Art der neuen Zusammensetzung deS Abgeordneten­hauses nur Schwierigkeiten, denn sie könnten bei der Unzulässigkeit eines Appells an die Geneigtheit des Centrums zur Unterstützung der Regierung niemals von vorn herein übersehen, welches Schicksal eine Gesetzesvorlage haben würde, es wäre ihm, dem Kanzler, mithin viel erwünschter gewesen, entweder die Konservativen oder die Liberalen stünden hinter einem namhaften Sieg. Die unverändert gebliebene Stärke des Centrums laste auf dem Ministerium wie ein Bleigewicht und mache für wichtige, wie schwierige Fragen ein Schaukelsystem nöthig, an dem Keiner seine Freude haben könne. Dies ist die An­sicht auch der andern Parteien, der konservativen wie der liberalen, und es wird unter den obwaltenden Umständen so mancher Anlauf, das Ziel zu erreichen, ein ganz vergeblicher bleiben.

Das Reichskanzleramt hat lautFr. Z." inhaltlich folgendes Zirkular an die deutschen Konsulate erlassen:Aus Anlaß eines Spezial­falles erlaube ich mir die Herren Generalkonsuln, Konsuln und Vizekonsuln im Aufträge des Herrn Reichskanzlers wiederholt darauf aufmerksam zu machen, daß sie ihre eigentliche und vornehmste Auf­gabe in der Förderung des deutschen Handels und dem Schutz der Reichsangehörigen zu suchen, dagegen sich jeder politischen Thätigkeit zu enthalten haben. Selbstverständlich schließen die vorstehenden Bestim­mungen nicht aus, daß die Herren Konsuln über politische Vorkommnisse innerhalb ihres Amtsbezirkes, namentlich insofern diese mit wirthschaftlichen Fragen im Zusammenhang stehen, nach wie vor Bericht er­statten. Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften dieses Erlasses werden als mit dem ferneren Ver­bleiben der betreffenden Beamten im Dienste unver­einbar angesehen werden, gez. Busch."

DieVoss. Ztg." hebt hervor, daß durch die Zusammensetzung des neuen Abg.-Hauses der Fort­gang der Verstaatlichung der Eisenbahnen vollstän­dig gesichert ist. Im Westen sind bis auf gering­fügige Ausnahmen alle Bahnen angekauft, dagegen existiren in Schlesien, Posen und Preußen noch große Privatbahnkom Plexe.

In Schlesien beginnt der Mischehenstreit neue Wellen zu werfen. Ein evangel. Geistlicher theilt dem Schief. Morgenbl. mit, daß ein Brautpaar, von welchem der Bräutigam katholisch, die Braut evan­gelisch ist, auf die neben der katholischen beabsichtigte evangelische Trauung verzichten mußte, weil der kalh. Pfarrer H. in Schmiedeberg und^St. im Wohnsitze der Braut dem Bräutigam dies untersagt hatten, worauf wieder der evangel. geistliche Gewährsmann des Breslauer Blattes der Braut auseinandersetzte, daß er in ihrer Bereitschaft zur alleinigen kathol. Trau­ung ebenfalls nur eine Verachtung der evangel. Kirche sehe und sie daher auch nicht zum h. Abendmahl zu­lasten könne.

Mühlhausen. 31. Okt. Gestern feierte der Reichstagsabgeordnete Joh. Dollfuß von hier das Fest seiner diamantenen Hochzeit. Aus Anlaß der Feier erhielten alle Arbeiter seiner Fabrik, 3000 bis 4000 an der Zahl, je nach der Zahl der Arbeits­jahre eine bestimmte Geldsumme ausbezahlt. Die Bureaubeamten erhielten doppelten Gehalt. Außer­dem sind mehrere öffentliche Anstalten reichlich be­dacht worden.

Mit dem deutschen Dichter wirft ein militäri­scher Mitarbeiter desParis" die Frage auf:Was ist des deutschen Vaterland ?" und giebt hierauf gleich die Antwort, welcher wir, demB. T." folgend, Nachstehendes entnehmen :Mit Hilfe von klassischen Büchern und von Wandkarten, auf denen in großen Strichen die Marschroute von Berlin nach Paris vorgezeichnet ist, Prägt gegenwärtig der deutsche Po­lyp seinen Jungen ein, wie weit er seine Arme aus­strecken will. Gegen Osten zeigt er sich zurückhal­tend, weil er Rußland schonen zu müssen glaubt. Auf anderen Punkten dagegen ist er weniger vorsich­tig. Oesterreich wird gegen Konstantinopel hinge­drängt, damit es Siebenbürgen, Ungarn, selbst Dal­matien und Istrien aufgebe. Wie würde es alsdann mit den Bestrebungen Italiens aussehen, welches Triest und Ragusa fordert? Von der Schweiz ist überhaupt nicht mehr die Rede. Ebensowenig von Holland; ebensowenig von Belgien. Im Süden hat man den Gotthardt durchbohrt; im Norden wird man einen Canal Herstellen, welcher Dänemark ab­schneiden und die Ostsee mit der Nordsee verbinden soll. Schließlich wird man sich auch noch Colo- nien Anschaffen und außerdem durch die Adria im Mittelländischen Meer, diesem europäischen Meer xar oxoollenoe, eindringen. Das ist der Plan der Deutschen. Man gibt sich nicht einmal die Mühe, ihn vor uns zu verbergen; mit solcher Gewißheit rechnet man auf sein Gelingen!" Das sind also die deutschen Annexionspläne!

Oesterreich-Ungarn.

In Tirol ist die Waffersnoth zwar glücklich vorüber, es droht nun aber eine noch schrecklichere Noth über das arme Land hereinzubrechen: die Hungers noch. Die Bevölkerung in den heimge­suchten Thälern ist aller Vorräthe beraubt. Der Winter steht vor der Thür; helfe, wer helfen kann!

Egyetertes" bringt einen offenen Brief Kos- suth's an den Sekretär des Brüsseler Friedenskon­gresses; Kossuth verspricht den Einfluß auf seine Landsleute, dessen er sich noch immer rühmen könne, im Sinne der Friedensfreunde zu verwerthen. (Kos­suth nunmehr Friedensapostel!)

Eine seltsame Entsührungsgeschichte macht in Buda­pest Aufsehen. Ein junger Engländer erließ dort, wieEgye- tsrtss" meldet, folgendes Inserat:Junge, hübsche Mädchen werden im Velocipedfahren unterrichtet und zur Reise ausge­nommen. Näheres unter Tabakgasse 26". Es meldeten sich in Folge dieser Annonce nicht wenig junge Mädchen aus dem Bürger- und Handwerkerstande und mit einer Anzahl von die­sen verschwand nach einigen Tagen der moderne Rattenfänger aus Pest, ohne daß man bisher außer seiner nach Frankfurt a M. führenden Spur etwas von ihm ermittelt, obwohl der Telegraph hinter ihm nach allen Richtungen spielt.

Italien.

Rom, 31. Okt. In hiesigen Kreisen wird die Nachricht mit großer Befriedigung ausgenommen, daß die Kronprinzen von Deutschland und Oesterreich der Vermählung des Herzogs von Genua beiwohnen werden. Auch wird von mehreren Blättern ein wei­teres Gerücht verzeichnet, daß sich der Herzog von Aosta mit einer bayerischen Prinzessin vermählen solle.

Frankreich.

Paris, 1. Nov. Die France bespricht in einem längeren Artikel die deutsche Marine und kommt zu dem Schluß, daß Deutschland nunmehr in die Reihe der großen Seemächte eingerückt sei und Frankreich auch zur See die Spitze bieten könne.

Paris, 1. Nov. (Strike.) Nach den Mö­beltischlern haben nun auch die Tapezierer die Arbeit definitiv eingestellt. Die Arbeiter verlangen einen Normal-Taglohn von 9 Frcs., einen neuen Tarif für Stückarbeit und Bezahlung von Reiseun­kosten nach der von ihnen selber aufzustellenden Rech­nung.

In offiziellen Pariser Kreisen will man wis­sen, daß die Royalisten bereit seien, loszuschlagen, und sich auch bereits mit Fahnen ausgerüstet hätten, um ihrerseits die jüngsten Ereignisse auszubeuten.

In Paris ist dasTischrückc» wieder einmal fashionablc geworden. Gerade in den aristokratischen Kreisen, wo sonst das Hcrvorkehrcn strengster religiöser Rcchlsgläubig- keit znm guten Ton gehört, hat dieser Aberglaube die meisten Anhänger gewonnen. Was indcß schlimmer ist, als diese Ver­irrung gelangwciltcr Modedamen und hohlküpfiger Modehcrrcn, daS ist die Mitschuld gewisser Preßorganc, welche unter dem Vorwände, das elegante Leben zu schildern, die eleganten Thor- hcitcn beschönigen und ihnen das Wort reden. Der Gaulois widmet heute dem Tischrücken einen Leitartikel, dessen Ver­fasser sich als sehr freisinnig, sehr skeptisch bekennt, dann aber sofort beifügt, an der Fähigkeit der Tische, sich zu drehen und durch Bewegen und Klopfen Mittheilungen aus dem Geister­reiche zu übermitteln, dürfe man nicht zweifeln. Der Verfasser beruft sich auf Madame de Girardin, auf Balzac, Sardon und die Kaiserin Eugenie, welche Alle zu ihrer Zeit eifrig das Tischrncken gepflegt. Man geht sogar jetzt soweit, von den Tischen Antwort auf Fragen zu verlangen, welche von den Anwesenden gar nicht ausgesprochen, sondern nur gedacht wer­den. Mad. de Girardin, so erzählt der Gaulois, soll bei einer dieser Sitzungen ihre Gäste aufgcfordert haben, jeder möge sich ein Wort denken; der Tisch werde cs errathen und durch ein Synonym andeuten. Als die Reihe an den Schriftsteller Vac- gucrie kam, klopfte der Tisch:Leiden" Vacqueric gestand, er habe gedacht:Lieben". (An die Langeweile hängt sich meistens auch die Dummheit und Geistlosigkeit und umgekehrt.)

England.

London, 2. Nov. DieTimes" meldet: Die egyptische Regierung schlug England vor, Arabi zu verbannen, ohne den Prozeß fortzuführen. Die bri­tische Regierung nahm diesen Vorschlag nicht an.

Türkei.

Wie sich die Dinge doch ändern können! An­fangs hieß es, Arabi Pascha müsse zum Tode ver- urtheilt werden, jetzt spricht man schon davon, daß sein Prozeß ganz niedergeschlagen oder doch so ge­führt werden solle, daß ihm kein Haar gekrümmt werde. Uebrigens droht von Oberegypten her ein kleines Nachspiel zu Arabi's Aufstand durch einen Propheten" Mahdi, der bereits ein egyptisches Corps von 6000 Mann vernichtet hat, Chartum bedroht und die Absicht hat, direct auf Kairo (von dort in gerader Linie 1600 Kilometer entfernt) zu marsch iren.

Handel K Verkehr.

Nürnberg, 1. Nov. (Hopfen.) Auf allen Produk­tionsplätzen herrschte in den letzten Tagen ungemein reger Ein­kauf zu steigenden Preisen. Die heutigen Notirungen lauten für Wiirttemberger Prima 345360Hl, Sekunda 330335 Mark, Tertia 300310L

Entringen-, 3l. Okt. (Hopfen.) Die sämmtlichen hier erzeugten Hopfen sind gestern vollends abgeführt worden. Im Ganzen sind abgewogen worden ca. 5l0 Ztr. reine (Mit- telprcis 315 ^ü) und ca. 50 Ztr. rothe (Mittclpreis 140 ^), was zusammen die hübsche Summe von 167,000 ergibt.

Hiezu Nr. 6 des Deutschen Unterhaltungsblattes.

Die Leser unserer WochenbeilageDeutsches llnterhal­tungsblatt" werden schon in Nro. 5 mit Interesse die Schilde­rungen aus Constantinopel gelesen habe». Wir machen noch besonders auf den 3. Artikel über Constantinopel in Nro. 6 aufmerksam. Diese Schilderungen stammen aus der Feder eines Augenzeugen, der es in dcr That trefflich versteht, uns einen vollen Einblick in das eigcnthiimliche Leben und Treiben fremder Völker zu verschaffen.

SchlußBertheilung.

In der Konkurssache des Gustav Klein, Hirschwirths hier, soll mit Genehmigung des Konkurs­gerichts die Schlußverthsilung erfolgen.

Der verfügbare Maffebestand, wovon die Kosten noch abgehen, beträgt 14 249 -M 72 L.

Nach dem auf der Gerichtsschreiberei des K. Amtsgerichts hier niedergelegten Verzeichniß sind bei der Vertheilung zu berücksichtigen:

bevorrechtete Forderungen ein­schließlich des Beibringens der Ehe­frau 12 665 cM 55 L

nicht bevorrechtete Forderungen 54 921 56 L

Hievon werden die Gläubiger unter

ArnMche und ^rivaL-MekMrntrnachrrngen.

Hinweisung auf die W. 140 und 141 der Konkursordnung in Kenntniß gesetzt. Den 1. November 1882.

Der Konkurs-Verwalter: _ Gerichtsnotar M aher.

O b e r s ch w a n d o r f.

Fahrniß-Auktio».

Mehlhändlers

Aus der Kon­kursmasse des Joh. Adam W Schüler, Oberschwandorf,

wird am nächsten

Montag Ken 6. d. M., Vormittags 10 Uhr,

in dem Schuler'schen Hause gegen baare Bezahlung im öffentlichen Auf­streich verkauft:

1 Mehlwaage, 1 Brückenwaage, 15

Centner Stroh, 50 Gerstengarben, 27 Centner Heu, 30 Simri Kartoffeln, 1 Haufen Rüben, 1 Quan­tum Brennholz, 1 Bienen­stand mit 2 Bienenstöcken,

1 Wagen Dung, 30 forch.

Dielen und Bretter, 120 Dinkelgarben und sonstige Gegenstände.

Hiezu werden die Liebhaber einge- ladcn.

Nagold, den 2. Novbr. 1882.

Der Konkursverwalter:

Gerichts-Notar Mayer.

Für die Hagelbeschädigten des Ober­amtsbezirks Schorndorf haben wir noch empfangen von Frau Ap. Oeff. 3 wofür wir ebenfalls herzlich danken.

Red. d. Gesellsch.

'»MUS

Nagold.

Geld-Offert.

Auf den

1. Dezember d. I. Isind 3000 cM in einem oder s?OooÄnixchrxren Posten auszuleihen.

Den 30. Oktober 1882.

Oberamtspslege.

M a ul b etsch.

8k a g o l d.

700 Mark Privatgeld,

werden gegen gute Sicherheit ausge- lieheu und kann solches auf längere Zeit stehen gelassen werden. Näheres durch die Exped. d. Bl.

MM