden liegenden Pelzes, zog ein kleines, halb offenes Maroquinläschchen hervor und warf es in die Flammen des nahen Kamins.
Hastig wollte der Graf hinzu springen, um es noch zu retten — cs war zu spät, schon hatte die lodernde Gluth jede Spur vertilgt.
„Vergib mir, Egon, aber ich konnte, ich durfte nicht anders handeln, frage, forsche jetzt nicht. Später sollst Du Alles wissen."
Und er srug und forschte nicht nach dem Geheimnisse, er schaute nur mit Entzücken, mit Stolz und Bewunderung auf sein eoles, großherziges Weib.
„So haben wir hier nichts weiter zu thun," sagte er dann laut und kräftig, „komm', Maria, diese heimathlichen Räume sind Dir verschlossen, so sollst Du an dem treuen, starken Herzen Deines Gatten eine bessere, schönere Heimath finden."
Er nahm den Knaben aus seinen Arm, umschlang die leise weinende junge Frau unb schritt nach der Thüre.
An der Schwelle zögerte er noch einen Augenblick, wie im letzten bittersten Kampfe. Noch einmal schaute er sich um, einen langen, traurigen Blick sandte er noch als letztes stummes Lebewohl hinüber zu der Mutter, dann überschritt er hoch aufgerichtet die Schwelle. Triumphirend folgte Marianne dem voranschreitenden Paare. —
III.
Schon lange hatte sich die schwerseidene Portiere hinter den beiden Gatten geschlossen und noch immer stand die regungslose Gestalt der Gräfin inmitten des Zimmers.
Was war es doch, das ihre Blicke immer und immer wieder wie festgebannt nach jener Stelle hinzog, wo zwei Menschenherzen, in Liebe und Treue eng verbunden, wohl auf immer von ihr geschieden waren.
Wo hatte sie doch jene klaren, milden Frauenaugen in ihrem blauschimmernden Glanze, wo die wunderbare Fülle d-s ^ '"'onden Haares schon einmal gesehen'
Und d stn, unnahbaren Gräfin, welche Welt entfremdet war,
welche in ' g den geselligen Verkehr
mit der R ^eit gemieden hatte, jene edlen
Frauenzüge so bekannt und vertraut vor.
Unwillig uuer ihre Schwäche, sich von weicheren Gefühlen überrascht zu sehen, trat sie an den Kamin, um die Glocke zu ziehen.
Mechanisch glitten ihre Blicke über den Teppich hinweg in das lustig flackernde Feuer.
Da zuckte sie heftig zusammen; ihr scharfes Auge hatte einen blitzenden Gegenstand entdeckt, der an den Zierrathen des Kamins hing.
Mit zitternden Händen, in heftiger Erregung
griff sie darnach. Es war ein goldenes Medaillon, das halb geöffnet an einem schwarzen Bande hing.
Es enthielt das Bild eines jungen Mannes mit geistvollen, idealen Zügen und reichem, blondem Haarwuchs, der die hohe, klare Stirn künstlerisch umrahmte.
Entsetzt, mit umflortem Auge starrte die Gräfin auf das Porträt.
„Wie kommt dies Bild hierher, sein Bild, und gerade heute," murmelte sie mit dumpfer Stimme, „heute, nach 35 Jahren?"
Sie mußte wieder und immer wieder in diese Angen blicken, die ernst und durchdringend auf sic gerichtet waren. Waren es Blicke des Vorwurfs, der Anklage, der Verurtheilung?
Sie schlug aufstöhncnd die Hände vor das Gesicht. Langsam, mechanisch erhob sie sich und trat an den eleganten L-chreibsecretär im Hintergründe des Zimmers.
Mit zitternden Händen öffnete sie ihn und durchwühlte hastig mehrere Fächer desselben. Endlich hatte sie das Gesuchte gefunden.
Es war eine kleine Cassette, von schwarzem Ebenholz mit Perlmutter ausgelegt. Es befanden sich nur zwei Gegenstände darin, eine vertrocknete, weiße Rose und ein Stück von einem verdorrten Lorbeerkranz.
Als die Greisin Beides erblickte, überflog ein heftiges Zittern ihre ganze Gestalt, dann sank sie laut schluchzend in einen Sessel.
Es mochte wohl lange, lange Zeit her sein, seitdem die Gräfin Landeck zum letzten Male geweint hatte.
Und sie flößen darum auch um so reichlicher, die Thronen der Erinnerung, des Schmerzes. Auch der Reue, der Selbstanklage?
Die Gegenwart war wie mit einem Zauberschlage völlig vergessen. Die Greisin war mit ihren Gedanken plötzlich in ihrer Jugend.
Und sie stiegen empor, die Träume einer fernen, schönen Zeit, als sie noch im Sonnenschein der Elternliebe in der Residenz weilte. Als sie, die gefeiertste Schönheit des w ... . Hofes, von der gesummten aristokratischen Männerwelt umworben, ihr Herz noch frei und ungefesselt fühlte.
Aber es kam bald genug die Stunde, wo die stolze Baronesse Jsabella sich besiegt wußte, wo alle Kälte, alle vornehme Zurückhaltung in der Gluth der ersten jungen Liebe zerschmolz.
(Fortsetzung folgt.)
Allerlei.
— Charakteristisch. Moritz Kohn in W. erhält von einem in L. wohnenden, sehr vermögenden Bekannten den Vorschlag, dessen Tochter zu heirathen. „Er möge getrost kommen", heißt es in dem Schreiben, „seine Tochter sei eine anerkannte Schönheit und werde ihm gewiß gefallen". Kohn erklärt sich in seinem Antwortschreiben bereit, zu kommen, stellt aber die vorsichtige Frage: „Wenn sie mir aber doch nicht gefällt, werden Sie mir zahlen die Rückreise?"
— Bei der diesjährigen Kartoffelkalamität ist es gewiß von Interesse, zu wissen, welche Kartoffelsorten für rauhe Lagen zu empfehlen sind. Wegen ihrer besonderen Widerstandsfähigkeit und kurzer Ve- getationszeit eignen sich ganz gut: „Early Onida", „Idaho", besonders aber Villard's „Potaton". Diese Kartoffeln haben sich auch im Erz- und Riesengebirge, sowie in den hohen Lagen der Salzburger und Kärntner Alpen bewährt, verdienen also Beachtung bei neuen Versuchen.
— Um gefrorene Fensterscheiben sofort aufzu- thauen, bestreicht man dieselben mit einem in starkes Salzwasser getauchten Schwamm.
— Spekulations-Pech. „Sehen Sic, Herr Inspektor, ich lasse mich grundsätzlich in keine Lebensversicherungs- Gesellschaft aufnchmcn; ich habe in solchen Sachen, Lotterien und dergleichen ein merkwürdiges Pech und glaube, wenn ich mich versichern ließe, würde ich am Ende gar nie sterben. Meine Frau meint auch, ich soll's nur lieber bleiben lassen."
— Wie kommt'« denn, Meier, daß Sie seit einiger Zeit Kaffee trinken, während Ihre Frau Bier trinkt? — Ganz einfach. Wenn ich Bier trinke, trinke ich mehr als ein Glas, und wenn meine Frau Kaffee trinkt, trinkt sie mehr als eine Tasse; damit wir aber bei den schlechten Zeiten nicht so viel ausgebew, trink' ich Kaffee und meine Frau trinkt Bier.
Hiezu Nr. 14 des Deutschen Unterhaltungsblattes und eine zweite Beilage, betreffend Abonnements- Einladung der „Tübinger Chronik".