orientalische Politik in dieser Beziehung vollständig über den Haufen geworfen. Ihm gebührt das Verdienst, dem deutschen Einfluß in Konstantinopcl die gebührende Stellung verschafft zu haben.

Berlin, 17. Okt. Gegenüber der Ansicht, daß der gesammte Radikalismus von dem Ergebniß der Wahlen einen großen Umschwung der inneren Poli­tik zu Gunsten seiner Ideen hoffe, schreibt dieNord­deutsche":Die Regierung, mit Bismarck an der Spitze, vertritt die Politik, zu welcher sich der König in öffentlichen und amtlichen Aktenstücken rückhaltlos bekannt hat. In pflichtgemäßer Vertretung dieser Politik kann kein Ausfall der Wahlen die Regierung des Königs irre machen. Zustände, wonach eine kon­stante Majorität auf die Entschließungen des Königs und der Regierung einen gewichtigen Einfluß haben würde, liegen bei uns nicht vor. Keine Partei be­sitzt die Majorität. Die Parteien zersplittern sich in Fraktionen. Unter solchen Umständen ist nicht anzu­nehmen, daß der Ausfall der Wahlen selbst dann, wenn er eine überwiegend oppositionelle Majorität brächte, die Politik der Regierung aus den Geleisen werfen und ihr eine der bisherigen widersprechende Richtung anweisen würde. Die Politik der Regie­rung wird unverändert bleiben, wie immer die Ma­jorität im Landtage sich gestalte. Erhalten die vor­gelegten Gesetze nicht die Mehrheit, so kommen sie eben nicht zu Stande. Die Politik des Königs kann zwar durch den Ausfall der Wahlen gehemmt, aber niemals aus dem Sattel gehoben werden."

Der neue Rektor der Berliner Universität, Pro­fessor Dubois-Reymond, hielt bei der feierlichen Uebernahme seines Amtes eine Antrittsrede, worin er Gelegenheit nahm, den Studenten airs Herz zu legen, dem Parteigetriebe des Tages sich durchaus fern zu halten.Hüten wir uns," fuhr er fort, bei Bespöttelung des Hexenwesens vor Ueberhebung angesichts der spiritistischen Gaukeleien und angesichts der neuen Racen- und Glaubenskämpfe, welche sich von mittelalterlichen Judenverfolgungen nicht unter­scheiden."

Die Nichtverleihung deutscher Orden an die italienischen Offiziere, welche den Manövern in Schle­sien beiwohnten, giebt der italienischen Presse noch immer Nahrung für allerlei Muthmaßungen über die guten und schlechten Beziehungen zwischen Italien und Deutschland. Daß diese Nichtverleihnng Aufsehen machen mußte, nachdem König Humbert sämmtliche deutsche Offiziere, welche den Manövern in Foligno beiwohnten, decorirt hatte, war allerdings natürlich. Daraus aber ein Symptom für eine Verschlechterung der gegenseitigen Beziehungen folgern zu wollen, er­scheint doch übertrieben. Der wirkliche Grund soll übrigens, wie aus Rom geschrieben wird, mehr in der Wahl der nach Deutschland geschickten Offiziere liegen, also Persönlicher Natur sein. Man erzählt sich nämlich in Rom, daß man in Berlin gezaudert habe, einen der Offiziere, dessen irredentistische Tendenzen notorisch sind, den man aber, da er einmal von sei­ner Negierung präsentirt war, höflichkeitshalber nicht ablehnte, mit einem preußischen Orden zu schmücken. Deßhalb habe man, um Niemand zu verletze», auch die anderen Offiziere nicht decorirt. Die Sache mag nicht ganz unwahr sein, weil der betreffende Offizier gleichzeitig Deputirter ist und sein enorm rasches Avancement seiner parlamentarischen Stellung verdankt.

Von einem katholischen Geistlichen aus E. am Rhein, welcher nach Südfrankreich geschickt ist, um in Ermangelung der eigenen Ernte dort Ein­käufe vonMeßweinen" zu machen, erhält die Ger­mania einen Reisebericht. Er schreibt aus-Mont­pellier:Wir geben uns stets als Lrrmsious xar koroo aus, nämlich als Elsässer (natürlich weiß kein Mensch, wo E. liegt), sonst könnten wir es bei die­sem Volke gar nicht aushalten. Es ist Thatsache, daß die Sucht nach Revanche nicht allein nicht nach­läßt, sondern bis in die Hütte der Armen reicht. Einmal lies mir bei der Prahlerei einiger Herren mein Maul über. (XL. Trotz der fürchterlichen Prügel, die diese Kerle 7071 bekommen, haben sie natürlich überall gesiegt!) denn auf alle Hezereien antworten wir mit Stillschweigen also einmal sagte ich: Moltke hat jetzt eine Kanone erfunden, mit welcher man um die Ecke schießen kann das ver­standen sie; Sie Herren standen auf, verließen das Lokal und wir sahen sie nie mehr wieder. Im klebrigen mochte ich nun noch kurz bemerken, daß es unmöglich ist, die ganz kolossalen Weinschmie­rereien zu schildern, die man überall findet. Trotz­dem diese Leute pro Morgen 67 Stück (in Deutsch­

land 1 bis 1*/r Stück) Wein ernten, fabriziren diese Menschen in ganz unglaublicher Weise. Ist es in Deutschland schon geboten (um mit absoluter Ge­wißheit ganz naturreine Weine zu bekommen) selbst zu keltern, so ist es in Frankreich noch mehr der Fall. Nicht allein, daß außer Sprit, Glyzerin, Sa- licyle und weiß der liebe Gott was Alles 100 bis 150 Prozent Wasser zugesetzt werden, was mit Dampfpumpen gehoben (aber als Trinkwasser nicht zu genießen ist), sondern bitte, lachen Sie nicht, so lächerlich es lautet denn es ist wahr, ich selbst habe mich mit Augen und Zunge wohl 20 Mal da­von überzeugt, man nimmt auch Senf »inoutaräs« 68 Pfund per 100 Liter. Dadurch wird die Gährung unterdrückt und so dem Weine ein höherer Zuckergehalt erhalten. Und das Zeug geht dann meistens nach Bordeaux und wird als Bordeauxwein, Narbonner, Bourgogne re. versandt und wir dummen Deutschen zahlen für Wasser, Glycerin, Mostreich und Wein zusammen 24 vkL (resp. 30 weil das Gebinde als Wein in Deutschland mitverzollt resp. bezahlt werden muß) an Zoll pro 100 Liter. Doch was machen? Ich habe schon so viel gegen die Wein­fabrikation geschrieben und gesprochen, daß ich keine Hoffnung auf Erfolg haben kann; ich bedauere nur immer die armen Kranken, die Rothwein trinken, um gesund zu werden, denn ich weiß, daß neun Zehntel aller Weine nicht Naturweine sind. Also Vorsicht."

In Greetsiel bei Emden ist der 82jährige Su­perintendent Leding ermordet worden. Es zeigte sich am Leichnam eine tiefe Wunde am Unterleib und ein schwarzseidenes Tuch, das in den Hals gezwängt war. In der Mordnacht haben eine verheirathete Tochter und eine Dienstmagd abwechselnd bei dem Kranken gewacht und Beide wollen nichts Ausfälliges bemerkt haben.

Metz, 14. Oktbr. Die Eröffnung des neuen katholischen Gymnasiums ist nunmehr gesichert und zwar wird die Eröffnung desselben schon in nächster Zeit stattfinden können.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 19. Oktbr. Polnische Blätter melden, daß die russische Regierung bei Kischinew 100,000 Mann concentrirte, und daß in ganz Galizien von russischen Agenten ungeheure Futtervorräthe aufge­kauft werden. (Fr. I.)

Schweiz.

Bern,. 17. Okt. Die internationale Konferenz für Tieferlegung des Bodensees, die zum 26. Oktbr. nach Konstanz einberufen war, ist wegen der Wasser­verheerung in Tirol, welche den österreichischen Kom­missär verhindert hat, auf nächstes Jahr verschoben worden. (St.-A.)

Frankreich.

Paris, 16. Okt. Das seit einigen Wochen in Paris herrschende Nervenfieber ist in der Zu­nahme begriffen. Vom 22. bis 28. Sept. starben 57 Personen an dieser Krankheit, vom 29. Sept. bis 5. Okt. 134 und vom 6. bis 12. Okt. 250. Am 11. Okt. befanden sich in den Pariser Hospitä­lern allein die Zahl der Kranken, welche in ihren Wohnungen behandelt werden, kennt man nicht 2074 Personen, welche das Nervenfieber hatten. Am 10. und 11. brachte man in die verschiedenen Hospi­täler von Paris 283, die vom Nervenfieber befallen waren. Selbstverständlich ist in den Hospitälern we­gen dieses ungeheuren Zudrangcs kein Platz und man errichtet gegenwärtig hölzerne Baracken, um die am Nervensieber Leidenden unterbringen zu können.

Paris, 18. Okt. Einem unverbürgten Ge­rüchte zufolge soll Fürst Hohenlohe beabsichtigen, von dem Botschafterposten in Paris zurückzutreten. Als sein Nachfolger wird der derzeitige Botschafter in Rom, Herr v. Keudel, genannt. (Fr. I.)

Das Unglück der Franzosen ist, daß jeder neue Minister die Politik wieder von vorn anfängt und die Mauern, die sein Vorgänger errichtet hat, wieder umwirft. Dazu sind die Engländer z. B. zu praktisch. Und das gilt nicht nur für die auswärtige, sondern auch für die innere Politik. Nebenbei bemerkt, ist dies das Gcheimniß, weßhalb in England ein rein parla­mentarisches Regiment lebensfähig bleibt. In Eng­land denkt keine Partei daran, ihre Kraft dadurch zu zeigen, daß sie von dem Augenblicke an, wo sie ans Ruder gelangt, alle Hebel ansetzt, um die ge­sammte soziale und politische Gesetzgebung, welche ihre Vorgängerin geschaffen hat, umzustürzen. Viel­leicht können wir Deutsche darin etwas von den Eng­ländern lernen.

Die französische Regierung hat ungefähr 2400 Mann Infanterie, Reiter und Gendarmerie nach Montceau-les-Mines gesandt. Diese Machtentfal­tung erregt einiges Erstaunen, da man weiß, daß die Unruhen in dortiger Gegend ohne besondere Wichtigkeit und hauptsächlich dadurch hervorgerufen worden sind, daß die Grubenbesitzer, die sämmtüch klerikal sind, nur solche Arbeiter dulden wollen, welche ihre religiösen Pflichten erfüllen. Ein Telegramm desW. T. B." vom 17. ds. meldet:In Mont- ceau-les-Mines sind mehrere Führer der dort an­dauernden unruhigen Bewegung verhaftet worden. Diese Maßregel der Regierung und die Raschheit bei der Ausführung derselben haben ihre Wirkung nicht verfehlt und hofft man, daß jeder Versuch neuer Ruhestörungen unterbleiben werde."

In der Umgegend von Paris tritt Clara Gambetta, eine Nichte des großen Gambetta, in den Wirthshäusern als Bünkesüngerin auf und sammelt dann mit dem Teller.

England.

London, 18. Oktbr.Times" meldet aus Konstantinopel: Eine Note der Pforte an Lord Dufierin spricht die Bereitwilligkeit aus, mit England Unterhandlungen für eine befriedigende Lösung der egyptischen Frage anzuknüpfen. Die Pforte hofft von dem Gerechtigkeitsgefühl und den freundlichen Gesinnungen Englands die Aufrechterhaltung der we­sentlichen Punkte des 8tatiis guc> auto.

Handel L Uerkehr.

Stuttgart, 18. Okt. Die Ledermcsse am Dienstag war von etwa 1000 Zentnern Leder verschiedener Sorten be­fahren und ging der Verkauf, namentlich der besseren Waare, sehr rasch. Bis Nachmittags 4 Uhr war Alles abgesctzt. Die Preise stellten sich, wie wir hören, wie folgt per Pfd.: Wild­waschleder ans 70 4 bis 1 .<L, Wildleder 1 4L SO 4 bis 2 »6, Sohlleder 1 10 -1 bis 1 ^ 20 4, Schmalledcr 1 50 4

bis 1 4l 65 4, Kalbledcr 2 M. 50 Pf. bis 3 M., Zengleder 1 M. 30 Pf. Stoffieder per Stück 24 M., Schaslcder 18 bis 30 Mark. (W. L.)

Stuttgart, 19. Okt. Wochen markt sw gras. Wilhclmsplatz: 1500 Sack Mostobst, 77,80 M. der Zentner, Leonhardsplatz: 400 Sack Kartoffeln, der Zentner 3,60-4,50 Mark, Biskuit-Kartoffeln 5 M., Marktplatz: 3000 Stück Fil- dcrkrant, das Hundert 8- 12 M.

Kirchheim u. T., 17. Okt. Nach einer Schätzung des Ausschusses des landw. Vereins beträgt der Ob st er trag in diesem Jahre: Aepfel 20 000 Ztr. (1881: 50,000 Ztr.), Bir­nen 28 000 Ztr. (1200 Ztr.), Zwetschgen 700 Ztr. (), Kirschen 300 Ztr. (9O00 Ztr.), Wallniisse (100 Ztr.). Nimmt man an, daß der Werth durchschnittlich von den Aepfeln 7yz 4L, Birnen 6 4L, Zwetschgen 7 4t und Kirschen 10 4L Pr. Ztr. beträgt, so crgiebt sich ein Gesammtertrag an Geld von ca. 325,900 4L

Stuttgart. 19. Okt. Der hiesige Gütcrbesitzervcrein hat gestern sein Erzeugnis; an 1881er Wein versteigert. Als Mittelprcis wurde 74 Mk. pro Hekt. erlöst.

(Weinprcise.) Erligheim: 60 Hektol. verkauft, 350 Liter rauh 80 M. Fellbach: 100 M. pr. 3 Hektol.

Vaihingen Stadt: 30 M, pr. Hektol. Unterriexin­gen: gebeerter Portugieser ans dem Frhrl. v. Leuirnm'schen Weinberg 42 M. pr. Hektol. Hohenhaslach: ein Kauf zu 86 4L pr. 3 Hektol. Willsbach: ein Kauf zu 100 M. pr. 3 Hektol. Rothgewächs. Gewicht 74800. Schwarze Rißlingtranben pr. Pfund 1213 Pf. Eberstadt: Ge­lvicht von Burgunder, Klevner, Rißling und Limburger 73 Grad.

Sternen fels: Preise des Frühgewächses 115 M. pr. 3 Hektol., des gemischten Gewächses 105 M. pr. 3 Hektol. Bönnigheim: 1 Kauf zu 25 M. pr. Hektol.

Horb, 16. Okt. (Hopfen.) In den umliegenden Orten ist in der vergangenen Woche ziemlich viel Hopfen ver­kauft worden zu Preisen von 270- 315 M. nebst Leihkanf. Für rothe Hopfen wurden bis zu 200 M. per Ztr. bezahlt. Die heurigen guten Preise haben in manchen Hopfenproduccn- ten die Lust erweckt, ihre Hopfcnanlagen zu erweitern oder neue Gärten anznlegen.

Aus der Pfalz, 16. Okt. (Hopfen.) Trotz aller Flauheit behaupten die Hopfenpreise bei uns ihre alte Höhe, die Preise bewegen sich zwischen 325340 M.

Allerlei.

Eine treue Wittwe. Der Aufseher eines Kirchhofs sah eine Frau mit einem Packet und einem Topfe den Kirchhof betreten und zwar aufi eine etwas verdächtige Art. Er folgte ihr und sah, daß sie ein frisch aufgeworfenes Grab mit Grassaat besäte. Er redete sie an und versicherte ihr, als er erfuhr, daß sie Wittwe sei, das Grab werde schon von selbst zu rechter Zeit grün werden. Das glaube ich wohl, erwiderte sie, aber mein Seliger nahm mir das Versprechen ab, nicht wieder zu Heimchen, bis Gras über sein Grab gewachsen sei und da ich eine gute Offerte habe, so will ich zwar mein Wort nicht brechen, aber länger wie nöthig will ich es auch nicht halten.

Beispiel thnt viel mehr,

Als lange Predigt und Lehr'.

Hiezu Nr. 4 des Deutschen Untcrhcllümgsblattcs.