nach dem über die Entschädigungspflicht der Bahnverwaltung entscheidend ist.
Die Zahl der Todten bei dem Eisenbahnunglück beträgt nach amtlicher Erhebung 56, wovon 52 auf der Stelle todt geblieben und 4 nach erfolgter Aufnahme in das Spital gestorben sind. Es sind beinahe ausschließlich Einwohner von Kolmar, Münster und aus deren unmittelbarer Nachbarschaft. Vom Zugspersonale hat Niemand erheblichere Verletzungen davongetragen. Die Ursache des Unfalles ist zur Zeit noch nicht zuverlässig festgestellt.
Freiburg, .6. Septbr. Ihr Berichterstatter war heute nochmals an der Unglücksstätte. Trotzdem Hunderte von Arbeitern beschäftigt sind, schreiten die Arbeiten nur sehr langsam vorwärts. Die Verwüstung ist zu groß. Die Stücke werden mit Schaufeln und ähnlichen Geräthen entfernt; einzelne Waggons lassen gar nicht erkennen, welchem Zweck sie gedient. Sonnenschirme, Kleiderfetzen, Cigarren liegen blutgetränkt unter den Trümmern. Mit Entsetzen sieht das Auge die Blutlachen, die noch setzt von der schrecklichen Qual zeugen, die hier erlitten wurde. Die Maschine („Kniebis") soll eine der stärksten unter den im Betriebe befindlichen gewesen sein. Sie hat sich bis zum Kessel in den Boden eingegraben. Der Andrang von Neugierigen von auswärts ist sehr stark, Tausende von Menschen umstehen noch immer den unheilvollen Ort. Der Betrieb wird wohl diese Woche kaum mehr wieder ausgenommen werden können. (Fr. I.)
Offenbach, 6. Sept. Die Stearinlichterfabrik von Gebrüder Vollmar steht in vollen Flammen. Die Fabrik ist fast vollständig zerstört worden. Sämmtliche Gebäude waren versichert. Bemerkenswerth ist, daß dieselbe Fabrik genau vor 22 Jahren schon einmal durch das Feuer vollständig zerstört wurde. (W. L.)
Nürnberg, 7. Sept. Der nach Würzburg abgegangene Viehzug entgleiste bei Jphofen. Lokomotivführer und Bremser wurden getödtet.
Breslau, 6. Sept. Der Kaiser ist mit dem Kronprinzenpaare gestern Abend 7Vr Uhr im besten Wohlsein hier eingetroffen. Die Herrschaften wurden am Bahnhof vom Großfürsten Wladimir von Rußland mit Gemahlin, der Prinzessin Albrccht, dem Erbprinzen von Meiningen, vom Fürstbischof und Weihbischof, der Generalität und den Spitzen der Behörden empfangen und fuhren unter endlosem Jubel riesiger Volksmengen durch die festlich geschmückten und erleuchteten Straßen, in welchen die Krieger- Vereine Spalier bildeten, nach dem königlichen Palast, wo eine Ehrenwache aufgezogen war. Der Kaiser saß mit dem Kronprinzen in einem offenen' Wagen. Um 9 Uhr fand großer Zapfenstreich statt. Das Wetter ist prachtvoll.
Breslau, 6. Sept. Die Parade des fünften Armeekorps bei Bahren war vom prächtigsten Wetter begünstigt. Um 11^/2 Uhr Vormittags traf der Kaiser mit dem Kronprinzen, der Kronprinzessin und dem übrigen Prinzen und fürstlichen Personen bei Neuendorff ein, stieg dort zu Pferde und nahm die Parade über etwa 25,000 Mann ab. Die Kronprinzessin, die gleichfalls in den Sattel gestiegen war, führte in der Uniform des 2. Leibhusaren-Regiments dieses Regiment dem Kaiser vor. Der Kaiser führte die Königsgrenadiere vor. Der Kaiser ritt sodann die Front der 53 Kriegervereine der Provinz Posen ab und fuhr zum Dejeuner nach Schloß Dyrensurth.
Berlin, 6. Sept. Die „Kreuzzeitung" ist überzeugt, daß der Besuch des österreichischen Kronprinzenpaares in Breslau ein weiteres Zeichen der herzlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Oesterreich bildet und daß die herzlichste Begrüßung der Gäste seitens der Bevölkerung stattfinden wird.
Berlin, 7. Sept. Die Nationalzeitung bringt folgende Mitthciluug aus Petersburg: Angesichts der egyptischcn Wirren sei die Mobilisirung von vier Armeekorps in Aussicht genommen. Rußland gedenke, in der Regelung der egyptischcn Frage ein entscheidendes Wort mitzusprechen. (Fr. I.)
In Berlin ist am Montag die 63jährigc Frau Königsbeck, gcb. Donner, welche bereits dreimal verheirathet gewesen, von ihren beiden ersten Männern geschieden und mit ihrem jetzigen Gatten, der außerhalb Berlins wohnt, in einem Scheidungsprozeß begriffen war, ermordet in ihrer Wohnung anfgcfundcn worden. Man fand die Bewohnerin mit durchschnittenem Halse auf dem Fußboden, die Arme mit Blut vollständig besudelt, in einer Hand
ei» Büschel fremder Haare haltend. Irgendwelche Spur des Thäters ist bisher nicht ermittelt.
Bei Besprechung einer neu patentirten , aus Holz und Stahl gefertigten „Schreib- und Lesestütze", in welche das Kinn des Kindes eingestützt wird zur Verhinderung der Kurzsichtigkeit, sagt der „Bund" Folgendes: „So, lieber kleiner Galeerensklave der modernen Schulpraxis, jetzt kannst du's wieder ein Bischen länger aushalten, ohne den Kopf auf die Bank zu legen. Der Apparat ist gut ausgesonnen; aber der beste Apparat zur Verhinderung der Kurzsichtigkeit und aller anderen Schulkrankheiten wäre Herabsetzung der unsinnig hoch gesteckten Unterrichtsziele, Verminderung der Schulzeit für alle Schüler auf die Hälfte, Verbot häuslicher Aufgaben und die Ausrottung der ganzen pädagogischen Phylloxera, die am Lebensmark unserer Kinder zehrt."
Der Student Bismarck vergaß oft lange, nach Haus zu schreiben und einmal so lang, daß sein Vater auf Kniep- hof ängstlich an den Professor Wappäus in Güttingen schrieb, er möge sich erkundigen, was seinem Sohne fehle und ihm die beifolgenden 50 Thalcr übergeben. Bismarck gr. war aber nicht krank, sondern nur schreibfaul, weil es ihm zu gut ging, wie er jetzt nach 50 Jahren (der väterliche Brief wurde ihm als Andenken geschickt) selbst bezeugt. Die Schrcibfaulheit haben sich seitdem manche Studenten, die gerne Bismarcks werden möchten, angceignct, die „Herren Eltern" sind aber ge- scheidtcr geworden und sagen: Kein Brief, kein Geld.
Oesterreich-Ungar«.
Wien, 6. Sept. In der heutigen Nacht wurden 26 der radikalen Arbeiterpartei ungehörige Personen nach umfassender Hausdurchsuchung in Verwahrung genommen. (W. L.)
Frankreich.
Kriegminister Billot traf heute Morgen in Belfort zur Inspektion der neuen Festungswerke ein und setzt morgen seine Beaufsichtigung an der Grenze fort. Dann geht er nach Calais, um die dortigen Bauten anzusehen; cs wurde Befehl zur Beschleunigung dieser Festungsbauten ertheilt.
England.
London, 5. Septbr. Die Meldungen vom egyptischen Kriegsschauplätze lauten nicht sehr erfreulich und die Stimmung ist eine sichtlich gedrückte. Die Schwierigkeiten für die Armee stellen sich immer als größer da, Verpflegung und Transport lassen geradezu Alles zu wünschen übrig und selbst die Bewaffnung der Infanterie erweist sich als nicht tadellos. Bezeichnend ist, daß man allgemein sagt, es sei ein Glück, daß sich Wolseley keinem anderen, rührigeren und energischeren Gegner gegenüber befinde als die Egypter sind. (Fr. I.)
London, 6. Sept. Aus Alexandrien wird berichtet: Arabi lasse das Land oberhalb Zagazig überschwemmen. Der Süßwasserkanal nach Jsmai- lia fällt rasch.
London, 6. Sept. In Paris griffen in letzter Nacht zahlreiche Mitglieder der Patriotenliga den Geranten der „Lanterne", Mayer, beim Odeontheater thätlich an. Dieselben versuchten außerdem die Menge gegen die Deutschen aufzureizen.
London, 7. Septbr. „Times" meldet aus Paris: Gerüchtweise verlautet, England und die Türkei Unterzeichneten gleichzeitig mit der Militärkonvention einen geheimen Vertrag über die Reorganisation und Verwaltung Egyptens nach der Niederwerfung Arabis. (?)
Endlich hat sich das Kriegsministerium entschlossen, ein Luftballonkorps auszurüsten. In Woolwich fanden sich noch drei Militärluftballons; sie sollen nebst dem Luftballonwaggon und den übrigen für die Luftschiffer unentbehrlichen Gegenständen aus dem Dampfer „Tana" eingeschifft werden. Auch der leichte Belagerungspark ist zur Einschiffung bereit.
Rußland.
(Bibeln als nihilistisch angesehen.) Die „Nowje-Wremja" meldet, der bekannte englische Missionar Lansdale, der jetzt in Sibirien reise, sei wegen Vertheilung von Bibeln, welche die Polizei für nihilistische Proklamationen hielt, nach Perm zurück- transportirt worden. Erst dort habe er nach vielen Mühen die Freiheit wieder erhalten.
Petersburg, 5. Septbr. Der in den letzten Tagen bei dem Manöver der Sappeure in Jshora stattgefundenc Zusammenbruch einer Brücke, bei welchem die Suite des Kaisers in das Wasser stürzte, während nur der Kaiser, die Kaiserin und der Thronfolger glücklich davoukamen, wird in amtlichen Kreisen wohl geleugnet und nur von Eiwgen als ein ganz
wesenloser Zwischenfall hingestellt, ist aber, nach-den besten Informationen, gleichwohl im ganzen gemeldeten Umfange wahr und stellt sich als ein förmliches Attentat heraus, dessen Urheber freilich nicht bekannt sind. Die Stimmung in Hofkreisen ist eine sehr deprimirte und es ist nicht unmöglich, daß auch dieser Vorfall eine verzögernde Wirkung auf die Krönung ausübt. (Fr. I.)
Türkei.
Konstantinopel, 5. Sept. Zwischen der Pforte und England ist nunmehr über die Ausschiffung der türkischen Truppen in Port-Said und über die Proklamation, welche Arabi Pasche als Rebellen erklärt, ein Einverständniß erzielt worden.
Konstantinopel, 5. Sept. Die Publizi- rung der Proklamation gegen Arabi erfolgt vor der Ausschiffung der türkischen Truppen. Die Unterzeichnung der Militär-Konvention wird im Laufe der Woche erwartet.
Konstantinopel, 6. Sept. Die Proclamation des Sultans an das egyptische Volk ist nunmehr gedruckt; dieselbe erklärt Arabi Pascha als einen Rebellen, weil er dem Khedive und Derwisch Pascha keinen Gehorsam geleistet und dadurch die Intervention Englands herbeigeführt habe. Die Verleihung des Medschidje-Ordens 1. Klasse an Arabi sei auf Vorschlag Derwisch Pascha's und auf Grund der Betheuerungen der Treue seitens Arabis erfolgt. Die Proklamation ermahnt die Egypter zum Gehorsam gegen den Khedive.
Aus Konstantinopel wird gemeldet: Die Pforte hat die Nachricht erhalten, daß 30,000 Beduinen aus dem Innern von Tripolis nach Egypten unterwegs sind. Die türkischen Behörden der Provinz Tripolis haben folglich den Befehl erhalten, Maßregeln zu ergreifen, um die Beduinen an der Ueberschreitung der Grenze zu verhindern. Der britische Botschafter hat die Pforte benachrichtigt, das; die Ortsbehörden in Beirut die Ausfuhr der für die englische Armee in Egypten angekauften Maulesel noch immer verhindern. — Aus Odessa kommt die Nachricht, daß engl. Agenten daselbst viele Tausende von Schafen und anderes Vieh für Egypten kaufen.
Egypten.
„Daily News" meldet: Es wird ein schneller Vorstoß gegen Kairo erwartet. (N. T.)
Aus Kassassin meldet man: Gestern fand zwischen den beiderseitigen Vorposten ein lebhaftes Ge- wchrfeucr statt. 8000 Araber halten Saladich besetzt. Amerika.
New-Jork, 5. Sept. Edison's Centralstation hat Nachts auf 6 Meilen Leitung die elekrische Beleuchtung begonnen und zwar in 100 Gebäuden, mit je 3 bis 100 Lampen, welche rund um die Centralstation auf Entfernung bis zu 1000 Meter liegen. Täglich werden 10—20 Gebäude neu hinzugefügt. Alle Abonnenten können ihr Licht Tag und Nacht ohne Unterbrechung haben und zahlen den gleichen Preis wie für Gas. Die New-Aorker Morgenblätter berichten überaus anerkennend. Der „He- rald" schreibt: „In den Läden und Geschäftshäusern wurde gestern mit einer ungewohnten Beleuchtung begonnen. Edison's Glühlampen funktionirten zum ersten Male zur Beleuchtung des ersten Distrikts. Das Resultat war ein eminent befriedigendes. Der leuchtende Kohlenfaden that seine Schuldigkeit in glänzender Weise." Die „Times" sagt: „Edison's Riesendynamos haben gestern Nachmittag um 3 Uhr angefangen zu arbeiten und werden fortfahren in alle Ewigkeit, wenn sie nicht ein Erdbeben zerstört. Das Licht ist glänzender als Gas und hundertfach beständiger. 27 Lampen in unseren Redaktionssälen und 25 in den übrigen Lokalitäten beleuchteten die Räume taghell ohne jeden unangenehmen Reflex. Wir haben 4 Stunden unter dem Licht gearbeitet, ohne zu bemerken, daß es künstliches war. Es ist sanft, dem Auge angenehm, flackert nicht und entwickelt keine Hitze. Es wurde von Leuten erprobt, deren Augen durch Jahre lange Nachtarbeiten angegriffen sind und welche die guten und schlechten Seiten des Lichtes beurtheilen können, und alle lobten einstimmig das Edison'sche Licht, besonders im Vergleich zum Gas." Alle anderen Blätter sprechen von dem Ereigniß in ähnlichem Ton. Edison hat jedenfalls mit dieser Centralstation einen glänzenden Triumph errungen!
Eine „seltene" Frau. Das Münchener „Nerztliche Jntelligenzblatt" berichtet: Ein seltenes Weib ist nicht mehr. In Washington starb Maria
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