Der Gesellschafter.

Amts und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

^F 116 .

Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donnerstag und Samstag, und kostet halbjährlich hier (ohne Trägcrlohn) 1 ^ 60-1, in dem Bezirk 2 außerhalb des Bezirks 2 40 Vierteljähr­

liches und Monatsabonnement nach Vcrhältniß.

Donnerstag den 5. Mtober.

Jnscrtionsgebühr für die Ispaltige Zeile aus ge­wöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 bei mehrmaliger je 6 Die Inserate müssen spätestens Morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgcgcben sein.

1882 .

Zum Abonnement

auf deu

Gesellschafter"

mit dem jeden Samstag beigegebenenDeutschen Un­terhaltungsblatt", Preis vierteljährlich bei der Expedi­tion 80 (ohne Trägerlohn), 1 innerhalb des Bezirks und 1. 20 außerhalb des Bezirks, laden wir freundlichst ein.

Nr. 1 des Deutschen UuterhaltungSblattes, die mit dem Gesellschafter vom 30. Septbr. ausgegeben wurde, wird den neu eintretenden Abonnenten auf Verlangen nachgeliefert.

Redaktion u. Expedition.

Nagold.

An die Grtsvorsteher.

Der auf den 1. ds. Mts. verlangte Bericht, betreffend Neu-Einschätzung oder Classisicirung von Gebäuden zur Brand-Versicherung steht von einer Anzahl von Gemeinden noch aus und ist zuverlässig binnen 6 Tagen zu erstatten.

Den 3. Oktober 1882.

K. Oberamt.

Spaeth, stv. Amtmann,

_ St.-V. _

Nagold.

An die Orts Vorsteher.

Diejenigen Ortsvorsteher, welche mit der Ein­sendung der Sportelverzeichuisse pro ult. September d. I. noch im Rückstand sind, haben dieselben zuver­lässig binnen 3 Tagen anher vorzuleqen.

Den 3. Oktober 1882.

K. Oberamt.

Spaeth, stv. Amtmann,

_St.-V._

Ueber den sinn- und endlosen Festschwindcl,

der gegenwärtig im Schwange geht, bringt die Bas­ler Handelszeitung ein ebenso tapferes als zeit­gemäßes Wort. Es ist, als ob in diesen Tagen den Leuten im Schweizerland die Binde von den Augen oder doch das Schloß vom Munde falle. Was man bisher nicht sah oder nicht zu sagen wagte, das wird jetzt auf einmal da und dort klar und rückhaltslos ausgesprochen. Es wäre auch in der That die höchste Zeit, daß endlich an die Stelle des Rausches die Nüchternheit träte. Die Handels­zeitung schreibt:Geradezu Eckel erregt es bei jedem Menschen, der auch nur einigermaßen noch sich ein eigenes Denkvermögen bewahrt hat, wenn man nun schon seit Anfang Mai in allen schweizerischen gro­ßen und kleinen Tagesblättern von nichts Anderem mehr liest, als von Festreden bei diesem oder jenem schweizerischen, kantonalen, Bezirks- oder sonstigen Schützen-, Turner-, Sänger-, Musikanten-, Prediger-, Juristen- rc. rc. Feste. Hat denn das Schweizervolk nichts Anderes zu thun, als Feste zu feiern, in Form von Reden leeres Stroh zu dreschen und das Geld zu vertrinken oder sonstwie zu verschleudern? Be­denkt das Schweizervolk nicht, welch' enormen land- wirthschaftlichen Schaden es sich durch diesen Fest­schwindel zusügt, abgesehen von den sittlichen Nach­theilen? Man hat in den meisten Kantonen die kirchlichen Feiertage auf das denkbar geringste Maß eingeschränkt, indem man ausrechnete, daß jeder sol­cher Feiertag so und so viel materiellen Schaden bringe, da an demselben keine Güter produzirt, folg­lich auch nichts verdient, wohl aber viel Geld aus­gegeben werde. Diese Berechnung war gewiß richtig;

wir glauben aber, daß die Schadenssumme, welche durch die kirchlichen Feiertage der Nation erwuchs, verschwindend klein war gegenüber jener, welche der Nation durch die Vereinsseiertage gegenwärtig erwächst. Würde sich überhaupt eine Berechnung anstellen lassen über den Werth der durch solche Vereinsfeste ver­säumten Arbeit und versäumten Verdienstes, über die Summen unnütz ausgegebenen Geldes, so würde, dessen sind wir fest überzeugt, nur für einen solchen Festsommer eine Summe herauskommen, welche mehr als hinreichen würde, nicht nur einen, sondern etliche Kantone für das betreffende Jahr von aller Steuer zu befreien. Ja, wir gehen noch einen Schritt wei­ter und sagen: die ganze moderne Vereins­meierei ist überhaupt ein Krebsübel; sie absor- birt auch außer den großen Festanlässen eine Masse von Zeit und Geld, welche besser für nützlichere Zwecke verwendet werden könnte; sie untergräbt die Sittlichkeit, das Familienleben, den Sinn für Arbeit­samkeit und Sparsamkeit, und nütztblutwenig. Denn sollte die schweizerische Freiheit in Zeiten der Gefahr durch die Sangsvereine z. B. gerettet wer­den, dann könnte sie gar leicht selbst flöten gehen. Zum Turuen braucht es keine Vereinskneipereien und Bereinsfeste, bei welchen ein größeres Quantum moralischer und physischer Gesundheit untergraben wird, als auf dem Turnplatz je mühsam konservirt ward. Zum Schießen ist das Militär da, und hat man so viel freie Zeit, um an Schützenfesten Tage lang herumzulungern, so hat man auch die Zeit, diese Kunst im reglementsmäßigen Militärdienst zu üben, wobei dann für das Vaterland jedenfalls mehr her­ausschaut als bei den Schützenfesten, bei welchen das Schießen für die Mehrzahl der Schützen Neben­sache, das Saufen aber die Hauptsache ist. Und sollte sich Mutter Helvetia einmal im Fall befinden, ihre Schützensöhne zum Beistand herbeizurufen, so würde die Handvoll Prvfessionsschützen ihr nicht hel­fen, wenn dieselben überhaupt kämtzn, was wir noch sehr bezweifeln, da es dann keine Becher u. Schützen- thaler zu empfangen gäbe, wohl aber blaue Bohnen. Und welch' ein Licht fällt mitunter auf solch ein Fest! So hat der Kanton Aargau eben ein mehrtägiges kantonales Schützenfest beendigt, bei dem es hoch hergieng und welches direkt und indirekt viel, viel Geld kostete. Und doch ist dies derselbe Kanton, dem die bekannten Nationalbahnstädte angehören, die ihre eingegangenen Verpflichtungen nicht erfüllen können", deren Bewohner aber für Schützen- und andere Feste Geld übrig haben. Im gewöhnlichen Leben wird Einer, der seine Schulden nicht bezahlt, aber bei Vergnügungen nicht fehlt und für solche Geld ausgiebt, mit einer Bezeichnung belegt, die wir hier nicht wiedergeben wollen. Wir wissen nun zwar wohl, daß wir mit diesen unfern Ansichten in ein Wespennest stechen, das kümmert uns aber nicht; Recht haben wir deßhalb doch! Und wir sind über­zeugt, daß Jeder, der ruhig über die Sache nach­denkt, der sich die nun schon seit Jahren anhaltenden Klagen über Verminderung des Volkswohlstandes, über schlechte Ernten, Verdienstlosigkeit, die stets wach­sende Auswanderung u. s. f. vergegenwärtigt, mit uns übereinstimmt, wenn wir sagen: Dieser Fest­schwindel ist ein mit allen erlaubten Mitteln zu bekämpfendes wirthschaftliches und sitt­liches Krebsübel, dessen Fortbestand u. Aus­dehnung die Schweiz an den Abgrund des Verderbens zu bringen vermag. Im vielge­priesenen Amerika fällt es Niemandem ein, alle Sonn­tage Feste zu feiern, und werden solche dort hoch

gefeiert, so geschieht es eben wiederum seitens der Schweizer und Deutschen; der praktische Aankee lacht dazu. Freilich ist so schnell keine Abhilfe gegen diese Fest- und Vereinsmeierei zu gewärtigen; aber daß früher oder später, vielleicht erst nachdem noch grö­ßerer Schaden angerichtet sein wird, die Axt an diese Mißstände gelegt werden muß, wenn der Niedergang unseres Volkslebens aufgehalten werden soll, steht bei uns und wohl bei jedem aufmerksamen Beob­achter fest." Wir müssen gestehen, daß wir diesen Worten ganz beipflichten. Dabei wird uns niemand im Verdacht haben, als ob wir etwa das Sedansfest verwerfen wollten. Im Gegentheil wir sind der Meinung, daß die verschiedenen Festfeiern anderer Art unserem Sedanstag nur Abbruch thun.

Die erledigte Postvcrwaltersstclle in Maulbronn wurde dem Postassistcntcn Adolf Schmid in Nagold gnädigst über­tragen.

Die Abiturientenprüfnng haben u. a. bestanden und und zu höherem Studium ermächtigt worden: Burkhardt, Gott­lob, S. d. Mechanikers in Rcichenbach, Wälde, Adolf, S. d. Stadtbaumeisters in Frcudcnstadt.

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

Herrenberg, 30. Sept. Gestern fand laut Sch. M." die Schlußprüfung in der hieß Haus­haltungsschule vor einem zahlreichen Publikum statt. Die landw. Vereine von Calw, Reutlingen, Rottenburg und Sulz waren hierbei durch Deputa­tionen vertreten. Die Anwesenden waren voll Lobes über die Leistungen der Anstalt, welche sich als ein tüchtiges Bildungsmittel für bürgerlich-bäuerliche Töchter erwiesen hat.

Stuttgart, 2. Dkt. Der gestrige letzte Tag des Volksfestes war noch über Erwarten vom Wet­ter begünstigt, so daß ganze Karawanen zu Fuß, mit der Pferde- oder Eisenbahn sich nach dem Wasen begaben. Es haben denn auch die Schaubudenbe­sitzer wie die Wirthe noch ein sehr gutes Geschäft gemacht. Von der verw. Rößleswirthin Hahn wurde gestern ein zweiter Ochse, wie zahlreiche Plakate be­sagten, lebendig gebraten. Hätte da der Thier­schutzverein nicht einschreiten sollen? (Ist doch kaum glaublich!)

Stuttgart, 2. Okt. Gestern Vormittag er­folgte die Einkleidung der neu eingetretenen Ein­jährigen. Morgen rückt zu den bereits vor sechs Wochen eingezogenen drei Kompagnien eine weitere von Ersatzreserviste» des vorigen Jahres zu vier­wöchentlicher Uebung ein und wird nunmehr das Bataillonsexerziren vorgenommen werden. Am6. Nov. werden die dreijährigen Rekruten eingestellt werden.

Stuttgart, 2. Okt. Der kommandirende General von Schachtmcyererläßt folgende Danksagung: Nach Beendigung der Herbstübnngen nehme ich in diesem Jahre ganz besondere Veranlassung, den Behörden und Gemeinden, welche die mili­tärische Einquartierung zu tragen hatten, im Namen des Ar­meekorps meinen aufrichtigsten und wärmsten Dank auszu­sprechen, da nicht nur durch die Ungunst der Verhältnisse ge­rade ein Thcil dieser Gemeinden von den Folgen der andauernd schlechten Witterung des vergangenen Sommers und des ver­heerenden Hagclschlages, der einen Theil des Landes durchzog, besonders schwer heimgesucht worden sind, sondern auch in Folge des schlechten Wetters während der Herbstübnngen selbst in größerem Umfang als gewöhnlich die stets eine engere Be­legung erfordernden Nothquarticrc in Anspruch genommen wer­den mutzten. Aber trotzdem, und obwohl so manche Hoffnung einer reichen Ernte sich nur halb erfüllen sollte, hat der Sol­dat überall die freundlichste Aufnahme und offenes Haus ge­funden, und sehe ich mit wiederholtem Dank in diesem Ent­gegenkommen die anerkcnnenswerthe Würdigung des Ernstes und der Nothwendigkeit dieser Leistungen des Einzelnen sür die Erhaltung der Wehrhaftigkeit und Tüchtigkeit unseres Hee­res zum Schutze des Ganzen. j(St.-A.)