entschädigt werde. Darauf bezogen sich die seit An­fang der Krisis betriebenen russischen Rüstungen in Transkaukasien und Bessarabien. In jenem Aus­gleichsprojekt gipste der Ernst der jetzigen Situation und liege der Keim einer möglichen künftigen Ver­wickelung, der die Politik des Zaren schon deshalb zuneige, um Rußland von den inneren Wirren nach außen abzulenkcn. (St.-A.)

Der deutsch-feindliche Ton erhält sich in den französischen Blättern. So greift die .Presse" in heftigster Weise bei Gelegenheit eines Artikels den Schwäbischen Merkur" an, welcher gesetzt hatte, daß die Franzosen den Krieg wollten, sie aber nicht mit dem Feuer spielen möchten, da Deutschland ihnen sonst leicht den Saldo ihrer Räubereien von 1792, d. h. neue Milliarden, abfordere, um einen Ring von Paris näherliegenden Festungen zu bauen. Die Presse" meint,die Franzosen Hütten 1792 aus Deutschland nur Wanzen nach Frankreich zurückge­bracht und weder Milliarden, noch Pendulen, noch Staatspapiere gestohlen, wie es die Deutschen 1870/71 in Frankreich gethan." Nach einigen wei­teren Schimpfereien sagt schließlich diePresse": Da derSchwäbische Merkur" uns mit einem neuen Festungsriug in der Nähe von Paris bedroht, so können wir ihm sagen, daß unsere Absicht nicht blos ist, Deutschland aus Metz zu verdrängen; wir rechnen darauf, es hinter den Rhein zu werfen. Die Natur hat diese Schranke zwischen dem Teuto­nen und dem Franken aufgeworfen; an einem oder dem andern Tage werden wir diese Schranke wieder erheben." (T. Chr.)

sAus dem Jahre 1870.) Der Figaro ver­öffentlicht nach einem Tagebuch eine geschichtlich in- terressante Unterredung, welche Fürst Bismarck am 13. Sept. 1870, also 11 Tage nach Sedan, in Reims mit dem ehemaligen dortigen Bürgermeister und Abg. Werle hatte. Werte kannte den Kanzler von den Frankfurter Bundeszeiten her und hatte Dank dieser Bekanntschaft mancherlei Vergünstigun­gen für seine Stadt und ihre Industrie, insbesondere die Wiedereröffnung der Sukkursale der Bank von Frankreich und die Zufuhr belgischer Kohlen erlangt. Vor dem Aufbruch des Hauptquartiers sagte nun Graf Bismarck zu Werle:Wir reisen morgen; ich verlasse Reims mit schwerem Herzen. Wir hofften den Frieden in Reims zu unterzeichnen; das war der Wille des Königs und mein heißester Wunsch. In dieser Hoffnung sind wir 10 Tage hier geblieben. Man zwingt uns, den Krieg fortzusetzen man wird es bedauern." Werle meinte, die deutschen Fricdensbedingungen würden wohl sehr hoch sein. Da antwortete der Kanzler:Wir verlangen 2 Mil­liarden und Straßburg mit einem Streifen Gebiet von 45 Meilen breit bis Weißenburg, damit beide Rheinufcr deutsch seien. Wir verlangen ferner den Zusammentritt der Kammern, denn mit ihnen allein können wir unterhandeln, und diese letztere Bedin­gung stößt auf den meisten Widerstand." Auf die Bemerkung Werle's, die Abtrennung französischen Gebiets würde bittere Erinnerungen und ein bestän­diges Motiv der Zurückforderung zurücklassen, also die Dauer des Friedens in Frage stellen, erwiderte Bismarck:Nicht im Interesse Preußens fordern wir ..Straßburg, sondern in demjenigen der süddeutschen Staaten. Dieselben fühlen sich nicht genügend sicher, so lauge Eure Straßburger Garnison, wenn sie über die Kehler Brücke geht, auf deutschem Boden ist. Also Baden, Württemberg und Bayern verlangen diese Bürgschaft und ihre Hilfe seit Beginn des Krie­ges war zu ehrlich, als daß wir diese ihre gerechte Forderung nicht berücksichtigen. Frankreich würde verletzt sein, ob wir Straßburg nähmen oder nicht; es wird uns Sedan ebensowenig vergeben, als die Oesterreicher Sadowa: das Bedürfniß nach Rache wird sich so wie so geltend machen, und da wir den Krieg eines Tages nicht vermeiden können, so ist es besser, wir haben den Schlüssel zu Frankreich in der Tasche, als Ihr denjenigen Deutschlands. Frankreich hat Deutschland in 200 Jahren lömal überfallen: man muß es unschädlich machen."

Ein St. Sedan feiernder Franzose ist der französische General Marquis d'Abzac, Besitzer des Schlosses Dyhernfurth bei Wohlan in Schlesien. Derselbe, ehemaliger Adjutant des Herzog von Ma­genta, hatte am letzten 2. September sümmtliche in Wohlan einquartirten Offiziere zu sich aufs Schloß cingeladcn und einen Toast ungefähr dahin ausge­sprochen, daß er sich freue, den heutigen Tag unter

preußischen Offizieren verleben zu können; vor zwölf Jahren sei er, der französische General, als preußi­scher Gefangener von Sedan nach Deutschland abge­führt worden, heute schätze er sich glücklich, die Herren auffordern zu dürfen, mit ihm in den Ruf einzustim­men:Se. Majestät, unser allergeliebter und verehr­ter Kaiser, erlebe hoch, hoch, hoch!" Wenn das die Pariser erfahren!

Bezüglich der in türkischen Dienst getretenen deutschen Offiziere erhält dieNordd. ,AUg. Ztg." von kompetenter Seite in Konstantinopel folgende Mittheilung:In letzterer Zeit haben deutsche und auswärtige Blätter wiederholt Berichte gebracht, nach denen es den Anschein gewinnt, als wenn die nach der Türkei entsendeten deutschen Offiziere dort auf Schwierigkeiten, ja geradezu auf Uebelwollen gesto­ßen wären, so daß ihre Sendung schon jetzt als eine gänzlich erfolglose anzusehen sei. Insoweit diesen Angaben wie es fast den Anschein hat, nicht ein gewisses System zu Grunde liegt, das die Absicht verfolgt, in türkischen Kreisen Mißstimmung gegen die beregten Offiziere zu erregen und ihnen dadurch ihre Arbeit zu erschweren, deren Erfolg vielleicht in manchen Kreisen nicht eben mit günstigen Augen an­gesehen werden würde, können sie nur auf sehr un­vollkommenen, ja geradezu falschen Informationen beruhen."

Eine förmliche Warnung, welche wir in einem ernsten Blatte, wie die BerlinerNationalzeitung", finden, scheint uns der weitesten Verbreitung Werth zu sein. Dem genannten Blatte wird nämlich aus Nizza geschrieben: Der Deutschenhaß treibt bereits aller Orten in Frankreich seine Blüthen. Nimmt man ein Blatt in die Hand, welcher Parteirichtung immer es angehören mag, es ist sicherlich angefüllt mit Schmähungen gegen die Deutschen in Frankreich oder gegen die deutsche Nation überhaupt. Die schamlosesten Lügenberichte werden fabrizirt, um den Haß gegen die Deutschen zu schüren, selbst die Blätter des Südens, welcher Jahr aus Jahr ein an die Hunderte von Deutschen während der Winter­zeit als Gäste besitzt, nehmen keinen Anstand, diesen Haß gegen die Deutschen offen zur Schau zu tragen. Wenn der französische Chauvinismus sich eines Ta­ges in der einen oder anderen Weise Luft machen sollte, so würde die Stellung der Deutschen bedenk­lich werden. Wir rathen auf das Ernsthafteste allen deutschen jungen Männern, welche die Absicht haben, nach Frankreich zu gehen, dies zu unterlassen, wollen sie sich nicht den größten Beleidigungen aus­setzen. Wer sich in der frarrzvsischen Sprache ver­vollkommnen will, der gehe nach Belgien oder der französischen Schweiz. Selbst denjenigen, welche die Absicht haben, die Wintermonate im Süden zuzu- briugen, rathen wir unter diesen Umständen, nach Italien zu gehen, anstatt nach dem Süden Frankreichs.

Oestrrreich-Uugarn.

Wien, 14. Sept. In Kapolna in Ungarn ereignete sich ein sensationeller Fall von Lynchjustiz; der Steuerexecutvr wurde von den Bewohnern thüt- lich insultirt und streckte zwei der Angreifer durch Revolverschüsse zu Boden. Er mußte sich in ein Haus flüchten und dieses wurde sodann von dem erregten Volke augezüudet, so daß der Executor mit verbrannte. Aus Miskolcz mußte Militär requirirt werden.

Budapest, 13. Sept. (Massenmord.) Ueber eine entsetzliche Mordthat wird der EsseggerDrau" berichtet: Der Handlungskommis Moriz Beßzmann sollte am 7. ds. in Palanka seine Verlobung feiern. Um 4 Uhr waren im Hause des Brautvaters Hern- bach sümmtliche Gäste -versammelt, und eben sollte der Verlobungsakt vor sich gehen, als ein Gendarm die Zimmerthür aufriß und aus einem Hinterlader einen Schuß auf den Bräutigam abfeuerte. Die Kugel streifte jedoch nur den Mauschettenknopf und kam rückwärts beim Armloch hervor, ohne den Bräu­tigam zu verletzen; dagegen traf sie den Palankaer Bürger Adolf Kohn, welcher sofort todt zusammen- stürzre. Hiermit nicht zufrieden, feuerte der Wüthe- rich einen zweiten Schuß ab, welcher den Produkten- händler Moriz Schwarz zu Boden streckte. Nun flüchteten sämmlliche Verlobungsgäste, der Gendarm aber fuhr fort, in die Masse der Flüchtenden zu schießen und tödtete auf diese Weise noch zwölf Per­sonen, darunter auch einige Frauen. Unversehrt gingen von sämmtlichen Anwesenden nur der Chef des Bräutigams, dieser selbst, dann der Brautvater und die Braut hervor, die übrigen Gäste wurden

theils gctödtet , theils schwerer, theils leichter ver­wundet. Unmittelbar nach der vollbrachten Schreckens- that begab sich der Unglücksmensch in ein Zimmer in die Kaserne und feuerte gegen sich selbst einen Schuß ab, der den sofortigen Tod zur Folge hatte. Als Motiv des Massenmordes wird unglückliche Liebe zur Braut angegeben, welcher weder diese noch die Eltern je Gehör schenkten.

Fraukreich.

Paris, 14. Sept. DieRepl. franc." schreibt, die Engländer hätten durch die nunmehr erfolgte Zermalmung der Streitkräfte des ehrgeizigen Aben­teurers Arabi, der die Fellahs nur habe unterjochen und aussaugen wollen, der Sache der Civilisation einen großen Dienst erwiesen.

Paris, 16. Sept. (Fr. I.) Arabi richtete ein Schreiben an den Khedive, worin er bat, ihm das Unglück zu verzeihen, das er über Egypten ge­bracht.

Die Republique frauyaise droht, wenn England in dem Congreß mit der Absicht komme, ein Pro- tectorat über Egypten auszuübcn, so wird es die Unterstützung Frankreichs nicht haben.

Ein französischer Volkswirth hat dieser Tage die Franzosen ob der drohenden deutschen Konkur­renz damit getröstet, daß Bismarcks System Deutsch­land zu Grunde richte und für Frankreich die beste Revanche für Sedan sei. Der Telegraphe entgeg­nen darauf:Zum Unglück für uns entwickeln die geschützten Industrien Deutschlands ihre Kräfte in enormen Verhältnissen, und jetzt führt, wie Herr Marteau (in den ^.nnales äu eominoroo sxtöriour) bestätigt, Deutschland für mehr als 2 Milliarden Fabrikate aus, während wir nur für 1700 Mill. ausführcn. Die Deutschen haben billigere Arbeits­löhne und billigere Kohlen, sie zahlen kaum halb so hohe Steuern als wir, und ihre Transporte sind minder schwer als die unfern. Wir begegnen jetzt den deutschen Fabrikanten in Konkurrenz auf fast allen Märkten der Welt und besonders in Italien. Seit der Durchstechung des Gotthard verdoppeln sich die deutschen Einfuhren in Italien, während die un­fern fortwährend Nachlassen." Wie dem begegnen? Die Durchstechung des Simplon wird zunächst em­pfohlen, um die Entfernung von Paris nach Mai­land auf 835 lrin zu kürzen, die jetzt durch den Mont Cenis 951 und durch den Gotthard 906 Irin betrage. Diedeutsche Konkurrenz" ist jetzt das Hauptthema des Tages.

DerTemps" macht mit Recht darauf auf­merksam, daß die Türkei von dem Schlag, der sie bei Tel-cl-Kebir getroffen, auf's tiefste erschüttert sei. Der kranke Mann sei im Stadium der Blutzersetzung angelaugt, und da helfe nicht einmal der beste Arzt, in diesem Falle auch Bismarck nicht. Man werde bald sehen, wie Arabien sich unabhängig machen werde. Kreta werde sich an Griechenland anschließen u. s. w. Die Gesetze der Geschichte seien unerbittlich, und wer nicht mit marschiren könne im Kampf um's Dasein, der sei verloren. Wehe den Schwachen und wehe besonders den Verdorbenen, de» Verfaulten! England.

London, 15. Septbr., 4 Uhr Nachm. Aus Benha wird unterm heutigen Datum von General Wolseley offiziell gemeldet, daß Arabi Pascha mit 10,000 Mann in Cairo die Waffen niedergelegt habe und der Polizeipräfect die Ruhe verbürge. Er, der General, reise sofort nach Cairo. Nach Nachrich­ten von heute aus Jsmailia waren daselbst 27 egyp- tische Offiziere eingetrosfen und wurden 1200 Ge­fangene erwartet. (Fr. I.)

London, 15. Sept. Aus Alexandrien wird berichtet: Arabi Pascha wurde bei seiner Ankunft in Kairo vom Polizeipräfekten arretirt und der eng­lischen Cavallerie, welche um sieben Uhr gestern Abends eiutraf, überliefert. Die Infanterie erreichte Kairo heute Morgens. Die Pioniere repariren die Eisenbahn und den Telegraph nach Kairo bei Millaha.

London, 15. Sept. Eine Depesche Wolse- leys meldet, daß er in Kairo angekommen und von allen Klassen der Bevölkerung mit offenen Armen empfangen worden sei. Wolseley fügt hinzu, daß der egyptische Krieg beendet sei und daß keine Truppen von England mehr zu schicken wären; er werde den Schwerpunkt der Operation von Js­mailia nach Alexandrien verlegen. Arabi und Tulba Pascha ergaben sich bedingungslos; Arabis Truppen, 10,000 Mann, legten die Waffen nieder.

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