Der Gesellschafter.
AMts- und Intelligenz-Blatt für den Okera«ts-Bezirk Nagold.
Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donnerstag und Samstag, und kostet halbjährlich hier (ohne Trägerlohn) 1 6N ü, in dem Bezirk 2 außerhalb des Bezirks 2 40 4. Vierteljähr
liches und Monatsabonnement nach Verhältnis
Samstag den 21. Mtoller.
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1882 .
Amtliches.
Die Gememdcrätbe einschk. der betreffenden Hilfsbeamten von Nagold, Jselshcmsen, Ebhausen, Simmersfeld, Ettmannsweiler, Beuren, Ueberberg, Wenden, Oberschwandorf, Gaugenwald, Garrweiler, werden erinnert, die Pfand- und Güterbuchsvisitationsprotokolle beantwortet und vom Gemeinderath und Hilfsbeamten beurkundet unfehlbar binnen 14 Tagen zur Einsicht hieher einzusenden oder die ent- aeqenstehenden Hindernisse anzuzeigen.
Nagold, den 17. Okt. 1882.
K. Amtsgericht.
Daser, O.-A.-R.
Die erledigte Amtsnotarsstclle iu Eutingen mit dem Wohnsitz in Horb wurde dem Amtsnotar Kirn in Walddorf gnädigst übertragen.
Bei den nach der Verfügung des K. Ministeriums des Kirchen- und Schulwesens vom 19 Juni 1873 an den einzelnen Gymnasien abgcbaltenen Abiturientenprnfungcn haben 193 Jünglinge, darunter Gärtner, Neinhvld, S. d. Schultheißen in Sulz, das Zeugnis; der Reise erlangt, und sich hiedurch die in Ziff. 10 Absatz 1 der genannten Verfügung enthaltenen Berechtigungen erworben.
Tages-Neuigkeiten.
Deutsches Reich.
** Nagold, 20. Okt. Mit dem 1. Novbr. d. I. wird hier eine sehr zweckmäßige Einrichtung ins Leben treten, die in der geplanten Ausdehnung noch in keiner Gemeinde des Bezirks eingeführt sein wird. Es ist dies eine Industrieschule für sämmtliche die hiesige Volksschule besuchenden Mädchen von 6—14 Jahren, in welcher Unterricht in allen weiblichen Arbeiten vom einfachen Stricken an bis zum feineren Weißnähen ertheilt Werden soll. Nachdem zuerst der Lehrerkonvent eingehend über diese Angelegenheit berathen und der Ortsschulrath seine Zustimmung dazu gegeben hatte, wurden auch die bürgerlichen Kollegien für die Sache gewonnen. Als Lehrerin wurde Sophie Sautter von hier berufen, welche schon länger Privatunterricht in weiblichen Handarbeiten gibt und in der Calwer Industrieschule genauen Einblick in den Unterrichtsplan genommen hatte. Die Mittel zur Unterhaltung der Schule werden theils durch die für diesen Zweck ausgesetzt gewesene Belohnung zweier Lehrerinnen, die schon längst eine unbedeutende Zahl freiwilliger Schülerinnen im Unterricht hatten, theils durch ein von den nicht ganz armen Kindern zu erhebendes monatliches Schulgeld von 10—30 ^ aufgebracht. Als Lokal wird der Zeichensaal des neuen Schulhauses, dessen Tische auf einer Seite für die Industrieschule hergerichtet werden, benützt. Gleichzeitig wird nur ein Jahrgang von 30—40 Mädchen unterrichtet. Die 6—12jährigen Kinder erhalten wöchentlich 2, die 12—14jährigen 3 Stunden Unterricht. Durch den neueinzurichtenden Jndustrieunter- richt wird der Schulunterricht kaum geschmälert, da der Unterricht stets Nachmittags stattfindet und nur für die 4 jüngsten Altersklassen aber in Abtheilungen in die Schulzeit fällt. Mögen andere Gemeinden durch den hiesigen Vorgang ermuntert werden, für ihre weibliche Jugend bald ähnliche Einrichtungen ins Leben zu rufen. — Vorgestern traf der neuernannte zweite Geistliche Helfer Finkh mit Gemahlin in unsrer Stadt ein. Er wurde am Bahnhof von dem Pfarrgemeinderath und den Lehrern begrüßt und in seine dekorirte Wohnung geleitet. Hier sangen die Schülerinnen eine Arie. Abends brachte der Kirchengesangverein ein Ständchen. Die Investitur des neuen Geistlichen findet am nächsten Sonntag statt.
4^ Alten st aig Stadt, 17. Okt. Die am Kirchweihmontag vorgenommene Hauptprobe der Feuerwehr faßte auch zum erstenmal die Uebungen mit dem Sprungtuch in sich und ist durch Anschaffung eines solchen ein altes Schmerzenskind aus der Welt geschafft. Referent ist bekanntlich seit Jahren ein Anwalt dieses Feuerwehr-Requisits gewesen und vollends seit dem Wiener Theaterbrand ist die Unentbehrlichkeit dieses Rettungsmittels klar vor aller Augen. Das hiesige Sprungtuch, von Magirus in Ulm bezogen, kostet ca. 70 und sind die Kosten auf dem Wege freiwilliger Beiträge der hiesigen Bürger und Beamten zujammengebracht worden.
Herrenberg, 17. Okt. In den letzten zwei Tagen war unser Abgeordneter, Oberbaurath v. Morlock aus Stuttgart, im Bezirk und erstattete in den Gemeinden Herrenberg, Bondorf, Entringen und Gärtringen Bericht über seine Kammerthätigkeit.
Stuttgart, 17. Okt. Gestern Abend fand eine Sitzung des Ausschusses des Export musterlagers statt, in welcher zum Direktor des Instituts Hr. Hanl Zilling aus Calw gewählt wurde. Derselbe ist langjähriger Thcilhaber und Prokurist der altrenommirten Wollwaaren-Fabrik von Schill und Wagner in Calw und reiste früher mehrere Jahre für verschiedene Häuser in Italien, später begleitete er eine Stellung in einer großen Leincnfabrik in Belfast (Irland.) Hr. Zilling spricht und korrcspondirt Französisch, Englisch, Italienisch und Spanisch und ist mit dem Exportgeschäft genau vertraut, so daß nicht zu zweifeln, daß unter seiner Leitung das Institut sich kräftig entwickeln und seinen Mitgliedern neue und lohnende Absatzgebiete erschlossen werden.
Brandfälle: In Dunningen (Rottweil) am 17. Okt., Morgens 2 Uhr, zwei Häuser; in Hinterberg, Gemeinde Reichenhofen, (Leutkirch) am 14. Okt., Morgens 3 Uhr, ein Wohnhaus samt Scheuer; in Mittelthal bei Baiersbronn am 18. Okt. das im Besitz letzterer Gemeinde stehende frühere Gasthaus zum Waldhorn.
Karlsruhe, 18. Okt. Gestern Abend ist der Großherzog wieder hier eingetroffen. Die Stadt hatte den reichsten Flaggenschmuck angezogen und überall herrschte reges, hochgesteigertes Leben. Unter begeisterten Hochrufen fuhr der Großherzog zum Schlosse, worauf sich die Vereine auf den Vorplatz des Schlosses begaben, um dem Landesherrn ihre Huldigung daselbst darzubringen. Der Großherzog richtete vom Balkon aus an die versammelte Menge etwa folgende Worte: „Meine Herren! Ich danke Ihnen für den herzlichen Empfang, den Sie mir bei meiner Einkehr in meine liebe Vaterstadt nach so langer Zeit bereitet haben. Ich freue mich, daß ich die Gelegenheit habe', Ihnen Allen, Allen zu danken für die liebevolle Theilnahme, die Sie mir seit Jahr und Tag entgegengebracht haben. Nehmen Sie nochmals meinen herzlichsten Dank entgegen."
Ein Zimmergeselle Maier aus Landsberg bettelte in Kaufbeuern von Haus zu Haus. Als er arretirt wurde, fand man in seinen Taschen 1000 Mark baar und 30,000 Mark in Obligationen. Woher? fragte die Polizei? — Erspart, antwortete er mit treuherzigem Gesicht. —
Eine in Leipzig verstorbene Frau Monds hat ihr Vermögen von 5—6 Millionen Mark dem Staate vermacht. Dieser hat bestimmt, daß die eine Hälfte der Zinsen zur Unterstützung von Personen des Arbeiterstandes, die andere Hälfte zur Unterstützung von Wittwen und Töchtern aus gebildeten Ständen verwendet werden.
Breslau, 15. Okt. Hr. Rittmeister v. Me- zerinck zu Durlach in Baden, welcher es bekanntlich unternommen hat, in neun Tagen (vom 7. bis 15. d. M.) auf einem Pferde von Durlach nach Bres
lau zu reiten, d. h. also einen Weg von etwa 118 Meilen zurückzulegen, befand sich heute früh bereits in Warmbrunn und hat, wenn er Abends 11 Uhr in Breslau eintrifft, die eingegangene Wette in Höhe von 3000 Mark gewonnen. Selbstverständlich sind in den betheiligten Kreisen über das Gelingen oder Nichtgelingen des Unternehmens noch andere und zwar sehr hohe Wetten eingegangen worden.
Berlin, 17. Okt. Der Kronprinz begeht heute sein 51. Geburtstagsfest im engen Familienkreise.
Berlin, 17. Okt. Gegen Ende Oktober werden es fünfundzwanzig Jahre, daß Generalfeldmarschall Graf Moltke, welcher am 26. d. M. sein 82. Lebensjahr vollendet, an der Spitze des Generalstabes der Armee steht. Unter dem 29. Oktober 1857 wurde der damalige Generalmajor Freiherr v. Moltke mit der Führung der Geschäfte des Generalstabs der Armee beauftragt und am 18. September des folgenden Jahres definitiv zum Chef ernannt. Man darf wohl einen allgemeinen Ausdruck des Dankes für den greisen Feldherrn seitens des deutschen Volkes an jenem Jubiläumstage erwarten.
Se. Maj. der Kaiser und König haben Allergnädigst geruht, den seitherigen Botschafter in Konstantinopel, Grafen v. Hatzfeldt-Wildenburg zum Staatssekretär des Auswärtigen Amts und gleichzeitig zum Staatsminister und Mitglied des Staatsministeriums zu ernennen. (L>t.-A.)
Berlin, 17. Okt. Ueber den Grafen v. Hatzfeldt, den neuen Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, thcilen wir aus der „Straßburger Post" Folgendes mit: „Melchior Hubert Paul Gustav Graf v. Hatzfeldt-Wildcnburg ist am 8. Oktober 1831 zu Düsseldorf geboren. Er gilt für einen der fähigsten Köpfe in der ganzen deutschen Diplomatie, für einen überaus scharfsinnigen, klar beobachtenden, ruhigen und im Nothfalle ebenso schneidigen Politiker, für einen äußerst liebenswürdigen Menschen und vollendeten Cavalier. Jedenfalls ist er eine Persönlichkeit, der Fürst Bismarck sein volles Vertrauen schenkt. Der neue Staatssekretär ist kein zünftiger Diplomat, der die hergebrachte, vorgeschriebene Laufbahn durchgemacht und auf die steilen Leiter der Staatswürden langsam eine Stufe nach der anderen zurückgelegt hat. Er ist der Sohn des Grafen Edmund Hatzfeldt und dessen kürzlich in Wiesbaden verstorbener Gemahlin, der bekannten Freundin Lassalle's und Gönnerin der socialdemokratischen Bestrebungen. Während des Feldzuges 1870j71 gehörte Graf Hatzfeldt zu der nächsten Umgebung des Reichskanzlers. Nachher ging Hatzfeldt als Gesandter nach Madrid. Einer in diplomatischen Kreisen vielfach erzählten Geschichte zufolge soll er dort einmal einen gemessenen Befehl des Fürsten Bismarck nicht befolgt, sondern gerade das Gegen- theil davon gethan, diese Eigenmächtigkeit aber so vorzüglich zu begründen gewußt haben, daß Fürst Bismarck — dem Graf Arnim bekanntlich die Aeußerung zugeschrieben: „Meine Botschafter müssen einschwenken wie die Unteroffiziere" — den Ungehorsam des Gesandten mit großem Lobe anerkannte. Während seines Aufenthaltes in Madrid galt Hatzfeldt in den Kreisen seiner Berufsgenossen als ein Diplomat, der „Haare auf den Zähnen hatte"; in weiteren Kreisen wurde er erst bekannt, als das Vertrauen des Kaisers ihn auf den Botschafterposten nach Konstantinopel sandte. Diese Stelle hat Gras Hatzfeldt zu der ganzen Bedeutung emporgehoben, die ihm mit Rücksicht auf die Stellung Deutschlands im europäischen Con- cert und auf die Nothwendigkeit, die „orientalische Frage" fortwährend „dilatorisch" zu behandeln, schon lange zukam, die sie aber bisher nicht zu erlangen vermocht hatte. Seit Jahrzehnten war fremder Einfluß auf der hohen Pforte und im Sultanspalaste maßgebend gewesen, aber bis zur Ankunft des Grafen Hatzfeldt in Konstantinopel hatten sich ausschließlich England, Frankreich und Rußland in diesen Einfluß getheilt. In dem Wechselspiel der Jntriguen, das sich in bunter Abwechslung unausgesetzt am Goldenen Horn weiterspann, bekam bald der englische, bald der französische, bald der russische Bot- schafter Oberwasser, bald auch vereinigten sich zwei Mitglieder dieses Trios gegen den dritten und spielten so lange gemeinsame Karte, bis irgend eine Kreuzung der Interessen sie aus Verbündeten wieder zu Gegnern machte. Der deutsche Vertreter hatte niemals irgend welchen politischen Einfluß besessen, höchstens, wenn er glänzend rcpiäsentirte, wie es der Prinz Reuß beispielsweise that, gelang es ihm, sich eine gewisse gesellschaftliche Stellung zu erobern. Graf Hatzfeldt hat die