Der Gesellschafter.

Amts und Intelligenz-Blatt für den Oderamts-Bezirk Nagold.

W 74.

Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donnerstag und Samstag, und kostet halbjährlich hier (ohne

Trcigcrlokm) 1 00 4, in dem

außerhalb des Bezirks 2 40 4. Vierteljähr­

liches uud Mouatsabvnnement nach Verhältniß.

B^irr 2 -«. j Donnerstag den 29. Juni.

! Jnsertionsgebühr für die Ispaltige Zeile aus ge­wöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 4, j bei mehrmaliger je 6 4. Die Inserate müssen spätestens Morgens 8 Uhr am Tage vor der j Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegeben ! sein.

1882.

Abonnements-Einladung

aus denGesellschafter."

Mit dem 1. Juli beginnt wieder ein neues Abonnement ans den Gesellschafter und ersuchen wir daher diejenigen, die das Blatt durch die Post be­zogen haben, ihre Bestellung daselbst noch vor Ab­lauf dieses Monats zu erneuern, wenn ein ununter­brochener Empfang des Blattes gewünscht wird.

Die vierteljährliche vorauszubezahlende Abonne- mcntsgebühr betrügt bei der Expedition für hiesige Abonnenten 80 ^ ohne Austrägerlohn, für aus­wärtige im Oberamtsbezirk sammt Postzuschlag 1, außerhalb des Bezirks vkL 1,20.

Die große Verbreitung des Blattes sowohl im Bezirk als in den angrenzenden Oberämtern macht dasselbe vorzugsweise zur Aufnahme von Inseraten geeignet, die bei 1 maliger Aufnahme zu 9 L die kleine Zeile in gewöhnlicher Schrift, bei mehrmaliger aber nur zu je 6 berechnet werden.

Zu zahlreichem Beitritt ladet daher ergebenst ein

die Redaktion «L Expedition.

Amtliches.

N a g o l d.

Anshedmrgs-Gefchiift pro 1883.

Die Militär-Aushebung Seitens der k. Ober- Ersatzkommission findet Heuer und zwar

O der als dauernd untauglich und der zur Er- satz-Reserv II. Klasse in Vorschlag gebrach­ten Mannschaft am Montag den 17. Juli 1882 Vormittags 7 Uhr und 2) der zur Ersatz-Reserv I. Klaffe sowie der als tauglich und aushebnngsfähig bezeichneten Mann­schaft am

Dienstag den 18. Juli 1882 Vormittags 7 Uhr auf dem Rathhaus in Nagold statt, wobei sich bei Vermeidung der in tz. 65 Zisf. 3 der Ersatz-Orh. angedrohten Rechtsnachtheile die betreffenden Mili­tärpflichtigen der Altersklasse 1882, sowie der frühem Jahrgänge, soweit über solche noch nicht definitiv ent­schieden ist, einzufinden haben. Vor der Aushebung wollen die Herren Ortsvorsteher ihre Leute auf die Bestimmung des K. 64 Zisf. 3 der Ersatz-Ordnung, wonach jeder Versuch zur Täuschung gerichtlich be­straft wird, und auf H. 70, 6 und 71, 2 der Ersatz- Ordnung aufmerksam machen, welche tzK. bestimmen, daß die Entscheidungen der Ober-Ersatzkommission endgültig sind und daß Jeder in den Grundlisten des Aushebungsbezirks enthaltene Militärpflichtige be­rechtigt ist, im Aushebungstermin zu erscheinen und der Ober-Ersatzkommission etwaige Anliegen vorzu­tragen; ferner wollen die HH. Ortsvorsteher auf möglichste Reinlichkeit am Körper und in Wäsche der Militärpflichtigen hinwirken. Endlich werden die Ortsvorsteher dafür verantwortlich gemacht, daß orts­kundige Fehler von Militärpflichtigen geistige Be­schränktheit, epileptische Anfälle u. s. w., soweit solche nicht schon bei der Musterung zur Sprache gebracht worden, und dieß je in einem Falle unterblieben wäre, unbedingt bei der Aushebung nachzuholen ist.

Die Herren Ortsvorsteher derjenigen Gemeinden, aus welchen Militärpflichtige beordert werden, haben sich am

Dienstag den 18. Juli i>. I. Vormittags 7 Uhr

mit ihren Militärstammrollen versehen auf dem Rath­haus in Nagold einzufinden.

Den 28. Juni 1882.

Civil-Vorsitzender d. Ersatz-Kommission:

Güntner.

O. L Die Unverbesserlichen.

Wer dem Gang der inneren deutschen Politik aufmerksamen Auges folgt, der kann sich der trauri­gen Ueberzeugung nicht verschließen, daß der alten Zwietracht, der alten Hyder, die Häupter wieder gewachsen sind, welche ein Herculis ihr kaum abge­schlagen hat.

Der Reichskanzler will Geld, so zischen die Reptilien,*) der Reichskanzler will die Tabakssteuer, er will das Monopol und darum wollen wir sie nicht. Der Reichskanzler will das Reich mit eigenen Mitteln ausstatten, um es auf die eigenen Füße zu stellen das wollen wir nicht. Das Reich soll bei uns betteln das ist die Meinung dieser Leute, die sich für Nachfolger der Freiheits- und Einheits­kämpfer von 1813 ausgeben. Hier liegt der Schwer­punkt! Der Kampf gegen die Reformpläne des Reichskanzlers ist nichts als der Kampf gegen das Reich, gegen den Fortschritt in der deutschen Einheit. Das Reich ist diesen Leuten schon viel zu viel einig, es bietet nicht mehr jedem mittelmäßigen Schwätzer ein Kampffeld für seine Eitelkeit. Darum: nieder mit Bismarck!

Wohl kann man nicht in Abrede ziehen, daß der Reichskanzler Fehler gemacht hat. Er hat es namentlich seiner Zeit mit der Sprengung der Natio­nalpartei zu leicht genommen.

Wenn nemlich ein Theil dieser Partei auch des Kanzlers große Pläne nicht verstanden und deßhalb nicht genug unterstützt hat, so war doch eine Majo­rität da, welche das deutsche Bürgerthnm vertrat im Gegensatz zu jenen, welche nur Sonder-Jnteressen verfechten.

Er glaubte und dies war ein großer poli­tischer Fehler, ja sogar eine Sünde gegen das Natio­nalgefühl wenn er diese Sonder-Jnteressen ge­wonnen, könne er die Macht derselben zu Gunsten seiner Pläne für das Bürgerthnm verwenden.

Darin hat sich Bismarck schwer getäuscht. Denn wenn er nicht jedem von diesen Sonder-Jn- teressenten Alles gab, was dieser wünschte, so gewann er ihn doch nicht und dabei übersah er, daß Son­der-Jnteressen sich meist widersprechen, daß sie jeden­falls dem allgemeinen Interesse widersprechen, daß er also Alle zu befriedigen und zugleich seine Zwecke für das Reich zu erreichen, niemals Aussicht habe.

Dabei ließ er sich auch durch Versprechungen täuschen und so kam er, um der Erreichung seines großen Zieles willen, dazu, in der Auswahl seiner Mittel nicht mehr wählerisch genug zu sein.

Die Feudalen sind nicht zufrieden, Rom ist nicht zufrieden: die Schutzzöllner haben, was sie wollen: da ist nichts wehr auszutauschen. Der Kanz­ler hat Alles weggegeben und dafür das Mono­pol nicht erhalten, das er jedenfalls zugleich mit dem Schutzzoll hätte verlangen sollen.

Nun sind, wie das meist so zu gehen pflegt, die Freunde zu Gegnern geworden, die hinter dem Kanzler herrennen, wie eine Meute, die in der Ver­folgung des Wildes sich zwar selbst herumbeißt, des­halb aber doch nicht von der Verfolgung abläßt.

Tief traurig ist, daß wieder der falsche Frei-

*) Wir wolle» das Wort hier in der Bedeutung au­wenden, in der es Fürst Bismarck erstmals in die politische Diskussion cinsührte:Reptilien" nannte der Reichskanzler im Reichstage bei einer Debatte über den Welfenfond jene reichs- scindlichen vorzugsweise wölfischen Agenten, zu deren Verfolgung selbst in ihre verborgensten Höhlen er die Ertrag­nisse des Welfenfonds nöthig habe. Später wurden dann zum Hohn die aus dem Reptiliensond Welfenfond gespeisten Lite­ratenReptilien" genannt. Die Redaktion.

heitstrieb des Deutschen, der nie begriff, daß ein großer Staat, wie man ihn doch haben will und muß, ohne Unterordnung des Einzelnen nicht beste­hen kann, gesiegt; wieder will ein Theil der Deutschen ein Auge geben, damit nur das andere, ihr einge­bildeter Gegner, blind sei; wieder haben wir das traurige Schauspiel, daß sich die Deutschen selbst schädigen und was sie da weggeschlagen, für eine Beute, für einen Gewinn halten.

So stehen wir vor dem schadenfroh lächelnden Ausland da! Das braucht keine feindliche Allianz gegen uns zu schmieden, wir selbst sind unsere ärg­sten Feinde: kein Gegner braucht uns zu zerfleischen, das besorgen wir selbst und unsere Feinde kön­nen gemächlich diesem Würgen zuschauen: man glaubt in die Zeit Napoleons I. versetzt zu sein oder ist an das Wort des römischen Imperators erinnert, der, als man ihgi, hewegen wollte, die Juden anzu­greifen, entgegnete: das sei ganz überflüssig, die mor­den sich selbst.

Diese Haltung ist um so unsinniger, als wir in den letzten Jahren außer Frankreich noch einen Feind und zwar den gefährlicheren, den im Osten, auf den Hals bekommen haben. Doch das Alles läßt Herrn Mayer-Württemberg gleichgiltig; er redet oder liest von demVolks he er", das uns schützen und ret­ten wird. Es kommt Einem vor, wie wenn man einen bedrängten Geschäftsmann auf die Hilfe der Stuttgarter Volks bank, dieses eminenten Volks­instituts, verweisen wollte.

Ja, Deutschland hat noch weit hin zur Einigkeit, wenn es den größten seiner Männer zu Boden wirft.

Daran eben mag es erkennen, wie viel ihm noch fehlt, um sich selbst zu regieren!

Gestorben: Den 24. Juni zu Calw, Friedr. Würz, Tuchsabr., 55 I. a.

Tages-Neuigkette«. Deutsches Reich.

* Nagold. Bei der am 5. Juni stattgefun­denen Aufnahme der Berufsstatistik wurde die hiesige Stadt in 15 Zählbezirke eingetheilt. Als Resultat der Aufnahme ergaben sich: Haushaltungen 701; Zahl der anwesenden Personen einschließlich Kinder 3350 : Zahl der abwesenden ohne Kinder 17; Zahl der vorübergehend Anwesenden mit einem festen Wohnsitz 31: Zahl der Haushaltungen mit Land- wirthschast 410: Zahl der ausgefüllten Gewerbekar­ten 182.

Mehrfach ist auch bei uns nicht völlig ge­dörrtes oder stark beregnetes Futter einge­heimst worden. Es empfiehlt sich für solches eine Einstreu von Salz und man rechnet auf den Centner Heu eine Gabe von 2300 Gramm Kochsalz. Durch dieses Verfahren wird das Futter verbessert, der Nähr- wcrth wesentlich erhöht.

Freudenstad t, 22. Juni. Gestern Abend ist das 4jährige Söhnchen des Schmieds Chr. Braun in Friedrichsthal im Weiher beim sogen. Königsham­mer ertrunken.

Stuttgart, 26. Juni. (Berufsstatistik.) Das vorläufige Ergebniß der Erhebung einer allge­meinen Berufsstatistik auf 5. Juni 1882 ist laut St.-A." folgendes: Ortsanwesende 116,958 Per­sonen, vorübergehend Anwesende 2,086 Pers. (ohne Kinder), vorübergehend Abwesende 2,666 Personen (ohne Kinder), Ortsangehörige: 117,538 Personen. Am 1. Dezbr. 1880 betrug die Zahl der Ortsan­wesenden 117 303, der Ortsangehörigen 116,455 Personen. Es hat sich somit der Stand der Orts-