Der Gesellschafter.
Amts und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Ragotd.
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Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donnerstag und Samstag, und kostet halbjährlich hier (ohne Trägerlohn) 1 ^ 60-1, in dem Bezirk 2 »6, * außerhalb des Bezirks 2 4V Vierteljährliches und Monatsabonnement nach Vcrhältniß.
Samstag den 7. Moder.
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1882
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auf den
„Gesellschafter"
mit dem jeden Samstag beigegebenen „Deutschen Unterhaltungsblatt", Preis vierteljährlich bei der Expedition 80 L (ohne Trägerlohn), 1 innerhalb des Bezirks und 1. 20 außerhalb des Bezirks, laden wir freundlichst ein.
Nr. 1 des Deutschen Unterhaltungsblattes, die mit dem Gesellschafter vom 30. Septbr. ausgegeben wurde, wird den neu eintretenden Abonnenten auf Verlangen nachgeliefert.
Redaktion u. Expedition.
Dte Königlichen Pfarrnmter
werden auf 15. d. M. um Einsendung der Militärlisten ersucht.
Altenstaig, den 4. Okt. 1882.
K. Bezirksschulinspektorat.
__Mezger._
Eine längst brennende Frage
ist die Frauenfrage, eine von denjenigen, über welche man in unsrer Zeit gar vieles schon geschrieben hat und an deren Lösung schon viele edle Männer und Frauen unsres Jahrhunderts gearbeitet haben und noch arbeiten. Die Frauenfrage führt uns auf das Gebiet des wirthschaftlichen oder erwerblichen Lebens. Es handelt sich nemlich dabei um die Frage: Auf welche Weise und an welchen Punkten kann das Gebiet erweitert werden, innerhalb dessen die Frau ihren Lebensunterhalt finden kann? oder deutlicher gesagt: Wie kann denjenigen Frauenspersonen, welche nicht in eigener Haushaltung Beschäftigung und Nahrung finden, zu einem ehrlichen Auskommen verholfen werden? Thatsache ist es ja, daß gegenwärtig ein großer Theil der Frauen nicht mehr innerhalb des Familienlebens eine Versorgung findet, wie sie die natürliche und am meisten wünschens- werthe wäre. Daß dem so ist, erklärt sich einfach aus der Erscheinung, daß es mehr Frauen als Männer gibt; der dadurch schon vorhandene Nothstand aber wird noch erhöht durch die mehr und mehr um sich greifende Gewohnheit eines Theils der Männerwelt, ledig zu bleiben. Ist das aber eine neue, unserer Zeit eigenthümliche Erscheinung oder weiß die Geschichte vielleicht davon zu erzählen, daß andere Zeiten in derselben Verlegenheit gewesen seien? Diese Frage läßt sich urkundlich wenigstens für einen Theil des Mittelalters, nämlich für die Zeit von der Mitte des 13. bis zum Ende des 15. Jahrhunderts dahin beantworten, daß die Frage des Frauenerwerbs allerdings gar nicht zum ersten Mal in unserem Jahrhundert aufgetaucht und brennend geworden ist, daß vielmehr die genannten Jahrhunderte auch schon ernstlich mit der Frage zu thun hatten, wie man den nicht in einer Haushaltung untergebrachten Frauen — Weibern oder Jungfrauen — ihr ehrliches und tägliches Brod verschaffen könne? Wir können auch gleich hinzufügen, daß selbige Zeit in ihrem Thei) in dieser Sache gethan hat, was sie konnte, weßhalb es gerade für uns seinen Werth und seine Berechtigung hat, näher zuzusehen, wie unsere Altvordern, wenigstens in den Städten, die Sache angegriffen haben?
Der Ueberschuß der Zahl der Frauen über die der Männer war damals eigentlich noch beträchtlicher als heutzutage. Denn aus allen städtischen Urkunden wissen wir z. B., daß in Nürnberg im
Jahr 1449 auf 1000 erwachsene Personen männlichen Geschlechts 1207 Personen weiblichen Geschlechts kamen, ähnlich war es um dieselbe Zeit ungefähr in Basel; in Frankfurt a. M. machten nach den Vermögenssteuerlisten aus den Jahren 1354 bis 1463 die einzelnstehenden Frauen den vierten bis sechstenTheil aller Steuerzahler aus! Der Nothstand war also thatsächlich vorhanden; sehen wir zu, auf welche Weise ihm zu steuern versucht wurde.
Die alte Zeit hatte etwas Bedeutendes vor der unseren dadurch voraus, daß in den einzelnen Haushaltungen noch viel mehr weibliche Arbeitskräfte Verwendung fanden als jetzt üblich ist. Das wird uns sofort einleuchten, wenn wir uns erinnern, daß z. B. Spinnen, Bleichen, Backen, sogar Bierbrauen zu jener Zeit vorherrschend häusliche Geschäfte waren, welche natürlich vielen Händen, sei es ständig, sei es aushilfsweise Beschäftigung und damit vielen einzelnstehenden Frauenzimmern Brot verschafft haben. Ferner gestattete jene Zeit den Frauen eine sehr ausgedehnte Betheiligung bei der Ausübung von Gewerben, zünftigen sowohl als unzünftigeu, mochten sie bloße Lohnarbeiterinnen sein, oder selbständig für eigene Rechnung und Gefahr arbeiten. Es werden uns aus Frankfurt zwischen 1350 und 1460 namhaft gemacht (nach Or. Karl Bücher, die Frauenfrage im Mittelalter): Kämmerinnen, Spinnerinnen, Weberinnen, Bändlerinnen, Schleiermacherinnen, Hosenstrickerinnen, Hutmacherinnen, Schneiderinnen, Kürsch- nerinnen u. s. w. Neben der Weberei scheint auch die Geflecht- und Lichterindustrie in der Frauen Händen gewesen zu sein, ebenso der Kleiderhandel. Ja wir finden schon Kindergärtnerinnen, endlich hat es nicht an Aerztinnen gefehlt; zwischen 1389 und 1497 sind in Frankfurt 15 weibliche Doktoren mit Namen nachweisbar, darunter 3 weibliche Augenärzte. In Köln findet sich eine eigene Zunft der Garnmacherinnen, an anderen Orten konnten Frauen als selbstständige Meisterinnen in die Zunft treten, durften Arbeiterinnen halten, ja Lehrmädchen annehmen. Das Angeführte mag genügen, um zu zeigen, daß die Stätte des Mittelalters in liberaler Weise ihren einzelnstehenden Frauen manchfache Wege öffneten, auf denen ein ehrliches Brot zu verdienen möglich war; denn sie waren offenbar von keinem Gewerbebetrieb ausgeschlossen, für den ihre Kräfte ausreichten.
Neben den vielen Frauen aber, welche auf diese Weise ihr Brot fanden, war die Zahl derer keine geringe, welche aus Rücksicht auf Alter, Stand, Gesundheit, durch Mangel an Betriebskapital und anderen Gründen, nicht in der Lage waren, durch eigenen Erwerb ihren Lebensunterhalt sich zu verdienen. Wie war nun für solche Frauen gesorgt? Da ist es vor allem eine auffallende Erscheinung, daß von der Mitte des 13. Jahrhunderts an das ganze 14. Jahrhundert hindurch eine beträchtliche Zunahme der Frauenklöster zu beobachten ist.
Die Kirche leistete mit ihren Mitteln und nach ihren Grundsätzen einen Beitrag zur Lösung der Frauenfrage. So vielen alleinstehenden Frauen sie aber auch in den Klöstern eine willkommene und sichere Zuflucht bieten mochte, so mögen doch vielleicht ebensoviele aus inneren und äußeren Gründen genöthigt gewesen sein, sich anderweitig um Unterkommen und Unterhalt umzusehen.
Besaßen solche Frauen Vermögen, so bot sich ihnen ein Ausweg dadurch, daß sie sich eine Leibrente kauften. Lebensversicherungs- und Altersver
sorgungsanstalten im heutigen Sinn gab es zwar noch nicht, aber es gab Städte, welche an stets wiederkehrendem Geldmangel litten. Diese suchten sich dadurch zu helfen, daß sie an eingesessene oder auch auswärtige Frauen Leibrenten verkauften. Die Frauen übergaben ihr Vermögen der betreffenden Stadt und diese übernahm dafür die Verpflichtung, ihnen lebenslang in genau festgesetzter Weise eine jährliche Rente zu bezahlen; nicht wenige einsame Frauenspersonen besonders vom Lande erhielten damit das Bürgerrecht in einer Stadt, genoßen deren Schutz und hatten ein verhältnißmäßig sorgenfreies Leben. (Schluß folgt.)
Tages-Neuigkeiten.
Deutsches Reich.
IN- Nagold, 5. Okt. Nachdem die freiwillige Feuerwehr letzten Sonntag 2mal Uebung hatte, fand am Mittwoch Abend nach 8 Uhr noch eine Nachtprobe statt, welcher Herr Landesfeuerwehr-Jnspector Großmann aus Stuttgart anwobnte. Auf die Alarms rung trat die Mannschaft rasch an und ohne Zögern wurde auch ruhig und präcis der Angriff auf den durch bengalische Beleuchtung als brennend dargestellten Steigerthurm ausgeführt. Nach der Probe war gesellige Unterhaltung im Gasthaus zum Engel, wozu sich neben Herrn Jnspector Großmann und Spritzenfabrikant Kurz aus Stuttgart auch Herr Oberamtmann Güntner und Herr Stadtschultheiß Engel eingefunden hatten. Herr Jnspector Großmann sprach sich über die «gelungene Probe, wie überhaupt über den guten Stand der hiesigen Feuerwehr in anerkennender Weise aus, während Herr Oberamtmann Güntner darauf hinwies, wie dieser Erfolg in erster Linie der Energie und Umsicht des Commandanten, Herrn Ehr. Schuster, zu verdanken sei, zugleich aber auch ermahnte, mit sittlichem Ernst festzuhalten an dem Wahlspruch der Feuerwehr: Gott zur Ehr', dem Nächsten zur Wehr! Bei gutem Stoff entwickelte sich ein gemächliches fröhliches Beisammensein und ein von Herrn Jnspector Großmann com- mandirter, gut ausgeführter Feuerwehr-Salamander trug viel zur allgemeinen Heiterkeit bei!
Calw, 3. Okt. Ein hiesiger Metzger fand beim Schlachten eines von einem Liebenzeller Bauern gekauften Ochsen im Magen des letzteren einen ledernen Geldbeutel, worin ein Zehnmarkstück in Gold, ein Fünfmarkstück in Silber, außerdem ein Einpfennig- und ein Zweipfennigstück sich befanden. Der Bauer wollte den Fund für sich beanspruchen, der Metzger gab jedoch das Geld dem Knecht, der den Ochsen geschlachtet hatte. (N. T.)
Von der oberen Nagold, 4. Okt. Indem kleinen Gehöfte Schorrenthal bei Göttelfingen a. d. Walde geriethen dieser Tage zwei Kinder ins Freie, eilten einer in der Nähe gelegenen Schleifmühle zu und leiteten das klein fließende Bachwasser mittelst des Leitungsbehälters auf den Schleifstein, so daß dieser in langsame Rotation gesetzt wurde. Dabei kam das 2jährige kleinere Kind dem Steine zu nah, wurde erfaß und förmlich zerdrückt. (N. T.)
Aus dem Oberamt Freudenstadt, 3. Okt. In Jgelsberg wurde ins Haus der Wittwe Frey eingestiegen, während sämmtliche Hausbewohner auf dem Felde beschäftigt waren: die in der Wohnstube stehende Kommode wurde aufgesprengt und daraus 75 baar Geld und drei Pfandbriefe des Kapitalistenvereins Stuttgart im Betrage von 1700 <4L gestohlen. Dem im gleichen Hofe wohnenden Bauern Philipp Mast wurde die Kommode ebenfalls erbrochen und eine Uhr und ein goldener Ehering entwendet. Der Verdacht der Thä- terschaft ruht auf einem Hausirer und zwei Handwerksburschen.
Rottenburg, 3. Oktober. Zum drittenmal in vier Wochen erklangen heute Vormittag 10 Uhr die Feuerglocken. Es war in dem dem Glaser Fetzgus zugehörigen Hause Nr. 23 in der Königsstraße ein Brand ausgebrochcn. Durch schnelle Hilfeleistung konnte jedoch binnen einer halben