Volkspartei unterlegen ist, sind: Calw, Cannstatt. Crailsheim, Ehingen, Eßlingen, Gaildorf, Göppingen, Heidenheim, Herrenberg, Künzelsau, Reutlingen Amt, Rottweil, Stuttgart Stadt, Stuttgart Amt, Tübingen Stadt, Tübingen Amt, Ulm Amt. Den Sieg davongetragen hat die Volkspartei dagegen in Backnang, Ludwigsburg Amt, Marbach, Münsingen, Neckarsulm, Sulz, Tuttlingen, Vaihingen und Waldsee. In die Wagschale fällt, daß gerade die hervorragendsten ihrer Mitglieder, so Karl Mayer, S. Schott, Payer II., Retter, Gutheinz, Krauß, Möhr- lin und Ehni im Wahlkampf unterlegen sind. Dagegen bringt die Rechte ihre seitherigen Mitglieder mit ganz wenig Ausnahmen wieder ins Haus, so — neben dem Ministerpräsidenten — die Abgg. v. Hohl, v. Hofacker, Ramm, v. Luz, Zipperlen, v. Schlierholz, Lenz, Benz, v. Bitzer, Stälin, Wüst, Hartenstein, Beutter, Leibbrand, Leemann, Rapp; verstärkt um die Herren v. Hack, Göz, v. Keßler, Ott, Vantleon, Länderer, Spieß, Wendler, Vogt u. s. w. Die „Linke" hat sich behauptet durch die Herren Becher, Probst, Schwarz, Egelhaaf, Untersee, Ruf, Deutler, Ebner treten wieder ins Haus ein. Ihre Versuche, sich durch Oesterlen und Erath zu verstärken, sind fehlgeschlagen, und statt Holzherr tritt Egger ein. Der Bestand bleibt derselbe. (St.-A.)
Erhebungen der Breslauer Stadtschulbehörde haben das traurige Ergebniß geliefert', daß von den dortigen ca. 14 000 Schulkindern 588 zur Schule kommen, ohne irgend ein Frühstück genossen zu haben, und nach dem Frühunterricht zum größten Theil nur die in den öffentlichen Anstalten vertheilten Suppen als Mittagbrod erhalten. Um diesem Elend Einhalt zu thun, hat sich ein Comito gebildet, um für drei Wintermonate 4000 zusammenzubringen, mit welchen sür jene bedauernswerthen Kinder warmes Frühstück beschafft werden soll. Der Verein „Breslauer Presse" veranstaltet zu diesem Zweck ein Wohlthätigkeitskonzert.
Bierbrauer Henrich in Frankfurt a. M. hat 80 Kinder von Kvpf bis zu Fuß bekleidet, um denselben vergnügte Weihnachten zu bereiten.
In der Zeche Hardenberg bei Dortmund stürzte gestern in Folge eines Seilbruches der Förderkorb in den Sumpf. 20 Mann sollen todt sein.
Berlin, 21. Dez. In der Militärdienst-Befreiungssache verlautet im „Berliner Tageblatt" weiter, daß ein früherer Oberstabsarzt, der dis vor einem Dezennium aktiv einem in Mainz garnisoni- renden Jnfanterie-Regimente angehörte, der Theil- nahme stark verdächtig sein soll. Derselbe ist gleich bei Beginn der Untersuchung im Elsaß „seiner Gesundheit wegen" nach Italien gereist, sein gegenwärtiger Aufenthalt ist unbekannt; ebenso soll ein muthmaßlicher Vermittler, ein in Frankfurt wohnender früherer Zigarrenhändler Stern, nach Frankreich geflohen sein. Es sollen ferner aus Mainz und Frankfurt nicht weniger als 70 junge Leute seit Beginn jener Untersuchung spurlos verschwunden sein, und leider ist es nicht einmal möglich, sie steckbrieflich zu verfolgen, da in den meisten Fällen die Personalien gänzlich fehlen. Hinter dem Oberstabsarzt ist ein Steckbrief erlassen, ebenso hinter Stern.
Berlin, 21. Dez. Das Befinden des Fürsten Bismarck ist der „B. B.-Z." zufolge seit mehreren Tagen schon sehr wechselvoll. Auf ziemlich schmerzenssreie Stunden folgen Augenblicke der heftigsten Schmerzen, denen gegenüber sich die ärztliche Kunst bisher machtlos erwiesen hat. In den wenigen völlig schmerzlosen' Momenten soll der Reichskanzler bei sehr guter Laune sein. Seine Thätigkeit beschränkt sich gegenwärtig auf die Erledigung der wichtigsten Amtsgeschäfte. Offizielle Besuche empfängt er so gut wie gar nicht. Nur dem russischen Botschafter gegenüber, der sich vor seiner Abreise nach Petersburg vom Fürsten Bismarck persönlich zu verabschieden wünschte, machte er in verflossener Woche eine Ausnahme. Die Last der Arbeit und der Repräsentation ruht jetzt fast ausschließlich auf den Schultern des Grafen Hatzfeldt. (N. T.)
Berlin, 22. Dez. Die „Norddeutsche Allg. Zeitung" bringt heute an erster Stelle die wahrhaft feierlich klingende Versicherung, Deutschland habe niemals daran gedacht, irgend welche Warnung an Oesterreich zu richten, das Vertrauen zu der österreichischen Politik sei nnerschüttert. Am Schluß bringt die „Nordd. A. Ztg." folgende beruhigende Versicherung: „Die Beziehungen des deutschen Reiches zu Oesterreich-Ungarn wie zu Rußland sind durch
die geschichtlichen und politischen Verhältnisse dieser drei großen Reiche und durch die Gesinnungen ihrer Monarchen bedingt und von so schwerem Gewichte, daß sie durch die Erörterungen in der Presse nicht verschoben werden können." Dieses offenbar aus dem Bureau des Kanzlers stammende Kommunique wird allseitig die woblthuendste Wirkung üben.
Berlin, 22. Dezbr. Die Zuckerinteressenten bereiten eine geräuschvolle, energische Agitation gegen die Anträge auf Erhöhung der Zuckersteuer vor und betonen, viele Fabriken müßten ihren Betrieb einstellen. Allerdings existiren, durch das günstige Steuerverhältniß herangezogen, zu viele Zuckerfabriken. (N. T.)
Das deutsche Bündniß mit Oesterreich ist von außerordentlichem Werthe und hat vielleicht nur einen Mangel, daß es nämlich nur bis zum Oktober 1884 abgeschlossen ist. Das scheint der Hebel, welchen feindliche Mächte ansetzen, um es zu sprengen oder aus den Angeln zu heben, und einflußreiche Mächte und Personen solcher Art gibt es in Oesterreich selbst. Manche nehmen auch daran Anstoß, daß es nur zwischen den zwei Kaisern abgeschlossen ist und meinen, es müsse bis 1884 noch stärker und auch für die Volksvertretungen, namentlich in Oesterreich bindender abgeschlossen werden. Graf Herbert Bismarck, der Sohn des Kanzlers, soll zu diesem Zweck in diesen Tagen in Wien verhandelt haben.
Die „Hamburger Corresp." macht in Betreff der Vagabundendebatte im preuß. Abgeordnetenhause die Bemerkung: Daß es nach den übereinstimmenden Angaben verschiedener Beobachter die Handwerker sind — nicht aber die Fabrikarbeiter oder die „Arbeiter" schlechthin —, welche das weitaus stärkste Contingent — 80 bis 90 pCt. — zur großen Armee der Landstreicher stellen und sagt dann weiter: „Das Handwerk ist übersetzt", so lautet die stehende Klage von Tausenden kleiner Meister, und sie ist ohne Frage begründet. Nun gibt es freilich, von der Landivirlhschaft abgesehen, kaum einen Erwerbszweig, der nicht überfüllt wäre; aber beim Handwerk treffen gewiß besondere Umstände hinzu, welche gerade der Vagabundage Vorschub leisten. Dahin gehört in erster Linie die Zerrüttung des Lehrlingswesens. Der kleine Handwerker, der sich nur mit Mühe kümmerlich durchschlägt, und sür den die Gesellenarbeit zu theuer ist, stellt junge Leute angeblich als „Lehrlinge" ein, die er dann als Arbeiter ausnutzt, und wenn sie ihre drei Jahre Lehrzeit herum haben, als „Gesellen" aus die Wanderschaft schickt. Da dieselben aber nichts Ordentliches gelernt haben, so finden sic nirgends Arbeit und bevölkern die Landstraßen. Hierzu kommt, daß bereits in verschiedenen Gewerben schon heute die einem Jnnuugs- oder Korporativnsvcrband angehörigen Meister von vorneherein keinen Gesellen mehr einstellen, der nicht einen Verbands-Lehrbrics rcsp. eine Verbandslegitimation aufweist, so das; die jungen Leute, welche bei „Wilden" ausgelernt haben, vft mit dem besten Willen keine Arbeit bekommen können. Von dieser Seite stellt sich also die Reform des Lehrlingswesens als eines der Heilmittel der Vagabundage dar. Dieselbe ist indes; bedeutend schwieriger, als Viele, welche diese Dinge nicht aus Erfahrung kennen, vorauszusetzen pflegen; insbesondere ist sehr zu bezweifeln, ob die fakultativen Innungen, die doch immer nur einen Bruchtheil der Gcwerbsge- uoffen umfassen, zu ihrer Lösung im Stande sein werden. Jedenfalls könnte es nur unter der Bedingung der Fall sein, daß ihnen die in Z 100 s der Gewerbeordnung bezüglich des Lehrlingswesens in Aussicht gestellten Einräumungen gemacht, d. h. die zur Ordnung und Hebung des Lehrlingswesens von ihnen getroffenen Einrichtungen und Vorschriften für das ganze Gewerbe ihres Bezirks als bindend erklärt würden."
Aus dem Diplomatischen ins Undiplomatische übersetzt verdolmetscht das Berl. Tageblatt die jüngsten Berliner Lärmsignale so: Sie sind nach Rußland , Frankreich rc. gerichtet eine ernste Warnung. Noch habt Ihr zwei Jahre mit dem festen Bündniß von Deutschland und Oesterreich zu rechnen, hinter welchem zwei Millionen Bajonette stehen und das nur gesprengt werden kann, wenn ein als ritterlich bekannter Kaiser (Franz Joseph) sein Wort zu brechen wagt, was wohl Niemand zu glauben unternimmt. Diese Warnung wird an der Seine und an der Newa, wohl auch am Tiber und an der Themse verständlich sein. Nach Wien und Pest fliegt dagegen eine Drohung, welche ungeschminkt ungefähr so lautet: Ihr wißt, wenn ihr jetzt nicht getreulich alle Abmachungen innehaltet und alle Verlockungen zurückweist, dann ist nach einunddreiviertel Jahren die Bündniß-Geschichte aus und wir wollen sehen, ob Rußland »ach seinen bisherigen Erfahrungen nicht lieber mit dem starken Deutschland eine Allianz schließt, das keine unmittelbaren Interessen im Orient hat, als mit Oesterreich-Ungarn, das auf der Balkanhalbinsel doch immer nur ein Nebenbuhler Rußlands bleibt.
Der orleanistische „Soleil" bespricht in seinem Leitartikel vom 18. die deutsch-österreichische Allianz,
über deren friedlichen Endzweck das Blatt einigen Zweifel hegt, und gelangt zu dem Schluffe, die Ruhe Europas könne nur dann für gesichert gelten, wenn der friedlichen Allianz der zwei Monarchien Central- Europas eine nicht minder friedliche Allianz der drei liberalen Westmächte: Frankreich, England und Italien, ergänzend an die Seite gestellt werde. — „Die zwei Mächte Central-Europas", fährt der „Soleil" fort, „stützen sich auf eine Bevölkerung von 85 Millionen Seelen und können 2 Millionen Soldaten ins Feld schicken. Die drei Westmächte umfassen 100 Millionen Seelen und können 1 800 000 Säbel und Vajonnette aufstellen. Die Liga Mittel-Europas verfügt über 178 Kriegsschiffe, deren Mannschaft 38 000 Mann beträgt. Die Liga West-Europas würde über 1031 Kriegsschiffe mit 146 000 Matrosen verfügen, hinter denen überdies eine Reserve von 400 000 Manu steht. Folglich sind die drei Westmächte in der Lage, zu Land fast ebenso zahlreiche Streitkrüfte aufzubieten wie die zwei Mächte des Centrums. Zur See aber hätten sie eine erdrückende Ueberlegenheit und wenn es zu einem Zusammenstoß käme, so besäßen England und Frankreich, worauf es im Kriege am meisten ankvmmt: das Geld. Die Gruppirnng der drei Westmächie neben derjenigen der zwei Mächte Mittel-Europas würde das Gleichgewicht des Festlandes sichern und wäre die beste Bürgschaft für die Aufrechterhaltung des Friedens.
Wie schnell wechseln Freud' und Leid in einem armen Menschenleben. In Flachheim starb vor einem Jahre der betagte Pfarrer und hinterließ seine Wittwe und seine Kinder in Noth und Sorge. Da wurde dem Sohne die Pfarrstelle des Vaters übertragen, das Leid verwandelte sich in Freude. Bald aber wurde der junge und gesunde Mann krank und plötzlich irrsinnig und bald auch die Schwester. Beide mußten in die Irrenanstalt in Halle gebracht werden. Die arme Wittwe und Mutter trägt nun dreifaches Leid.
Der bekannte Fabrikant und Reichstagsabgeordnete Dollfus in Mühlhausen hat kürzlich in Anwesenheit von 146 Kindern, Enkeln und Urenkeln seine diamantene Hochzeit gefeiert. Aus Anlaß dieses Ereignisses hat er ein Arbeiter-Invalide n- haus gestiftet. In diese, inmitten schattiger Gärten zu Dörnach gelegene Anstalt sollen 100 alte Arbeiter, ohne Unterschied des religiösen Bekenntnisses, ausgenommen werden. Diese schönen Beweise von wahrhaft väterlicher Fürsorge der Fabrikanten gegen ihre Arbeiter mehren sich von Jahr zu Jahr. Wenn alle vom Glück Begünstigten mit ebensoviel Liebe und Toleranz handeln würden, so wäre dies das wirksamste Mittel, die Sozialisten und Anarchisten aller Länder zu entwaffnen. Warum geschieht es nicht?
Die kaiserliche Tabaksmanufactur in Straßburg wird keineswegs zu den Todten gelegt, wie Manche glauben möchten. Das beweist die Ernennung des Tabaksfabrikanten Laugel zum Direktor der Anstalt mit einem Gehalt von 12 000 Mark. Man glaubt, daß die alte französische Fabrikations- und Verkaufsmethode wieder ausgenommen werden solle. Oesterreich-Ungarn.
Wien, 22. Dez. Der Frhr. Albert v. Rothschild hat aus Anlaß des 600jährigen Jubiläums des Kaiserhauses der Stadt Wien ein Kapital von 150 000 fl. geschenkt zu dem Zwecke, daß ein Asyl für verwahrloste und verlassene Jugend ohne Unterschied der Religion und Heimatsberechtigung gegründet werde.
Eine Wiener Correspondenz des „Prager Abendblatt" tritt den Ausstreuungen sehr entschieden entgegen, das es in Oesterreich gegen das deutschösterreichische Bündniß gerichtete Strömungen und Gegensätze in der innern und äußern Politik gebe. Das deutsch-österreichische Bündniß werde von allen Parteien Oesterreichs, gleichviel welcher Nationalität, auch die Polen nicht ausgenommen, als wichtigster Faktor der auswärtigen Politik angesehen.
Szegedin, 13. Dez. Heute Nachmittag ge- ricth der ganze Marktflecken Toth-Ufjalu in Flammen. Von mehr als achtzig Häusern sind nur die Kirche, das Pfarrhaus uud neun Häuser übrig geblieben. Vier Kinder kamen im Feuer um.
Eine Jagd, wie sie von den meisten Jüngern des h. Hubertus manchmal geträumt, aber niemals erlebt worden ist, hielt vom 4—6. Dezember Graf Waldstein auf seinem Forste in Böhmen ab. Es wurden geschossen 2326 Hasen, 603 Kaninchen, 512