Der Gesellschafter.
Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
i Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donnerstag „ ^ i und Samstag, und kostet halbjährlich hier (ohne
/8/kO E Z I ! Trägerlobn) 1 00 4, in dem Bezirk 2
S— vL» ! außerhalb des Bezirks 2 40 4. Bierteljähr-
; lichcs und MonatSabonnemcnt nach Verhältniß.
Dienstag den 8. August.
Jnsertionsgebühr für die lspaltige Zeile aus gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 4, bei mehrmaliger je 6 4. Die Inserate müssen spätestens Morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgcgeben sein.
1882 .
Amtliches.
Nagold.
Kekannt«»ach«ng.
Schafrande betreffend.
Die unter der Schafheerde des Schäfers Friedrich Wohlleber, beziehungsweise Wilhelm Wittlinger in Nogold ausgebrochene Raudekrankheit ist erloschen, was unter Beziehung auf die oberamtliche Bekanntmachung vom 19. Februar d. I., Amtsblatt Nr. 21 zur öffentlichen Kenntnis; gebracht wird.
Den 4. August 1882.
K. Oberamt. Güntner.
Nagold.
An die Grlsvorsteker.
Die Abwehr-Maßregeln gegen die Blutlaus betreffend.
Die Unterzeichnete Stelle sieht sich veranlaßt, die Ortsvorsteher auf den Erlaß k. Ministeriums des Innern vom 23. November 1874 (Ministerial- Amtsblatt Seite 299) in obigem Betreff wiederholt aufmerksam zu machen und denselben unter Hinweis auf Ziffer 5 gedachten Erlasses einzuschärfen, daß von dem Vorkommen der Blutlaus in einer Markung und den zur Bekämpfung derselben getroffenen Anordnungen stets Anzeige an das Oberamt zu machen ist.
Den 5. August 1882.
K. Oberamt. Güntner.
Die erledigte Kollaboratorsstelle an der Lateinschule in Laupheim ist dem Kollaborator Daiber in Altenstaig übertragen worden.
Der Bauer Johann Georg Keck, zur Zeit Bürgeraus- schußobmann in Garrweiler, wurde zum Schultheißen dieser Gemeinde ernannt,
Tages-Neirigkeiterr.
Deutsches Reich.
* Nagold, 7. August. Der Festsaal unseres Seminars erwies sich bei den bisher gegebenen Con- certen gegenüber dem Andrang der Besucher stets zu klein, webhalb das gestrige Concert diesmal in unserer Stadtkirche gegeben wurde. Die Theilnahme hiebei von hier und auswärts war eine sehr zahlreiche, obgleich für das Schiff ein kleines Eintrittsgeld festgesetzt war; die Emporen waren frei. Prä- cise Vs4 Uhr begann das Concert und wurde durch ein kurzes Orgelpräludium, meisterhaft gespielt von Hrn. Seminarlehrer Berroth, eingeleitet. Das Programm enthielt 10 Nummern, die alle mit solcher Präzision vorgetragen wurden, daß es auch für einen Musikverständigen schwer sein dürfte, einzelne Stücke als besonders gut ausgeführt hervorzuheben. Der Gesammteindruck der Zuhörer war ein vollkommen befriedigter. Die tüchtige Schulung der Stimmen und der Aussprache trat besonders in den wirklich feinen Pianos des Chors: Gebet um die ewige Ruhe hervor, auch die Crescendo in dem Männerchor: Der Hirte Israels waren prachtvoll. Fein und für das musikalische Ohr wohlthuend waren ebenfalls das Adagio und Andante für Violine und Orgel, welch' erstere Hr. Vötsch, letztere Hr. Oberlehrer Hegele mit bekannter Meisterschaft handhabten. Der von Hrn. Oberlehrer Hegele selbst komponirte Chor: Herr, bleibe bei uns, hat nicht minder gut gefallen und trägt die Melodie ganz die Seele eines Abendliedes. Die Barytonlieder: Gott sei mir Sünder gnädig und: Die Augen der Blinden werden aus dem Dunkel sehen, hatte Hr. Finckh gefühlvoll und mit reiner Aussprache vorgetragen, schade, daß ihm nicht ein kräftigeres Organ zu Gebot steht. Einen würdigen Schluß bildete das Halleluja aus Händels
Messias, welcher Chor bei solchen tüchtigen Gesangskräften, fertiger Handhabung der Orgel, wie wir es von Hrn. Berroth gewöhnt sind, u. energischer Direktion stets einen gewaltigen Eindruck Hervorbringen wird. Dem Danke, daß uns wieder eine so herrlicher musikalischer Genuß bereitet worden, werden gewiß alle Zuhörer mit Freuden sich anfchließen.
7^ Altenstaig Stadt, 5. Aug. Abermals ein Diebstahl in unsrer Stadt zu verzeichnen. In der Nacht vom 3./4. d. M. wurde abermals dem Frachtwagen Hr. Melkers ein Besuch abgestattet und ein Ballen Bukskin im Wertste von 130 ^ gestohlen. Ein auf dem Wagen befindliches Kinder- Wägelein wurde seines Inhalts entleert, einiges von den darin befindlichen Sachen mitgenommen, der Rest davon auf dem Wagen umher geworfen. Eine halbe Wurst (nicht hiesiges Fabrikat, wenigstens nach Aussage unsrer Metzger) fand sich ebenfalls auf dem Wagen vor, die andere Hälfte hatte als Köder für den am Frachtwagen angebundenen — sonst wachsamen Hunde — gedient. Auch zwei andere Häuser suchte der Dieb heimzusuchen, wie denn auch der hies. Küchenbeck schon vorher seines Schlüssels und höchst wahrscheinlich eines Theils seines Mehlvorraths beraubt worden war. Dem Vernehmen nach war auch der Kasse von Herrn Bauunternehmer K. ein Besuch zugedacht. Die Sicherheitsorgane wanden alles auf, um den oder die Attentäter zu entdecken. Man glaubt sich hier beinahe in die 48iger Zeit versetzt, wo eine Schwefelbaude in Hall a./K. bei Nacht Zettel legte, auf welche geschrieben war: „Wir sind unsrer dreißig und schaffen alle Nacht fleißig."
Stuttgart, 2. Aug. Vor wenigen Tagen beehrte der Oberbürgermeister der Stadt Leipzig das Exportmusterlager mit seinem Besuch und sprach sich in anerkennendster Weise über dieselbe aus. — Für die Direktorstelle laufen immer noch Offerten ein; die Zahl derselben beträgt nunmehr 130, so daß bis zum 10. August, dem für die Offerte- Einreichung gestellten Termine, wohl auf 200 bis 250 kommen wird. Unter den Mitgliedern des Exportmusterlagers befinden sich auch die Gewerbevereine in Cannstatt, Hall, Heilbronn, Leonberg, Nagold, Reutlingen, Saulgau und Tuttlingen.
Stuttgart, 4. August. Die Politiker, die sich dem nationalen Ausbau unserer Verfassung entgegenstemmen, — Politiker, die dem neubegründeten deutschen Reich noch immer in verbissenem Partikularismus feindlich gegenüberstehen, hat ein Historiker von zweifellosester liberaler Gesinnung, Professor Johannes Scherr von Zürich, im dem soeben ausgegebenen August-Heft der Lindau'schen Zeitschrift Nord und Süd in einem Essay: „Dreißig Jahre deutscher Geschichte" folgendermaßen porträtirt: „Daß sich Fürst Bismarck, indem er sich anschickte, seine große Frage, die deutsche Einheit, zur Entscheidung zu bringen, durch sprechende Verfassungsparagraphen und redende Parlamentarier nicht aufhalten ließ, sondern mit gleichen Füßen in den Konflikt mit besagten Paragraphen und Rednern hineinsprang, wird ihm heute Niemand mehr verübeln, ausgenommen etwa verbissene Partikularisten, welchen der Kantönli- zopf hinten hängt und welche dem Bismarck die Schaffung des neuen deutschen Reichs nicht verzeihen können, weil sie auf den Bühnen von Flachsenfingen, Krähwinkel und Kuhschnappel die großen Männer spielen und die parlamentarischen Helden agiren konnten, während auf der großen Reichsbühne ihre Kleinheit und Gewöhnlichkeit zum Vorschein kommen mußte und gekommen ist. Solche aus der selbstgefälligen
Eitelkeit ihres krähwinkelischen Größenbewußtseins aufgeschreckte Schwätzer und Partikularisten sind denn auch im Jahre 1870 dumm und schamlos genug gewesen, mit der schwarzen und der rothen Internationale gegen ihr Vaterland und für Frankreich gemeinsame Sache zu machen, von „Neutralität" u. dergleichen Narretheien mehr faselnd, bis ihres Nichts durchbohrendes Gefühl durch das Gemurre aller anständigen Leute in ihnen wachgerufen wurde. In ihrer Erbosung haben sie dann die Spalten deutschfeindlicher Zeitungen in Wien, in Frankfurt, in der Schweiz und in England, mit ihren die Deutschen lästernden u. die Franzosen beschmeichelnden Schmieralien gefüllt und etliche sind auch richtig später für solche Gesinnungstüchtigkeit mit französischen rc. Ehrenerweisungen stigmatisirt worden, wie nur recht und billig. Die Gerechtigkeit verlangt, daß ich dem Gesagten die Bemerkung anfüge: Kein Franzose, gehörte er zu welcher Partei er wollte, hätte zu solchem affenschänderischen Parademachen mit der Vaterlandslosigkeit sich erniedrigt. Das konnten nur „kosmopolitisch" deutsche Dämeler und Duseler, falls man nicht vorzieht, sie gemeine Spekulanten zu nennen, was ja in Betreff von diesem oder jenem wohlangebracht fein dürfte." So Johannes Scherr als Spiegel für Alle, die es angeht. (W. L.)
Stuttgart, 5. Aug. Gestern Nachmittag 3 Uhr wurde die Leiche des Nestor der Württ. Künstlerwelt, des im Alter von 94 Jahren verstorbenen Portraitmalers Franz Seraphin Stirnbrand auf dem Pragfriedhofe beigefetzt. Stirnbrand wurde im Alter von 3—4 Jahren von einem Invaliden einer verzweifelten Mutter entrissen, welche ihn in die Donau unterhalb Linz werfen wollte. Der- Invalide brachte das Kind einer Familie in Oberösterreich, welche es erzog. In der Küche verbrannte es sich bei seiner Ankunft am Herdfeuer an der Stirn, weßhalb es „Stirnbrand" genannt wurde. Der spätere Künstler hat diese Epoche seines Lebens in 3 Gemälden geschildet. Anfang des Jahrhunderts kam er bei einem Zimmermaler in die Lehre und hat sich Autodidakt vom gewöhnlichen Stubenmaler und Theebrettlackirer zu einem der geschätztesten Por- traitmaler seiner Zeit emporgeschwungen.
Rottweil, 2. Aug. Wegen fahrlässiger Tödtung hatte sich heute der 43 Jahre alte Kupferschmied Georg Friedrich Müller aus Freudenstadt vor der Strafkammer des Kgl. Landgerichts zu verantworten. Der Angeklagte löthete am 1. Juni d. I. eine Bettflaschc, zu welcher er Schwefelsäure nöthig hatte, die er nach gemachtem Gebrauche, in einem Glasfläschchen verwahrt, auf den äusseren Simsen seiner Wcrkstättc stellte. Während er anderweitig beschäftigt war, stieg der 2 Jahre alte Knabe des Zimmermanns Clausner auf die vor dem Fenster stehende Bank, erwischte das Fläschchen, trank daraus und war in kurzer Zeit eine Leiche. Weil er die erforderliche Aufmerksamkeit, zu der er vermöge seines Gewerbes verpflichtet war, außer Acht gelassen hat, wurde der Angeklagte zu der Gc- fängnißstrafe von 14 Tagen verurlheilt. (Hienach zu achten!)
Vom mittleren Remsthal, 5. Aug. Der Schaden, welcher durch die fürchterlichen Hagelwetter am 30. Mai und 16. Juli d. I. herbeigeführt worden ist, ist nunmehr amtlich erhoben. Nicht weniger als 21 Gemeinden des Bezirks Schorndorf sind von Hagelschlag heimgesucht worden. Der Gewitterschaden beträgt, ganz abgesehen von dem erheblichen Verlust, welcher durch Sturm, Frost und Regen an Gebäuden, Bäumen und Weinbergen herbeigeführt worden ist, die Summe von 637,780 ^ Ganz bedeutend ist der Hagelschaden in Winterbach und Geradstetten. An letzterem Ort beträgt er 109,200 vkL, in Winterbach 95,847 »kL Tausende von Menschen sind in einer verzweifelten Nothlage und sehen mit wenig Hoffnung der Zukunft entgegen.