Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oderamts-Bezirk Nagold.

MM.

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außerhalb des Bezirks 2 40 4. Vierteljähr­

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Donnerstag den 14. September.

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1882.

O. L. Ueber ZwangshagestVcrsicherung

von Tb. Kettner in «chorndors.

I.

Wenn nach der neuesten Feststellung im Staats-Anzeiger" die 3 stärksten Hagelschäden im Laufe von 50 Jahren je den Betrag von 10 Mil­lionen Mark kaum erreicht oder jedenfalls nicht erheb­lich überschritten haben, so wird für einen^bestimm- ten größeren Zeitraum ein Durchschnitts-Schadens­betrag von 3 Millionen angenommen werden dürfen.

Diese Summe mag nach eingehenden Erhebungen noch eine Aendcrung erleiden, inzwischen kann dieselbe als Grundlage für die weiteren Ausführungen dienen.

Würde diese Summe demnach von den Be­theiligten jährlich für eine bestimmte Reihe von Jah­ren aufgebracht, so konnten die betreffenden Schäden dauernd entschädigt werden, vorbehaltlich eines Be­triebsfonds für einen etwa im Anfang der Periode eintretenden größeren Bedarf.

Wetterschlag ist eines jener Naturereignisse, das dem Betroffenen immer gewisse, durch keine Art von Entschädigung auszugleichende Verluste beibringt; der Wctterfchlag ist ein Unglück, gegen dessen ganze Schwere menschliche Einrichtungen keinen vollen Schutz gewähren können.

Eine staatliche Einrichtung muß, durch eine Reihe von Gründen und Erwägungen gebunden, sich darauf beschränken, die Existenzfähigkeit einer Erwerbsklassc bis zu eineb gewissen Grenze zu schützen; Verluste zu versichern, welche an Einnahmen erlitten werden, die zufällig und in gewissem Grade Glücksfülle sind, kann wohl nicht unter ihre Auf­gabe fallen.

Von diesem Gesichtspunkte aus könnte sich die staatliche Hagelversicherung auf Entschädigungen be­schränken , welche der Weinberg und der Acker erlei­den, letzterer, soweit er Brodfrüchte und Haudelsge- wächse trägt.

Von Kartoffeln und Futtergewächsen könnte viel­leicht ganz abgesehen werden, ebenso von den Wiesen.

Ohne diese Punkte näher zu motiviren, berufe ich mich auf die Erfahrung Derjenigen, welche solche Einschätzungen vielfach gemacht haben und glaube in der Hauptsache auf ihre Zustimmung rechnen zu dürfen.

Nicht so einfach liegt die Sache vielleicht bei den Baumgütern. Ein Obstertrag wird Wohl allgemein als ein Glücksfall angesehen werden. In die Existenzfrage, die die regelmäßige Ertragsrech­nung , soweit sie die Ernährung und die Lebensbe­dingungen einer Wirthschaft begründet, fällr der Obst­ertrag vielleicht nur bei Pachtungen. Bei großem und kleinem Eigenthum ist er allerdings sehr erwünscht, was eben meistens ein Glücksfall.

Seitdem man das Obst überhaupt fast aus­schließlich nur noch als Genußmittel, als Getränke verwerthet und dasselbe als Nahrungsmittel leider aufgehört hat, eine Rolle zu spielen, seitdem ist es in mancher Hinsicht zum Luxusartikel geworden und mag als solcher außerhalb derjenigen staatlichen Be­rücksichtigung bleiben, welche im vorliegenden Fall nur den Existenzbedingungen des Landbaus Rechnung zu tragen hätte.

Aber auch die ganz erheblichen Schwierigkeiten, welche Obst- und Baumschäden durch Hagel einer genauen Abschätzung bieten, sprechen gegen deren Hereinziehung. Auch hierin appellire ich an die er­fahrenen Schätzer.

Bleibt sonach zum Ersatz berechtigt nur der Korn- und der Repsacker, Hopfen, Mohn u. s. w.

und der Weinberg, so liegt auch diesen im Ganzen die Verpflichtung ob, die 3 Millionen jährlich zu zahlen.

Die Schulstellc in Altnuifra, Bez. Altenstaig, wurde dem SchulamtSvenvcser Renz in Schrcindorj, Bez. Ellwangen, übertragen.

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

* Nagold, 13. Sept. Durch die Einquar- tirung von württ. Manöver-Truppen vom letzten Freitag bis Montag war unsere Stadt sehr belebt und bewegt; man glaubte sich wieder allenthalten in das 1871er Jahr versetzt. Die Quartierträger wendeten alles auf, um den ermüdeten Gästen die Stunden der Erholung so angenehm als möglich zu machen Ausnahmen von Unzufriedenen und Unzuträglich- keitcn sind ja nirgends zu vermeiden. Einen be­sonderen Anziehungspunkt bildete das Musikchor, bei dessen Produktionen vor den Quartieren ihrer obersten Befehlshabern sich immer eine zahlreiche Zuhörerschaft einfand. Die Wirthschaften waren auch immer sehr frcguentirt und soll dadurch das bessere Bier sehr zur Neige gekommen sein. Den Sonntag früh erfreute uns die Musik mit einem herrlichen Choral vom Thurine. Den Gottesdienst besuchten viele Militärs, auch der größere Thcil der Offiziere, welcher wie­derum durch die Musik seine besondere Feier erhielt. Dazu noch die wirklich geistvolle herrliche Predigt des Herrn Professor Frohnmeyer und wir dür­fen behaupten, daß Nagold noch nie eine so schöne würdige kirchliche Feier des Geburtsfestes Ihrer Ma­jestät der Königin begehen durfte. Am Nachmittag bei schönster Witterung bildete unsere Schloßberg- Ruine den Anziehungspunkt: in buntestem Gewühle lauschte alles der herrlichen Musik, bis die Tanzlust sich rege machte. Abends hatte der große Zapfen­streich durch die Hauptstraßen noch einmal Jung und Alt auf die Beine gebracht. Am Montag rückte noch eine Abtheilung Füsiliere, ca. 500 Mann ein, welche uns aber am Dienstag früh mit der noch übrigen Mannschaft wieder verließen. Leider hatten wir wie am Sonntag Abend gestern vor Mitternacht wieder ein so heftiges mit Sturm und Regen be­gleitetes Gewitter, daß wir neben der üblichen Stille nun auch durch die kühle und regnerische Witterung sehr nüchtern und nicht sehr freudig ge­stimmt sind; denn es warten noch so manche Ernte- erträgniffe besserer Witterung.

Nagold. Der hiesige Stadtwald hat in den letzten 5 Jahren an Nebennutzungen so hohe Erträge abgeworfen, wie sie wohl selten in einem andern gleich großen Gemeindewald Vorkommen. Insbesondere wird durch die Einnahmen aus den in Pflanzschulen neben dem eigenen Bedarf erzogenen Waldpflanzen (und aus Christbäumen in zu dicht stehenden Jungwüchsen) der übrigens gegen früher erheblich verringerte jährliche Kultur-Aufwand meist nahezu gedeckt. Sodann wurde Heuer aus Weiß- und Roth-Tannenzapfen in denjenigen Abtheilun­gen, wo der Samen zur Verjüngung noch nicht er­forderlich ist, der sehr hohe Reinertrag von 701 -4L erzielt.

Stuttgart, 8. Septbr. Die Wanderver­sammlung der württ. Gewerbevereine findet am Sonntag den 17. und Montag den 18. Septbr. im Rathhaussaal zu Backnang statt. Die Tagesord­nung ist folgendermaßen festgestellt: Rechenschafts­bericht; Wahl des Vorstandes und des Stellver­treters desselben, sowie des Ausschusses und des

Orts der nächsten Wanderversammlung; Schleichwegs einer unlohalen Konkurrenz (gewerbliche Fälschungen), Referent Dr. Huber; das Submissionswesen, Refe­rent Fabrikant Bezner von Heilbronn; der Hausir- handel, Referent derselbe; die allgemeine Einführung von Gewerbekammern im deutschen Reiche, Referent Rechtsanwalt Hetzet, Sekretär der Handels- und Gewerbekammer in Ulm; statistische Erhebungen des Jnnungswesens, Referent Fabrikant Esenwein von Backnang. (T. Ehr.)

Stuttgart, 10. Sept. Minister v. Holder hat in den letzten Tagen die besonders vom Hagel heimgesuchten Oberämter Reutlingen und Nürtingen bereist; es scheint also, daß regierungsseitig in irgend einer Weise helfend eingegriffen werden will. Samm­lungen sind schon längere Zeit im Gang, aber mit Ausnahme der bedeuteuden Gaben des Königs (10,000 Mark) und der Königin (2000 ^L) hört man wenig von Bethätigung besonderer Mildthätigkeit. Zu den vorstehend besprochenen Landplagen gesellt sich nun auch eine dritte, von der wir bisher ziemlich ver­schont geblieben sind : der Antisemitismus beginnt sich auch bei uns zu regen. Ein bisher ganz unbe­kannterReformverein" hat auf gestern Abend in eine obscure Kneipe der inneren Stadt eine Ver­sammlung ausgeschrieben, in welcher eine sympathische Kundgebung für den Antisemiten-Kongreß in Dres­den beschlossen worden sein soll. Es ist nicht auzu- uehmen, daß derlei Tendenzen bei der musterhaften Toleranz, die in unserer Stadt herrscht, bei uns Anklang finden. Eine dieser Tage zur Publi­kation gelangte Pensionirung verdient der Er­wähnung. Es ist dies die des Vorstandes des ka­tholischen Kirchenrathes, Regierungspräsidenten von Schmidt, der seinem Ansuchen gemäß wegen vor­gerückten Alters und geschwächter Gesundheit in den Ruhestand versetzt und auch von der Stelle eines Regierungscommissars und Vorstandes der israeliti­schen Oberkirchcnbehörde enthoben wurde. Als sein Nachfolger gilt in unterrichteten Kreisen der Ober- landesgcrichtsrath Hohl, Präsident der Abgeord­netenkammer. (Fr. I.)

Seine Majestät der König hat aus Anlaß des Geburtsfestes Seiner hohen Gemahlin einer grö­ßeren Anzahl Strafgefangener Begnadigung zu Theil werden lassen; auch, wie in früheren Jahren, die unentgeltliche Speisung der unbemittelten Besucher der Stuttgarter Volksküchen am heutigen Tage an­geordnet.

In Ludwigsburg wurde durch gemeinde- räthl. Beschluß der Gaspreis von 25 ^ per Ku­bikmeter auf 20 ^ erniedrigt. Die Gasfabrik ist städtisches Eigenthum und figurirte im städtischen Etat schon seit mehreren Jahren mit einem Reinge­winn von 24,000

Brandfälle: In Klein-Eislingen (Göp­pingen) am 9. Sept. das Wohnhaus eines Bäckers; in Calw am 11. September durch Blitzschlag eine mit Vorräthen gefüllte Scheune in Sommenhardt; in Eßlingen in der Nacht vom Sonntag aus Montag der Dachstuhl des Fabrikgebäudes der Bijou­teriefabrikanten Kälberer und Huttenlocher.

Ulm, 10. Sept. In Sinabronn wurde heute ein Altmütterchen von 90 Jahren begraben, mit deren Leiche nicht weniger als 10 Kinder gingen.

Karlsruhe, 9. Sept. Anläßlich des Geburts­tages des Großherzogs platzte auf der Insel Mainau ein Böller, riß einem Arbeiter den Kopf ab und zer­schmetterte einem anderen das Bein. (T. Chr.^