Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Matt für den Oberantts-Bezirk Nagold.

^ 127.

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Dienstag den 31. Mtober.

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wöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung S -I, bei mehrmaliger je S -4. Die Inserate müssen spätestens Morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegcben sein.

1882.

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November L Dezember

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_ Exped. des Gesellschafters.

L. 0. Zu den bevorstehenden Landtags-Wahlen.

Eine, Sonntag den 22. Oktober zu Stutt­gart stattgehabte, sehr zahlreich beschickte Versamm­lung von Vertrauensmännern der deutschen Partei Württembergs hat nach langer eingehender Verhand­lung beschlossen, anläßlich der bevorstehenden Land­tagswahlen kein Wahlmanifest oder dergleichen ergehen zu lassen, vielmehr als Direktive für die einzelnen Kandidaten auf die einschlägigen Sätze des Pro­gramms der deutschen Partei vom 9. Januar 1881 hinzuweisen.

Da diese Sätze möglicherweise Dem oder Je­nem nicht mehr genau im Gedächtniß sein könnten, wollen wir sie hier nach dem in der Landesversamm­lung von 1881 festgestellten Original reproduziren:

III. Mit der Treue zum Reich verbinden wir die Treue zu unserer Landesverfa'iung und die Anhänglichkeit an erprobte heimiscbr Institutionen. Die den Einzelnstaaten reichsverfcomngsmäßig ge­währleistete Stellung ist eine werthvolle Bürgschaft für eine ihren besonderen Bedürfnissen und An­schauungen entsprechende Regelung der ihrer Auto­nomie überlassenen Gegenstände.

IV. In der inneren Gesetzgebung des Landes erkennen wir die Durchführung de^ liberalen Prin- cipien des modernen Staats, insbesondere den gesetz­lichen und richterlichen Schutz der Freiheitsrechte des Bürgers gegen Verwaltungswillkür, die Entwickelung des Princips der Selbstverwaltung, die volle Ein­räumung der jeder Volksvertretung gebührenden und nothwendigen konstitutionellen Befugnisse als eine vollberechtigte Forderung unserer Zeit rückhalts­los an.

V. Fürjede wahrhaftfreisinnige Richtung ist damit die Forderung einer festen staatlichen Ord­nung, der Achtung vor Gesetz und Recht und einer in diesen Schranken starken Staatsgewalt untrenn­bar verbunden.

VII. Wir sind der Ansicht, daß für die Gesetzge­bung gegenüber dem vielfach hervortretenden Doktrina­rismus, der Beugung gesunder Lebensverhältnisse unter abstrakte Principien, vor Allem die berechtigten prak­tischen Bedürfnisse des Volkes maßgebend sein müssen. Wo letztere beeinträchtigt worden sind, ist auf Abhilfe hinzuwirken.

XVUl. Unsere Landesgesetzgebung betr. erinnern wir an die rückständigen Theile eines Lan­deskulturgesetzes, deren endliche Erledigung von der Landwirthschaft als ein dringendes Bedürfniß empfunden wird. Vor Allem aber darf die von der Volksvertretung wiederholt verlangte, von der Re­gierung wiederholt zugesicherte Reform der Ge­meinde- und Bezirksverfassung und in Ver­bindung damit eine entsprechende Verwaltungsorga­nisation nicht länger im Anstande bleiben. An diese Reform hätten sich die gleichfalls in Aussicht gestell­ten Verbesserungen der Landesverfassung anzuschließen."

Dies sind die auf die inneren Angelegenheiten Württembergs bezüglichen Punkte des Programms von 1881.

Man sieht, daß die deutsche Partei es nicht nöthig hat, dieselben in ein besonderes Wahlpro­gramm oder in eine Wahlansprache einzukleiden.

Es ist nun Sache der Kandidaten und der den Grundsätzen der deutschen Partei freundlich gesinnten Presse, den Wählern diese Sätze vorzulegen und zu erläutern.

Die an dem Reallhceum in Calw erledigte realistische Professorsstclle wurde dem Oberreallehrer Rettich in Stutt­gart übertragen.

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

-o- Egenhausen, 29.Okt. Gestern Nachmittag fand in der Krone dahier eine äußerst zahlreich be­suchte Versammlung des landwirthschaftlichen Bezirksvereins statt. Der Herr Vereinsvorstand referirte zunächst über den durchweg günstigen Prü­fungserfolg der im Laufe d. Js. zur Erlernung der Obstbaumzucht nach Hohenheim entsendeten jungen Männer aus dem Bezirk, empfiehlt sodann allen Landwirthen Fritz Möhrlins Kalender:Der schwä­bische Bauernfreund" mit angehängter bäuerlicher Buchführung, welche sich namentlich auch für den Gebrauch in Winterabendschulen eigne. Letzteren leiht der Redner warme Worte der Anerkennung und der Aufmunterung und führt das Zurückgehen der Zahl der Abendschulen auf die bedauerliche Interesse­losigkeit einzelner Gemeindebehörden zurück. Es wird sodann beschlossen, sämmtlichen Lehrern an besagten Fortbildungsschulen denschwäbischen Bauernfreund" und den Schülern die Anleitung zurbäuerlichen Buchführung" auf Vereinskosten zukommen zu lassen. Herr Pfarrer Hahn von Bösingen legte sodann in einem längeren lichtvollen Vortrag den Werth und die Organisation der Raiffeisen'schen Darlehenskassen klar. Er kennzeichnet die Merkmale des Unterschieds zwischen diesen und den Gewerbebanken, ohne jedoch den letzteren irgendwie nahe zu treten. Die Dar­lehenskassen beschränken sich auf eine Gemeinde oder Parochie; Gelder werden nur Vereinsmitgliedern an­geliehen und nur von solchen in Cassa gelegt; die Vermögensverhältnisse der Einzelnen sind allen Mit­gliedern genau bekannt, was bei solidarischer Haft unumgänglich nöthig ist. Die Mitglieder zahlen keine Stammantheile, keine monatlichen Einlagen, erhalten keine Dividende. Alle Vergütungen für die Geschäfts­organe kommen in Wegfall, da nur der Rechner eine mäßige Entschädigung für seine Mühewaltung empfängt. Geldgewährungen gehen nie vom Rechner sondern stets von der aus 5 Personen bestehenden Vorstand­schaft aus. Die Organisation der Darlehenskassen umfaßt den Geschäftskreis des Vorstands, des Ver­waltungsraths und des Kassiers und wurden diese einzelnen Zweige einer genauen Erörterung unter­worfen. Die Hauptaufgabe dieser Vereine ist die Geldvermittlung, welche überall, wo der Kredit nicht nur der Einzelnen, sondern der ganzen Gemeinde ge­schwunden ist, zur wahren Wohlthat wird, zur ökono­mischen Aushilfe gereicht. Aus den Mitteln des Re­servefonds können landw. Geräthe, Saatfrüchte,- und Saatkartoffeln, Kunstdünger u. a. beschaffen wer­den. Der Verein will die üble Lage der kleinen Leute verbessern, will dem Wucher entgegentreten, hilft den zu Boden liegenden auf und bietet denen die Hand, die wieder aufstehen wollen. Nachdem der Herr Vereinsvorstand dem gewandten Redner für seinen belehrenden Vortrag den innigsten Dank der Versammlung ausgesprochen hatte, hielt er selbst noch einen eingehenden Vortrag über das Gesetz, betreffend die Farrenhaltung, vom 16. Juni d. I. Schließlich nahm der Gesammtausschuß Einsicht von den Stal­lungen und dem Viehstand des hiesigen Farrenhal-

ters, Hrn. Schultheiß Welker, die zu allgemeiner Zufriedenheit ausfiel. Zu später Abendstunde trenn­ten sich die vielen Theilnehmer, alle wohlbefriedigt von dem Erfolge der Versammlung.

Stuttgart, 26. Okt. In der heutigen öffentlichen Sitzung des Gemeindcraths wurde eine Zuschrift des Kgl. Hauptsteucramts zur Kenntniß gebracht, nach welcher die prin­zipielle Entscheidung getroffen ist, daß die Konsumvereine, da dieselben in gewinnbringender Weise mit dem Detailverkauf von Weinen sich befassen, künftig zur Entrichtung der Schank­steuer beizuziehcn sind, während Vereine, wie Militär-Kanti­nen und Kasinos, wie bisher von der Steuer befreit bleiben.

Tübingen, 27. Okt. Der am 2.s3. d. M. vor dem hiesigen Schwurgericht verhandelte Prozeß gegen den Schäfte­macher Johs. Knapp von Reutlingen wegen des bekannten, in der Nacht vom 25. auf den 26. April l. I. in Küsnacht bei Zürich verübten Raubmords hat, nachdem derselbe durch Fällung des Todesurtheils gegen Knapp anscheinend seinen Abschluß gefunden hatte, nachträglich eine unerwartete Wen­dung genommen. Wie wir seinerzeit gemeldet, hat Knapp kurz nach seiner Verurteilung bei der Kgl. Staatsanwaltschaft angegeben, er habe das Geld, dessen Besitz (weil er die Art des Erwerbs nicht glaubhaft Nachweisen konnte) das hauptsäch­lichste Belastungsmoment für ihn bildete, in Zürich in einem Hause, in welchem er gebettelt, aus einem unverschlossenen Zim­mer entwendet. Es wurden auf dies hin in Zürich Nachfor­schungen eingeleitet, welche die von Knapp in Bezug auf den fraglichen Diebstahl gemachten Angaben vollinhaltlich bestätig­ten. Wegen dieses Vergehens wurde er zu 5 Jahren Zucht­haus, lOjährigem Ehrenrechtsverlust und Stellung unter Poli­zeiaufsicht verurtheilt. Durch das Ergebniß der heutigen Verhandlung ist nun das hauptsächlichste Belastungsmoment für Knapp, welches zu seiner Verurthcilung wegen Raubmords führte, hinfällig geworden und es dürfte daher jedenfalls eine Wiederaufnahme des Prozeßverfahrens gegen ihn, wegen des letzteren Verbrechens, seitens seines Bertheidigers beantragt wer­den, welche, falls sich nicht inzwischen noch andere Beweise für seine Schuld ergeben sollten, zweifellos mit seiner Freisprechung endigen wird.

Vom Lande. Im April nächsten Jahres wird in allen Schulen Württembergs die neue Orthographie eingeführt und es wird gegen­wärtig ein Regel- und Wörter-Verzeichniß, das so­genannte Batzenbüchlein, nach dem neuesten System ausgearbeitet, welches um Neujahr erscheinen und in den Schulen eingeführt werden wird. Von den Schulbüchern wird zuerst die Fibel in die neue Orthographie übertragen, weil die Verlagshandlung von derselben fast keinen Vorrath mehr hat. Das große und kleine Lesebuch, wovon noch sehr großer Vorrath vorhanden, kommt nach 12 Jahren an die Reihe; bei den übrigen Schulbüchern, z. B. Ge­sangbuch und den Bibeln, wird die neue Ortho­graphie erst in den 23 nächsten Jahren angewen­det. Es wird mit dem Neudruck der Schulbücher allemal erst vorgegangen, wenn man annehmen darf, daß alle Exemplare der vorhergehenden Auflagen auch von den Buchbindern verkauft sind. (N. T.)

Bermaringen, OA. Blanbeuren, 23. Okt. Unser Todtcngräber Maurer ist heute zum Schatzgräber geworden. Bei Herstellung eines Grabes fand er demBlm." zufolge 8 Goldstücke. 5 derselben sind spanisch-östreichische von Karl V., eines von Franz I. von Frankreich, eines von Papst Paulus IH., eines von der Republik Genua sie sind größtcntheils wohl erhalten.

Ulm, 26. Oktbr. Generallieutenant von der Osten hat den erbetenen Abschied von Sr. Maj. dem Kaiser erhalten, um den er aus Gesundheits­rücksichten nachgesucht hat.

Bon der Metter schreibt man demSchw. M.": Bor kurzer Zeit ist in der Gegend ein Meteor niedergegangen. Einige Bauern, die beim ersten Tagesgrauen ins Mähen gin­gen, sahen plötzlich, hoch über ihren Häuptern hin, einen gro­ßen feurigen Körper ziehen und eine Menge glühender Funken hinter sich ausstreuen. Während sie ihm höchlichst verwundert nachschauten und ihn in die Ferne, doch noch ziemlich hoch über dem Horizont, plötzlich verschwinden sahen (sie meinten, er sei zur Welt wieder hinausgesahren), sauste es auf einmal an ihrem Ohr vorüber und fuhr mit Gekrach neben ihnen in den Boden. Der eine der Bauern war geneigt, vor dem Teufcls- spuck davonzugehen; der andere aber war beherzter, hatte auch