Hause entfernt und freiwillig den Tod im Neckar gesucht und gefunden. Sein Leichnam wurde vorgestern bei Großingersheim aus dem Neckar gezogen und heute ist derselbe auch in genanntem Orte beerdigt worden. Lebensüberdruß und drückende Verhältnisse sollen denselben zum Selbstmord geführt haben.
Aus Heilbronn, 20. Januar, berichtet die dortige N.-Ztg.: Auf ergangene Einladung fand gestern abend im Ratssaale eine Versammlung hiesiger Einwohner statt, um zu dem in diesem Jahre hier stattfindenden Schwäbischen Liederfeste die erforderlichen Kommissionen zu bilden. Die Versammlung, in welcher Herr Oberbürgermeister Hegelmaier den Vorsitz führte, ernannte neben dem eigentlichen Festausschuß, welcher, mit dem Herrn Stadtvorstand an der Spitze, im wesentlichen aus Mitgliedern der bürgerlichen Kollegien und den Vorständen der dem Schwäbischen Sängerbund angehörigen hiesigen Gesangvereine besteht, noch weitere acht Kommissionen und zwar eine Baukommission, eine Finanzkommission, eine Wirtschaftsund Wohnungskommission, eine Empfangs- und Vergnügungskommission, eine Zugordnungskommission, eine Preßkommission und eine Musikkommission. Als Zeit der Abhaltung des Festes wurde der 27. und 28. Juni d. I. bestimmt, was insoferne günstig ist, als der darauffolgende Tag — Peter- und Paul- Feiertag — vielen Gästen eine längere Anwesenheit in unserer Stadt möglich macht. Zunächst beginnt die Bau- und die Finanzkommission ihre Thäligkeit erstere um die Platzfrage rc. zu regeln, letztere um die Einleitungen zur Aufbringung der erforderlichen Mittel zu treffen. In letzterer Beziehung wird dem Beispiele Ulms — Zeichnung von Garantiescheinen — gefolgt werden. Es steht zu erwarten, daß der Besuch des Festes nicht nur von Württemberg selbst, sondern auch aus den Nachbarländern ein ganz außeror- deutlicher sein wird, und wir zweifeln nicht, daß bei der bewährten Gastfreundschaft der hiesigen Einwohnerschaft dem Feste eine allseitige Teilnahme aus allen Kreisen derselben entgegengebracht werden wird.
Vom Bodensee, 17. Jan. Das große Dampftrajektboot, der schweiz. Nordostbahn und der württemb. Staatsbahnverwaltung gemeinschaftlich gehörend, ist um 20,000 »4L an Herrn Bäumlin in Zürich verkauft worden. Es wird nach Romanshorn gebracht und^dort in Stücke zerlegt werden, was eine recht bedeutende Arbeit ist, da in dem gewaltigen Körper des Kolosses sich allein V 4 Million Nieten befinden. Das Boot kostete seiner Zeit 540,000 Frks.; weil es aber allein 100 Zentner Kohlen brauchte, bis es nur in den Gang gebracht werden konnte, so rentierte es sich durchaus nicht.
Memmingen, 17. Jan. Vor dem hiesigen Landgericht wurde die Berufung des Postillons Josef Götzfried von Krumbach verhandelt, welcher vom Schöffengericht in Krumbach wegen Verübung ruhestörenden Lärms zu 34 »4t. event. 3 Tagen Haft verurteilt wurde, weil er 34mal morgens 4 Uhr bei Abfahrt seines Postwagens ein lustig Liedlein auf seinem Ehrenposthorn geblasen. Kläger war der kgl. Oberamtsrichter Reißmüller, der durch das Blasen des „Schwagers" aus seinem Morgenschlummer geweckt wurde. Verteidiger sowohl als Staatsanwalt erklärten die Verurteilung des Götzfried als nicht gerechtfertigt und derselbe wurde freigesprochen. Aus den Gründen des freisprechenden Erkenntnisses fügen wir folgenden Passus an: „Wäre das Blasen des Postillons ein ruhestörender Lärm, so müßte auch das Geräusch eines Eisenbahnzuges als solcher bezeichnet werden. Leute, welche dieses nicht ertragen können, kann nur anheimgegeben werden, die Stätte des Lärms zu verlassen und einen Ort aufzusuchen, wo weder Post noch Eisenbahn existiert."
Eschweiler, 18. Jan. Die Köln. Volksztg. schreibt: Heute morgen verbreitete sich die Kunde von einem im nahen Walde entdeckten entsetzlichen Verbrechen. Ein Holzhacker fand nämlich gegen 11 Uhr morgens die Leiche eines hiesigen 23jährigen Briefträgers auf einem Scheiterhaufen,
Die Frau zuckte zusammen, als hätte ein spitzer Dolch ihre Brust getroffen und eine tödliche Blässe überflog ihr Antlitz, als der kleine Fritz ihr mit einem „sieh, hier ist es, Mama!" das Blatt in die Hand drückte.
Lange, lange haftete ihr umflortes Auge auf den darauf befindlichen Figuren und auch die kleine Elise sah so ernst und starr auf den gebeugten Mann, welcher ihr Papa sein sollte, als zweifelte sie nicht im Mindesten daran, daß der Vater irgend einem Maler gesessen und von diesem in kunstvoller Weise auf das Papier gezaubert sei.
„Nun, was sagst Du, Mütterchen?" fragte der kleine Fritz gespannt, als die Frau endlich mit wehmütigem Kopfschütteln und eine Thräne im Auge zerdrückend, das wichtige Blatt wieder bei Seite legte.
„Es sind des Vaters Züge, lieber Fritz!" antworte sie in sanftem Tone, während sie ihre trauervolle Miene durch ein leises Lächeln freundlicher zu gestalten suchte, „aber es ist ein Zufall, ein bloßer Zufall, wie er uns häufig bei solchen Gelegenheiten aufstößt. Man findet gar oft bei Bildern, welche Personen darstellen, daß sie unfern Verwandten und Freunden täuschend ähnlich sehen und diese stehen doch damit in keinem Zusammenhänge." Sie nahm das Bild noch einmal in die Hand, welche unwillkürlich zitterte, als ihr Auge von Neuem die Gestalt des Deutschen prüfend überflog.
„Ganz so sah er aus, wenn er traurig gestimmt war", fuhr sie, wie zu sich selbst sprechend, in leisem Tone fort, „und auch seine Herzensgüte und seine Rechtschaffenheit sehen ihm ganz treu aus den Augen. auch seine Haltung und seine Figur — es ist beinahe wunderbar, wie Alles zutrifft, und doch bin ich überzeugt, Derjenige, welcher das Bild gezeichnet, hat den Vater nie in seinem Leben gesehen, am allerwenigsten unter diesen gräßlichen Menschen, die so roh und wild und tückisch aussehen, daß einem ordentlich davor bange wird. Nein, meine Kinder, der Vater ist das nicht."
Ob die Frau trotzdem im innersten Herzen anderer Meinung sein mochte? Jedenfalls hielt sie es für ihre Pflicht, das Bild des Vaters ihren Kindern in jener reinen und schönen Stimmung zu erhalten, in welcher er bis jetzt vor dem Auge ihrer jungen Seelen lebte. So erzählte sie denn von der
teilweise angebrannt, liegen. Der Schädel des Unglücklichen war zerschmettert, außerdem fand sich ein Stich in der Brust vor. Der Ermordete war gestern morgen mit einem eingeschriebenen Briefe zu dem im Walde wohnenden Förster gesandt und ist auf dem Wege dorthin von den Mördern überfallen , getötet und beraubt worden. Wahrscheinlich haben sie vermutet, der Briefträger trage größere Geldsummen für die umliegenden Zechen bei sich, thatsächlich aber hatte er neben dem eingeschriebenen Briefe keine amtlichen Wertgegenstände. So viel bekannt ist, hatte er nur 3 -4L Privatgeld bei sich, welches geraubt wurde. Offenbar um die Spuren der That zu vernichten, haben die Mörder die Leiche auf einen Scheiterhaufen geworfen und diesen angezündet. Bei der feuchten Witterung ist aber das Feuer erloschen, und so fand man die angebrannte Leiche auf dem ebenfalls zum Teil abgebrannten Holze.
LitLerrcrvrsches.
Kaiser Wikstekm und die Gründung des neuen Deutschen Reichs. 1797—1885. Bon Prof. Dr. Gottkoö Hgekhaaf. 1.—20. Tausend. 13 Bogen mit Portrait. Preis geh. M. 1.—, geb. M. 1.50. Verlag von Carl Krabbe in Stuttgart.
Die Heldengestalt unseres deutschen Kaisers — wie mannigfach ist sie in Reim und Prosa schon seinem Volk gezeichnet und geschildert worden. So sicher und fest, so klar und anschaulich in allen verschiedenen Lebensepochen, so tief verstanden in ihrem Zusammenhang mit der Geschichte des BolkeS — namentlich auch in solchen Perioden, die immer noch „von der Parteien Haß und Streit bewegt" sich in wechselndem Lichte uns darstellen - und der Geschichte des Reiches, so pietätvoll und objektiv, so warm aus der Gegenwart heraus, und schon so historisch fern und gerecht — wohl noch nie. Sich frei zu halten von allem „Byzantinismus" bekennt der Verfasser in der Vorrede als sein redliches Wollen, und daß er dies vollständig vermocht und erreicht hat, ist eine Hanpteigenschaft des Buches, eine Eigenschaft, die man ihm allerarten nachrühmen wird. Das Bild unseres Heldenkaisers - cs braucht nur treu und klar gezeichnet zu sein, um groß und herrlich zu erscheinen; und wie schlicht und einfach wird uns hier der Mann vorgeführt, wie tief und eingehend das Wirken des Fürsten uns geschildert! Gewiß ist gerade dies Kaiserbuch dazu angethan, tief cinznwurzeln in dem deutschen Volk und vor Allem die deutsche Jugend den deutschen Kaiser verstehen zu lehren — verstehen heißt hier verehren.
Soeben erschien im Verlage von W. Spemann, Berlin und Stuttgart, die erste Wochenschrift: „Das neue Merkin", heransgegeben von Wank Lindau. Diese neue Zeitschrift stellt es sich zur Aufgabe, in Aufsätzen aus der Feder unserer ersten Schriftsteller ein getreues Spiegelbild des Seins und Werdens der deutschen Reichshauptstadt zu geben, und zwar ans allen Gebieten, welche die öffentliche Teilnahme beanspruchen dürfen. „Was ist Berlin" und „Was geschieht in Berlin", das sind die beiden Fragen, welche das „Neue Berlin" beantworten will.
Kgk. Standesamt Kalo».
Vom 16. bis 21. Januar 1886.
Getraute:
19. Jan. Johann Wilhelm Schaich, Schreiner hier, mit Karoline Louise Katharine Haydt von hier.
21. „ Karl Christof K 8 uffelc, Maurer von hier, mit Katharine Barbara Kirn
von Walddorf OA. Nagold.
21. „ Christof Heinrich Schäberle, Hutmacher von hier, mit Christine Ep-
pinger von Breitenstein OA. Böblingen.
Gestorbene:
16. „ Heinrich Groß, Eisenbahnbilfswartcr von Neuhengstett, 24 Jahre all.
50. „ Johannes Kemps, Fuhrmann hier, 66 Jahre alt.
Georgenänm Cakw.
Oeffentlicher Bortrag
des Herrn Hofkaplans vr. Braun von Stuttgart Montag, den 25. Januar 1886, abends 8 Uhr.
Thema: „Wer ist frei !"
zärtlichen Liebe und Sorgfalt, welche der Vater von jeher seiner Familie bewiesen, von seiner Pflichttreue und Ehrlichkeit, wie er Tag und Nacht mit seltenem Fleiße gearbeitet und sich der Achtung aller derer, die ihn kannten, zu erfreuen gehabt habe. Dann nahm sie das Bild und verschloß es sorgfältig in eine Schublade.
„Aber es ist doch Unrecht, Mamachen", sagte Fritz, welcher sich mittlerweile zum Malen zurechtgesetzt hatte, in kindlicher Unbefangenheit, „daß der Papa so ohne Weiteres von uns fortgegangen ist und nicht einmal von uns Abschied genommen hat. Ja, wenn er nur noch einen Brief an uns schriebe, wie es ihm geht, und wo er sich aufhält, dann möchte noch Alles gut sein."
Die Mutter wandte sich ab, um die Thränen zu trocknen, die mit Macht aus ihren Augen hervorbrachen. Dann sagte sie : „Tadele den Vater nicht, Fritzchen! er meint es gut, und wenn er auch für jetzt noch nicht schreibt, so wird er später desto mehr schreiben. Wer weiß denn, wie die Verhältnisse jenseits des Weltmeeres sind und ob der Vater Gelegenheit zum Schreiben hat. Vielleicht hat er auch noch andere Gründe."
„Ja, aber Bruder Andreas schreibt auch nicht, Mamachen!" nahm die kleine Elise in naivem Tone das Wort.
Ueber das Antlitz der Mutter glitt ein krampfhaftes Zucken und sie preßte die Hand aufs Herz, als gelte es, einen heftigen Schmerz, der sich dort fühlbar machte, zu unterdrücken. Sie hatte für die Bemerkung ihres Töchterchens kein Wort der Erwiderung, auch dann nicht, als Fritz hinzufügte:
„Ja, der Andreas! das ist erst ein Kunde! macht sich auf die Beine und segelt nach Amerika, um den Vater zu suchen. Sieh, Mamachen, ich bin ein kleiner, dummer Junge und gegen den Andreas bin ich, wenn's auf die Klugheit ankommt, ein wahres Kaninchen, aber das habe ich doch schon gelernt, daß Amerika ein so ungeheuer großes Land ist, daß sich zwei Bekannte da nicht so leicht treffen, wenn Keiner von dem Aufenthalt des Andern weiß."
(Fortsetzung folgt.)