Der Gesellschafter.
- und Intelligenz-Blatt für den Odera«ts-Bezirk Aagsld.
.W 78.
Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donnerstag und Samstag, und kostet halbjährlich hier (ohne Trägerlobn) 1 ^ 60 in dem Bezirk 2 außerhalb des Bezirks 2 ^ 40 -j. Vierteljährliches und Monatsabonnement nach Verhältnis.
Samstag den 8. Juli.
Jnsertionsgebühr für die lspaltige Zeile aus gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung S <1, bei mehrmaliger je 6 Die Inserate müssen spätestens Morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegcben sein.
1882.
Abonnements-Einladung.
Bestellungen auf den „Gesellschafter" für das laufende Quartal können bei allen Postanstalten und den Postboten noch gemacht werden und ladet zu zahlreichem Abonnement freundlichste ein
die Redaktion Expedition. Amtliches.
Nagold.
Aushebung pro 1882 betreffend.
Die noch rückständigen Eröffnungs-Urkunden über die Vorladung der Militärpflichtigen zur heurigen Aushebung sind umgehend einzusenden.
Den 6. Juli 1882.
K. Oberamt. Güntner.
Mittwoch den 12. Juli 1882,
Nachmittags 2 Uhr,
Konferenz mit den unständigen Lehrern in Eb- hansen.
Altenstaig, den 6. Juli 1882.
K. Vezirksschulinspektorat.
Mezger.
1^. L. Englands Sorgen
sind gegenwärtig qualvollst getheilt durch das immer weiter um sich greifende irische Geschwür und durch die von der englischen Regierung muthwillig selbst hervorgerufene egyptische Gefahr.
Man darf daher nicht zu streng über die Schwankungen urtheilen, welche in der gegenwärtigen Politik Englands zu Tage treten, denn bei einer auswärtigen Aktion setzt Großbritannien mehr auf das Spiel, als nur den Verlust einiger Millionen Pfund und einiger Tausend Menschen.
Aus dieser Ueberzeugung heraus erklärt sich das Tasten und Schwanken der englischen Staatsmänner hinsichtlich der zu ergreifenden Maßnahmen.
Das Eine steht indessen fest, daß die Sorge für die Sicherheit des Suezkanals zur Zeit den ausschlaggebenden Gesichtspunkt bei den Berathungen des englischen Kabinets bildet.
Denn von dem ungestörten Betrieb dieses Kanals hängt zum großen Theil die Weltstellung Englands ab: einmal seine Herrschaft in Ostindien, zum andern die Aufrechterhaltung seines Einflusses bei Lösung der orientalischen Frage.
In ersterer Beziehung ist nicht außer Acht zu lassen, daß bis zum Jahre 1869 alle Schiffe aus England nach Indien den Weg um das Kap der guten Hoffnung nahmen. Segelschiffe brauchten 120, Dampfer 83 Tage. Am 17. November 1869 aber wurde an Egyptens Nordostgrenze der Suezkanal eröffnet, das Mittelländische mit dem Rothen Meer hiedurch verbunden und die Wasserstraße zwischen Europa und Indien wie dem dahinter liegenden Ost-Asien um achttausend Kilometer gekürzt. Eildampfer verkehren jetzt zwischen Brindisi und Bombay, welche beide Städte ungefähr so weit auseinander liegen, wie Berlin und Chicago, in 17 Tagen.
Diese wenigen Zahlenangaben genügen, um einen Fingerzeig dafür zu liefern, wie wichtig der Suezkanal für die Beherrschung Indiens von Europa aus ist.
Was das Aufrechterhalten des englischen Einflusses bei Lösung der orientalischen Frage betrifft, so spricht für die Bedeutung der mehrgenannten
Wasserstraße auch in dieser Beziehung folgende That- sache : Als im letzten russisch-türkischen Kriege England eine Revision des Vertrags von San Stefano forderte, überführte es zwischen dem 26. April und dem 2. Mai 1878 in 12 Dampfern und 15 Segelschiffen 7000 Mann Indier und Europäer unter Einlaufen der Schiffe in den Suezkanal aus Bombay nach Malta. Damit war der Beweis erbracht, daß es in der Macht der englischen Regierung liege, das ungeheure Menschen-Reservoire Indiens für seine Kriegszwecke nutzbar zu machen und dessen Inhalt durch den Suezkanal nach Europa zu leiten: Daher übte durch die erwähnte Truppendislokation das englische Kabinet mit Hinzurechnung anderer Faktoren einen solchen Druck auf die Entschließungen der Mächte und vor Allem Rußlands aus, daß der Berliner Kongreß zusammentrat, der dem siegreichen Rußland den der Pforte abgedrungenen Frieden zerrissen vor die Füße warf.
Wenn die Sache so liegt, dann darf man sich nicht wundern, daß England den Besitz des Suezkanals jeder andern Abmachung vorzieht.
Eine Neutralisirung des Kanals kann ihm nicht genügen, denn dieselbe schlösse den Durchgang nicht nur fremder, sondern auch seiner Kriegsschiffe aus. In diesem Falle müßten die englischen Kriegsschiffe den alten Seeweg wieder Anschlägen. Das aber hieße so viel, als wollte man einem modernen Reisenden die Benützung der Eisenbahnen verbieten und ihm dafür die alten Hauderer empfehlen.
Schon einmal hat man die Frage der Neutralisirung des Suezkanals angeregt und zwar 1877. Damals aber (16. Mai) erklärte die englische Regierung einen auf Neutralisirung des Kanals gehenden Vorschlag für unannehmbar. Großbritannien müsse seiner heimischen wie indischen Interessen wegen „jeden Versuch, die Schifffahrt auf dem gen. Kanal oder in den benachbarten Gewässern zu hemmen, als eine Drohung gegen Indien und als einen bedrückenden Nachtheil für den Welthandel ansehen."
Es wird nun von der Entwickelung der gegenwärtigen Krisis abhängen, welche Gestaltung die Benutzung des Kanals im Falle eines Konflikts der Mächte mit Egypten oder der Türkei annähme.
Wir glauben für diesen Fall an eine Besetzung des Kanals und — wegen der den Betrieb des Kanals allein ermöglichenden Süßwasserzuflüsse — auch Kairo's durch die Engländer.
Wie diese Maßregel auszuführen ist, wissen wir nicht. Unter allen Umständen wird es ein schwieriges, vielleicht gar nicht ausführbares Unternehmen sein.
Daß es jedoch versucht werden wird und versucht werden muß, unterliegt kaum einem Zweifel. Darauf deutet schon das seit Beginn der jetzigen Krisis immer erkennbarer und bestimmter hervortre- tendc Bemühen der englischen Regierung, die Frage des Suezkanals sorgsam von der übrigen egyptischen Frage zu trennen und als eine Angelegenheit zu behandeln, deren Ordnung ausschließlich England zustehe.
Tases-Nerriskerte«.
Deutsches Reich.
** Nagold, 7. Juli. Nachdem schon von mehreren Orten des Bezirks über die Errichtung und Benützung der Pfennigsparkassen berichtet wurde, ist es gewiß angezeigt, nach Ablauf eines halben Jahres auch über die in hiesiger Stadt ins Leben gerufene Pfennigsparkasse einige Notizen zu veröffentlichen. Unter der äußerst pünktlichen und
bis jetzt ganz unentgeltlichen Leitung und Verwaltung des Kaufmann G. Schmid ist vom 1. Januar bis 1. Juli die Zahl der Einleger auf 420 gestiegen, deren wöchentliche Ersparnisse 2 Pfennig bis 2 Mark betragen. Dem Alter nach sind es meist Kinder von 6—14 Jahren, doch geht die Stufenleiter der Sparer vom 4. bis 60. Lebensjahre. Die Gesammt- summe der Einlagen belauft sich auf die schöne Summe von 1653,17. Rückzahlungen erfolgten
im Betrag von 71,68. Bei der hiesigen Handwerkerbank sind 1581 Sparkaffengelder vorläufig zu 4 °/<> verzinslich angelegt. Die wöchentlichen Einlagen ergeben im Durchschnitt die Summe von 70, so daß auf einen Einleger 16—17 L kommen.
Stuttgart, 3. Juli. (Der Handwerkertag in Ratibor), zweiter schlesischer und dritter oberschlesischer, welcher am 26. Juni getagt hat und sehr zahlreich besucht war, hat folgende Anträge einstimmig angenommen: 1) „den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, im Wege der Gesetzgebung die Einführung obligatorischer Innungen zu bewirken, aus welchen allein sich praktische Handwerkerkammern bilden lassen." Unter dem Beifall der Versammlung führte der Antragsteller, Schlossermeister Spengler (Ratibor), aus, die Gewerbenovelle von 1881 nütze nichts, weil sie dem Handwerker bloß Pflichten aber keine Rechte gebe und den Anschluß an die Innungen jedem Einzelnen freigebe. 2) „dahin zu petitioniren, daß in das Gewerbegesetz eine Bestimmung ausgenommen werde, nach welcher nur derjenige ein Gewerbe ausüben darf, der dasselbe gelernt und die von ihm geforderte Prüfung erstanden hat." Referent, Schneidermeister Weiß (Breslau), führte aus, der Liberalismus lasse nur dem Kapital die Möglichkeit zu leben, die ehrliche Arbeit werde von ihm nicht berüchsichtigt. Letztere sei auch viel höher besteuert als das Kapital. Den Handwerker frage man nach der Zahl feiner Hilfskräfte und seiner Gesellen, und besteuere ihn alsdann: in das Portemonnaie des Kapitalisten sehe man nicht und frage auch nicht, wie viele Handwerksmeister dem Kapitalisten um Hungerlöhne arbeiten müssen. 3) „Der Handwerkertag beschließt: Es ist nothwendig daß das Submissionsverfahren, welches den Handwerker auf schreckenerregende Weise schädigt, beseitigt werde event. bei Submissionen nur solche Meister zuzulassen, welche für das betreffende Handwerk innungsmäßig ausgebildet sind und das Handwerk noch betreiben." Referent, Obermeister der Schlosserinnung in Ratibor, Neugebauer, führte aus, wie bei Submissionen nicht die Güte der Waare und der Arbeit den Ausschlag geben, sondern die Billigkeit, und wie Leute, die vom Handwerk nichts verstehen, den Sieg über tüchtige geschulte Handwerker davontragen. Das fördere das „billig und schlecht" und schädige nicht nur die Handwerksmeister, sondern auch das Vermögen der Ge- sammtheit. 4) „Der Handwerkertag beschließt: Es ist dringend geboten, daß die gewerbsmäßige Arbeit in den Militärwerkstätten und Gefängnissen auf den eigenen Bedarf beschränkt werde." Referent Neugebauer führte aus, er wolle keine Beseitigung der Gefangenenarbeit, aber eine Reorganisation derselben. 5) „Die Einführung obligatorischer Arbeitsbücher für Gesellen und Gehilfen in allen Altersklassen ist nothwendig." Referent Unger (Petschkau) weist auf die in dem Jahresbericht des deutschen Fleischervereins mitgetheilten günstigen Erfahrungen mit den Arbeitsbüchern der Gehülfen auch von über 21 Jahren hin. 6) „Es ist darum zu petitioniren, daß der Hausirhandel, welcher ganz besonders den Handwer-