Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

M 80 .

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Donnerstag den 13. Zulr.

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wöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung S <1, bei mehrmaliger je 6 Die Inserate müssen spätestens Morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegeben sein.

1882 .

In Folge der vom 21. Juni bis 4. Juli abgehaltenen Dienstprüsnng unständiger evangelischer Lehrer sind zur Ver­setzung von Schuldiensten u. A. für befähigt erklärt worden: Hipp, Peter, Schulamtsverw. in Altnuifra, Roller, Phil., Schulamtsverw. in Oberkollbach, Roßnagel, Ed., Unterleh­rer in Hochdorf, Ruß, C., Schulamtsverw. in tzornberg, Schlot­lerbeck, G., Unterlehrer in Calw.

Die zweite Schulstelle in Boll wurde dem Schullehrer Dieter! e in Warth übertragen.

Tage*-Ne«rskerte«.

Deutsches Reich.

* Nagold, 12. Juli. Wenn man gegenwär­tig von den Wahlergebnissen des Landes zu Ergän­zung der Bürger-Ausschüsse auf die Jnteressennahme der Bürger an den Gemeindeangelegenheiten schließen darf, so kann es einen nicht Wunder nehmen, wenn man da und dort der Beschränkung des Wahlrechts ernstlich das Wort reden hört. Wahrhaft kläglich ist auch hier trotz zweitägiger Wahltermine diese Wahl ausgefallen. Von 474 Wahlberechtigten haben am 1. Wahltag 22, am zweiten 41 abgestrmmt und ging Leimsieder Gottlob Harr mit 18 Stimmen als Obmann aus der Wahlurne hervor. In den Ausschuß wurden gewählt: Adlerwirth Stockinger mit 22. Chr. Strenger mit 6, Owttlieb Schwarz­kopf mit 18, Heinr. Mayer, Schönfärber mit 15, Gottfried Wagner, jun., Schu m., mit 14, Joh. Mayer, Kronenwirth, mit 13 Stimmen. Wenn nur von den 13, die Herrn Kronenwirth Mayer ihr Vertrauen schenkten, nicht einer nach dem Volksglau­ben bald als Himmelsbürger das Zeitliche segnen muß. Jedenfalls haben diejenigen, die stets gegen öffentliche Vorschläge sich ereifern, die Genugthuung, daß diesmal nach ihrem Sinn eine freie Wahl, wo kein Händedruck oder ein Schnäpschen die Gesinnung leitete, zu Stande gekommen.

Freudenstadt, 9. Juli. Das Turnfest des obern Schwarzwaldgaues, das heute hier abgehalten wurde, war trotz des anhaltenden Unwetters von Turnern aus dem Gau und außerhalb desselben zahl­reich besucht. Die Schleußen des Himmels waren fast den ganzen Tag geöffnet; der Festzug lief noch gelinde ab, aber die ganze Festlichkeit mußte in die Turnhalle verlegt werden. Das Turnen wurde er­öffnet durch eine sehr gelungene und Präzise Vorfüh­rung von Marsch- und Stabübungen durch die hie­sigen Real- und Lateinschüler, welchen zwei anmu- Ihige und zierliche Reigen der Schülerinnen der Mädchenmittelschule folgten, welche insgesammt mit sehr viel Interesse und mit zahlreichen Applause der Zuschauer hingenommen wurden. Nach dem Riegen­turnen wurde die Preisvertheilung für die Wetttur­ner vorgenommen. Im Gau waren für die Sieger 12 Kränze und 8 Diplome ausgesetzt und wurden 20 Turner aus dem Gau prämirt.

Vergangenen Sonntag den 9. d. Mts. machte die Feuerwehr in Kuppingen der Ergenziyger Feuerwehr einen Gegenbesuch. Die projektirte Probe am Neubau des Ant. Weigert mußte, da sich die Witterung gar nicht ändern wollte, unterbleiben. Doch ist nicht alle Freude ins Wasser gefallen, da man sich bei gutem Stoff, Musik und Gesang den­noch vergnügte.

Stuttgart, 11. Juli. Der Neckar ist gestern in Folge der anhaltenden Regengüsse wieder derart gestiegen, daß man sich genöthigt sah, die Badhäus­chen in Berg theilweis abzubrechen. (W. L.)

Ellwangen, 9. Juli. Heute sind zum Schlußfest der Marienkirche auf dem Schönenberg wohl 20,000 Pilger gekommen, die beiden vorher­gehenden Tage je 15,000 Personen. Pfarrer Köh­

ler von Bühlerzell hielt um 4 Uhr die Schlußpre­digt. Um 6 Uhr wird das Gnadenbild in großer Prozession unter Begleitung von etwa 20 Geistli­chen unter Gesang des vomn um die Kirche getragen.

In Eriskirch bei Friedrichshafen wurde vor einigen Tagen in der Schüssen ein Weller mit ca. 150 Pfund Gewicht gefangen; es sind dieses die größten Fische, die der See und die in denselben mündenden Flüsse beherbergen. Der Fisch ist sei­tens des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung aufgekauft worden, um präparirt der Sammlung des Vereins einverleibt zu werden.

Ulm, 8. Juli. Gefangenwärter Frey und dessen Gehilfe Kümmerle sind aus der Untersuchungs­haft entlassen und hat der erstere seinen Dienst wie­der übernommen, während Kümmerle außer Dienst bleibt. Die Frau des Vöhringer wurde von der ge­gen sie erhobenen Anklage freigesprochen.

In Bayern sind von 912 prot. Pfarrstellen nicht weniger als 75 wegen Mangels an Candidaten unbesetzt.

Der französische Jngenier Marcel Deprez, welcher durch seine Versuche und Berechnungen über Vertheilung des elektrischen Stromes und über elek­trische Kraftübertragung berühmt geworden ist, hat sich bereit erklärt, während der elektrischen Ausstel­lung in München eine Kraft von Augsburg nach München auf 60 Kilometer Entfernung mittelst ei­nes einfachen Tclegraphendrahtes zu übertragen. Es wird demnach im Glaspalaste eine landwirth- schaftliche Maschine von einem Motor bewegt wer­den, welcher in Augsburg sich befindet. Dieser zum erstemnale zur praktischen Ausführung kommende Ver­such dürfte sicher das allgemeine Interesse im höch­sten Grade erregen.

Vor etwa 9 Jahren verlor ein Mann aus Dahn (Rheinpfalz) in einem Streite mit seiner Frau durch die Hand seiner Ehehälfte das rechte Auge und vor 6 Wochen schlug ihm sein Sohn das linke Auge aus dem Kopfe, so daß er nun des Augenlichts voll­ständig beraubt ist.

Die Fürstin von Hanau, die Wittwe des letzten Kurfürsten von Hessen, liegt in Prag tödtlich erkrankt darnieder.

Aus Thüringen, 8. Juli. (Fr. I.) Der Landtag zu Altenburg hat ein sehr strenges Gesetz über die Sonntagsheiligung erlassen. Vor 3 Uhr Nachmittags darf kein Geschäft geöffnet werden.

Berlin, 7. Juli. Einer allerhöchsten Bestim­mung zufolge ist die kirchliche Einweihung der Fahnen der Krieger- und Militärbegräbniß- Vereine untersagt, selbst wenn der Geistliche hier­bei nicht im Ornat erscheint. (Sch. B.)

Berlin, 9. Juli. Abg. Richter sandte an den Kriegsminister eine Beschwerde wegen des Ver­bots der Mitwirkung von Militärkapellen bei fort­schrittlichen Festen.

Berlin, 9. Juli. Nach Meldungen aus Pe­tersburg sind die Verhaftungen in Marinekreisen kaum übersehbar; die Panik in der Umgebung des Czaren ist im Zunehmen.

Berlin, 6. Juli. Von vielen Seiten wird betont, daß wir an einem Wendepunkte der Kirchen­politik stehen, und zwar soll die preußische Regierung nunmehr in bestimmterer und energischer Form gegen­über dem Vatikan auftreten.

Berlin, 10. Juli. Die nach der Türkei als Instruktoren abgegangenen preußischen Offi­ziere sind jetzt formell verabschiedet worden, und

zwar sind Oberst Köhler als Generalmajor, die Hauptleute Ristow (Artillerie); Kamphövener (In­fanterie) und Rittmeister v. Hohe (Dragoner) als Major zur Disposition gestellt; der Wiedereintritt in die preußische Armee ist ihnen bis 1. Oktober 1885 freigestellt. Die Ankunft des Kaisers Wil­helm in Gastein ist für den 18. Juli, Abends, an­gekündigt. (W. L.)

Das statistische Amt des Reichs bereitet eine Viehstatistik für Januar 1883 vor.

Ueber die Vorgänge, welche dem Abgang des Finanzministers Bitter vorausgegangen seien, mel­dete dieNat.-Ztg." dieser Tage:Der Reichs­kanzler hatte in einem an den Kaiser erstatteten Be­richt Beschwerde über die Geschäftsbehandlung Bit- ter's geführt, welcher fortwährend Bedenken erhöbe. Der Kaiser soll an den Rand des ihm eingereichten Memoires die Worte geschrieben haben: Das ist seine Pflicht als Finanzminister."" Der Kaiser hatte namentlich die Anschauung Bitter's gebilligt, daß die Resultate der Eisenbahnverstaatlichungen abgewartet werden müßten, ehe zu neuen Verstaatlichungen zu schreiten wäre. Eine weitere ziemlich erregte Eingabe des Fürsten Bismarck an den Kaiser über das Ver­halten des Finanzministers soll darauf gefolgt sein. Die entscheidende Thatfache, welche den Abgang des Herrn Bitter herbeiführte, war darauf die bekannte Verkündigung imStaatsanzeiger." Die Erledigung des Demissionsgesuches hat ungewöhnlich lange auf sich warten lassen und Herr Bitter erhielt sowohl vom Kaiser, als von der Kaiserin sehr huldvolle Handschreiben." Minister Bitter läßt nun derPost" die Erklärung zugehen, daßer diesen Enthüllungen derNational-Ztg.", eines so viel er wisse, unab­hängigen Blattes, absolut fremd gewesen sei und daß er mit demselben nach keiner Seite hin in ir­gend einem Zusammenhangs stehe." (Der Hergang selber ist damit aber noch nicht dementirt.)

Bei seiner Anwesenheit in der Provinz Ostpreu­ßen hat sich der Minister von Puttkamer vielfach nach der Lage der dortigen Handelsverhältnisse er­kundigt und ist fast allerorts bedeutet worden, daß der Handel schwer darnieder liege.

DieTribüne" konstatirt, daß der Direktor der Straßburger Tabakmanufaktur innerhalb der letzten 6 Monate allein 1100 Arbeiter entlas­sen hat.

Ems, 9. Juli. Der deutsche Kaiser ist heute nach Koblenz abgereist. (W. L.)

Oesterreich-Ungaru.

Prag, 10. Juli. (Fr. I.) Gestern Abend ist die Wittwe des letzten Kurfürsten, die Fürstin von Hanau, gestorben.

Das WienerTagblatt" wurde wegen Reli­gionsstörung konfiszirt, begangen durch den Abdruck von Citaten aus den Werken Friedrichs II, von Preußen.

Nun haben die Dubliner Behörden nochmals zwanzigtausend Pfund Sterling für die Entdeckung der Mörder Lord Cavendish's und Thomas Bourke's ausgesetzt. Aber die 500 dieserhalb in Dublin an­geschlagenen Plakate dürften ebenfalls wirkungslos bleiben, wenn sie bezweckten, auch nur einen Fenier zum Verräther zu machen. Wo die Mörder auch stecken mögen, sie scheinen, wenn nicht ein Zufall sie in die Hände der Behörden spielt, wohl geborgen.

Von Wien aus werden über die Reiseabsichten des Kaisers von Oesterreich Meldungen verbreitet, welche einige Aufmerksamkeit verdienen. Kaiser Franz Joseph will zu Beginn des August einen Gegen-